1 - aktionbildung
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Handbuch für den<br />
Berufsbildungsbereich<br />
Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd<br />
Kompetenzorientierte berufliche Förderung<br />
für Menschen mit schwersten und mehrfachen<br />
Behinderungen<br />
Revision 1.0, 23.09.2002<br />
Monika Matzner<br />
Dipl. Soz. Päd. (FH)<br />
für <strong>aktionbildung</strong><br />
Assistentin am Modellstandort Schwäbisch Gmünd<br />
Lindenhofstr. 127<br />
73529 Schwäbisch Gmünd<br />
Tel.: 07171 / 802-368<br />
Fax: 07171 / 802-363<br />
matzner@<strong>aktionbildung</strong>.de<br />
Stephan Hirsch, Frank Uwe Polaschek<br />
Redaktionsleitung<br />
www.<strong>aktionbildung</strong>.de
Handbuch Berufsbildungsbereich - 2 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 2<br />
Grußwort<br />
Richtziel unseres Handelns in der Stiftung Haus Lindenhof ist es, Menschen mit Behinderung in ihrer<br />
beruflichen und sozialen Integration zu unterstützen und zu begleiten. Hierbei hat sich die Stiftung<br />
Haus Lindenhof als kirchlich-caritative Einrichtung von Anfang an insbesondere Menschen mit schwerer<br />
und mehrfacher Behinderung verschrieben.<br />
<strong>aktionbildung</strong> als bundesweites Projekt der Fachverbände der vier großen Wohlfahrtsverbände von Diakonie,<br />
Caritas, Lebenshilfe und Anthroposophen hat mit Unterstützung der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
Werkstätten für Behinderte (BAG WfB) und des Bundesarbeitsministeriums das Ziel, an vier Modellstandorten<br />
mit unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten die Möglichkeiten der beruflichen<br />
Bildung für Menschen mit Behinderungen exemplarisch aufzuzeigen und damit in ihrer Wertigkeit insgesamt<br />
zu stärken.<br />
Auch für die Weiterentwicklung der bisherigen Arbeit in den Vinzenz von Paul-Werkstätten der Stiftung<br />
Haus Lindenhof in Schwäbisch Gmünd ist es von daher von großer Bedeutung, im Rahmen von <strong>aktionbildung</strong><br />
Modellstandort der Caritas mit dem Schwerpunkt der beruflichen Bildung für Menschen mit<br />
schwerer und mehrfacher Behinderung zu sein.<br />
Das vorliegende Handbuch dokumentiert den hierbei begonnen Prozess zur Entwicklung einer Neukonzeption<br />
der beruflichen Bildung insbesondere an der Schnittstelle zwischen Förder- und Betreuungsbereich<br />
(FBB) und der Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfB) in der Stiftung. Es beschreibt ein<br />
Konzept zur Organisation, zu den Inhalten und zum zeitlichen Ablauf dieser beruflichen Bildung.<br />
Wir wollen mit diesem Handbuch Mut machen, berufliche Bildung insbesondere auch für Menschen mit<br />
schwerer und mehrfacher Behinderung zu organisieren und praktisch umzusetzen, selbst wenn die bisherigen<br />
hierfür allgemein vorhandenen Grundlagen noch ziemlich spärlich sind. Wir freuen uns von daher,<br />
wenn wir Ihnen mit diesem Handbuch Anregungen zur Weiterentwicklung der beruflichen Bildung für<br />
Menschen mit schwerer Behinderung an die Hand geben können. Nutzen Sie das Handbuch auch für<br />
konstruktive Kritik und für Verbesserungsvorschläge auf Grund Ihrer Erfahrungen. Vor allem freuen<br />
wir uns über Anregungen im Bereich von didaktischen Lehrmaterialien.<br />
Mit Ihrer Unterstützung möchten wir dieses Handbuch und damit auch das Konzept der beruflichen<br />
Bildung für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen, kontinuierlich fortschreiben und<br />
verbessern<br />
Schwäbisch Gmünd, im September 2002<br />
Bernhard Lengl Michael Abele Rita Krieg<br />
Bereichsleiter Werkstattleiter Einrichtungsleiterin<br />
Arbeit und Integration Vinzenz von Paul-Werkstätten Förder- und Betreuungsbereich<br />
2
Handbuch Berufsbildungsbereich - 3 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 3<br />
Inhalt<br />
1 Vorwort ........................................................................................................ 6<br />
2 Einleitung..................................................................................................... 7<br />
3 Ein wichtiger Schritt – Überblick gewinnen ......................................................... 9<br />
4 Ziel der beruflichen Bildung am Modellstandort...................................................10<br />
5 Rahmenbedingungen für die berufliche Bildung von Menschen mit schwersten und<br />
mehrfachen Behinderungen .............................................................................11<br />
5.1 Umgrenzung des Personenkreises........................................................................................ 11<br />
5.2 Diagnostische Aspekte ........................................................................................................ 12<br />
5.3 Umgrenzung des Bildungsbegriffs ....................................................................................... 13<br />
5.4 Pädagogische Richtlinien in der beruflichen Bildung für Menschen mit<br />
schwersten und mehrfachen Behinderungen ......................................................................... 13<br />
5.4.1 Individualität und Lebenswirklichkeit .................................................................................. 13<br />
5.4.2 Überschaubare und nachvollziehbare Prozesse..................................................................... 14<br />
5.4.3 Ganzheitlichkeit und Vorerfahrung...................................................................................... 14<br />
5.4.4 Angemessene Bildungsmaßnahmen ..................................................................................... 14<br />
5.4.5 Planung und Dokumentation ............................................................................................... 15<br />
5.4.6 Wichtige Rahmenbedingungen ............................................................................................ 15<br />
5.5 Umgrenzung der rechtlichen Voraussetzungen ..................................................................... 16<br />
6 Struktur und Organisation der beruflichen Bildung für Menschen mit schwersten und<br />
mehrfachen Behinderungen in der Stiftung Haus Lindenhof ...................................19<br />
6.1 Stellung des Berufsbildungsbereiches in der Einrichtung/ Räumliche<br />
Ausstattung........................................................................................................................ 19<br />
6.1.1 In der Werkstatt für Menschen mit Behinderung ................................................................. 19<br />
6.1.2 Im Förder- und Betreuungsbereich Luise von Marillac ......................................................... 20<br />
6.1.3 Raumprogramm ................................................................................................................. 21<br />
6.1.3.1 Gruppenräume....................................................................................................................21<br />
6.1.3.2 Bauliche Aspekte................................................................................................................22<br />
6.1.3.3 Ausstattung........................................................................................................................ 22<br />
6.1.3.4 Lage innerhalb der Stiftung Haus Lindenhof........................................................................ 22<br />
6.2 Personal/ Gruppengröße (Aktionsteam) ............................................................................... 23<br />
6.2.1 Leitungsgruppe................................................................................................................... 23<br />
6.2.2 Fachkräfteteam ..................................................................................................................23<br />
6.2.3 Beratungsmitglieder ........................................................................................................... 24<br />
6.2.4 Teilnehmer ......................................................................................................................... 24<br />
6.2.5 Werkstattrat ...................................................................................................................... 24<br />
6.3 Arbeitsbeziehungen............................................................................................................. 24<br />
6.3.1 Arbeitsbeziehungen der Leitungsgruppe............................................................................... 24<br />
6.3.2 Arbeitsbeziehungen der Fachkräfte ..................................................................................... 24<br />
6.3.3 Arbeitsbeziehungen der Teilnehmer ..................................................................................... 25<br />
6.3.4 Arbeitsbeziehungen des Werkstattrates ............................................................................... 25<br />
6.4 Notwendige Partner/ Vernetzung......................................................................................... 25<br />
6.4.1 Martinusschule der Stiftung Haus Lindenhof ....................................................................... 25<br />
6.4.2 Der Heilpädagogisch-Psychologische Dienst des Bereiches Wohnen für<br />
Menschen mit Behinderung der Stiftung Haus Lindenhof (HPD).......................................... 26<br />
6.4.3 Der medizinische Dienst der Stiftung Haus Lindenhof .......................................................... 26<br />
6.4.4 Wohnbereich/ Angehörige ................................................................................................... 26<br />
6.4.5 Arbeitskreis zur beruflichen Bildung für Menschen mit schwersten und<br />
mehrfachen Behinderungen ................................................................................................. 26<br />
3
Handbuch Berufsbildungsbereich - 4 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 4<br />
6.5 Erfolgsfaktoren .................................................................................................................. 27<br />
6.5.1 Demokratisierung ............................................................................................................... 27<br />
6.5.2 Offenheit ............................................................................................................................ 27<br />
6.5.3 Motivation ......................................................................................................................... 27<br />
6.5.4 Realismus........................................................................................................................... 28<br />
6.5.5 Fort- und Weiterbildung der Fachkräfte .............................................................................. 28<br />
6.6 Zielüberprüfung.................................................................................................................. 28<br />
7 Praxis der beruflichen Bildung für Menschen mit schwersten und mehrfachen<br />
Behinderungen ..............................................................................................30<br />
7.1 Eingangsverfahren.............................................................................................................. 31<br />
7.1.1 Inhalte ............................................................................................................................... 31<br />
7.1.2 Zeitlicher Ablauf ................................................................................................................ 31<br />
7.1.3 Schwerpunktbegleitung (Teambildung) ................................................................................ 31<br />
7.1.4 Förderdiagnostik ................................................................................................................31<br />
7.1.4.1 Der S/PAC als Grundlage.................................................................................................... 32<br />
7.1.4.2 Weitere Instrumente der Ressourcenanalyse ........................................................................ 32<br />
7.1.5 Erstellung des Bildungsprofils (Zielbestimmung).................................................................. 32<br />
7.1.6 Individueller Bildungsplan .................................................................................................. 33<br />
7.1.7 Dokumentation ...................................................................................................................33<br />
7.2 Berufsbildungsbereich......................................................................................................... 33<br />
7.2.1 Das erste Jahr der beruflichen Bildungsmaßnahme .............................................................. 33<br />
7.2.2 Das zweite Jahr der beruflichen Bildungsmaßnahme............................................................ 34<br />
