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Genitalverstümmelung – Voraussetzungen und Grenzen der Einwil ...

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Seite 25<br />

4.6.3. <strong>Einwil</strong>ligung?<br />

Ergibt die fallweise Prüfung, dass eine einfache Körperverletzung nach Art. 123 Ziff. 1 StGB<br />

vorliegt, ist eine <strong>Einwil</strong>ligung unabhängig vom Motiv ohne Weiteres möglich. Damit ist etwa<br />

gesagt, dass in Piercings <strong>und</strong> Tattoos im Genitalbereich problemlos eingewilligt werden kann.<br />

Ist eine Verstümmelung dagegen als schwere Körperverletzung zu werten, dürfte m.E. die Möglichkeit<br />

<strong>der</strong> <strong>Einwil</strong>ligung zufolge negativ ausfallen<strong>der</strong> Güterabwägung i.d.R. entfallen.<br />

4.6.4. Rechtslage nach Art. 124 E-StGB<br />

Falls Art. 124 E-StGB in Kraft tritt, wird er künftig auch sämtliche Varianten des Typs IV (inkl.<br />

<strong>der</strong> unter 4.6.1. beschriebenen Piercings <strong>und</strong> Tattoos im Genitalbereich) umfassen 152 . Da somit<br />

sämtliche Formen des Typs IV als schwere Körperverletzungen zu werten wären, hätte in Bezug<br />

auf die Frage <strong>der</strong> <strong>Einwil</strong>ligung in jedem Einzelfall eine Güterabwägung zu erfolgen. Anhand<br />

dieser wären die Vorteile des Eingriffs den Nachteilen gegenüberzustellen. Zumindest in Bezug<br />

auf Piercings <strong>und</strong> Tattoos müsste die Güterabwägung m.E. positiv ausfallen 153 : Hier überwiegen<br />

das Selbstbestimmungsrecht <strong>und</strong> ein <strong>–</strong> in den Augen <strong>der</strong> betroffenen Frau <strong>–</strong> verbessertes ästhetisches<br />

Resultat. Ausserdem lassen sich sowohl Piercings als auch Tattoos wie<strong>der</strong> entfernen. Weitergehende<br />

Ausführungen zur Möglichkeit <strong>der</strong> <strong>Einwil</strong>ligung in die einzelnen Varianten des<br />

Typs IV sind mit Verweis auf den jeweiligen Einzelfall an dieser Stelle nicht möglich.<br />

5. Zirkumzision<br />

5.1. Der Eingriff <strong>und</strong> seine Folgen<br />

Wie oben dargelegt 154 wird bei <strong>der</strong> Zirkumzision aus medizinischen/ hygienischen o<strong>der</strong> aber religiösen<br />

Gründen die Vorhaut des Penis ganz o<strong>der</strong> teilweise weggeschnitten. Bei den religiösen<br />

Beschneidungen ist v.a. an die jüdische Feier <strong>der</strong> "Brit Mila" zu denken. Anlässlich dieser wird<br />

<strong>der</strong> jüdische Knabe noch am achten Lebenstag beschnitten 155 . Auch die muslimischen Söhne<br />

werden dieser Tortur unterzogen 156 . Der Beschneidungsakt, <strong>der</strong> ebenfalls im Rahmen eines Fests<br />

gefeiert wird, ist indes <strong>–</strong> an<strong>der</strong>s als bei den Juden <strong>–</strong> nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt fixiert.<br />

Er findet i.d.R. zwischen dem 3. <strong>und</strong> 12. Lebensjahr (jedenfalls vor <strong>der</strong> Pubertät) <strong>der</strong> Knaben<br />

statt 157 . Bei beiden Religionen ist die Beschneidung ein Zeichen <strong>der</strong> Religionszugehörigkeit 158 .<br />

152<br />

Vgl. dazu explizit den Bericht RK-N 2010, S. 19 <strong>und</strong> 21.<br />

153<br />

Vgl. dazu auch den Bericht RK-N 2010, S. 20.<br />

154<br />

Vgl. 1.1. <strong>und</strong> 1.3.<br />

155<br />

Die Beschneidung wird traditionellerweise von einem "professionellen" Beschnei<strong>der</strong> vorgenommen, <strong>der</strong> oftmals<br />

zugleich Arzt ist, dem sog. "Mohel".<br />

156 Der "professionelle Beschnei<strong>der</strong>" bei den Moslems heisst "Sünnetci".<br />

157 Vgl. Euro Circ.<br />

158 Vgl. dazu PUTZKE, welcher immer wie<strong>der</strong> betont, die Zirkumzision sei nicht religionsbegründend son<strong>der</strong>n nur -<br />

bestätigend, z.B. H. PUTZKE, Rechtliche <strong>Grenzen</strong>, S. 271 <strong>und</strong> Festschrift, S. 701.

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