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Gesellschaft für Arbeit, Technik und Wirtschaft im Unterricht e.V. Heft ...

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GATWU - Forum, Nr. 1/2005 Seite 25<br />

riffsaufreihung <strong>im</strong> Namen unserer <strong>Gesellschaft</strong><br />

geht auf Tradition zurück. Die Fächer<br />

<strong>Technik</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> fühlen sich vertreten,<br />

Haushalt ist bei der Namensfindung ein bisschen<br />

vernachlässigt worden. Nun weiß natürlich<br />

jeder, dass „<strong>Technik</strong>“ ohne arbeitende<br />

Menschen die Ausnahme ist (selbst der Roboter<br />

hat einen Betreuer). Und „<strong>Wirtschaft</strong>“ ist<br />

ohne „<strong>Technik</strong>“ (die dann manchmal „Kapital“<br />

heißt) schon gar nicht denkbar. Vice versa<br />

ist <strong>Technik</strong> durch <strong>und</strong> durch „ökonomisiert“<br />

<strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> ist - man glaubt es kaum<br />

noch - auf <strong>Arbeit</strong> angewiesen, wenn auch<br />

nicht <strong>im</strong>mer auf deutsche <strong>Arbeit</strong>. Der Haushalt<br />

ist übrigens die arbeitsintensivste <strong>Wirtschaft</strong>seinheit<br />

mit zunehmendem <strong>Technik</strong>einsatz.<br />

Wenn die GATWU aus Ersparnisgründen<br />

also nur noch einen Begriff <strong>im</strong> Titel führen<br />

dürfte, müsste er „<strong>Arbeit</strong>“ heißen.<br />

Die Klassiker der Volkswirtschaftslehre gingen<br />

von drei „Produktionsfaktoren“ aus, die<br />

da heißen: <strong>Arbeit</strong>, Kapital, Boden. Unter<br />

„Kapital“ verstand man am wenigsten Banknoten,<br />

sondern vornehmlich Anlagen <strong>und</strong><br />

Maschinen. Unter „Boden“ ist mitnichten nur<br />

das Gr<strong>und</strong>stück <strong>im</strong> Speckgürtel zu verstehen,<br />

gemeint sind „Bodenschätze“, genauer gesagt:<br />

Rohstoffe.<br />

Die Dreieinigkeit <strong>Arbeit</strong>/Kapital/Boden ist <strong>für</strong><br />

die <strong>Arbeit</strong>slehre von einiger Bedeutung. Zum<br />

einen wissen wir, dass <strong>Arbeit</strong> (teilweise)<br />

durch Kapital substituiert werden kann, dass<br />

Boden(schätze) endlich sind, bzw. dass die<br />

endlichen durch nachwachsende ersetzt werden<br />

müssen.<br />

Die Substitution von <strong>Arbeit</strong> durch Kapital<br />

gab es seit je her: Das Paradebeispiel ist die<br />

Landwirtschaft, wo der einzelne Bauer<br />

manchmal selbst nicht satt wurde. Heute ernährt<br />

er noch h<strong>und</strong>ert Nicht-Landwirte. Gerade<br />

dieser Sektor zeigt aber auch, wie es zu<br />

einer Rückverlagerung auf die <strong>Arbeit</strong> kommt,<br />

denn die Qualität bei der Tierzucht <strong>und</strong> dem<br />

Pflanzenanbau war dem Mengenoutput geopfert<br />

worden. In der Textilindustrie, in der<br />

Bauwirtschaft, überall gibt es Beispiele <strong>für</strong><br />

eine Rückbesinnung auf Qualität <strong>und</strong> die ist<br />

fast <strong>im</strong>mer arbeitsintensiv. Bei den personenbezogenen<br />

Dienstleistungen haben wir das<br />

Extrem von 10 Minuten <strong>Arbeit</strong>saufwand <strong>für</strong><br />

einen Pflegeversicherten. Eine St<strong>und</strong>e pro<br />

Tag müsste er uns wert sein, aber das bedeutete<br />

6x soviel <strong>Arbeit</strong>skräfte.<br />

Der Finanzkapitalismus ist qualitätsgleichgültig.<br />

Die Verzinsung je eingesetzter Euro<br />

zählt. Moment mal, werden aufmerksame Leser<br />

einwenden: würde die Verbrauchernachfrage<br />

qualitätsbewusster ausfallen, wäre der<br />

Finanzkapitalismus durchaus anpassungsfähig.<br />

Hierzu einige Anmerkungen:<br />

Mangels <strong>Arbeit</strong>slehre in den Schulen ist<br />

das Kritikvermögen gegenüber der Warenwelt<br />

nicht sonderlich entwickelt.<br />

Die weit fortgeschrittene Substitution<br />

von <strong>Arbeit</strong> durch Kapital hat die Kaufkraft<br />

der Massen geschwächt, so dass<br />

Billigprodukte gekauft werden müssen.<br />

Die <strong>für</strong> arbeitsintensive Qualitätserzeugnisse<br />

zuständigen mittelständischen Betriebe<br />

sind oft krisengeschüttelt.<br />

Was kann ein marginalisiertes Schulfach <strong>Arbeit</strong>slehre<br />

bzw. ein äquivalenter Lernbereich<br />

zur Kapitalismus-Debatte beisteuern? Hier<br />

empfiehlt sich zunächst die Einsicht, dass das<br />

Bohren dicker Bretter lange dauert. Auf keinen<br />

Fall sollte die alte klassenkämpferische<br />

Rhetorik aus der Rumpelkammer geholt werden.<br />

Ein Rückblick auf das Buch von Friedhelm<br />

Nyssen aus dem Jahre 1970: „Schule <strong>im</strong><br />

Kapitalismus“ ist insofern aufschlussreich, als<br />

Ende der 1960er Jahre die <strong>Wirtschaft</strong>sverbände<br />

unter dem Eindruck der damals lautstarken<br />

Kapitalismuskritik Einfluss in der<br />

Schule zu gewinnen versuchten. FRITZ<br />

ARLT, Leiter der Bildungsabteilung des<br />

Deutschen Industrieinstituts schreibt: „Die<br />

<strong>Arbeit</strong>skreise Schule - <strong>Wirtschaft</strong> sind informelle<br />

Gruppen ….In ihnen treffen sich Lehrer<br />

aller Schularten zwanglos mit Vertretern<br />

der <strong>Arbeit</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong>swelt, bei denen<br />

es sich zur Zeit noch in der Mehrzahl um<br />

Führungskräfte der Industrie <strong>und</strong> ihrer Verbände<br />

handelt.“ (zitiert nach Nyssen, S. 48).<br />

Heute, 35 Jahre später, registrieren wir einen<br />

neuerlichen Aktivismus seitens der <strong>Wirtschaft</strong>sverbände.<br />

In der Zwischenzeit lebten<br />

die Systeme Schule <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> verhält-

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