Bayreuth wird bayerisch
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Bei Datenschützern steht Facebook in der<br />
Kritik, die Polizei freut sich dagegen über<br />
Fahndungserfolge dank des Internet-Netzwerks.<br />
Im nächsten Jahr entscheidet der Innenminister,<br />
ob die Polizei bei Facebook<br />
bleiben darf.<br />
Hannover (dpa/lni) - Die Polizei Hannover hat<br />
eine positive Bilanz ihrer im März gestarteten<br />
Fahndung über das soziale Netzwerk Facebook<br />
gezogen. «Acht Fälle konnten per<br />
Facebook geklärt werden», sagte Polizeisprecher<br />
Heiko Steiner der Nachrichtenagentur<br />
dpa. Über das Internet wurden die entscheidenden<br />
Hinweise auf zwei vermisste Kinder<br />
gegeben. Auch Körperverletzungen und<br />
Diebstähle konnten aufgeklärt werden. Als<br />
eine der ersten bundesweit wurde die Polizei<br />
der niedersächsischen Landeshauptstadt in<br />
diesem Jahr bei Facebook aktiv. Ein zweites<br />
Pilotprojekt startete die Polizeiinspektion<br />
Harburg.<br />
Nach Kritik von Datenschützern haben sich<br />
erste Behörden inzwischen wieder aus dem<br />
sozialen Netzwerk verabschiedet. Ob die Polizei<br />
in Zukunft weiter bei Facebook informieren<br />
und fahnden darf, entscheidet sich nach<br />
Angaben des niedersächsischen Innenministeriums<br />
nach Gesprächen auf Bundesebene<br />
Anfang 2012.<br />
«Für uns ist Facebook eine Chance Zielgruppen<br />
anzusprechen, die man über klassische<br />
Medien nicht erreicht - vor allem junge<br />
Leute», sagte Polizeisprecher Steiner. Zum<br />
ersten Mal setzen die Beamten jetzt auch bei<br />
der Aufklärung eines Mordes auf Facebook.<br />
Etwa 500 Hinweise gingen bisher im Fall der<br />
am ersten Adventssonntag in Hannover getöteten<br />
Studentin Annika ein, viele davon<br />
über Facebook.<br />
Mehrere Millionen User hätten sich den Aufruf<br />
schon angeschaut und weitergegeben,<br />
berichtete der Sprecher. «Es ist eine immense<br />
Resonanz, so erhöht sich auch der Fahndungsdruck<br />
auf den Täter», meinte Steiner.<br />
Die Mordkommission überprüft derzeit alle<br />
Hinweise auf den Unbekannten, der die 20-<br />
Jährige am 27. November auf der Straße in<br />
80 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2012<br />
Facebook-Fahndung<br />
erfolgreich:<br />
Acht Fälle geklärt<br />
der Nähe des Hauptbahnhofs niederstach.<br />
Dabei weisen die Fahnder die Facebook-Gemeinde<br />
darauf hin, unter keinen Umständen<br />
Hinweise über die öffentliche Kommentarfunktion<br />
zu geben. Die Internet-User verhalten<br />
sich Steiner zufolge hierbei<br />
verantwortungsvoll.<br />
Die Polizeiinspektion Harburg hat Facebook<br />
bisher in weniger spektakulären Fällen eingesetzt,<br />
etwa bei einem Raubüberfall und<br />
EC-Kartenbetrug. «Bei uns hat das nicht so<br />
eine Tragweite wie in Hannover», sagte Sprecher<br />
Jan Krüger. Die Polizei Hannover hat inzwischen<br />
etwa 81 000 Fans bei Facebook, die<br />
Polizei Harburg 1500 Fans.<br />
Zur Zukunft der Polizei auf der Internet-Plattform<br />
sagte der Sprecher des Innenministeriums,<br />
Dirk Hallmann: «Das Meinungsbild ist<br />
noch völlig offen.» Im Januar gebe es Gespräche<br />
mit dem Landesdatenschutzbeauftragten<br />