7.2.3 Anvisierte Bildungsbereiche ................................................................................................ 35<br />
7.2.4 Persönlichkeitsentwicklung ................................................................................................. 36<br />
7.2.5 Curriculum......................................................................................................................... 36<br />
7.2.5.1 Lebenspraktische Handlungskompetenz ............................................................................... 36<br />
7.2.5.2 Selbständiges Tätigwerden.................................................................................................. 37<br />
7.2.5.3 Arbeit und sinnvolle Tätigkeit ............................................................................................. 37<br />
7.2.5.4 Soziale Handlungskompetenz.............................................................................................. 37<br />
7.2.5.5 Ruhe, Rückzug, Entspannung.............................................................................................. 37<br />
7.2.5.6 Religiöses Leben/ Sinnfindung............................................................................................. 38<br />
7.2.6 Dokumentation ...................................................................................................................38<br />
7.2.6.1 Wochenplan ....................................................................................................................... 38<br />
7.2.6.2 Kompetenznachweis (Zielüberprüfung) ................................................................................ 38<br />
7.2.6.3 Gesellenstück (Abschlussprüfung)........................................................................................ 38<br />
7.3 Angewandte Methoden der beruflichen Bildung.................................................................... 39<br />
7.3.1 Unterstützte Kommunikation .............................................................................................. 39<br />
7.3.2 Basale Stimulation ............................................................................................................. 40<br />
7.3.3 Bewegungsförderung........................................................................................................... 41<br />
7.3.4 Ergotherapie (Arbeits- und Beschäftigungsförderung).......................................................... 41<br />
7.3.5 Musisch-ästhetische Förderung ........................................................................................... 41<br />
7.3.6 Sonstige Formen beruflicher Förderung............................................................................... 42<br />
7.4 Anmerkungen zum Arbeitsbereich ....................................................................................... 42<br />
8 Literaturverzeichnis .......................................................................................43<br />
9 Anlagenverzeichnis ........................................................................................45<br />
9.1 Formular Fachausschussbeschluss der Vinzenz von Paul-Werkstätten ................................. 46<br />
9.2 Aufnahmebogen der Vinzenz von Paul-Werkstätten der Stiftung Haus<br />
Lindenhof........................................................................................................................... 47<br />
9.3 Werkstattvertrag der Vinzenz von Paul Werkstätten............................................................ 50<br />
9.4 Dokumentationsbögen zur Bildungsplanung ......................................................................... 54<br />
9.4.1 Infobogen bei Schulabgang ................................................................................................. 54<br />
9.4.2 Zielformulierungs- und Maßnahmebogen............................................................................. 61<br />
4
Handbuch Berufsbildungsbereich - 5 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 5<br />
9.4.3 Aktivitätenprotokoll............................................................................................................62<br />
9.4.4 Beispiel Wochenplan .......................................................................................................... 63<br />
9.4.5 Infoblatt Wahrnehmung...................................................................................................... 64<br />
9.4.6 Infoblatt Morgenkreis......................................................................................................... 68<br />
9.5 Aufnahmekriterien für den FBB der Stiftung Haus Lindenhof............................................... 69<br />
9.6 Exemplarische Materialien ................................................................................................. 70<br />
9.6.1 Lernen in kleinsten Schritten .............................................................................................. 70<br />
9.6.2 PAC-IT .............................................................................................................................. 96<br />
5
Handbuch Berufsbildungsbereich - 6 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 6<br />
1 Vorwort<br />
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,<br />
dies ist ein Anfang! Vor sich sehen Sie den ersten Entwurf eines Handbuches zur Beschreibung der<br />
berufsbildenden Maßnahmen der Vinzenz von Paul Werkstätten Schwäbisch Gmünd.<br />
Die Arbeit von <strong>aktionbildung</strong> am Modellstandort Schwäbisch Gmünd ist „wahre Pionierarbeit“. Der<br />
Anspruch, berufliche Bildung für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen zu organisieren,<br />
geht weit über das hinaus, was wir in der täglichen Praxis kennen.<br />
Wenige Werkstätten bekennen sich offen dazu, diesem Personenkreis berufsbildende oder arbeitsähnliche<br />
Angebote zu machen. Leitungen und Fachkräften, die sich dieser Herausforderung stellen, soll dieses<br />
Handbuch Mut machen, den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen.<br />
Jene, die sich entscheiden, es ihren Kollegen gleich zu tun, will das Handbuch Anregungen vermitteln<br />
und aufrufen, den Aufgaben zukünftiger Werkstattarbeit zuversichtlich entgegenzutreten.<br />
<strong>aktionbildung</strong> ist für uns, vor allem für den schwer- und mehrfachbehinderten Menschen, eine einmalige<br />
Chance! Die projekttragenden Fachverbände erklären durch ihre Vertreter die einstimmige Absicht,<br />
dass die Werkstatt für behinderte Menschen auch in Zukunft allen Menschen mit Behinderung offen<br />
steht. „Unter einem Dach“ bedeutet in diesem Sinne „für alle“. Damit folgt das Projekt dem Anspruch<br />
des SGB IX auf Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderungen.<br />
Diese Ausarbeitung ist so gestaltet, dass sie die Realität in Schwäbisch Gmünd beschreibt und doch<br />
beispielhaft von anderen WfbM genutzt werden kann. Verstehen Sie dieses Handbuch als Arbeitsmaterial,<br />
welches sich im organischen Prozess "des sich Veränderns und Ergänzens" befindet.<br />
Wir geben Ihnen mit dieser Veröffentlichung die Möglichkeit<br />
� anzuregen<br />
� zu kritisieren<br />
� zu verbessern<br />
� zu entwickeln<br />
� zu nutzen<br />
� zu verwerfen<br />
� sich zu beschäftigen.<br />
Machen Sie mit. Wir bauen auf.Berufliche Bildung!<br />
Ihr Team von<br />
Assistentin am<br />
Modellstandort Schw. Gmünd<br />
<strong>aktionbildung</strong><br />
Monika Matzner<br />
Lindenhofstr. 127<br />
73529 Schwäbisch Gmünd<br />
Tel.: 07171 / 802-368<br />
Fax: 07171 / 802-363<br />
matzner@<strong>aktionbildung</strong>.de<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
für die Modellstandorte<br />
Wuppertal und Schw. Gmünd<br />
<strong>aktionbildung</strong><br />
Stephan Hirsch<br />
Postfach 1144<br />
55001 Mainz<br />
Tel.: 06131 / 619 891<br />
Fax: 06131 / 619 893<br />
hirsch@<strong>aktionbildung</strong>.de<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
für die Modellstandorte<br />
Wismar und Speyer<br />
<strong>aktionbildung</strong><br />
Frank Uwe Polaschek<br />
Postfach 1144<br />
55001 Mainz<br />
Tel.: 06131 / 275 61 62<br />
Fax: 06131 / 275 61 64<br />
polaschek@<strong>aktionbildung</strong>.de<br />
Projektleiter<br />
<strong>aktionbildung</strong><br />
Kurt Hoffmann<br />
Talweg 1<br />
55590 Meisenheim<br />
Tel.: 06753 / 10 252<br />
Fax: 06753 / 32 11<br />
info@<strong>aktionbildung</strong>.de<br />
Design und Redaktion: design konkret | Zur Laubenheimer Höhe 24 | 55129 Mainz | Tel.: 06131-507480 | www.design-konkret.de<br />
6
Handbuch Berufsbildungsbereich - 7 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 7<br />
2 Einleitung<br />
Berufliche Bildung für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen. Warum wendet sich<br />
<strong>aktionbildung</strong> diesem Thema zu?<br />
Wir erleben in den Werkstätten einen spürbaren Zuwachs an Menschen, die diesem Personenkreis zuzuordnen<br />
sind.<br />
Nach Auskunft der BAG:WfB waren Ende des Jahres 1996 (Stand: 31.12.1996) 8,5 % aller Werkstattbeschäftigten<br />
schwer- bzw. mehrfachbehindert. Ende des Jahres 2001 (Stand: 31.12.01) liegt der<br />
Anteil dieser Personen bei 13,6 %. Wie begegnen wir in den Werkstätten diesen Menschen?<br />
In Zeiten der pränatalen Diagnostik bzw. der Präimplantatisonsdiagnostik müssen wir uns, bei gleichzeitiger<br />
Verbesserung der medizinischen Erstversorgung, der Tatsache stellen, dass es zukünftig nicht<br />
weniger Menschen mit Behinderungen in unseren Werkstätten geben wird, aber deutlich mehr schwer-<br />
und mehrfachbehinderte Personen. Ein Blick in die Klassen der Sonderschulen bestätigt dies.<br />
Die gesamtgesellschaftliche Diskussion um Antidiskriminierung, Gleichstellung und Teilhabe läuft glücklicherweise<br />
in vernünftigen Bahnen und hat zum 1. Juli 2001 das lang ersehnte SGB IX rechtsgültig<br />
werden lassen.<br />
Trotzdem gestaltet sich die Praxis der beruflichen Bildung respektiv die Teilhabe am Arbeitsleben für<br />
Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen noch völlig uneinheitlich. In den Bundesländern<br />
gibt es unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen zur Teilhabe. Leistungsträger von beruflichen Maßnamen<br />
vertreten unterschiedliche Auffassungen, Begrifflichkeiten sind uneinheitlich. So kennen wir<br />
heute den Förder- und Betreuungsbereich, die Tagesförderstätte, Fördergruppen, Werkstätten für<br />
Schwerstbehinderte, etc. Das Angebot für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen unterliegt<br />
dem scheinbaren Prinzip des „guten Willens“.<br />
Deshalb müssen wir handeln!<br />
Mit der Stiftung Haus Lindenhof hat der CBP (Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie) eine Einrichtung<br />
benannt, die sich dem Anspruch von Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen auf<br />
Teilhabe am Arbeitsleben annimmt.<br />
Innerhalb eines Jahres wurde unter Beteiligung der im Folgenden beschriebenen Schritte ein Berufsbildungsbereich<br />
für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen konzipiert, der nun mit praktischen<br />
Inhalten gefüllt wird. Es hat sich gezeigt, dass bei einer genauen Analyse der vorhandenen<br />
Dienste und Unterstützungsleistungen berufliche Bildung für diesen Personenkreis denkbar und umsetzbar<br />
ist. Sowohl Leitung als auch Fachkräfte sind in einem intensiven Austausch getreten, um das in<br />
Kapitel 3 (Ein wichtiger Schritt, S.7) beschriebene Ziel zu verwirklichen.<br />
Dabei wurde deutlich, dass sich Kooperationsstrukturen nur dann verwirklichen lassen, wenn alle Beteiligten<br />
bereit sind „einmal um die Ecke zu denken“.<br />
Wenn Sie heute in die Vinzenz von Paul Werkstätten nach Schwäbisch Gmünd schauen, werden Sie<br />
mindestens 2 Berufsbildungsbereiche (BBB) vorfinden. Den bislang regulären in den Räumlichkeiten der<br />
Werkstatt sowie den neu konzipierten innerhalb des Förder- und Betreuungsbereiches (FBB). Damit<br />
setzt <strong>aktionbildung</strong> einen Anspruch im SGB IX fort. Berufliche Bildung muss nicht werkstatthausgebunden<br />
durchgeführt werden, sondern bedarf geeigneter und auf die Bedürfnisse der Teilnehmer abgestimmter<br />
Rahmenbedingungen.<br />
Innerhalb des FBB wurden von <strong>aktionbildung</strong> Teilnehmer ausgewählt, die an berufsbildenden Maßnahmen<br />
teilnehmen. Sie werden durch Fachkräfte aus dem BBB sowie dem FBB unterstützt.<br />
Von einem Modellprojekt werden generell innovative Anregungen erwartet. Umsetzungen solcher innovativer<br />
Ideen werden hingegen nicht selten mit dem finanziellen Budget des Projekts begründet. In<br />
Schwäbisch Gmünd hat die Werkstatt eine Mitarbeiterin für die Koordination der projektbezogenen<br />
Arbeit mit einem Stellenanteil von 50% freigestellt. Diese ist als Assistentin für <strong>aktionbildung</strong> vor Ort<br />
