Bayreuth wird bayerisch
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Obwohl die Vielfalt der Programme nicht alleine<br />
als problematisch beurteilt werden<br />
kann, ist es kaum zielführend, wenn Projekte<br />
immer wieder und parallel zueinander ‚das<br />
Rad neu erfinden’ müssen. Dieses Schicksal<br />
ist den Bundesprogramme in die Wiege gelegt:<br />
Sie sollen vor allem Modellförderung<br />
sein, eine Förderung von Regelarbeit ist nicht<br />
vorgesehen. Um zu lernen, zu bündeln und<br />
politisch zu steuern wäre allerdings die Etablierung<br />
eines nationalen Beratungsgremiums<br />
– etwa in Form eines unabhängigen Fachgremiums<br />
–notwendig ebenso wie die Überführung<br />
guter Praxis in die (z.B. pädagogische)<br />
Regelarbeit. Die für sinnvolle politische<br />
Steuerung notwendige Bündelung und Strategieentwicklung<br />
könne eine zentrale Koordinierungsstelle<br />
leisten. Die European<br />
Commission Against Racism and Intolerance<br />
(ECRI) empfiehlt Deutschland ein unabhängiges<br />
Fachorgan zur Bekämpfung von Rassismus,<br />
Fremdenhass, Antisemitismus und<br />
Intoleranz auf nationaler Ebene zu bilden.<br />
Dies sei in unterschiedlichen Modellen möglich:<br />
Als nationale Kommission, als Ombudsperson,<br />
als Zentrum oder Büro. 9<br />
Rechtsradikalismus hätte als eigenständiger<br />
und gleichzeitig zu Rassismus, Diskriminierung<br />
etc. verwandter Themenbereich hier<br />
einen sinnvollen Platz. Das Forum Menschenrechte<br />
schlug vor, die Aufgaben und Befugnisse<br />
der Antidiskriminierungsstelle des<br />
Bundes entsprechend zu erweitern. 10 Handlungsfähig<br />
wäre eine nationale Stelle, die:<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
aus unabhängigen Sachverständigen<br />
besteht<br />
eigene Ressourcen (u.a. Personal mit Expertise)<br />
zur Verfügung hat<br />
Konkrete und terminierte Ziele vereinbart<br />
Die wichtigen Zuständigkeitsbereiche<br />
(immer wieder) integriert und zusammen<br />
denkt (u.a. neben dem Bundesinnenministerium,<br />
das Bundesministerium<br />
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend,<br />
sowie und die Ländern, auch das<br />
Bundesministerium für Arbeit und Soziales<br />
sowie nicht-staatliche Akteure).<br />
Aufgaben wären:<br />
• Die Erarbeitung periodischer Berichte<br />
und Empfehlungen an Bund und Länder<br />
sowie an die Zivilgesellschaft<br />
• Sensibilisierung des öffentlichen Be-<br />
•<br />
•<br />
wusstseins 11<br />
Koordination von Maßnahmen und Programme<br />
gegen Rechtsextremismus<br />
Überwachung (Monitoring) und Evaluierung<br />
der Umsetzung der Programme<br />
und Maßnahmen<br />
34 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2012<br />
Bürger und Zivilgesellschaft<br />
Tatsächlich <strong>wird</strong> unsere Gesellschaft pluraler<br />
und heterogener. Das gilt auch für zivilgesellschaftliches<br />
Engagement: Die Analyse des<br />
Umgangs mit Rechtsextremismus durch die<br />
Zivilgesellschaft zeigt, dass die Gegenaktionen<br />
breiter und vielfältiger geworden sind.<br />
Auch die Akteure selbst sind heute bunter. 12<br />
In Deutschland reichen sie von Bürgerbündnissen,<br />
die sich gegen das Auftreten Rechtsextremer<br />
vor Ort wehren, über spezialisierte<br />
Opferberatungsstellen, die Feuerwehrjugend<br />
und dem DFB bis hin zu kirchlichen Gruppierungen<br />
und privaten Stiftungen, die Fachkräften<br />
schulen und öffentlich Signale setzen.<br />
Demokratie lebt von Auseinandersetzung<br />
und eine lebendige Zivilgesellschaft ist hierfür<br />
eine der Grundvoraussetzungen. Insofern<br />
ist die Vielfalt des Engagements gegen<br />
Rechtsradikalismus grundsätzlich als erfreulich<br />
und positiv zu beurteilen. Zudem scheinen<br />
sich zivilgesellschaftliche Ansätze in<br />
besonderer Weise als geeignet zu erweisen,<br />
um jenseits von repressiven und präventiven<br />
staatlichen Strategien angemessen auf bewegungsförmige<br />
rechtsextreme Mobilisierungen<br />
zu reagieren. 13<br />
Verbesserungsbedarf besteht (in Deutschland)<br />
weiterhin auf folgenden Gebieten:<br />
• im Ausbau lokaler Bündnisse und Netzwerkarbeit<br />
• bei der Integration traditioneller zivilgesellschaftlicher<br />
Strukturen (z.B. Vereine<br />
wie dem Weißen Ring) und der Spezialisierung<br />
ihrer Arbeit gegen Rechtsradikalismus<br />
(Weißer Ring: Spezielle<br />
•<br />
Hilfsangebote für Opfer von Fremdenfeindlichkeit<br />
und Rechtsextremismus<br />
fehlen bislang)<br />
bei der Positionierung traditioneller<br />
NGOs gegen Rechtsradikalismus etwa<br />
durch entsprechende Leitbilder, Selbstverpflichtungserklärungen,interkulturelle<br />
Öffnung, bewusstseinbildende<br />
Trainings<br />
• bei der (organisationsübergreifenden)<br />
Initiierung von Projekttagen und Aktionswochen<br />
• bei der Dokumentation von (nicht gewalttätigen)<br />
Diskriminierungsfällen<br />
• bei der Opferberatung in Westdeutschland<br />
• beim Zusammendenken unterschiedlicher<br />
Ansätze (beispielsweise Bekämpfung<br />
des Extremismus und Diskriminierungsschutz)<br />
Eine große Herausforderung stellt eine unterentwickelte<br />
oder nicht existente Zivilge-<br />
sellschaft in strukturschwachen Räumen dar.<br />
Diese Gebiete gelten als Erfolg versprechendes<br />
Ziel rechtsradikaler Bemühungen. Um<br />
ein ausreichendes soziales Angebot wie Jugendarbeit<br />
bereit zu stellen, müssen Möglichkeiten<br />
der staatlicher Förderung und der<br />
Unterstützung der Zivilgesellschaft gefunden<br />
werden. Gerade wo Zivilgesellschaft unterentwickelt<br />
ist, aber auch darüber hinaus gilt:<br />
Zivilgesellschaftliches Engagement bedarf<br />
Anerkennung und Finanzierung. Die Finanzierung<br />
des Engagements ist in Deutschland<br />
bislang auf staatliche Hilfen angewiesen. 14