Bayreuth wird bayerisch
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aber mit dem Aufgreifen neuerer Entwicklungen<br />
und Themen eine Veränderung der inhaltlichen<br />
Schwerpunktsetzung einleite-ten.<br />
Exemplarisch dafür stehen die Artikel zu sozial-<br />
und wirtschaftspoli tischen Fragen, die<br />
Debatten über das angemessene strategische<br />
Vorge hen oder die Erinnerungen an<br />
ideologische Klassiker. 23<br />
Darüber hinaus entstanden in der „neuen”<br />
NPD eine ganze Reihe von theoretischen<br />
Schriften, wozu neben dem neuen Parteiprogramm<br />
von 1996, dem umfangreichen „Aktionsprogramm<br />
für ein besseres Deutsch - land”<br />
von 2002 und dem „Europaprogramm” von<br />
2003 24 auch Ausgaben der Nationaldemokratischen<br />
Schriftenreihe Profil zu „Klarheit im<br />
Denken und Handeln beim Thema ‚Neue Ordnung’”<br />
von 2001 oder zu „Strate gischen Leitlinien<br />
zur politischen Arbeit der NPD” von<br />
2002 25 gehörten. Außerdem bildete sich im<br />
Umfeld der Partei mit der „Deutschen Akade -<br />
mie” eine Organisation heraus, welche Intellektuelle<br />
des rechtsextremistischen Lagers<br />
sammeln und regelmäßige ideologische Schulungsmaß<br />
nahmen durchführen wollte. 26 Letztere<br />
blieben allerdings ohne größere<br />
Resonanz wie viele andere Bemühungen um<br />
eine Intellektualisierung. Dies motivierte auch<br />
Jürgen Schwab, einen der bedeutendsten Protagonisten<br />
dieser Entwicklung, 2005 mit dem<br />
Verweis auf die mangelnde Unterstützung der<br />
Parteiführung für den „Kampf um die Köpfe”<br />
aus der NPD auszutreten. 27<br />
6. Die Vier-Säulen-Strategie II:<br />
„Kampf um die Straße”<br />
Die zweite Säule der Strategie setzt auf den<br />
„Kampf” bzw. die „Schlacht um die Straße”,<br />
wobei es im Kern um die Massenmobilisierung<br />
gehen soll. Nach den Ausführungen im<br />
Strategiepapier des NPD-Vorstandes könne<br />
eine nationale Partei ohne finanzielle Förderer<br />
„Massenwirkung nur durch die Mobilisierung<br />
der Straße” erreichen. Ansprechbar<br />
dafür seien insbesondere junge Menschen,<br />
die nicht nur um ihrer beruflichen Zukunft,<br />
sondern auch um ihrer nationalen Identität<br />
willen an Demonstrationen teilnehmen würden.<br />
Hierbei dürfe es keine Tabus geben, sollten<br />
doch auch Jugendliche aus dem<br />
Skinhead-Bereich angesprochen werden. Solche<br />
Gruppen seien angesichts des „Verfalls<br />
der Volksgemein schaft in der BRD” eine soziologische<br />
Selbstverständlichkeit. Die NPD<br />
habe keine Probleme mit ihnen zusammenzuarbeiten,<br />
wenn sie bereit seien, „als politische<br />
Soldaten zu denken und zu handeln”.<br />
Dann zeige sich auch, dass es sich um wert-<br />
14 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2012<br />
volle junge Menschen handele, welche es für<br />
den „Wiederaufbau der Volksgemeinschaft”<br />
28 zu gewinnen gelte.<br />
Die letztgenannten Gesichtspunkte setzte die<br />
Partei direkt in die Tat um: Unmittelbar nach<br />
Voigts Wahl zum Parteivorsitzenden führte<br />
die NPD zahlreiche öffentliche Aufmärsche<br />
und Demonstrationen mit einer hohen Teilnehmerzahl<br />
von Angehörigen der Neonaziund<br />
Skinhead-Szene durch. 29 Es lässt sich<br />
sogar von einer Welle kontinuierlicher Veranstaltun-gen<br />
mit dieser Zusammensetzung<br />
sprechen, wobei die Teilnehmerzahlen aber<br />
zwischen einigen wenigen Hundert und einigen<br />
wenigen Tausenden schwankten. Zusammen<br />
mit Neonazis und Skinheads bildete<br />
die NPD in ihrem Selbstverständnis so die<br />
„Nationale Außerparlamentarische Oppo -<br />
sition” (NAPO), welche Ausdruck des „Nationalen<br />
Widerstands” und der Beginn des<br />
Weges an die Macht sein sollte. 30 Obwohl<br />
mit der Regelmäßigkeit und Teilnehmerzahl<br />
der Demonstrationen eine neue Qualität im<br />
deutschen Rechtsextremismus erreicht<br />
wurde, gelang es der NPD zu keiner Zeit, relevante<br />
Potentiale von Teilnehmern außerhalb<br />
ihres eigenen politischen Lagers zu<br />
gewinnen. 31<br />