tätig. Damit sind im Großen und Ganzen die finanziellen „Zuschüsse“ abgedeckt. Die Umsetzung des<br />
7
Handbuch Berufsbildungsbereich - 8 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 8<br />
Projektziels wird vornehmlich durch Neuordnung der vorhandenen Ressourcen abgedeckt. Örtliche<br />
Partner, wie Sonderschule, medizinischer Dienst, heilpädagogischer Dienst, Fachkräfte zur Arbeits- und<br />
Berufsförderung der Werkstatt, Heilerziehungspfleger des FBB etc. wurden in die Projektarbeit eingebunden.<br />
Wir lassen uns leiten vom dem Motto: Es kommt darauf an, was man daraus macht!<br />
Selbstverständlich liegt mit diesem Handbuch eine Idee vor, die erst schrittweise mit Leben gefüllt wird.<br />
Einen Berufsbildungsbereich in einer Förder- und Betreuungseinrichtung zu installieren, ist ein zuversichtliches<br />
Vorhaben.<br />
Deshalb ist <strong>aktionbildung</strong> in Schwäbisch Gmünd auf Ihre Mitarbeit angewiesen. Wir möchten interessierte<br />
Werkstätten ermuntern, sich in den bereits bestehenden Arbeitskreis ( siehe Kapitel 5.4.5) einzubinden<br />
und Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen in ihrer Teilhabe am Prozess der<br />
beruflichen Bildung zu unterstützen.<br />
Wenn Sie dieses Handbuch aufmerksam lesen, werden Sie feststellen, dass konkrete Arbeitsmaterialien<br />
noch fehlen bzw. erarbeitet werden müssen. Dieser Aufgabe werden wir ins in der verbleibenden Projektlaufzeit<br />
intensiv zuwenden. Wir haben den Anspruch, den konzeptionellen Charakter dieses Handbuchs<br />
in ein handhabbares, an den Bedürfnissen der Praxis ausgerichtetes Arbeitsbuch zu wandeln.<br />
Anregungen und Informationen nehmen wir dankbar unter Verweis der jeweiligen Bezugsadresse auf.<br />
8
Handbuch Berufsbildungsbereich - 9 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 9<br />
3 Ein wichtiger Schritt – Überblick gewinnen<br />
In diesem Handbuch stehen Begriffe, die möglicherweise nicht in einheitlicher Form verwendet werden.<br />
Aus diesem Grund steht den Ausarbeitungen ein Glossar voran. Die darin enthaltenen Begrifflichkeiten<br />
orientieren sich an den neu überarbeiteten Empfehlungen zum „Rahmenprogramm für das Eingangsverfahren<br />
und den Berufsbildungsbereich sowie zu den Arbeitshilfen für die Arbeit der Fachausschüsse“,<br />
die zwischen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für<br />
Behinderte (BAG:WfB) verabschiedet werden:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Werkstatt: zur Bezeichnung von Werkstätten<br />
für behinderte Menschen<br />
Teilhabe am Arbeitsleben: zur Bezeichnung<br />
des Maßnahmeziels in Werkstätten<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmer: für die<br />
Adressaten im Berufsbildungsbereich<br />
berufsbildende Maßnahmen (bzw. berufliche<br />
Bildungsmaßnahmen): für die Leistungen der Werkstatt<br />
berufsbildende Leistungen: für die Leistungen<br />
des Rehaträgers<br />
Berufsförderungsmaßnahmen bzw. berufsfördernde<br />
Leistungen: wenn es um umfassend gestaltete<br />
ganzheitliche Fördermaßnahmen geht<br />
Eingliederungsplan: als Bezeichnung für die gesetzlich verankerte<br />
fortlaufende Förderdokumentation, die zwischen Werkstatt<br />
und Teilnehmer abgestimmt wird<br />
Innerhalb der Projektarbeit haben sich folgende Begrifflichkeiten durchgesetzt:<br />
FBB: für den Förder- und Betreuungsbereich (auch<br />
Tagesstätte, Tagesförderstätte, Fördergruppe...)<br />
BBB: für den Berufsbildungsbereich<br />
Fachkraft: für die Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung<br />
Unterstützung: für alltägliche Hilfeleistungen neben der<br />
beruflichen Bildung<br />
Ressourcen: für Fähigkeiten und Fertigkeiten der Menschen<br />
mit Behinderungen<br />
Wir haben uns für die Schreibweise „Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen“ entschieden.<br />
Sinngleich verwenden wir auch schwer- (bzw. schwerst) und mehrfachbehinderte Menschen.<br />
Die Bezeichnung „Schwerstbehinderter“ lehnen wir ab, da im SGB IX dieses Attribut keine Verwendung<br />
findet. Unserem ethischen Verständnis nach steht der Mensch im Mittelpunkt und nicht seine Behinderung.<br />
Zur besseren Lesbarkeit verwenden wir die maskuline Schreibweise. Diese beinhaltet selbstverständlich<br />
alle Teilnehmerinnen bzw. Kolleginnen in unseren Werkstätten.<br />
9
Handbuch Berufsbildungsbereich - 10 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 10<br />
4 Ziel der beruflichen Bildung am Modellstandort<br />
Das Ziel der Beruflichen Bildung am Modellstandort Schwäbisch Gmünd ist die<br />
Teilhabe des Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen am Arbeitsleben der Werkstatt.<br />
Diese soll durch individuelle ganzheitliche berufliche Förderung sicher gestellt werden. Wir erheben den<br />
Anspruch, dass berufliche Bildung für diesen Personenkreis planvoll strukturiert, überprüfbar und erfolgreich<br />
durchführbar ist.<br />
10
Handbuch Berufsbildungsbereich - 11 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 11<br />
5 Rahmenbedingungen für die berufliche Bildung<br />
von Menschen mit schwersten und mehrfachen<br />
Behinderungen<br />
5.1 Umgrenzung des Personenkreises<br />
Kaum ein Personenkreis ruft so kontroverse Diskussionen hervor, wie der der Menschen mit schwerster<br />
und mehrfacher Behinderung. Der Grund hierfür liegt in den völlig unterschiedlichen Sichtweisen und<br />
Erfahrungswerten von KollegInnen, die diese Menschen unterstützten. Jede Argumentation basiert auf<br />
den eigens gemachten Erfahrungen. Schnell wird darüber diskutiert, was „möglich“ ist und was nicht.<br />
Auch in der Literatur finden sich unterschiedliche Darstellungen über den Begriff der „schweren und<br />
mehrfachen Behinderung“ (vgl. Hensle/Vernooij 2000, Fröhlich 1991).<br />
Geht man davon aus, dass 30% der Menschen mit Behinderungen isolierte motorische, sprachliche oder<br />
geistige Beeinträchtigungen, 70% jedoch kombinierte Formen haben, wird die Notwendigkeit einer<br />
Differenzierung deutlich. Mehrfachbehinderung wird im Allgemeinen auf drei Ebenen gesehen:<br />
Als multiples Syndrom (z.B. Cerebralparese führt gleichzeitig zu Körper-, Sprach- und Lernbeeinträchtigung)<br />
Als Folgebehinderung (z.B. Sprachbeeinträchtigung durch Gehörlosigkeit oder Verhaltensauffälligkeit<br />
aufgrund geistiger Behinderung)<br />
Als sekundäre Behinderung (z.B. zusätzliche Körperbehinderung aufgrund eines Unfalls)<br />
Problematisch ist dabei, dass bei der Betrachtung von Körperbehinderung, geistiger Behinderung, Gehörlosigkeit,<br />
Sehbehinderung, langfristiger Erkrankung, Lernbehinderung, Sprachbehinderung und<br />
Verhaltensauffälligkeit sich schon 36 Möglichkeiten ergeben, jeweils 2 Formen vorzufinden.<br />
Gleich auf welcher Ebene, eine Umgrenzung des Personenkreises macht nur Sinn durch die Beschreibung<br />
elementarer Bedürfnisse bzw. Unterstützungsleistungen bei<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
der Kommunikation<br />
der Erkundung des eigenen Körpers und der Umwelt<br />
der Wahrnehmung und Informationsaufnahme in<br />
komplexen Situationen<br />
der Selbstversorgung<br />
der Gestaltung von Aktivität<br />
der Arbeit<br />
(vgl. Fröhlich1991, 160f.)<br />
In der Praxis bildet das elementarste Merkmal der schwersten und mehrfachen Behinderungen nicht<br />
selten das „außerordentliche Pflegebedürfnis“.<br />
<strong>aktionbildung</strong> wendet sich gegen die Reduzierung von Menschen auf deren Pflegebedürfnis.<br />
Schwerste und mehrfache Behinderung muss mit dem Blick auf die Entwicklungsfähigkeit des Menschen<br />
umgrenzt werden. Hierbei kann nur individuell verfahren werden. Im Mittelpunkt der Definition<br />
darf nicht das Defizit des Menschen stehen, sondern die Möglichkeiten, die er mit zu benennenden Unterstützungsleistungen<br />
haben kann, müssen erkannt werden.<br />
Am Modellstandort Schwäbisch Gmünd ist der Personenkreis durch die „Aufnahmekriterien für den<br />
Förder- und Betreuungsbereich der Stiftung Haus Lindenhof“ (s. Anlage 9.5 Aufnahmekriterien für den<br />
FBB, S.67) umgrenzt.<br />
Mit dem vorliegenden Handbuch wird empfohlen, eine individuelle und differenzierte Umgrenzung des<br />
Personenkreises anhand medizinischer, psychologischer und pädagogischer Dokumentationen vorzunehmen,<br />
die eine Aussage zur Teilhabe am Arbeitsleben formuliert.<br />
11
Handbuch Berufsbildungsbereich - 12 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 12<br />
5.2 Diagnostische Aspekte<br />
Um eine Schwerst-/Mehrfachbehinderung zu benennen, bedarf es eines geeigneten und handhabbaren<br />
diagnostischen Instruments. Besonders im Hinblick auf eine individuelle Erstellung des Eingliederungsplans<br />
während des Eingangsverfahrens mit dem Ziel „Aufnahme im Berufsbildungsbereich“ ist die Benennung<br />
der Möglichkeiten des schwerst- mehrfachbehinderten Menschen wichtig.<br />
In der beruflichen Bildung von Menschen mit mehrfachen Behinderungen müssen dafür neue Wege<br />
beschritten werden. Der Grund dafür ist die unbestreitbare Tatsache, dass die bisher bekannten diagnostischen<br />
Systeme nicht oder nur verändert auf Menschen mit mehrfachen Behinderungen anwendbar<br />
sind!<br />
Tests und Entwicklungsskalen können demnach in der vorliegenden Form nicht genutzt werden. Zum<br />
einen sind die angewandten Verfahren aus dem Schulbereich übernommen. Sie lassen sich nur schwer<br />
auf die Werkstatt übertragen. Zum anderen berücksichtigen sie nicht –weil für Kinder oder Jugendliche<br />
entwickelt- den Entwicklungsprozess des erwachsenen schwerstbehinderten Menschen.<br />
So lassen sich bestenfalls Anregungen zur Umformung der Tests bzw. zur Konkretisierung von Beobachtungsbögen<br />
finden.<br />
Vereinzelt haben Werkstätten eigene Diagnose- und Förderansätze für Menschen mit mehrfachen Behinderungen<br />
entwickelt. Diese sind wiederum nur bedingt für andere Werkstätten nutzbar, weil die<br />
Werkstätten organisatorisch anders aufgebaut sind, der Personenkreis nicht vergleichbar ist oder aber<br />
die Handhabung der Diagnoseansätze nur in internen Schulungen vermittelt wird.<br />
Das testdiagnostische Eingansverfahren in den Berufsbildungsbereich muss für schwerstbehinderte Menschen<br />
also eigens gestaltet werden. Es gilt „Verhalten, Signale, Gefühle, Bedürfnisse, wahrzunehmen, in<br />
gewisser Weise zu entschlüsseln, zu deuten“ und für die berufliche Qualifizierung nutzbar zu machen<br />
(Bundschuh 1999, S.262).<br />
Diagnostik ist also nicht als einmaliges Verfahren, sondern als diagnostischer Prozess zu verstehen.<br />
Die Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung ist hierfür selten qualifiziert vorbereitet.<br />
<strong>aktionbildung</strong> empfiehlt deshalb in den diagnostischen Prozess weitere „Diagnostiker“ einzubeziehen.<br />
Diese können medizinische (Ärzte), heilpädagogische (Psychologen, Sonderpädagogen), biographische<br />
(Angehörige), arbeits-therapeutische (Ergotherapeuten, Psychomotoriker) Dokumentationen liefern, die<br />
für die Erstellung eines beruflichen Eingliederungsplans notwendig sind.<br />
In den diagnostischen Prozess muss der Soziale Dienst der Werkstatt eingebunden sein, um den zeitlichen<br />
Aufwand im Rahmen des Eingangsverfahrens zu bewältigen.<br />
Anregungen für die Gliederung eines diagnostischen Prozesses für Menschen mit schwersten Behinderungen<br />
bieten Franger/Pfeffer (1994):<br />
1. Block: Biographie<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Fragebogen für Angehörige<br />
Fragebogen für Pädagogen<br />
Fragebogen für Therapeuten<br />
speziell: Medizinische Therapie<br />
2. Block: Diagnose körperlicher und psychischer Merkmale<br />
Diagnose körperlicher Merkmale (Behinderungsart)<br />
Diagnose psychischer Merkmale ( Beschreibung von alltäglichen<br />
Verhaltensweisen aber auch von speziellen Verhaltensweisen mit<br />
Beschreibung der exakten Situationen, in denen sie auftreten)<br />
12
Handbuch Berufsbildungsbereich - 13 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 13<br />
3. Block: Sensomotorische und psychomotorische Fähigkeiten<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Feinmotorik/Handmotorik<br />
Geruchswahrnehmung<br />
Geschmackswahrnehmung<br />
Optische Wahrnehmung<br />
Akustische Wahrnehmung<br />
Aktive / Passive Verständigung (Sprache, Kommunikation)<br />
Selbsthilfe<br />
Am Modellstandort Schwäbisch Gmünd arbeitet <strong>aktionbildung</strong> mit einer modifizierten Form des PAC –<br />
Pädagogische Analyse und Curriculum der sozialen und persönlichen Entwicklung- nach Günzburg<br />
(1991). (Nähere Beschreibung hierzu: Kapitel 8.6.2)<br />
5.3 Umgrenzung des Bildungsbegriffs<br />
Der Mensch ist generell bildungsfähig und bildungsbedürftig! Hinter dieser Aussage steht <strong>aktionbildung</strong>.<br />
Dem Recht auf schulische Bildung für Menschen mit schwersten Behinderungen folgend, setzen wir uns<br />
Modellstandort Schwäbisch Gmünd dafür ein, dass berufliche Bildung für diese Personen möglich wird.<br />
