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Genitalverstümmelung – Voraussetzungen und Grenzen der Einwil ...

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Seite 37<br />

d. Urteilsunfähige Volljährige<br />

Das bei den Knaben Gesagte gilt m.E. gr<strong>und</strong>sätzlich auch für urteilsunfähige volljährige Männer.<br />

Art. 405 Abs. 2 ZGB verweist für die Rechte des Vorm<strong>und</strong>s auf jene <strong>der</strong> Eltern. Die Rechte<br />

<strong>der</strong> Eltern finden ihre Grenze im Kindswohl. Entsprechend hat sich <strong>der</strong> Vorm<strong>und</strong> am Wohl seines<br />

Mündels zu orientieren. Die Frage, ob im Einzelfall Ausnahmen möglich sind, weil etwa die<br />

Zirkumzision <strong>der</strong> explizite Wunsch des Urteilsunfähigen ist <strong>und</strong> er die Tragweite des Eingriffs<br />

(u.U. begrenzt) erfassen kann, kann an dieser Stelle nicht weiter abgehandelt werden.<br />

F. Irrtum über die Rechtswidrigkeit?<br />

Auf Gr<strong>und</strong> des begrenzten Umfangs dieser Arbeit kann bei <strong>der</strong> Strafbarkeitsvoraussetzung <strong>der</strong><br />

Schuld nur auf die Problematik des Irrtums über die Rechtswidrigkeit nach Art. 21 StGB hingewiesen<br />

werden. Es ist zu erwarten, dass Eltern <strong>und</strong>/ o<strong>der</strong> (an<strong>der</strong>e) Beschneidende in einem<br />

allfälligen Strafverfahren geltend machen, sie hätten nicht gewusst, dass ihre <strong>Einwil</strong>ligung in die<br />

Zirkumzision des Sohnes bzw. die Vornahme <strong>der</strong>selben rechtswidrig ist. Ob dieser Irrtum vermeidbar<br />

gewesen wäre, ist im Einzelfall auf Gr<strong>und</strong> sämtlicher Umstände zu prüfen. Klar scheint<br />

mir, dass je länger <strong>und</strong> mehr die Problematik <strong>der</strong> Zirkumzision an Knaben diskutiert wird, desto<br />

eher das Vorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums zu verneinen sein wird.<br />

5.3.2. An<strong>der</strong>e StGB-Tatbestände<br />

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Zirkumzision im Einzelfall zusätzlich auf folgende<br />

StGB-Tatbestände zu überprüfen ist: Nötigung (Art. 181 StGB), Freiheitsberaubung<br />

(Art. 183 Ziff. 1 al. 1 StGB), Entführung (Art. 183 Ziff. 2 StGB), Verletzung <strong>der</strong> Fürsorge- o<strong>der</strong><br />

Erziehungspflicht (Art. 219 StGB) <strong>und</strong> Entziehen von Unmündigen (Art. 220 StGB).<br />

5.4. Abschliessendes zur Zirkumzision<br />

Wenngleich dies keinesfalls meine Intention war o<strong>der</strong> ist, kann ich nicht ausschliessen, dass die<br />

gef<strong>und</strong>enen Ergebnisse zur Zirkumzision im Einzelfall religiöse Gefühle verletzen. Aussagen<br />

wie jene des Düsseldorfer Gemein<strong>der</strong>abbiners SOUSSAN: "Es erschüttert uns, dass Juden nur gut<br />

sechs Jahrzehnte nach <strong>der</strong> Schoah in einem westeuropäischen Staat ernsthaft darüber nachdenken<br />

müssen, ihre Heimat zu verlassen, um ihr Judentum frei praktizieren zu können" 232 , liessen<br />

mich zögern, meine Ergebnisse zu Papier zu bringen. Umso mehr ist es mir ein Anliegen, zu betonen,<br />

dass <strong>der</strong> hier vertretene Paternalismus gerade von <strong>der</strong> Idee <strong>der</strong> allgemeinen Menschenwürde<br />

getragen wird, die im Beson<strong>der</strong>en für Kin<strong>der</strong> zu gelten hat. Es handelt sich bei meiner<br />

Arbeit mithin in keinster Weise um einen Angriff gegen die die Zirkumzision praktizierenden<br />

Religionen, son<strong>der</strong>n um eine Verteidigungsschrift für die schwächsten Mitglie<strong>der</strong> unserer Gesellschaft.<br />

Zwar attestiere ich, dass es sich namentlich bei <strong>der</strong> religiösen Zirkumzision um eine<br />

"bewusste Entscheidung für die Fortführung einer jahrtausendealten Tradition" handelt 233 . Dies<br />

än<strong>der</strong>t aber nichts daran, dass diese Entscheidung nicht dem Wohl des Knaben entspricht bzw.<br />

232 Zitiert im Tagesspiegel vom 29. Dezember 2008 im Beitrag von A. MÜLLER-LISSNER.<br />

233 M. SWATEK-EVENSTEIN.

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