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Genitalverstümmelung – Voraussetzungen und Grenzen der Einwil ...

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Seite 33<br />

welche die Zirkumzision vornimmt (z.B. den Arzt/ die Ärztin o<strong>der</strong> den traditionellen Beschnei<strong>der</strong>).<br />

Zwar dauert <strong>der</strong> eigentliche Beschneidungsvorgang i.d.R. nur kurz. Der Beschnei<strong>der</strong> hat<br />

aber gewöhnlich schon vor <strong>der</strong> Beschneidung Kontakt zu den gesetzlichen Vertretern. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

hat er Einfluss auf die Frage, wie <strong>und</strong> unter welchen Bedingungen ein Eingriff vorgenommen<br />

wird; ob dem Kind bspw. Schmerzmittel verabreicht werden o<strong>der</strong> ob es narkotisiert wird.<br />

D. Subjektiver Tatbestand<br />

Der subjektive Tatbestand <strong>der</strong> einfachen Körperverletzung kann in Form von Vorsatz o<strong>der</strong><br />

Eventualvorsatz erfüllt werden (Art. 12 Abs. 2 StGB). Diese Voraussetzung dürfte gewöhnlich<br />

ohne Weiteres sowohl bei den gesetzlichen Vertretern als auch den Personen, welche die Beschneidung<br />

vornehmen, erfüllt sein. Auch die qualifizierten Tatbestandsmerkmale dürften i.d.R.<br />

vom Vorsatz erfasst sein, zumal nicht vorausgesetzt wird, dass die Täterschaft Kenntnis von <strong>der</strong><br />

strafrechtlichen Einordnung hat. Eine sog. "Parallelwertung in <strong>der</strong> Laiensphäre" genügt 205 .<br />

E. Rechtfertigungsgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Einwil</strong>ligung<br />

Die Frage nach den möglichen Rechtfertigungsgründen wird dem Thema dieser Arbeit entsprechend<br />

auf die <strong>Einwil</strong>ligung beschränkt. Dabei ist die <strong>Einwil</strong>ligung des urteilsfähigen Mannes zu<br />

unterscheiden von <strong>der</strong> <strong>Einwil</strong>ligung, welche die gesetzlichen Vertreter anstelle des (diesbezüglich)<br />

urteilsunfähigen Knaben bzw. Mannes abgeben.<br />

a. Ab welchem Alter ist von Urteilsfähigkeit auszugehen?<br />

Entsprechend <strong>der</strong> FGM 206 ist m.E. die Urteilsfähigkeit, welche erfor<strong>der</strong>lich ist, um in eine bleibende,<br />

nicht medizinisch indizierte Beschneidung des Penis einzuwilligen, vor dem vollendeten<br />

16. Altersjahr auf jeden Fall zu verneinen 207 . Der unter 16-Jährige ist nicht in <strong>der</strong> Lage, die<br />

Auswirkungen einer Zirkumzision auf seinen Körper <strong>und</strong> v.a. seine sexuelle Empfindungsfähigkeit<br />

ausreichend abzuschätzen 208 . Damit ist die untere Grenze manifestiert. Für die obere Altersgrenze<br />

kann auf die Ausführungen zur FGM verwiesen werden 209 .<br />

b. Urteilsfähige Männer<br />

Wie dargelegt handelt es sich bei Zirkumzisionen i.d.R. um einfache Körperverletzungen. In<br />

solche kann <strong>der</strong> urteilsfähige Mann unabhängig vom damit verfolgten Zweck einwilligen 210 .<br />

Überhaupt ist beim urteilsfähigen Mann, <strong>der</strong> aus freien Stücken in eine Zirkumzision einwilligt,<br />

eine (eventualvorsätzliche) schwere Körperverletzung kaum vorstellbar. Dies auch dann, wenn<br />

<strong>der</strong> Mann z.B. aus religiösen Motiven eine Narkose ablehnt. Er hat gegenüber dem Urteilsunfähigen<br />

den Vorteil, dass er sich mit dem Eingriff <strong>und</strong> dessen Risiken <strong>und</strong> Konsequenzen (besser)<br />

205<br />

DONATSCH/TAG, S. 111, 2.311.<br />

206<br />

Vgl. dazu vorne 4.1. <strong>und</strong> 2.2.1.C.<br />

207<br />

Vgl. dazu auch PH. WEISSENBERGER, S. 79. Nach ihm sind v.a. bei ärztlich nicht indizierten Eingriffen strenge<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an die Einsichtsfähigkeit zu stellen.<br />

208<br />

So auch H. PUTZKE, Festschrift, S. 685, <strong>der</strong> darauf hinweist, dass sich Min<strong>der</strong>jährige schneller von scheinbaren<br />

Vorzügen (ver)leiten lassen <strong>und</strong> leichter für sachfremde Erwägungen empfänglich sind. Gerade bei <strong>der</strong> religiösen<br />

Beschneidung sei <strong>der</strong> Einfluss <strong>der</strong> Familie, von Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> <strong>der</strong> Glaubensgemeinschaft nicht zu unterschätzen.<br />

209<br />

Vgl. dazu vorne 4.1.<br />

210<br />

Vgl. dazu vorne 2.2.1. A. b.

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