Über den Begriff der beruflichen Bildung ist seit Einführung des SGB IX viel diskutiert worden. Die<br />
Frage, ob Teilnehmer an Maßnahmen der beruflichen Bildung in den Werkstätten künftig eine Ausbildung<br />
absolvieren wird ebenso angerissen, wie die Frage nach den Inhalten bzw. der Qualität beruflicher<br />
Bildung im Vergleich zum ehemaligen Arbeitstrainingsbereich.<br />
Für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen gelten generelle Aspekte beruflicher<br />
Bildung. Berufliche Bildung muss für diesen Personenkreis jedoch sehr individuell gestaltet sein.<br />
Die berufliche Bildung in der Werkstatt muss sich an den Rahmenvereinbarungen für den Berufsbildungsbereich<br />
zwischen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) und der Bundesarbeitsgemeinschaft der<br />
Werkstätten für Behinderte (BAG:WfB) orientieren.<br />
Ebenso wie diagnostische Verfahren nicht grundsätzlich auf schwerstbehinderte Menschen übertragbar<br />
sind, kann auch die inhaltliche Gestaltung der beruflichen Bildung nicht eins zu eins für diese Teilnehmer<br />
übernommen werden.<br />
Eine Werkstatt muss die berufliche Bildung immer individuell für den Teilnehmer organisieren.<br />
Berufliche Bildung kann also nur im Einzelfall, gemessen an gültigen Kriterien beschrieben werden. Die<br />
Empfehlungen der BA/BAG:WfB weisen explizit auf einen Eingliederungsplan hin. Dieser Eingliederungsplan<br />
ist ständig zu überprüfen und fortzuschreiben.<br />
Der Eingliederungsplan eines schwerbehinderten Teilnehmers muss mit erhöhter Sorgfalt begleitet werden.<br />
Ausgehend vom generellen Bildungsanspruch sollten die Notwendigkeit sowie das Förderziel der<br />
beruflichen Bildungsmaßnahme begründbar sein. Die berufliche Bildung sollte idealerweise in jedem<br />
kleinsten Schritt nachvollziehbar sein, weil die Lernerfolge des schwer- und mehrfachbehinderten Menschen<br />
ebenso in kleinen Schritten zu erwarten sind.<br />
5.4 Pädagogische Richtlinien in der beruflichen Bildung für<br />
Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen<br />
5.4.1 Individualität und Lebenswirklichkeit<br />
Die berufliche Bildung von schwerst- und mehrfachbehinderten Menschen muss sich immer an den individuellen<br />
Fähigkeiten der Teilnehmer orientieren. Deren subjektive Bedürfnisse bilden den Ausgangspunkt<br />
der beruflichen Qualifizierung.<br />
13
Handbuch Berufsbildungsbereich - 14 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 14<br />
Dabei ist es besonders wichtig, nicht den Bezug zur Lebenswirklichkeit zu verlieren. Individualität meint<br />
in diesem Sinne beispielsweise eine auf den Teilnehmer abgestimmte Unterrichts- und Ruheeinheit sowie<br />
die Verhältnismäßigkeit der beruflichen Bildungsmaßnahme.<br />
Bildungsmaßnahmen, die mit dem Verständnis von sinnvoller Tätigkeit schwer vereinbar sind (z.B. das<br />
Spiel mit Bauklötzchen) sind grundlegend abzulehnen. Formen freier Pädagogik sollen aber nicht gänzlich<br />
in den Hintergrund treten. Zwanglose Situationen bieten schwerbehinderten Menschen die Möglichkeit,<br />
sich in bestimmter Art mitzuteilen. Die Fachkraft muss die Möglichkeit haben, solche „Signale“<br />
wahrzunehmen.<br />
5.4.2 Überschaubare und nachvollziehbare Prozesse<br />
Schwerbehinderte Menschen sind in ihrer Wahrnehmung aufgrund ihrer Behinderung eingeschränkt.<br />
Ständig wechselnde Situationen oder Bezugspersonen sind für sie schwerer nachvollziehbar als für nicht<br />
behinderte Personen.<br />
Um berufliche Bildung sinnvoll zu organisieren, empfiehlt es sich, Tages- und Wochenstrukturierung<br />
möglichst gleich und nachvollziehbar zu planen. Der Teilnehmer soll die Möglichkeit erhalten, eine<br />
wiederkehrende tagesstrukturierende Ordnung zu erleben.<br />
Es macht demnach wenig Sinn, innerhalb eines Wochenplanes möglichst viele unterschiedliche Angebote<br />
einzuplanen. Denn durch die ständige Gleichmäßigkeit des Tagesablaufs, erfährt der schwerbehinderte<br />
Teilnehmer eine gewisse Sicherheit. Er erkennt feste Beziehungen zu anderen Personen. Idealerweise<br />
wird der Tagesablauf so organisiert, dass stets gleiche Bezugspersonen den Teilnehmer unterstützen.<br />
D. h. der Teilnehmer wird während seiner zweijährigen beruflichen Qualifikation von der gleichen Fachkraft<br />
unterstützt. Gleichzeitig bleibt er in seinem Gruppenverband und wechselt nicht zwischen verschiedenen<br />
Bildungsbereichen. Dadurch entsteht eine feste Ich-Du Beziehung.<br />
Der schwerstbehinderte Mensch erlebt sich als festen Teil eines Beziehungsgefüges, das nach dem universalen<br />
Prinzip der Heilpädagogik (Theunissen 1992) „eine tiefe, partnerschaftliche, kooperative und<br />
von Empathie geprägte Beziehung zwischen dem behinderten Menschen und seiner Bezugsperson“ entwickelt.<br />
5.4.3 Ganzheitlichkeit und Vorerfahrung<br />
Berufliche Bildung für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen soll alle Sinne des<br />
Teilnehmers ansprechen (vgl. 5.1 Umgrenzung des Personenkreises, S.9). Gleichzeitig soll an die (Vor-)<br />
Erfahrungen des Teilnehmers angeknüpft werden und bereits erworbene Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />
sollen stabilisiert und weiter entwickelt werden. Hierzu zählen u.a. Wahrnehmung, Sozialerfahrung,<br />
Gefühle, Körpererfahrung, Bewegung, Kognition und Kommunikation, wobei diese stets in Beziehung<br />
zueinander stehen und aufeinander einwirken.<br />
5.4.4 Angemessene Bildungsmaßnahmen<br />
Berufliche Bildung für Menschen mit schwersten Behinderungen muss sich ständig am Entwicklungsstand<br />
des Teilnehmers orientieren. Dies wird durch eine fortlaufende Förderdiagnostik, die sowohl den<br />
Entwicklungsstand als auch die subjektiven komplexen Lebenserfahrungen und -bedingungen berücksichtigt,<br />
unterstützt.<br />
Die Bildungsnahmen sollen aus einzelnen, überschaubaren Lerneinheiten bestehen. Es empfiehlt sich,<br />
die Lerneinheiten soweit wie möglich zu zergliedern (siehe auch Anlage 9.6.1 „Lernen in kleinsten<br />
Schritten“, S.67). Soweit notwendig, sollen Lerneinheiten wiederholt werden, um dem Teilnehmer eine<br />
Sicherheit im Umgang mit dem Werkstoff sowie ein Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten zu vermitteln.<br />
Produktivität im betriebswirtschaftlichen Sinn ist kein vorrangiges Ziel der beruflichen Bildung (vgl.<br />
BeB 1999, S.40). Dabei wird die Produktivität nicht generell ausgeschlossen. Die Teilnehmer des Berufsbildungsbereiches<br />
einer WfbM sollen sich primär beruflich qualifizieren und persönlich weiter entwickeln.<br />
Für Menschen mit schwersten Behinderungen gilt dies in besonderem Maße.<br />
Durch die schon oben erwähnte Gleichmäßigkeit der Prozesse, erleichtert sich weiterhin die Prognose<br />
über den Einsatz von Arbeitshilfsmitteln (z.B. spezielle Halterungen, Sägevorrichtungen etc.).<br />
14
Handbuch Berufsbildungsbereich - 15 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 15<br />
Droht eine Bildungsmaßnahme zu scheitern, muss dies nicht am Teilnehmer selbst liegen. An dieser<br />
Stelle ist es wichtig die Angemessenheit der Maßnahme erneut zu überprüfen und sich zu vergewissern,<br />
ob der Einsatz der angewandten Lehrmaterialien den subjektiven Bedürfnissen des Teilnehmers entsprach<br />
(„Es gibt keine schlechten Schüler, nur schlechte Lehrer“)<br />
5.4.5 Planung und Dokumentation<br />
Berufliche Bildung muss generell planvoll, zielgerichtet und strukturiert sein. Die ständige Reflexion der<br />
Angemessenheit sowie die Dokumentation der durchgeführten oder durchzuführenden Maßnahmen sind<br />
hierfür eine unbedingte Voraussetzung.<br />
Nur so lassen sich Entwicklungen genau festhalten.<br />
Oft vollzieht sich die berufliche und/oder persönliche Entwicklung von Menschen mit schwersten Behinderungen<br />
in kleinen, kaum bemerkbaren Schritten. Die Dokumentation erleichtert es den unterstützenden<br />
Fachkräften, Fortschritte zu erkennen sowie den Erfolg der eigenen Arbeit zu benennen.<br />
Es empfiehlt sich, die Planung der beruflichen Bildung so vorzubereiten, dass in einem festen Wochenrhythmus<br />
alle Maßnahmen dokumentiert werden können. Dabei soll darauf geachtet werden, dass die<br />
Beschreibung der durchgeführten Maßnahme und deren Erfolg in einem angemessenen zeitlichen Verhältnis<br />
steht. Überladene Dokumentationssysteme machen nach Ansicht von <strong>aktionbildung</strong> wenig Sinn.<br />
Ebenso ist von einer „Dokumentation, um der Dokumentation Willen“ abzusehen. Ergebnisse von beruflichen<br />
Bildungsmaßnahmen sollten leicht nachvollziehbar und handhabbar sein.<br />
Die Dokumentation dient der Fachkraft ebenso in der Zusammenarbeit mit anderen Experten (Ärzte,<br />
Psychologen, Angehörige). Sie sollte deshalb unbedingt die Mittel, Methoden und die Dauer der Bildungsmaßnahmen<br />
beschreiben, um Beratungs- und Abstimmungsergebnisse für den Eingliederungsplan<br />
fortzuschreiben. (siehe auch Anlage 9.4 Dokumentationsbögen zur Bildungsplanung, S.52)<br />
5.4.6 Wichtige Rahmenbedingungen<br />
Die berufliche Bildung von schwerstbehinderten Menschen braucht Zeit und Raum.<br />
Ein Tages- oder Wochenplan darf nicht mit Maßnahmen überladen sein. Es ist zu bedenken, dass neben<br />
der beruflichen Bildung häufig therapeutische Angebote laufen. Für Menschen mit mehrfachen Behinderungen<br />
bedeutet der Wechsel von Räumlichkeiten und Ansprechpartner fortwährende Neuorientierung.<br />
Dies kann zu stresshaftem Erleben für sie führen.<br />
Die Maßnahmen müssen also zyklisch geplant werden. Dabei sollte genügend Zeit zwischen den Lerneinheiten<br />
berücksichtigt werden.<br />
Die Bildungsmaßnahme sollte in einem den Bedürfnissen von Menschen mit schwersten Behinderungen<br />
angemessenen Raum geschehen. Hierbei kann von der Vorstellung abgerückt werden, die Bildungsmaßnahme<br />
müsse „unter dem Dach“ der Werkstatt geschehen. Möglichkeiten eine „nicht-werkstatthausgebundene“<br />
berufliche Bildung anzubieten, gibt es viele. Am Modellstandort Schwäbisch Gmünd findet<br />
berufliche Bildung in den Räumen des Förder- und Betreuungsbereiches statt. Dort sind angemessene<br />
räumliche Voraussetzungen, die sich noch nicht in der Werkstatt vorfinden.<br />
An welchem Ort die berufliche Bildung von Menschen mit schwersten Behinderungen anzusiedeln ist,<br />
hängt von den jeweiligen Gegebenheiten vor Ort ab.<br />
15
Handbuch Berufsbildungsbereich - 16 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 16<br />
5.5 Umgrenzung der rechtlichen Voraussetzungen<br />
Das SGB IX, als neue Rechtsgrundlage für die Rehabilitation und Teilhabe, verankert gleichzeitig mehrere<br />
Bildungsaufträge. Diese sind mit § 136 ff SGB IX als Pflichtleistungen verankert.<br />
Als Adressat dieser Regelung hat die WfbM:<br />
� eine angemessene berufliche Bildung anzubieten<br />
� zu ermöglichen, die Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit<br />
der behinderten Menschen zu erhalten, zu entwickeln,<br />
zu erhöhen oder wiederzugewinnen und dabei ihre<br />
Persönlichkeit weiterzuentwickeln<br />
� über qualifiziertes Personal und begleitende Dienste<br />
zu verfügen.<br />
§ 40 beschreibt die Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich. Adressaten dieser<br />
Regelung sind die Rehabilitationsträger.<br />
"Die Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich einer anerkannten Werkstatt für<br />
behinderte Menschen erhalten behinderte Menschen<br />
1. im Eingangsverfahren zur Feststellung, ob die Werkstatt die geeignete Einrichtung für die Teilhabe<br />
des behinderten Menschen am Arbeitsleben ist sowie welche Bereiche der Werkstatt und welche Leistungen<br />
zur Teilhabe am Arbeitsleben für den behinderten Menschen in Betracht kommen, und um einen<br />
Eingliederungsplan zu erstellen,<br />
2. im Berufsbildungsbereich, wenn die Leistungen erforderlich sind, um die Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit<br />
des behinderten Menschen so weit wie möglich zu entwickeln, zu verbessern oder wiederherzustellen<br />
und erwartet werden kann, dass der behinderte Mensch nach Teilnahme an diesen Leistungen in<br />
der Lage ist, wenigstens ein Mindestmass wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Sinne des §<br />
136 zu erbringen.<br />
(2) Die Leistungen im Eingangsverfahren können im Einzelfall bis zu drei Monaten erbracht werden.<br />
Sie werden bis zu vier Wochen erbracht, wenn die notwendigen Feststellungen in dieser Zeit getroffen<br />
werden können.<br />
(3) Die Leistungen im Berufsbildungsbereich werden für zwei Jahre erbracht. Sie werden in der Regel<br />
für ein Jahr bewilligt. Sie werden für ein weiteres Jahr bewilligt, wenn die Leistungsfähigkeit des behinderten<br />
Menschen weiterentwickelt oder wiedergewonnen werden kann."<br />
In § 136,2 heißt es zum Begriff und zu den Aufgaben der Werkstatt weiter:<br />
Die Werkstatt steht allen behinderten Menschen... unabhängig von Art und Schwere der Behinderung<br />
