Gesellschaft für Arbeit, Technik und Wirtschaft im Unterricht e.V. Heft ...

GATWU - Forum, Nr. 1/2005 Seite 57
bricht, den er seit zwei Jahren, als seine Frau
ihn verließ, nicht mehr gesehen hat.
Im Gegensatz zu seinem Vater ist Sebastian
einer, der mit beiden Beinen fest im Leben
steht: Das Chaos in der Wohnung und im Lebens
seines Vaters kann er nicht akzeptieren.
Für alle Unterrichtenden im Fach Arbeitslehre
folgt nun eine Szene, die köstlicher nicht sein
kann.
Sebastian nimmt sich die Bewerbung seines
Vaters vor, mit der er schon wieder keinen
Erfolg gehabt hat. Seine Kritik ist schonungslos:
Das Bild müsse aufgeklebt sein, und
„Betreff“ schreibe man in der Betreffzeile
schon lange nicht mehr. Woher er das den
wisse, fragt der Vater. „Das lernen wir seit
zwei Jahren im Berufswahlunterricht.“ Und
nun folgt ein Rollenspiel, das zeigt, das Sebastian
aufgepasst und im Arbeitslehreunterricht
etwas gelernt hat: Er schlüpft in die Rolle
des „Personalentwicklers“ und bereitet seinen
Vater auf das nächste Bewerbergespräch
vor, das mit der Frage beginnt: „Herr Werner,
welche Vorstellungen verbinden Sie denn
mit Ihrer Arbeit in unserem Unternehmen?“
Ob dieses Coaching Erfolg hat oder nicht,
soll hier nicht verraten werden. Aber allein
schon wegen dieser Szene lohnt es sich, mit
seinen Schülerinnen und Schülern den Film
anzusehen. Als Belohnung gibt es auch noch
eine zarte, pubertäre Liebesgeschichte mit einem
happy end.
Wie kommt es, dass ein 30jähriger Student an
der Filmhochschule Babelsberg die Frage der
Bewerbung so dicht an der schulischen Wirklichkeit
schildern kann? Die Antwort ist ganz
einfach: Robert Thalheim war Schüler an der
Bertolt-Brecht-Oberschule (Gesamtschule
mit gymnasialer Oberstufe) in Spandau und
hat dort in der Mittelstufe selbstverständlich
Arbeitslehre gehabt - der Begriff „Berufswahlunterricht“,
der noch Anfang der Neunzigerjahre
für den Pflichtunterricht Arbeitslehre
benutzt wurde, ist wie ein Gruß aus dieser
Zeit. Dass Sebastian dem Vater empfiehlt,
seinen Lebenslauf durch eine erfundenen Tätigkeit
im Ausland aufzuhübschen, hat der
Regisseur allerdings nicht in unserem Unterricht
gelernt.
Nach dem Abitur, das Robert Thalheim an
der Bertolt-Brecht-Oberschule abgelegt hat,
war er für anderthalb Jahre im Rahmen des
Friedensdienstes in Auschwitz. Über seine
Begegnungen mit der polnischen Filmszene
ist er zum Studium an der Babelsberger Filmhochschule
gekommen.
Und was hat die Geschichte mit dem Titel zu
tun? Auch das sei nicht verraten - nur wer
genau hinsieht, dem fällt in einer Szene die
Anspielung auf.
(Detmar Grammel)
ÖKO-Test
Richtig gut Leben
Zum Titel:
Hrsg.: Jürgen Stellpflug (Chefred.)
Bezug: 12x jährlich
Verlag: Öko Test Verlag, Kasseler Str.
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