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1 - aktionbildung

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Handbuch Berufsbildungsbereich - 14 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 14<br />

Dabei ist es besonders wichtig, nicht den Bezug zur Lebenswirklichkeit zu verlieren. Individualität meint<br />

in diesem Sinne beispielsweise eine auf den Teilnehmer abgestimmte Unterrichts- und Ruheeinheit sowie<br />

die Verhältnismäßigkeit der beruflichen Bildungsmaßnahme.<br />

Bildungsmaßnahmen, die mit dem Verständnis von sinnvoller Tätigkeit schwer vereinbar sind (z.B. das<br />

Spiel mit Bauklötzchen) sind grundlegend abzulehnen. Formen freier Pädagogik sollen aber nicht gänzlich<br />

in den Hintergrund treten. Zwanglose Situationen bieten schwerbehinderten Menschen die Möglichkeit,<br />

sich in bestimmter Art mitzuteilen. Die Fachkraft muss die Möglichkeit haben, solche „Signale“<br />

wahrzunehmen.<br />

5.4.2 Überschaubare und nachvollziehbare Prozesse<br />

Schwerbehinderte Menschen sind in ihrer Wahrnehmung aufgrund ihrer Behinderung eingeschränkt.<br />

Ständig wechselnde Situationen oder Bezugspersonen sind für sie schwerer nachvollziehbar als für nicht<br />

behinderte Personen.<br />

Um berufliche Bildung sinnvoll zu organisieren, empfiehlt es sich, Tages- und Wochenstrukturierung<br />

möglichst gleich und nachvollziehbar zu planen. Der Teilnehmer soll die Möglichkeit erhalten, eine<br />

wiederkehrende tagesstrukturierende Ordnung zu erleben.<br />

Es macht demnach wenig Sinn, innerhalb eines Wochenplanes möglichst viele unterschiedliche Angebote<br />

einzuplanen. Denn durch die ständige Gleichmäßigkeit des Tagesablaufs, erfährt der schwerbehinderte<br />

Teilnehmer eine gewisse Sicherheit. Er erkennt feste Beziehungen zu anderen Personen. Idealerweise<br />

wird der Tagesablauf so organisiert, dass stets gleiche Bezugspersonen den Teilnehmer unterstützen.<br />

D. h. der Teilnehmer wird während seiner zweijährigen beruflichen Qualifikation von der gleichen Fachkraft<br />

unterstützt. Gleichzeitig bleibt er in seinem Gruppenverband und wechselt nicht zwischen verschiedenen<br />

Bildungsbereichen. Dadurch entsteht eine feste Ich-Du Beziehung.<br />

Der schwerstbehinderte Mensch erlebt sich als festen Teil eines Beziehungsgefüges, das nach dem universalen<br />

Prinzip der Heilpädagogik (Theunissen 1992) „eine tiefe, partnerschaftliche, kooperative und<br />

von Empathie geprägte Beziehung zwischen dem behinderten Menschen und seiner Bezugsperson“ entwickelt.<br />

5.4.3 Ganzheitlichkeit und Vorerfahrung<br />

Berufliche Bildung für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen soll alle Sinne des<br />

Teilnehmers ansprechen (vgl. 5.1 Umgrenzung des Personenkreises, S.9). Gleichzeitig soll an die (Vor-)<br />

Erfahrungen des Teilnehmers angeknüpft werden und bereits erworbene Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />

sollen stabilisiert und weiter entwickelt werden. Hierzu zählen u.a. Wahrnehmung, Sozialerfahrung,<br />

Gefühle, Körpererfahrung, Bewegung, Kognition und Kommunikation, wobei diese stets in Beziehung<br />

zueinander stehen und aufeinander einwirken.<br />

5.4.4 Angemessene Bildungsmaßnahmen<br />

Berufliche Bildung für Menschen mit schwersten Behinderungen muss sich ständig am Entwicklungsstand<br />

des Teilnehmers orientieren. Dies wird durch eine fortlaufende Förderdiagnostik, die sowohl den<br />

Entwicklungsstand als auch die subjektiven komplexen Lebenserfahrungen und -bedingungen berücksichtigt,<br />

unterstützt.<br />

Die Bildungsnahmen sollen aus einzelnen, überschaubaren Lerneinheiten bestehen. Es empfiehlt sich,<br />

die Lerneinheiten soweit wie möglich zu zergliedern (siehe auch Anlage 9.6.1 „Lernen in kleinsten<br />

Schritten“, S.67). Soweit notwendig, sollen Lerneinheiten wiederholt werden, um dem Teilnehmer eine<br />

Sicherheit im Umgang mit dem Werkstoff sowie ein Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten zu vermitteln.<br />

Produktivität im betriebswirtschaftlichen Sinn ist kein vorrangiges Ziel der beruflichen Bildung (vgl.<br />

BeB 1999, S.40). Dabei wird die Produktivität nicht generell ausgeschlossen. Die Teilnehmer des Berufsbildungsbereiches<br />

einer WfbM sollen sich primär beruflich qualifizieren und persönlich weiter entwickeln.<br />

Für Menschen mit schwersten Behinderungen gilt dies in besonderem Maße.<br />

Durch die schon oben erwähnte Gleichmäßigkeit der Prozesse, erleichtert sich weiterhin die Prognose<br />

über den Einsatz von Arbeitshilfsmitteln (z.B. spezielle Halterungen, Sägevorrichtungen etc.).<br />

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