offen, sofern erwartet werden kann, dass sie spätestens nach Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich<br />
wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen werden.<br />
Dies ist nicht der Fall bei behinderten Menschen, bei denen trotz einer der Behinderung angemessenen<br />
Betreuung eine erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung zu erwarten ist oder das Ausmaß der erforderlichen<br />
Betreuung und Pflege die Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich oder sonstige<br />
Umstände ein Mindestmass wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Arbeitsbereich dauerhaft<br />
nicht zulassen.<br />
Behinderte Menschen, die die Voraussetzungen für eine Beschäftigung in einer Werkstatt nicht erfüllen,<br />
sollen in Einrichtungen oder Gruppen betreut oder gefördert werden, die der Werkstatt angegliedert<br />
sind.“ (139, 3).<br />
16
Handbuch Berufsbildungsbereich - 17 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 17<br />
Die Aufnahme in eine Werkstatt erfolgt unabhängig von<br />
„der Ursache der Behinderung<br />
der Art der Behinderung, wenn in dem Einzugsgebiet keine besondere Werkstatt für behinderte Menschen<br />
für diese Behinderungsart vorhanden ist, und<br />
der Schwere der Behinderung, der Minderung der Leistungsfähigkeit und einem besonderen Bedarf an<br />
Förderung, begleitender Betreuung oder Pflege“ (§ 137, 1).<br />
Die im SGB IX beschriebenen Anforderungen für eine Aufnahme in die Werkstatt mit einer durch das<br />
Eingangsverfahren festgestellten weiterführenden Maßnahme der beruflichen Bildung schließt Menschen<br />
mit schwersten und mehrfachen nicht aus!<br />
Kriterien für die Aufnahme sind also:<br />
� wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistung<br />
� keine Fremd- oder Selbstgefährdung<br />
und<br />
� ein nicht näher definiertes Ausmaß an<br />
erforderlicher Betreuung und Pflege.<br />
Für den Berufsbildungsbereich besteht zunächst keine Notwendigkeit wirtschaftlich verwertbare Leistungen<br />
zu erbringen. Diese sind erst nach Teilnahme an den Maßnahmen zur beruflichen Bildung für<br />
den Arbeitsbereich relevant. Zudem entschied das Bundessozialgericht bereits im Jahr 1983, dass es<br />
„nicht notwendig sei, dass die Arbeitsleistung sich als Ware oder Dienstleistung verkaufen<br />
lässt....(Wenn der Betreffende) irgendwie am Arbeitsauftrag der Werkstatt mitwirkt, d.h. an der Erstellung<br />
und Erbringung der von den Werkstätten vertriebenen Waren und Dienstleistungen durch nützliche<br />
Arbeit beteiligt werden kann, ohne sich oder andere zu gefährden“ (AZ.: 7 Rar 73/82).<br />
Dies wäre auch dann der Fall, wenn der Behinderte [Mensch] an einem oder mehreren Arbeitsvorgängen<br />
eingesetzt werden kann. die in der Werkstatt wiederholt anfallen. Auch ist die Werkstattfähigkeit<br />
...zu bejahen, wenn die Werkstatt einen anderen Behinderten [Menschen] mit den in etwa gleichen Fähigkeiten<br />
beschäftigt“ (vgl. BEB 1999, S.29).<br />
1995 ist diese Auffassung bestätigt worden (Az.: 11 Rar 57/94; vgl. Rechtsdienst der Lebenshilfe<br />
1/1996 27f.)<br />
Was also unter der Begrifflichkeit „wirtschaftlich verwertbar“ verstanden wird, erklärt der rehabilitative<br />
Auftrag der in den Leitlinien einer jeweiligen Werkstatt zum Ausdruck kommt.<br />
In Schwäbisch Gmünd erstellen die Teilnehmer ein Gesellenstück und erbringen anteilige Dienstleistungen.<br />
Diese sind für die Stiftung Haus Lindenhof wirtschaftlich verwertbar.<br />
Selbst- oder Fremdgefährdung ist ein weit auslegbarer Begriff. Grundsätzlich kann eine medizinisch<br />
notwendige Leistung, die als überlebensnotwendig anzusehen ist, nicht in einer Werkstatt geleistet werden.<br />
Dies ist klar.<br />
Um aber die Gefährdung einer Person auszuschließen, bedarf es nicht nur der Betrachtung der Person,<br />
von der Gefahr ausgeht, sondern auch der Umstände und Situationen, in denen sich diese befindet. All<br />
zu leicht wird vor der (Auto-)Aggression eines Teilnehmers kapituliert ohne eventuelle Zwänge und<br />
Krisen einzubeziehen.<br />
Wir alle kennen Stress am Arbeitsplatz, Unwohlsein in neuen Situationen oder die Schwierigkeit private<br />
Stimmungen „aus der Firma“ zu lassen. Der Eintritt in die Arbeitswelt ist für jeden Jugendlichen eine<br />
spannende Sache aber auch eine Krise. Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen erleben<br />
diese Krisen ebenso wie alle Menschen. Ihre Möglichkeit sich anderen gegenüber mitzuteilen sind allerdings<br />
reduziert.<br />
Um den Grund einer Selbst- und Fremdgefährdung zu beschreiben, bedarf es der Zusammenarbeit von<br />
Fachleuten und Experten.<br />
17
Handbuch Berufsbildungsbereich - 18 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 18<br />
Für <strong>aktionbildung</strong> arbeiten in Schwäbisch Gmünd psychologische, medizinische und pädagogische<br />
Dienste zusammen. Sie versuchen Selbst- und Fremdbestimmung unter Betrachtung möglichst aller<br />
Umstände individuell zu bezeichnen. Juristisch ist diese vollkommen unbestimmt.<br />
Über das Ausmaß an erforderlicher Betreuung und Pflege entschied das Sozialgericht Augsburg „dass<br />
ein schwerbehinderter Mensch keine Verrichtung des täglichen Lebens selbstständig ausüben kann,<br />
lediglich ein Hinweis für das Vorliegen einer außergewöhnlichen Pflegebedürftigkeit nach §69 Abs. 4<br />
BSHG, jedoch kein zwingendes Kriterium für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs `außerordentliche<br />
Pflegebedürftigkeit´ im Sinne des § 1 der Werkstättenverordnung“ ist (Az.: S7, A1 212-<br />
80; vgl. BeB 1999, S. 29).<br />
Einer Aufnahme von Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen in den Berufsbildungsbereich<br />
stehen die im SGB IX festgelegten Kriterien nicht entgegen.<br />
Der BeB hat sich 1995 in einer Resolution explizit dafür ausgesprochen, dass Menschen mit schweren<br />
und mehrfachen Behinderungen die Teilhabe am Arbeitsleben in einer Werkstatt ermöglicht wird. Darin<br />
heißt es unter anderem:<br />
„Wir erklären daher, dass unsere Werkstätten diesem Personenkreis offen stehen.“<br />
18
Handbuch Berufsbildungsbereich - 19 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 19<br />
6 Struktur und Organisation der beruflichen<br />
Bildung für Menschen mit schwersten und<br />
mehrfachen Behinderungen in der Stiftung<br />
Haus Lindenhof<br />
6.1 Stellung des Berufsbildungsbereiches in der<br />
Einrichtung/ Räumliche Ausstattung<br />
In den Vinzenz von Paul-Werkstätten der Stiftung Haus Lindenhof wird durch <strong>aktionbildung</strong> ein Prozess<br />
beschrieben, in dem der Berufsbildungsbereich der WfbM durch eine Außenstelle im Förder- und<br />
Betreuungsbereich Luise von Marillac der Stiftung Haus Lindenhof erweitert wird. Dieser erweiterte<br />
Berufsbildungsbereich organisiert berufliche Bildung für Menschen mit schwersten und mehrfachen<br />
Behinderungen. Gleichzeitig soll in diesem Prozess beschrieben werden, unter welchen Bedingungen die<br />
berufliche Bildung (Personalschlüssel, Räumlichkeiten) für diesen Personenkreis angeboten werden<br />
kann. In der Vergangenheit konnten die Angebote im Berufsbildungsbereich der WfbM nicht entsprechend<br />
den Anforderungen, die der Mensch mit schwerster und mehrfacher Behinderung stellt, organisiert<br />
werden. Diese Personen fanden Aufnahme im Förder- und Betreuungsbereich Luise von Marillac<br />
der Stiftung Haus Lindenhof. <strong>aktionbildung</strong> möchte nun am Modellstandort den Weg gehen, für die<br />
Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen ein berufliches Bildungskonzept zu entwickeln.<br />
Aus diesem Grund wird der Berufsbildungsbereich der WfbM um einen Berufsbildungsbereich innerhalb<br />
des FBB erweitert, um die Kompetenzen beider Bereiche zusammenzuführen.<br />
6.1.1 In der Werkstatt für Menschen mit Behinderung<br />
Die Teilnehmer im Berufsbildungsbereich der Vinzenz von Paul-Werkstätten der Stiftung Haus Lindenhof<br />
sind der Personengruppe der Menschen mit geistiger Behinderung zugeordnet. Berufliche Bildung<br />
hat hier zwei Schwerpunkte:<br />
�<br />
Vermittlung grundlegender beruflicher Kenntnisse (Erkennen,<br />
Unterscheiden und Verarbeiten von Materialien, Montieren,<br />
Umgang mit Werkzeugen, Arbeitssicherheit etc.) und weiterfüh-<br />
rende berufliche Kenntnisse<br />
� Vermittlung sozialer Schlüsselqualifikationen (Motivation, Leistungsbereitschaft,<br />
Selbständigkeit, Mobilität, Entscheidungsfähigkeit<br />
etc.).<br />
19
Handbuch Berufsbildungsbereich - 20 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 20<br />
Berufliche Bildung orientiert sich hier an den Arbeitsangeboten der WfbM der Stiftung Haus Lindenhof.<br />
Nach einer internen modifizierten Version des DLM werden Fähigkeitsprofile der Teilnehmer erstellt.<br />
Die Fähigkeitsprofile dienen den Fachkräften im BBB als Grundlage der Begleitplanung und zur Kontrolle<br />
bzw. als Nachweis der Entwicklung.<br />
Berufliche Bildung wird hier in einem Kurssystem durchgeführt. Ein Schwerpunkt ist hier das strukturierte,<br />
angeleitete, prozessorientierte Arbeiten als Kurs „Arbeitsorganisation“. Dieser Kurs findet über<br />
die vollen zwei Jahre der Berufsbildungsmaßnahme statt. Der Mensch mit Behinderung kann somit die<br />
Arbeit als Summe von Teilprozessen besser verstehen und in Richtung QM bewusster beeinflussen.<br />
Der Berufsbildungsbereich der WfbM ist in den Räumen des Haupthauses der Vinzenz von Paul-<br />
Werkstätten untergebracht. Er umfasst zwei Gruppenräume mit einer integrierten Küche, die dem BBB<br />
als Unterrichtsraum zur Verfügung steht. Speisesaal und sanitäre Einrichtungen werden gemeinsam mit<br />
den Menschen mit Behinderung der Arbeitsbereiche genutzt.<br />
6.1.2 Im Förder- und Betreuungsbereich Luise von Marillac<br />
Der Förder- und Betreuungsbereich Luise von Marillac der Stiftung Haus Lindenhof befindet sich seit<br />
Sommer 2001 in einem separaten Gebäude auf dem Gelände der Stiftung Haus Lindenhof. Es werden<br />
dort Menschen begleitet, die in der WfbM nicht adäquat unterstützt werden können. Der FBB gliedert<br />
sich in drei nicht hierarchische Bereiche, wobei jeder Bereich offen ist und dem Menschen mit schwerster<br />
und mehrfacher Behinderung eine optimale Förderung ermöglicht:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Eingangsstufe: Die Angebote der beruflichen Bildung sind hier<br />
als grundlegende Bausteine zur Hinführung zu Beschäftigung<br />
und Arbeit zu sehen. Hier werden derzeit 39 Menschen mit<br />
schwersten und mehrfachen Behinderungen gefördert. Aufnahme<br />
in die Eingangsstufe finden alle Menschen mit einer Behinderung,<br />
die ihren Wohnbereich als primären Lebensbereich verlassen<br />
können, unabhängig ihrer körperlichen und kognitiven<br />
Entwicklung.<br />
Aufbaustufe: In die Aufbaustufe werden Menschen mit Behinderung<br />
aufgenommen, die Aufgaben erfüllen können, die über die<br />
eigene Bedürfnisbefriedigung hinausgehen und die in Kleingruppen<br />
gefördert und beschäftigt werden können. Berufliche Bildung<br />
geschieht hier schwerpunktmäßig durch das Medium Arbeit. In<br />
der Aufbaustufe werden derzeit 25 Menschen mit schwersten und<br />
mehrfachen Behinderungen gefördert.<br />
Arbeitsgruppe im Förderbereich: Hier werden Menschen mit<br />
besonderem Verhalten, v.a. Menschen, die fremd- und autoaggressives<br />
Verhalten zeigen, gefördert. Lernen geschieht hier<br />
ebenfalls schwerpunktmäßig durch das Medium Arbeit. Derzeit<br />
besuchen 19 Menschen mit Behinderung diese Gruppe.<br />
Die Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen haben im Förder- und Betreuungsbereich<br />
keinen Werkstattstatus. D.h. sie sind nicht sozialversichert und erhalten auch kein Entgelt von der<br />
Werkstatt für Menschen mit Behinderung.<br />
Für die Erweiterung des Berufsbildungsbereiches der WfbM wurden sechs Teilnehmer der Aufbaustufe<br />
ausgewählt, um einen Prozess der beruflichen Bildung für Menschen mit schwerster und mehrfacher<br />
Behinderung zu beschreiben. Das Ziel von <strong>aktionbildung</strong> ist die Teilhabe am Arbeitsleben in der Werkstatt<br />
für Menschen mit Behinderung für diese Menschen auf der Grundlage einer kompetenzorientierten<br />
Förderung.<br />
20
Handbuch Berufsbildungsbereich - 21 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 21<br />
Der erweiterte Berufsbildungsbereich für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen ist<br />
in den Räumen des FBB untergebracht. Die Räume sind mit sanitären Anlagen auf hohem pflegerischen<br />
Niveau ausgestattet. Die Essenseinnahmen werden in separaten Räumen durchgeführt.<br />
Für die berufliche Bildung steht neben den Gruppenräumen ein separater Werkraum mit einer angemessenen<br />
Ausstattung auf Grundlage ergonomischer Beschäftigungs- und Arbeitsplätze zur Verfügung.<br />
6.1.3 Raumprogramm<br />
