Hilfreiche Unterstützung von Kindern mit ADHS in der Schule - BSCW

stellung dieser Kategorie zeigte es sich aber, wie schwierig es ist, eine hilfreiche Lehrperson
zu definieren. Zunächst wurde davon ausgegangen, dass eine solche Lehrerin oder ein solcher
Lehrer über viel gute Eigenschaften verfügt und deshalb eben „eine gute Lehrerin“ oder
„ein guter Lehrer“ ist. So wurden anfänglich Unterkategorien wie „positive Lehrerpersönlichkeit“,
„authentisch und echt“, „geduldig und ruhig“, „optimistisch“, „glaubt an Kinder“, „positive,
ressourcenorientierte Denkweise“ oder „zeigt Zuneigung“ erstellt. Solche gute Charaktereigenschaften
sind bestimmt hilfreich bei der Unterstützung von ADHS-Kindern, aber sie sind
als Kategorien für die Interview-Analyse nicht brauchbar, weil solche Persönlichkeits-
Kategorien und die dazugehörigen beobachtbaren Indikatoren unglaublich schwer zu definieren
sind. Damit die verschiedenen Interview-Aussagen überhaupt zugeordnet werden können,
müssen sie aber beobachtbar sein. Beispielsweise kann eine Lehrperson erst als verständig,
echt, geduldig oder optimistisch charakterisiert werden, wenn sie mehrere Aktivitäten
oder Interaktionen zeigt, die als Indikatoren für ebensolche Charakteristika gelten. Also,
ob ein Lehrer tatsächlich geduldig ist, kann erst mit einer gewissen Sicherheit gesagt werden,
wenn die Interviewten von mehreren Situation berichten, in denen sie erlebt haben, wie
der Lehrer geduldig zugehört hat, Geduld bei der Einforderung von Arbeiten hatte oder den
Kindern teilweise mehr Zeit gab, bis sie bestimmte Anforderungen erfüllen mussten. Deshalb
wurden die Kategorie neu mit „Hilfreiche Aktivitäten und Einstellungen der Lehrpersonen“
betitelt. Um die Kategorisierung möglichst nachvollziehbar zu machen, wurden auch alle
nicht beobachtbaren Kategorien gestrichen und durch solche ersetzt, die tatsächlich beobachtbare
Aktivitäten darstellen. Zur feineren Unterscheidung wurde auch noch eine Zweiteilung
dieser Kategorie vorgenommen. In der ersten Kategorie sind vor allem generelle
Lehrpersonen-zentrierte Aktivitäten und Einstellungen zusammengefasst. In der zweiten Kategorie
liegt der Fokus auf den hilfreichen Interaktionen mit den Kindern, welche von der
Lehrperson ausgehen.
Eine weitere starke Veränderung des Kategoriensystems erfolgte, weil in den Interviews
Aussagen zu sehr einflussreichen Aspekten gefunden wurden, die auch nach dem Literaturstudium
und aufgrund der Erfahrung des Verfassers nicht erwartet wurden. Schon bei der
ersten Inhaltsanalyse fiel ein Aspekt auf, der gar nicht im Kategoriensystem vorhanden war
und zwar jener der Aktivitäten und Massnahmen, die vom ADHS-Betroffenen selber ausgehen!
Deshalb musste eine völlig neue Kategorie erstellt werden. Erfreulicherweise konnte in
den anderen Interviews weitere, teilweise sehr deutliche Hinweise auf selber getroffene
Massnahmen gefunden werden, insbesondere bei den Interviewten, welche zum Zeitpunkt
der Befragung mit Erfolg eine weiterführende Schule besuchten. Diese neue Kategorie wurde
ins Kategoriensystem eingefügt und dementsprechend im Kapitel 0 ausgewertet.
Bei den Lehrer-zentrierten Ansätzen wurden schon im ersten Analyse-Durchlauf viele Aussagen
zur individuellen Führung und Unterstützung der ADHS-Kinder gefunden. Auch die
klare Unterrichtsführung, der Umgang mit Regeln und den entsprechenden Konsequenzen
waren für die Interviewten sehr wesentlich. Deshalb wurde das Kategoriensystem in diesen
Bereichen nochmals erweitert.
Auch der ganze Bereich der pädagogischen oder methodisch-didaktischen Unterstützungsansätze
wurde klarer organisiert und in die folgenden Unterkapitel unterteilt:
� Förderung der Sozialkompetenz
� Lernsituation mit wenig Ablenkungen organisieren
� Bewegungsbedürfnis berücksichtigen
� Guter Arbeitsrhythmus
� Interessanter, abwechslungsreicher, motivierender Unterricht
Was hilft bei ADHS in der Schule? Masterthese Ch. Domeisen 45