und mit Facebook Deutschland.<br />
Voraussichtlich im Februar stehe das Thema<br />
auf der Agenda des Arbeitskreises Polizei und<br />
Innere Sicherheit der Innenminister.<br />
Mehr als 84 000 «Fans» hat die Polizei Hannover<br />
bei Facebook. Seit März ist die Behörde<br />
bei der sozialen Plattform präsent. Der<br />
Leiter der Öffentlichkeitsarbeit, Stefan Wittke,<br />
wünscht sich eine Fortsetzung des Pilotprojekts.<br />
Warum fahnden Sie überhaupt über<br />
Facebook?<br />
Wittke: «Der entscheidende Pluspunkt ist das<br />
Alter der Facebook-Nutzer. 70 Prozent unserer<br />
Facebook-“Fans“ sind unter 35 Jahren.<br />
Die jungen Leute konsumieren eher zögerlich<br />
klassische Medien, sind aber intensiv im Web<br />
2.0 unterwegs. Aktuell fahnden wir im Fall<br />
einer getöteten 20-jährigen Studentin. Die<br />
Phantomskizze eines Tatverdächtigen ist bei<br />
Facebook mehr als 170 000 Mal geteilt worden,<br />
Millionen Menschen haben sie gesehen.<br />
Die Facebook-Nutzer sind in ihrer Mehrzahl<br />
exakt in der für Kriminalitätsbekämpfung besonders<br />
relevanten Altersgruppe zwischen 17<br />
und 30 Jahren - besonders, wenn es um Stra-<br />
ßen- und Gewaltkriminalität geht. Auf diesem<br />
Wege lassen sich deshalb leichter Zeugen,<br />
Opfer und Täter finden.»<br />
Wie stellen Sie den Datenschutz sicher?<br />
Wittke: «Wir haben eine sogenannte Fanpage<br />
wie der Bundespräsident, die Bundeskanzlerin<br />
oder neuerdings auch das<br />
Bundeskriminalamt. Wenn jemand Fan werden<br />
will, muss er Facebook-Mitglied sein, er<br />
hat also die Nutzungsbedingungen akzeptiert.<br />
Schützenswerte Daten werden von uns<br />
nicht eingestellt. Wir posten auf Facebook ja<br />
nur Inhalte, die auch durch unsere Pressemitteilungen<br />
verbreitet werden und damit für<br />
die Öffentlichkeit bestimmt sind. Wir formulieren<br />
die Texte lediglich etwas um. Die Nutzer<br />
weisen wir ausdrücklich und bei jeder<br />
Meldung darauf hin, keine Zeugenhinweise<br />
über die öffentliche Kommentarfunktion zu<br />
geben - sondern über die stets angegebene<br />
Rufnummer der zuständigen Dienststelle.<br />
Das funktioniert auch gut. Das Team der<br />
Pressestelle pflegt die Seite und schaut in<br />
kurzen Abständen darauf.»<br />
Steht denn der ganze Aufwand in einem<br />
vernünftigen Verhältnis zum Erfolg? Es<br />
könnte ja auch sein, dass durch Facebook<br />
Arbeitskräfte gebunden werden, die anderswo<br />
sinnvoller eingesetzt wären?<br />
Wittke: «Ich halte Facebook oder gegebenenfalls<br />
auch andere soziale Netzwerke für eine<br />
interessante, spannende Ergänzung im Bereich<br />
der polizeilichen Öffentlichkeitsfahndung.<br />
Das Web 2.0 ist eine Chance für die<br />
Polizei, auch für die Nachwuchsgewinnung<br />
oder für Präventionsthemen wie Alkoholmissbrauch.<br />
Wir hatten bisher acht Fahndungserfolge,<br />
unter anderem gab es per Facebook die<br />
entscheidenden Hinweise auf zwei vermisste<br />
Kinder. Auch ein Autodiebstahl und die Attacke<br />
auf einen Polizisten konnten aufgeklärt<br />
werden. In Vermissten-Fällen entscheidet die<br />
Polizei allein, bei Straftaten erlässt ein Richter<br />
den Beschluss über die Öffentlichkeitsfahn-