In der Aufbaustufe des Förder- und Betreuungsbereiches Luise von Marillac der Stiftung Haus Lindenhof<br />
werden derzeit 25 Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen unterstützt. Für deren<br />
Unterstützung und die berufliche Förderung der Teilnehmer an <strong>aktionbildung</strong> stehen notwendige Räumlichkeiten<br />
zur Verfügung, die im Werkstatthaus nicht vorhanden sind.<br />
6.1.3.1 Gruppenräume<br />
Die Gruppenräume in der Aufbaustufe des FBB Luise von Marillac sind ausgelegt für 16 Plätze. Der<br />
Gruppenraumbereich kann durch eine flexible Schiebewand in 2 Räume aufgeteilt werden.<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Ruheraum/ Rückzugsmöglichkeit<br />
Dem Gruppenraum ist eine Ruhe- und Rückzugsmöglichkeit zugeordnet,<br />
die in den Gruppenraum integriert ist.<br />
Therapieräume<br />
Im FBB Luise von Marillac sind verschiedene Räume zur Einzeltherapie<br />
vorgesehen:<br />
Raum mit Kugelbad<br />
KG-Raum<br />
Schwarzlichtraum<br />
Pflegebad/ Therapiebad<br />
Raum mit Wasserklangbett<br />
Werkraum<br />
Essraum mit Kochzeile<br />
Die Küche mit dem dazugehörenden Speisesaal wird mit 25<br />
Gruppenmitgliedern genutzt. Sie ist für die Aufbaustufe an zentraler<br />
Stelle angeordnet und steht ausschließlich der Aufbaustufe<br />
zur Verfügung.<br />
Sanitärbereich<br />
Innerhalb der Räumlichkeiten der Aufbaustufe ist der Sanitärbereich<br />
angeordnet. Es stehen Toiletten im Verhältnis 1:4 zur Verfügung.<br />
Davon sind 2 Toiletten als rollstuhlgerechte WC<br />
ausgestattet.<br />
Innerhalb der Räume der rollstuhlgerechten WC ist zusätzlich je<br />
eine Duschmöglichkeit vorhanden.<br />
Für den gesamten FBB mit 83 Menschen mit schwersten und<br />
mehrfachen Behinderungen steht ein Pflegebad zur Verfügung.<br />
Die Gruppen des FBB sind mit fahrbaren Liften ausgestattet,<br />
wodurch flexible Einsatzmöglichkeiten bestehen.<br />
Mitarbeiterraum<br />
Es steht ein Mitarbeiterraum für den gesamten<br />
FBB zur Verfügung.<br />
21
Handbuch Berufsbildungsbereich - 22 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 22<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Lagerraum<br />
Jeder Gruppe des FBB steht ein Lagerraum zur Verfügung<br />
Werkraum<br />
Im FBB befindet sich ein Werkraum, der mit einer Werkbank<br />
und verschiedenen Werkzeugen ausgestattet ist. Kleinere Holzarbeiten<br />
können dort geleistet werden. Werkzeug und Werkmaterial,<br />
das nicht dort gelagert ist, kann im Ausleihverfahren von<br />
der Werkstatt bezogen werden.<br />
6.1.3.2 Bauliche Aspekte<br />
In den Räumen des FBB ist eine natürliche Belichtung der Gruppenräume gegeben. Griffe, Lichtschalter<br />
und Türen sind größtenteils rollstuhlgerecht angebracht. Eine elektrische Türöffnung ist am Haupteingang<br />
vorhanden.<br />
Die Gruppenräume sind so ausgestattet, dass ein direkter Zugang zum Außenbereich möglich ist.<br />
Die Therapieräume sind mit Markisen ausgestattet, der Schwarzlichtraum ist zusätzlich abdunkelbar.<br />
6.1.3.3 Ausstattung<br />
In den Gruppenräumen<br />
Ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen (Tische, Stühle)<br />
Abwaschbare Weichpolster verschiedener Art<br />
(Keile, Sofas, Rollen)<br />
Liegematten<br />
Werkzeuge und Kleinmaschinen als handwerkliche Grundausstattung<br />
werden in Absprache vom BBB ausgeliehen und genutzt.<br />
Im Pflegebereich<br />
Im Sanitärbereich sind Wickeltische in den Gruppen, die diese benötigen, vorhanden. Mit mobilen Liften<br />
sind alle Gruppen ausgestattet.<br />
Therapieräume<br />
Die Therapieräume sind ausgestattet mit:<br />
� Wasserklangbett<br />
� Kugelbad<br />
� Schaukelsitze und Hängematte<br />
� Anlagen für optische und akustische Effekte<br />
� Liegematten für die KG<br />
6.1.3.4 Lage innerhalb der Stiftung Haus Lindenhof<br />
Der Förder- und Betreuungsbereich Luise von Marillac der Stiftung Haus Lindenhof befindet sich seit<br />
Sommer 2001 in einem separaten Gebäude auf dem Gelände der Stiftung Haus Lindenhof.<br />
Das Gebäude befindet sich in leicht erreichbarer Nähe zu den Vinzenz von Paul-Werkstätten der Stiftung<br />
Haus Lindenhof. Die Räumlichkeiten für therapeutische Zwecke sind im Gebäude des FBB. Eine<br />
ausreichende Außenfläche in beruhigtem Bereich ist vorhanden und direkt von den Gruppenräumen aus<br />
zugänglich.<br />
22
Handbuch Berufsbildungsbereich - 23 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 23<br />
6.2 Personal/ Gruppengröße (Aktionsteam)<br />
Um die Arbeit von <strong>aktionbildung</strong> am Modellstandort Schwäbisch Gmünd zu strukturieren, wurde ein<br />
Aktionsteam gegründet. Dieses Aktionsteam setzt sich zusammen aus einer Leitungsgruppe, einem<br />
Fachkräfteteam und Beratungsmitgliedern.<br />
6.2.1 Leitungsgruppe<br />
In der Leitungsgruppe sind die Bereichsleitung Arbeit und Integration der Stiftung Haus Lindenhof, die<br />
Werkstattleitung Andragogik der Vinzenz von Paul-Werkstätten, die Einrichtungsleitung FBB Luise<br />
von Marillac, der wissenschaftliche Mitarbeiter von <strong>aktionbildung</strong>, sowie die Assistentin am Modellstandort<br />
vertreten. Die Leitungsgruppe gibt die Struktur und die Organisation für die Arbeit am Modellstandort<br />
vor. Sie koordiniert und steuert die Projektarbeit am Standort.<br />
6.2.2 Fachkräfteteam<br />
Die Fachkräfte des BBB und des FBB bilden ein projektbezogenes Team, das gleichberechtigt zusammenarbeitet.<br />
Das Fachkräfteteam ist für die praktische Umsetzung der in der Leitungsgruppe beschlossenen<br />
Bildungsinhalte verantwortlich.<br />
Im Fachkräfteteam sollen arbeitspädagogische und heilpädagogische Kompetenzen zusammengeführt<br />
werden. Hierzu bilden jeweils eine Fachkraft aus dem BBB der Vinzenz von Paul-Werkstätten und eine<br />
Fachkraft aus der Aufbaustufe des FBB Luise von Marillac ein Team. Es sind 4 Teams tätig, die jeweils<br />
die berufliche Bildung für 1-2 Teilnehmer planen und durchführen.<br />
Zusammensetzung des Fachkräfteteams:<br />
3 Fachkräfte des BBB mit den Qualifikationen<br />
� Schneiderin mit SPZ,<br />
� Dipl.Soz.Päd. (FH)<br />
� Elektriker mit SPZ<br />
4 Fachkräfte des FBB mit den Qualifikationen<br />
�<br />
�<br />
3 Heilerziehungspfleger<br />
1 Heilerziehungspfleger mit zusätzlicher<br />
handwerklicher Ausbildung<br />
Unter Beratung und Anleitung der verantwortlichen Assistentin am Modellstandort mit der Qualifikation<br />
Dipl.Soz.Päd. (FH), führen sie eine Förderdiagnostik durch, beschreiben in einem individuellen Bildungsplan<br />
die Förderziele und setzen individuelle Bildungseinheiten fest. Die festgesetzten<br />
Bildungseinheiten werden von den Fachkräfteteams im Rahmen eines Curriculums organisiert, durchgeführt<br />
und der Verlauf wird dokumentiert.<br />
Das Fachkräfteteam trifft sich 14-tägig, um Grundlegendes für die Arbeit zu besprechen und festzuschreiben.<br />
Die Treffen finden unter der Leitung der Assistentin am Modellstandort statt.<br />
Ein Ziel von <strong>aktionbildung</strong> am Modellstandort ist auch die Beschreibung der personellen Bedingungen,<br />
die für die berufliche Bildung für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen notwendig<br />
sind. Mit einem Stellenschlüssel von 1:6 im Berufsbildungsbereich und 1:12 im Arbeitsbereich kann die<br />
berufliche Bildung für diesen Personenkreis nicht organisiert werden. Die Bedürfnisse und Möglichkeiten<br />
dieser Menschen benötigen eine intensivere personelle und fachlich qualifizierte Betreuung, um<br />
deren Teilhabe am Arbeitsleben in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung zu ermöglichen. Aus<br />
diesem Anspruch heraus ergibt sich die Zusammensetzung des Fachkräfteteams.<br />
23
Handbuch Berufsbildungsbereich - 24 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 24<br />
6.2.3 Beratungsmitglieder<br />
Beratungsmitglieder des Aktionsteams sind der Qualitätsbeauftragte des Bereiches Arbeit und Integration<br />
der Stiftung Haus Lindenhof sowie der Begleitende Dienst der Vinzenz von Paul-Werkstätten. Die<br />
Vernetzung mit dem QM-Beauftragten der Einrichtung ist notwendig, um festgeschriebene Maßnahmen<br />
in das Qualitätsmanagement des Bereiches einzuarbeiten.<br />
Der Begleitende Dienst der Vinzenz von Paul-Werkstätten kann im Bedarfsfall zu Rate gezogen werden.<br />
6.2.4 Teilnehmer<br />
Durch die Leitungsgruppe wurden sechs Teilnehmer aus der Aufbaustufe des FBB vorgeschlagen. Sie<br />
bzw. deren gesetzlichen Betreuer wurden über die Ziele und Inhalte des Projektes in verständlicher<br />
Sprache unterrichtet sowie um schriftliche Zustimmung gebeten.<br />
6.2.5 Werkstattrat<br />
Der Werkstattrat wurde in einer für ihn angemessenen Form über die Inhalte und Ziele von <strong>aktionbildung</strong><br />
am Modellstandort Schwäbisch Gmünd informiert. Es wurde eine Vertrauensperson als Ansprechpartner<br />
für die Teilnehmer mit schwersten und mehrfachen Behinderungen benannt, der deren<br />
Interessen wahrnimmt. Der Werkstattrat übernimmt Verantwortung und Vertretungsaufgaben für seine<br />
Kollegen mit schwerster und mehrfacher Behinderung.<br />
6.3 Arbeitsbeziehungen<br />
6.3.1 Arbeitsbeziehungen der Leitungsgruppe<br />
Die Mitglieder der Leitungsgruppe haben in allen projektrelevanten Belangen ein umfassendes Informationsrecht<br />
bzw. eine umfassende Informationspflicht. Projektbezogene Informationen werden den Mitgliedern<br />
rechtzeitig vor einem Leitungstreffen durch die verantwortliche Assistentin zur Verfügung<br />
gestellt. Demgegenüber erhält die Assistentin alle relevanten Informationen, die für die erfolgreiche<br />
Durchführung der Projektarbeit am Modellstandort notwendig sind. Die Assistentin ist –soweit es ihre<br />
projektbezogene Tätigkeit betrifft- ständiger Ansprechpartner der Leitungsgruppe.<br />
Die Leitungsgruppe trifft sich regelmäßig, spätestens alle acht Wochen, um die Projektarbeit zu unterstützen.<br />
Werkstattleitung Andragogik, Leitung des FBB und Projektleitung bilden eine Schnittstelle, die fachliche<br />
Inhalte und Umsetzungsstrategien der Projektarbeit beschreibt. Die Projektleitung hat in fachlichen<br />
Fragen ein Vorschlagsrecht. Bestehende Dienstvorgesetztenfunktionen bleiben dabei unberührt.<br />
Optional nimmt der Qualitätsmanagementbeauftragte der Werkstatt an den Leitungstreffen teil. Er<br />
überprüft Fragen der Prozessentwicklung und berät die Leitungsgruppe bezüglich der werkstattinternen<br />
Zielvorgaben.<br />
Der Vertreter des Werkstattrates hat das Recht, an den Sitzungen der Leitungsgruppe teilzunehmen<br />
(siehe auch 6.3.4 Arbeitsbeziehungen des Werkstattrates, S.23).<br />
6.3.2 Arbeitsbeziehungen der Fachkräfte<br />
Die verantwortliche Assistentin koordiniert die Fachkräfteteamsitzungen. Sie informiert die Fachkräfte<br />
über einzuführende Bildungsinhalte und ist in fachlichen Fragen (Diagnostik, Förder- und Unterstützungstechniken,<br />
Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitshilfsmitteln, etc.) Ansprechpartner.<br />
In regelmäßigen Teamsitzungen, spätestens nach 14 Tagen, werden die einzuführenden Bildungsinhalte<br />
in enger Abstimmung besprochen bzw. auf ihre Anwendbarkeit hin überprüft. Besonders im Hinblick auf<br />
die individuellen Bedürfnisse der Teilnehmer erfolgt ein intensiver Austausch.<br />
24
Handbuch Berufsbildungsbereich - 25 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 25<br />
Alle getesteten sowie eingeführten Bildungsinhalte werden durch das Fachkräfteteam dokumentiert. Die<br />
Assistentin sammelt und ordnet die vom Fachkräfteteam dokumentierten Ergebnisse für die Leitungsgruppe.<br />
Es ist notwendig, dass jede Fachkraft die Anforderungen der Praxis kennt. Falls erforderlich, haben die<br />
Fachkräfte die Aufgabe Hospitationen (Dauer individuell) im jeweils fachfremden Bereich durchzuführen.<br />
Praktische Inhalte sollen erfahren und entsprechendes Fachwissen eingebracht werden. Dies soll<br />
den Austausch zwischen den Fachkräften weiter intensivieren.<br />
Die Hospitationen werden durch die Assistentin in Absprache mit den Leitungen WfbM/FBB koordiniert.<br />
Die Fachkräfte haben ferner die Aufgabe, die Teilnehmer bzw. deren gesetzliche Betreuer über den<br />
Verlauf der Projektarbeit in verständlicher Sprache zu informieren.<br />
Bei Bedarf, vor allem in der Anfangsphase, nehmen Leitung WfbM/FBB und Projektleitung an den<br />
Fachkräfteteamsitzungen teil.<br />
Optional besteht die Möglichkeit, dass der Begleitende Dienst der Werkstatt die Fachkräfteteamsitzungen<br />
unterstützt.<br />
6.3.3 Arbeitsbeziehungen der Teilnehmer<br />
Die Teilnehmer sollen während der Projektlaufzeit mehrmals die Gelegenheit erhalten, den Berufsbildungsbereich<br />
und den Arbeitsbereich der Vinzenz von Paul-Werkstätten kennen zu lernen. In Form von<br />
Praktika sollen sie erlernte Fähigkeiten und Fertigkeiten in der Werkstatt umsetzten können. Fachkräfte<br />
des Arbeitsbereiches werden hierbei vom projektbezogenen Fachkräfteteam begleitet.<br />