Zum „Kampf um die Straße” gehörten aber<br />
nicht nur Aufmärsche und Demonstrationen,<br />
sondern auch andere Veranstaltungen. Entscheidend<br />
für das damit verbundene Verständnis<br />
ist die öffentliche Präsenz, die der<br />
Bevölkerung die politische Kraft der Partei<br />
und ihres Umfeldes suggerie ren sollte. Insofern<br />
können auch Großereignisse der NPD<br />
wie die Durch führung des Pressefestes der<br />
Deutschen Stimme unter diese Kategorie fallen.<br />
An ihm nahmen 2004 und 2006 – 2005<br />
war es aufgrund der anstehenden Bundestagswahl<br />
abgesagt worden – immerhin rund<br />
7.000 Personen teil. 32 Allerdings wirkte zum<br />
einen insbesondere das Musikprogramm auf<br />
die Teilnehmer mobilisierend und zum anderen<br />
fanden sich kaum Personen aus dem<br />
nicht-rechtsextremistischen Spektrum ein. In<br />
bestimmten Regionen der ostdeutschen Provinz<br />
mit regionalen Hoch burgen führt die<br />
NPD indessen seit Mitte der 2000er Jahre<br />
kleinere Sommerfeste durch, welche auch zu<br />
gewichtigen Teilen von Personen außerhalb<br />
des organisierten Rechtsextremismus besucht<br />
werden.<br />
7. Die Vier-Säulen-Strategie III:<br />
„Kampf um die Parlamente”<br />
Und mit der dritten Säule der Strategie geht<br />
es um den „Kampf” bzw. die „Schlacht um<br />
die Parlamente”. Nach den Ausführungen<br />
des Parteivorstandes im Strategiepapier<br />
müsse man allein schon wegen der von den<br />
„Machthabern” betriebenen Verweigerung<br />
von Grundrechten für die „nationale Opposition”<br />
an Wahlen teilnehmen, würden dadurch<br />
doch die Behörden ihre „rechtswidrigen<br />
Behinderungspraktiken” wegen der<br />
Gefahr einer drohenden Wahlanfechtung unterlassen.<br />
Die NPD müsse aber auch zu Wahlen<br />
antreten, weil diese der wichtigste<br />
Ausdruck der politischen Willensbildung in<br />
einer Demokratie seien. Für die Bürger gelte<br />
eine solche Kandidatur als entscheidendes<br />
Kriterium der politischen Glaubwürdigkeit<br />
einer Gruppierung. Die Wahlteilnahme gilt<br />
außerdem als notwendig, weil „die BRD eine<br />
Parteiendemokratie” 33 sei, in der Parteien<br />
über ein beson deres Privileg bei der politischen<br />
Willensbildung verfügten. Sie diene<br />
darüber hinaus der Vermittlung der operativen<br />
Ziele: Ausbau der Partei strukturen, Bekanntmachung<br />
der Forderungen und<br />
Zuwachs an Mitglie dern.<br />
Die NPD bemüht sich regelmäßig bei Wahlen<br />
auf allen Ebenen anzutre ten, es sei denn sie<br />
muss aufgrund von Wahlabsprachen das Feld<br />
der DVU überlassen. Bei ihren Kandidaturen<br />
lässt sich ein – schon beschrie benes – ambivalentes<br />
Bild zeichnen: Während die NPD seit<br />
Mitte der 2000er Jahre offenbar gute Chancen<br />
hat, in die ostdeutschen Landesparlamente<br />
einzuziehen, ist ihr bei Wahlen in den<br />
westdeutschen Ländern noch nicht einmal<br />
ein Achtungserfolg gelungen. Dort bewegen<br />
sich die Wahlergebnisse unter zwei Prozent<br />
der Stimmen, während man im Osten in<br />
Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen mit<br />
7,3 und 9,2 Prozent der Stimmen jeweils eindeutig<br />
über fünf Prozent lag. Ähnlich verhält<br />
es sich bei Kommunalwahlen, verfügt die<br />
NPD doch nur in wenigen westlichen Hochburgen<br />
über Mandate. Dies erklärt sich teilweise<br />
aber dadurch, dass ebendort die<br />
Fünf-Prozent-Hürde weggefallen ist. Demgegenüber<br />
stellt die Partei in den neuen Bundesländern<br />
in etlichen Kommunen nicht nur<br />
einzelne Mandatsträger, sondern ganze Fraktionen.<br />
Aufgrund ihres ablehnenden und instrumentellen<br />
Verhältnisses zum Parlamentarismus<br />
ist die Partei an einer ernsthaften und konstruktiven<br />
Arbeit nicht interessiert. Diese Einstellung<br />
steht in der Kontinuität der<br />
Parlamentsarbeit rechtsextremistischer Parteien,<br />
welche in der Regel von geringem Engagement<br />
und häufigem Fehlen, provokativem<br />
Gehabe und unprofessionellem Vorgehen<br />
geprägt war. 34 Allgemein lässt sich das<br />
Agieren der NPD in den Parlamenten auf