Bayreuth wird bayerisch
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den über das Merkmal ‘Religionszugehörigkeit’<br />
erklärt und in einem weiteren Schritt<br />
dem Kollektiv der Muslime zugerechnet“ 8 .<br />
Negative Fakten bewerten dann dieses Kollektiv.<br />
Die Autoren sehen in antisemitischen<br />
und islamophoben Diffamierungen die gleichen<br />
Konstruktionsmuster, Missdeutungen<br />
und verwendeten Bilder sowie Vorstellungen,<br />
die die „Fremdheit“ der Juden und Jüdinnen<br />
mit denen der MuslimInnen als eine<br />
interne und/oder externe Bedrohung darstellen<br />
sollen. Das zeigt sich beispielsweise<br />
in Reden über „muslimische Parallelgesellschaften“.<br />
Formen und Funktion<br />
rechtsextremer und<br />
rassistischer Äußerungen<br />
Im Büro-Alltag können diskriminierende,<br />
rechtsextreme oder rassistische Äußerungen<br />
auf subtile Weise geäußert werden, oder in<br />
einer Form, die auf ein möglicherweise vorhandenes<br />
Mehrheitsverhältnis verweist:<br />
Wenn beispielsweise Frauen aufgrund ihres<br />
Geschlechts bestimmte berufliche Fähigkeiten<br />
wie (männliches) Durchsetzungsvermögen,<br />
Verhandlungssicherheit, Aggressivität<br />
oder Rationalität abgesprochen <strong>wird</strong>, vergewissern<br />
sich die Redner solcher Denkmuster<br />
oft der Unterstützung weiterer (männlicher)<br />
Kollegen. Pauschale (Vor-) Urteile zeichnen<br />
sich auch dadurch aus, dass sie auf eine Art<br />
natürliche Gegebenheit hinweisen sollen, die<br />
durch Medien und Politik unterstützt werden.<br />
So sind in alltäglichen Gesprächen über sozial<br />
bzw. finanziell Schwächere wie die Hartz<br />
IV-Empfänger abwertende Äußerungen und<br />
pauschalisierende Unterstellungen wie Faulheit,<br />
Unwille oder Unfähigkeit inzwischen salonfähig<br />
geworden.<br />
Vorurteile und Feindbilder dienen als Ordnungs-,<br />
Sündenbock- und Stabilisierungsfunktion<br />
und ermöglichen die Abwehr von<br />
Angst und das Ausleben von Aggressionen.<br />
Menschen nutzen die Aufrechterhaltung von<br />
Feindbildern für Projektionen auf „Andere“,<br />
an denen sie stellvertretend ihre eigene<br />
Ängste oder Fehler „abarbeiten“ bzw. bekämpfen<br />
9 . Nach Ansicht des Sozialwissenschaftlers<br />
und politischen Erwachsenenpädagogen<br />
Klaus-Peter Hufer geben Verkünder<br />
von Stammtischparolen ungewollt Aufschluss<br />
über ihre eigenen Befindlichkeiten:<br />
Sie zeigen mangelnde Fähigkeiten, mit Widersprüchen<br />
und Diskrepanzen umgehen zu<br />
können und die Empfindung, mit ihrer persönlichen<br />
Lebenssituation „zu kurz gekommen<br />
zu sein“. Und sie zeigen über ihre<br />
zugespitzten Parolen viel ihrer persönlichen<br />
Ängste 10 .<br />
48 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2012<br />
Strategien gegen<br />
Rechtsextremismus<br />
Um rechtsextremen, rassistischen, sexistischen<br />
und beispielsweise homophoben Äußerungen<br />
entgegen zu treten, kann man in<br />
Rollenspielen Gegenargumente gegenüber<br />
Stammtischparolen üben. Hier setzt ein Argumentationstraining<br />
an, dass beispielsweise<br />
von Experten für die Praxis der<br />
Bildungsarbeit entwickelt wurde. Ein solches<br />
Training kann als mehrtägiges Seminar oder<br />
aber im Selbststudium absolviert werden, um<br />
in entsprechenden Situationen bei rassistischen<br />
oder sexistischen Witzen oder Parolen<br />
einzuhaken und die dahinter stehenden Themenbereiche<br />
kritisch zu hinterfragen. Das Argumentationstraining<br />
des politischen Erwachsenenpädagogen<br />
Hufer erläutert an<br />
Beispielen aus der Praxis („Arbeitslose sind<br />
faul, wer Arbeit sucht, findet sie auch“ oder<br />
„Homosexualität ist widernatürlich“), wie<br />
man Stammtischparolen inhaltlich analysiert<br />
und wirksam Argumente dagegen setzt. Die<br />
Autorin dieses Artikels schließt sich dem von<br />
Hufer verwendeten Begriff Stammtischparolen<br />
als einem Sammelbegriff für Vorurteile,<br />
rassistische, sexistische oder fremdenfeindliche<br />
Parolen an. Hufer erklärt im Argumentationstraining<br />
die sozio-psychologischen<br />
Hintergründe von Stammtischparolen und<br />
beschreibt die Funktion von Vorurteilen, Aggression<br />
und Autoritarismus. Mit einem Kriterienraster,<br />
dass weitgehend auf der<br />
Faschismus-Skala (F-Skala) von Theodor W.<br />
Adorno zum Denkmuster autoritär eingestellter<br />
Personen basiert, können Stammtischparolen<br />
als solche erkannt und<br />
eingeordnet werden 11 .<br />
Sie sind beispielsweise dadurch gekennzeichnet,<br />
dass die „Sender“ der Äußerungen keine<br />
oder nur eine geringe Bereitschaft zeigen,<br />
demokratische Prinzipien zu akzeptieren<br />
oder sich mit ihnen zu identifizieren und<br />
durch die Neigung, gesellschaftspolitische<br />
Entwicklungen mit Biologismen zu erklären<br />
versuchen 12 . Auch zeigen sie ein festgefügtes<br />
Denken in „Wir und Ihr-Gefühlen“ sowie die<br />
Diskriminierung anderer Lebensentwürfe. Die<br />
Verkünder solcher Aussagen zeichnen sich<br />
oft durch die Unfähigkeit aus, politische Zusammenhänge<br />
differenziert zu betrachten<br />
und Gegenargumente zuzulassen. Hufer benennt<br />
auch Sexismus als ein Abwerten des<br />
Weiblichen sowie das Herunterspielen frauenspezifischer<br />
Probleme als Charakteristikum<br />
dieser zugespitzten Parolen.<br />
Für eine wirksame Gegenargumentation<br />
empfiehlt Hufer vorab die Einsicht der eigenen<br />
Situation: Derjenige, der sich von<br />
Stammtischparolen abgrenzen will, ist immer<br />
in der Defensive. Das liegt am Wesen von<br />
Stammtischparolen: Sie werden in populistischer<br />
Schlagwort-Form geäußert, während<br />
die Themen, um die es geht, ungleich komplexer<br />
und differenzierter sind 13 . Bessere,<br />
gleichfalls einfache Problemlösungen oder<br />
schlagwortartige „Gegenparolen“ sind in<br />
der Regel seriös nicht zu vertreten bzw. werden<br />
dieser Komplexität nicht gerecht, durchaus<br />
aber kritisches Nachfragen oder das<br />
Ansprechen gegenläufiger Gesichtspunkte,<br />
um einfache Schwarz-Weiß-Muster beim Verkünder<br />
aufzudecken. Für mein Gegenüber