6.3.4 Arbeitsbeziehungen des Werkstattrates<br />
Der Werkstattrat wird fortlaufend über die projektbezogenen Inhalte in verständlicher Sprache durch<br />
die Assistentin und/oder die Projektleitung informiert. Der Werkstattratsvertreter für den BBB hat<br />
umfassendes Informationsrecht. Seine Mitwirkung wird durch die im Werkstattvertrag geregelten Rechte<br />
beschrieben. Soweit nicht bereits geregelt hat er das Recht, an allen Sitzungen der Leitungsgruppe<br />
gleichberechtigt teilzunehmen.<br />
Die Projektleitung stellt dem Vertreter bei Bedarf alle notwendigen Informationen in verständlicher<br />
Sprache zur Verfügung.<br />
6.4 Notwendige Partner/ Vernetzung<br />
Die Durchführung der projektbezogenen Tätigkeiten soll durch die Einbindung von Partnern unterstützt<br />
werden.<br />
<strong>aktionbildung</strong> sucht regionale Projektpartner, deren Kompetenzen und Erfahrungen genutzt werden<br />
können (z.B. Schulen, Fachkräfte des Arbeitsbereiches, Werkstätten für Menschen mit schwersten und<br />
mehrfachen Behinderungen der Region).<br />
Gleichzeitig ist die Assistentin Ansprechpartnerin für überregionale Projektpartner, die <strong>aktionbildung</strong><br />
am Modellstandort Schwäbisch Gmünd unterstützen wollen. Ziel ist ein intensiver Austausch von praktischen<br />
Erfahrungen und didaktischem Material.<br />
6.4.1 Martinusschule der Stiftung Haus Lindenhof<br />
Die Martinusschule hat im Rahmen eines Projektes „Unterstützte Kommunikation“ für alle Schüler der<br />
Martinusschule eingeführt (siehe auch 7.3.1 Unterstützte Kommunikation, S.37). Sowohl die Schulleitung<br />
als auch die Mitarbeiter der Martinusschule haben ein großes Interesse an den Zielen und Aufgaben<br />
von <strong>aktionbildung</strong>, um die in der Grundlage erarbeiteten Kommunikationsformen für jeden Schüler<br />
in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung weitergeführt zu wissen. Schulleitung und Mitarbeiter<br />
der Martinusschule unterstützen die Arbeit von <strong>aktionbildung</strong> durch Fortbildungsveranstaltungen im<br />
25
Handbuch Berufsbildungsbereich - 26 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 26<br />
Bereich „Unterstützte Kommunikation“. <strong>aktionbildung</strong> möchte am Modellstandort die Arbeit der Martinusschule<br />
mit dem FBB hinsichtlich „Unterstützer Kommunikation“ vernetzen.<br />
6.4.2 Der Heilpädagogisch-Psychologische Dienst des<br />
Bereiches Wohnen für Menschen mit Behinderung<br />
der Stiftung Haus Lindenhof (HPD)<br />
Der HPD des Bereiches Wohnen für Menschen mit Behinderung der Stiftung Haus Lindenhof wurde<br />
über die Ziele von <strong>aktionbildung</strong> und der Arbeit am Modellstandort Schwäbisch Gmünd informiert. Der<br />
HPD erstellt eine Basisdiagnostik für alle 6 Teilnehmer. Die Formulierung von individuellen Bildungszielen<br />
soll hiermit optimiert werden. Der HPD unterstützt <strong>aktionbildung</strong> hinsichtlich der Basisdiagnostik<br />
und der Ressourcenfindung.<br />
6.4.3 Der medizinische Dienst der Stiftung Haus Lindenhof<br />
<strong>aktionbildung</strong> konnte am Modellstandort den Medizinischen Dienst der Stiftung Haus Lindenhof als<br />
Partner gewinnen. Das medizinische Wissen über Ressourcen hinsichtlich Art und Entwicklung der<br />
Behinderung ist für die Formulierung von Förderzielen äußerst wichtig. Auch die Auswahl der didaktischen<br />
Methoden kann durch die Einbindung des Medizinischen Dienstes optimiert werden.<br />
6.4.4 Wohnbereich/ Angehörige<br />
Die Mitarbeiter der Wohnbereiche und die Angehörigen der Teilnehmer werden in regelmäßigen Abständen<br />
über den Stand der Arbeit von <strong>aktionbildung</strong> informiert. Hierbei ist es von großer Bedeutung,<br />
das Wissen der Angehörigen und Wohngruppenmitarbeiter um die Leistungsfähigkeit, die Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten der Teilnehmer in die Bildungspläne mit einzubinden.<br />
6.4.5 Arbeitskreis zur beruflichen Bildung für Menschen<br />
mit schwersten und mehrfachen Behinderungen<br />
<strong>aktionbildung</strong> hat am Modellstandort Schwäbisch Gmünd die Bildung eines Arbeitskreises initiiert, der<br />
sich mit der beruflichen Bildung für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen beschäftigt.<br />
<strong>aktionbildung</strong> unterstützt hier den Erfahrungsaustausch und die Bündelung von Wissen zur Sammlung<br />
von didaktischem Material.<br />
Darüberhinaus verfolgt <strong>aktionbildung</strong> ein weiteres Ziel im Rahmen dieses Arbeitskreises: Die Formulierung<br />
einer sozialpolitischen Aussage, welche die Diskussion über die Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen<br />
mit schwersten und mehrfachen Behinderungen weiter vorantreibt. Zudem soll die Fortschreibung<br />
der Werkstättenverordnung für diesen Personenkreis angestoßen werden.<br />
Mitglieder des Arbeitskreises sind.<br />
� v. Bodelschwingsche Anstalten Bethel, proWerk,<br />
Bielefeld (NRW)<br />
� Mühltal-Werkstätten der Nieder-Ramstädter Diakonie,<br />
Mühltal (H)<br />
� Johannes-Anstalten Mosbach, Schwarzacher Hof,<br />
Schwarzach (BW)<br />
� Diakonie Werkstätten der kreuznacher diakonie,<br />
Bad Kreuznach (RLP)<br />
� Ledder Werkstätten des Diakonischen Werkes im Kirchenkreis<br />
Tecklenburg, Tecklenburg (NRW)<br />
� Stiftung Haus Lindenhof,<br />
Schwäbisch Gmünd (BW)<br />
26
Handbuch Berufsbildungsbereich - 27 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 27<br />
<strong>aktionbildung</strong> organisiert und unterstützt Arbeitstreffen des Arbeitskreises sowohl auf Leitungs- als<br />
auch auf Fachkräfteebene.<br />
Werkstufenlehrer<br />
bereits geleistete<br />
Ansätze<br />
Medizin. Dienst<br />
Wissen über<br />
Ressourcen<br />
FBB<br />
Tagesförderstätte<br />
Bildungspläne<br />
6.5 Erfolgsfaktoren<br />
6.5.1 Demokratisierung<br />
Schule<br />
unterstützte<br />
Kommunikation<br />
externe<br />
Bildungsträger<br />
methodische Inhalte<br />
BBB<br />
arbeitspädagogische<br />
Kompetenzen<br />
WfbM<br />
Arbeitskreis<br />
Eltern/Wohnbereich<br />
Wissen über Erfahrungswerte<br />
und individuelle<br />
Leistungsfähigkeit<br />
Sammeln von Erfahrungswissen,<br />
Ressourcen,Methoden, Konzepten,<br />
didaktischem Material<br />
Zusammenführung der Kompetenzen<br />
Arbeitspädagogik und Heilpädagogik<br />
Erstellen von Bildungsprofilen<br />
Analyse von Fähigkeiten<br />
Werkstattrat<br />
Mitwirkung, Engagement<br />
für schwer- u.<br />
mehrfachbehin<br />
derte Kollegen<br />
HPD<br />
Diagnose,<br />
Ressourcenfindung<br />
Arbeitsbereiche<br />
Beispiele über<br />
Unterstützungsmöglichkeiten<br />
Der Erfolg von <strong>aktionbildung</strong> wird durch gute Planung unterstützt. Diese setzt die Zusammenarbeit<br />
aller am Projekt beteiligten Personen voraus.<br />
Die Leitungsgruppe schreibt nicht nur vor, sie arbeitet vor allen Dingen zu.<br />
6.5.2 Offenheit<br />
Positive Grundeinstellung, Einsatzbereitschaft und Flexibilität sind die Voraussetzungen für die Zusammenarbeit<br />
im Fachkräfteteam. Das Fachkräfteteam versteht sich als lernendes offenes Kollegium,<br />
das von gegenseitigen Kompetenzen und externem Wissen profitiert. Die von der Leitungsgruppe geschaffenen<br />
Rahmenbedingungen erlauben jeder Fachkraft ein Optimum an Entscheidungsfreiheit. Diese<br />
muss sie nutzen.<br />
6.5.3 Motivation<br />
<strong>aktionbildung</strong> ist für jede beteiligte Person eine Chance, die Praxis der beruflichen Bildung zu bereichern.<br />
Etwas bewegen meint, es wirklich zu wollen!<br />
BBW<br />
27
Handbuch Berufsbildungsbereich - 28 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 28<br />
6.5.4 Realismus<br />
Erfolgreich sein heißt nicht nur zu wissen, wie es geht. Auch zu wissen, was noch nicht geht, ist ein<br />
Ergebnis! Für die projektbezogene Tätigkeit muss selbstkritisch und reflektiert gearbeitet werden.<br />
6.5.5 Fort- und Weiterbildung der Fachkräfte<br />
Fort- und Weiterbildung sind Voraussetzung für qualifiziertes Arbeiten. <strong>aktionbildung</strong> organisiert hierfür<br />
entsprechende Maßnahmen, die für die Durchführung des Projektes notwendig sind. Die Fachlichkeit<br />
der Fachkräfte soll durch Einbeziehung unterschiedlicher Kompetenzen erhöht werden.<br />
Inhalte und Methoden der Weiterbildung:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Einzelgespräche mit der Assistentin hinsichtlich der Erstellung<br />
von Bildungsplänen und Beschreibung der Bildungseinheiten<br />
Fachkräfteteamsitzungen: in regelmäßigen Teamsitzungen werden<br />
die einzuführenden Bildungsinhalte in enger Abstimmung<br />
besprochen bzw. auf die Anwendbarkeit überprüft; Klärung von<br />
fachlichen Fragen (Diagnostik, Förder- und Unterstützungstechniken,<br />
Arbeitsplatzgestaltung, Hilfsmittel etc.)<br />
Zusammenführung der Kompetenzen der Fachkräfte aus dem<br />
arbeitspädagogischen und heilpädagogischen Bereich<br />
Hospitationen der Fachkräfte in fachfremden Bereichen<br />
Einarbeitung in das PC-Programm zur Förderdiagnostik<br />
Fortbildung zum Thema „Größtmögliche Qualifizierung in<br />
kleinstmöglichen Schritten“ nach dem „Handbuch zur beruflichen<br />
Bildung: Arbeiten in kleinsten Schritten“ der kreuznacher<br />
Diakonie, Anleitung zum Marionettenbau<br />
Fortbildung zum Thema „Unterstützte Kommunikation“ durch<br />
Mitarbeiter der Martinusschule der Stiftung Haus Lindenhof<br />
6.6 Zielüberprüfung<br />
Um Umsetzungsstrategien für die berufliche Bildung für Menschen mit schwersten und mehrfachen<br />
Behinderungen realistisch beurteilen zu können, ist die Nachvollziehbarkeit aller Prozesse notwendig.<br />
Deshalb werden sämtliche projektbezogenen Arbeitsschritte schriftlich dokumentiert. Alle Notizen,<br />
Protokolle, Entwicklungsberichte, Diagnosebögen, Medien, etc. werden der Assistenten zur Verfügung<br />
gestellt. Die Assistentin sammelt und ordnet alle Dokumente und Medien für <strong>aktionbildung</strong>.<br />
In den individuellen Bildungsplänen sind für jeden Teilnehmer Ziele verbindlich festgelegt. Diese werden<br />
in einem viermonatigen Abstand überprüft. Das Ergebnis wird schriftlich dokumentiert und im Einzelfall<br />
werden die Ziele überarbeitet, fortgeschrieben oder neu formuliert.<br />
Für die Dokumentation der Zielüberprüfung können folgende Fragestellungen hilfreich sein (Zitat aus<br />
„Förderung von Menschen mit schwersten Behinderungen in Werkstätten für Behinderte; Orientierungshilfe<br />
für die Arbeit in der Diakonie; Herausgeber: BeB).<br />
Ist das Ziel erreicht?<br />
Gab es Nebenwirkungen?<br />
Welche Gründe waren dafür ausschlaggebend,<br />
wenn das Ziel nicht erreicht wurde?<br />
Lag es an der Methodik, war die Zeit zu kurz,<br />
waren die Lernschritte zu groß etc.?<br />
War das Ziel richtig?<br />
Überlegungen von Konsequenzen<br />
28
Handbuch Berufsbildungsbereich - 29 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 29<br />
Wenn das Ziel nicht erreicht ist, sind verschiedene Alternativen zu erörtern:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Austausch und Umformulierung von Förderzielen<br />
Durchführung verlängern<br />
Einsatz von Hilfsmitteln überdenken<br />
Wenn das Förderziel erreicht ist, sollen folgende Fragen überdacht werden:<br />
Sind neue Ziele zu erstellen?<br />
Soll das Erreichte noch weiter gefestigt werden?“<br />
29
Handbuch Berufsbildungsbereich - 30 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 30<br />
7 Praxis der beruflichen Bildung für Menschen<br />
mit schwersten und mehrfachen Behinderungen<br />
Das Ziel der Berufsbildungsmaßnahme ist die Teilhabe am Arbeitsleben der Werkstatt für Menschen<br />
mit Behinderung durch eine kompetenzorientierte Förderung für die Menschen mit schwersten und<br />
mehrfachen Behinderung.<br />
Der Berufsbildungsmaßnahme muss für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen ein<br />
dreimonatiges Eingangsverfahren vorgeschaltet sein. Die Dauer der Berufsbildungsmaßnahme von 2<br />
Jahren ist für diesen Personenkreis unabdingbar notwendig.<br />
Es ist Ziel der Berufsbildungsmaßnahme, dass jeder Teilnehmer ein Gesellenstück erstellt, das eine<br />
Qualifizierung in kleinstmöglichen Schritten zu unterschiedlichen Arbeitsinhalten ermöglicht. <strong>aktionbildung</strong><br />
hat am Modellstandort Schwäbisch Gmünd entschieden, dass dieses Gesellenstück eine Marionette<br />
sein wird, hergestellt nach dem „Handbuch zur beruflichen Bildung: Arbeiten in kleinsten Schritten“<br />
der kreuznacher diakonie. (siehe Anlage 9.6.1 Lernen in kleinsten Schritten, S.67)<br />
Rahmenplan NRW<br />
Unterstützte<br />
Kommunikation<br />
Arbeiten in<br />
kleinsten Schritten<br />
als Grundlage der kompetenz-<br />
orientierten Förderung<br />
Eingangsdiagnostik im<br />
Eingangsverfahren, bzw.<br />
in der Aufbaustufe FBB<br />
nach S/PAC oder P/PAC<br />
Festlegen von Förderzielen<br />
in individuellem<br />
Bildungsplan<br />
Kompetenzorientierte<br />
Förderung mit dem<br />
Ziel der Teilhabe am<br />
Arbeitsleben in<br />
einer WfbM<br />
Analyse von Fähigkeiten<br />
Erstellen eines Bildungsprofils<br />
Inhaltliche Anpassung der<br />
didaktischen Methoden/Maßnahmen<br />
an individuelle Fähigkeiten<br />
30
Handbuch Berufsbildungsbereich - 31 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 31<br />
7.1 Eingangsverfahren<br />
7.1.1 Inhalte<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Kennenlernen des Fachpersonals und der Räumlichkeiten. Tragfähige<br />
Beziehungen müssen aufgebaut werden.<br />
Basisdiagnostik durch den Heilpädagogisch-Psychologischen<br />
Dienst des Bereiches Wohnen der Stiftung Haus Lindenhof unter<br />
Einbeziehung des medizinischen Dienstes, der Angehörigen und<br />
Wohngruppenmitarbeiter der Teilnehmer<br />
Individuelle Kompetenzfindung nach dem S/PAC, S/PAC-1 oder<br />
S/PAC-2 durch die Fachkräfte BBB und FBB sowie durch Kontakt<br />
mit dem HPD, dem medizinischen Dienst der Einrichtung,<br />
den Angehörigen und den Wohngruppenmitarbeitern der Teilnehmer<br />
Erstellen eines Bildungsprofils mit Festlegung individueller Bildungsziele<br />
und Bildungseinheiten<br />
Um diese Inhalte durchführen und umsetzen zu können, ist ein dreimonatiges Eingangsverfahren unbedingt<br />
notwendig.<br />
7.1.2 Zeitlicher Ablauf<br />
2 Wochen Eingewöhnungs- und Kennenlernphase<br />
8 Wochen Basisdiagnostik durch den HPD; parallel hierzu Förderdiagnostik der Fachkräfte<br />
2 Wochen Analyse der Ergebnisse und Festlegung des individuellen Bildungsplanes<br />
7.1.3 Schwerpunktbegleitung (Teambildung)<br />
Je eine Fachkraft aus BBB und FBB bilden ein Team, das mindestens 1-2 Teilnehmer während der<br />
Projektlaufzeit schwerpunktmäßig begleitet.<br />
Die Schwerpunktbegleiter sind Ansprechpartner für alle individuellen Fragen der beruflichen Bildung.<br />
Sie stehen im intensiven Austausch mit dem Teilnehmer und den ihn unterstützenden Personen. Ihre<br />
Aufgabe ist die möglichst genaue Analyse der Fähig- und Fertigkeiten sowie die Beschreibung der Bildungsplanung,<br />
die für die anderen unterstützenden Fachkräfte verbindlich ist.<br />
Die Schwerpunktbegleiter wenden sich in projektbezogenen fachlichen Fragen an die Assistentin. Diese<br />
schlägt zeitnah den entsprechenden Lösungsweg vor.<br />
7.1.4 Förderdiagnostik<br />
Die Diskussion über den Gehalt der Förderdiagnostik wurde bereits in Kapitel 3.2 angerissen.<br />
Für die Arbeit am Modellstandort Schwäbisch Gmünd ist Förderdiagnostik „ein Beobachtungsverfahren,<br />
das als Bezugspunkt den momentanen Entwicklungsstand“ des Menschen mit schwerster und mehrfacher<br />
Behinderung nimmt. Hierzu gehört auch die „individuelle Lerngeschichte und Lebenserfahrung“<br />
des Menschen mit schwerster und mehrfacher Behinderung.<br />
Daneben ist Förderdiagnostik auch das „Ergebnis und die Beschreibung der Beziehung“ der im Bildungsprozess<br />
zusammenarbeitenden Personen. (vgl. BeB 1999)<br />
Ein wesentlicher Punkt ist, dass Förderdiagnostik „kein einmaliger Vorgang zu Beginn einer Förderung“<br />
sein darf, sondern vielmehr eine „fortlaufende Aufgabe“ während des gesamten Bildungsprozesses<br />
sein muss. Dies ist besonders wichtig, da der Mensch mit schwersten und mehrfachen Behinderungen<br />
während des Bildungsprozesses ständig eine Entwicklung durchläuft, die es notwendig macht, „die Diagnose<br />
immer wieder dem Entwicklungsstand anzupassen, Bildungsziele zu überprüfen und gegebenenfalls<br />
zu korrigieren.“<br />
31
Handbuch Berufsbildungsbereich - 32 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 32<br />
7.1.4.1 Der S/PAC als Grundlage<br />
Für die Diagnostik der individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten werden die Formulare der S/PAC-<br />
Reihe verwendet. Diese enthalten Items, die als Entwicklungsschritte für Menschen mit schwersten und<br />
mehrfachen Behinderungen entwickelt worden sind. Die Verwendung der S/PAC-Formulare ermöglicht<br />
die Einschätzung der Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Erfassung und Darstellung des Hilfebedarfes des<br />
Teilnehmers und hilft bei der Hilfeplanung und Dokumentation des Bildungsprozesses.<br />
<strong>aktionbildung</strong> arbeitet mit dem PC-Programm „PAC IT“ entwickelt von Thomas Hanna und Andreas<br />
Hibbeler. Diese PC-Version erleichtert die Dokumentation der Erhebung ganz entscheidend. (s. Anlage<br />
9.6.2 PAC-IT, S.93)<br />
<strong>aktionbildung</strong> hat sich bewusst für die Formulare des S/PAC entschieden, obwohl der PAC in den letzten<br />
Jahren immer wieder in die Kritik geraten ist. Zunehmend wird der PAC als veraltet bezeichnet.<br />
<strong>aktionbildung</strong> sieht sehr wohl, dass die Erhebungen defizitorientiert sind und weniger die bereits vorhandenen<br />
Fähigkeiten und Fertigkeiten der Teilnehmer, die es zu erhalten gilt, herausstellen. Ebenso<br />
ergeben die Erhebungen kein umfassendes Bild für Menschen, die ihre körperlichen Möglichkeiten nicht<br />
umsetzen können, d.h. bei denen Antriebslosigkeit, mangelnde Flexibilität oder mangelndes Durchhaltevermögen<br />
im Vordergrund stehen. Trotzdem hat sich <strong>aktionbildung</strong> für den Einsatz dieses Diagnoseinstrumentes<br />
entschieden.<br />
Denn: Einerseits erleichtert die PC-Version die Erhebung der Ressourcen der Teilnehmer erheblich. Die<br />
Items können auf einem Blankobogen vermerkt werden. Innerhalb des Gruppenalltags bzw. des Arbeitsprozesses<br />
lassen sich die Beobachtungen sehr konkret durchführen. Die Gefahr von Zuschreibungen wird<br />
dadurch reduziert. Die Übertragung der Items erfolgt dann am PC. Sofort erhält die Fachkraft eine<br />
graphische Auswertung der Daten. Diese Darstellung vermittelt die erhobenen Ressourcen der Teilnehmer.<br />
In einer Fachkräfteteamsitzung können diese zwischen den Kollegen diskutiert und mit den Einschätzungen<br />
der einzelnen Fachkräfte abgeglichen werden.<br />
Andererseits steht derzeit kein anderes geeignetes Instrument zur Erhebung von arbeitsrelevanten Fertig-<br />
und Fähigkeiten von Erwachsenen mit schweren und mehrfachen Behinderungen zur Verfügung.<br />
<strong>aktionbildung</strong> ist hier auf der Suche nach einer Alternative.<br />
7.1.4.2 Weitere Instrumente der Ressourcenanalyse<br />
Um die individuelle Bildungsplanung optimal formulieren zu können, ist es notwendig neben den Beobachtungen<br />
der Fachkräfte, auch das Wissen anderer mit den Teilnehmern agierender Personen mit-<br />
einzubeziehen. Nur so kann ein umfassendes Bild über die Entwicklung und die Fähigkeiten der Menschen<br />
mit schwersten und mehrfachen Behinderungen entstehen und kann die Auswahl der Bildungsziele<br />
und didaktischen Materialien optimal festgesetzt werden.<br />
Hierzu gehören das Wissen von:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
HPD im Rahmen der Basisdiagnostik<br />
Medizinischem Dienst hinsichtlich Ursache und<br />
Entwicklung der Behinderung<br />
Erfahrungen um die Leistungsfähigkeit der<br />
Teilnehmer von Angehörigen und<br />
Wohngruppenmitarbeitern<br />
Erfahrungen der Werkstufenlehrer hinsichtlich<br />
der Ansätze der Lernfähigkeit<br />
7.1.5 Erstellung des Bildungsprofils (Zielbestimmung)<br />
Mit der Erstellung eines individuellen Bildungsprofils durch die Fachkräfte soll der Übergang des Teilnehmers<br />
vom Eingangsverfahren in den Berufsbildungsbereich festgeschrieben werden.<br />
Auf Grundlage der oben beschriebenen Erhebungen werden Ziele für den Teilnehmer formuliert, die es<br />
ihm ermöglichen sollen, am Arbeitsleben in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung teilzunehmen.<br />
Die Ziele dienen dem Erhalt, der Festigung und dem Ausbau der bereits erlernten Fähigkeiten, sollen<br />
aber auch weitere Entwicklungspotentiale von noch nicht erlernten Fähigkeiten berücksichtigen. Um die<br />
32
Handbuch Berufsbildungsbereich - 33 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 33<br />
Ganzheitlichkeit der Person zu erfassen, werden Ziele aus dem arbeitstechnischen Bereich und aus dem<br />
Bereich der Persönlichkeitsentwicklung formuliert.<br />
In der Erstellung des Bildungsprofils geht es darum, welche Ziele im Vordergrund stehen. Gleichzeitig<br />
müssen die individuellen Bedürfnisse, die Interessenslagen und individuellen Lernweisen des Teilnehmers<br />
mit einfließen.<br />
7.1.6 Individueller Bildungsplan<br />
Im individuellen Bildungsplan werden die Förderziele konkret geplant und festgelegt. Die in Frage<br />
kommenden didaktischen Methoden werden ausgewählt und festgeschrieben. Die Bildungseinheiten<br />
werden im Rahmen des Wochenplanes festgelegt, ebenso die Form der Bildungseinheiten (Einzel- oder<br />
Gruppenförderung).<br />
7.1.7 Dokumentation<br />
Der Bildungsverlauf der einzelnen Teilnehmer wird schriftlich dokumentiert.<br />
Hierzu gehören:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
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�<br />
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Dokumentation der Basisdiagnostik<br />
Dokumentation der Förderdiagnostik anhand<br />
der S/PAC-Formulare<br />
Dokumentation der festgelegten Ziele<br />
Dokumentation der didaktischen Methoden<br />
Dokumentation der festgelegten Bildungseinheiten<br />
im Rahmen von Tages- und Wochenplänen<br />
Verlaufsdokumentation der Bildungseinheiten<br />
unter Berücksichtigung besonderer Umstände,<br />
individueller Hilfsmittel, Befindlichkeiten etc.<br />
Die festgelegten Ziele und didaktischen Methoden werden in einem auf Qm-Grundlage der Stiftung Haus<br />
Lindenhof entworfenen Formular dokumentiert. In einem Aktivitätenprotokoll wird der Verlauf jeder<br />
Bildungseinheit schriftlich festgehalten. Somit kann für jeden Teilnehmer ein Tätigkeitsnachweisheft<br />
entstehen, in dem jeder Entwicklungsschritt nachvollziehbar wird. (siehe auch Anlage 9.4 Dokumentationsbögen<br />
zur Bildungsplanung, S.52)<br />
7.2 Berufsbildungsbereich<br />
7.2.1 Das erste Jahr der beruflichen Bildungsmaßnahme<br />
Nachdem die individuellen Bildungsziele und Bildungseinheiten im Eingangsverfahren festgelegt wurden,<br />
werden die individuellen Curricula mit Inhalten gefüllt.<br />
Folgende Inhalte bilden im ersten Jahr der Berufsbildungsmaßnahme den Schwerpunkt:<br />
Gewöhnung des Teilnehmers an einen Arbeitsrhythmus, der sich<br />
im Tages- und Wochenplan niederschlägt.<br />
Beginn der Arbeit am Marionettenbau<br />
Kennenlernen von verschiedenen Arbeitsmaterialien<br />
Kennenlernen von verschiedenen Arbeitstechniken<br />
Kennenlernen von einfachen Werkzeugen<br />
Erarbeitung von Grundlagen in der Arbeitssicherheit/<br />
Unfallverhütung in einer für den Teilnehmer<br />
angemessenen Form<br />
Entwicklung, Ausbau und Erhalt/Festigung der<br />
Wahrnehmungsfähigkeit<br />
33
Handbuch Berufsbildungsbereich - 34 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 34<br />
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Entwicklung, Ausbau und Erhalt/ Festigung von<br />
Fähigkeiten der lebenspraktischen Selbständigkeit<br />
Entwicklung, Ausbau und Erhalt/ Festigung von<br />
Fähigkeiten aus dem motorischen Bereich<br />
Unterstützung in der sozialen Handlungskompetenz<br />
Entwicklung, Ausbau und Erhalt/ Festigung von Kommunikationsfähigkeiten.<br />
Es soll das Ziel sein, mit unterstützter Kommunikation<br />
die bereits erlernten Fähigkeiten aus der Schule in<br />
diesem Bereich fortzuführen und weiter zu entwickeln. Jeder<br />
Teilnehmer soll während der Berufsbildungsmaßnahme eine für<br />
ihn angemessene Kommunikationsform an die Hand bekommen.<br />
Ständige Überprüfung und Fortschreibung der Bildungsziele mit<br />
Hilfe von förderdiagnostischen Methoden (S/PAC).<br />
7.2.2 Das zweite Jahr der beruflichen Bildungsmaßnahme<br />
Die individuellen Bildungsziele müssen ständig überprüft und fortgeschrieben werden. Dies ist unbedingt<br />
erforderlich, um dem Teilnehmer eine Teilhabe am Arbeitsleben in der Werkstatt für Menschen mit<br />
Behinderung zu ermöglichen. Daher müssen die Inhalte des ersten Jahres weitergeführt, vertieft und<br />
gefestigt werden.<br />
Folgende Inhalte bilden den Schwerpunkt des zweiten Jahres der Berufsbildungsmaßnahme:<br />
Festigung des Arbeitsrhythmus<br />
Weiterführung der Arbeit am Marionettenbau<br />
Kennenlernen von weiteren Arbeitstechniken<br />
Kennenlernen von weiteren Werkzeugen<br />
Kennenlernen von einfachster Maschinenarbeit<br />
Weiterführung der Grundlagen in Arbeitssicherheit/<br />
Unfallverhütung<br />
Vertiefung und Festigung der Wahrnehmungskompetenzen<br />
Vertiefung und Festigung der Fähigkeiten der lebenspraktischen<br />
Selbständigkeit<br />
Vertiefung und Festigung der Fähigkeiten<br />
im motorischen Bereich<br />
Vertiefung und Festigung der sozialen Handlungskompetenzen<br />
Vertiefung und Festigung der Kommunikationsfähigkeit; weiterhin<br />
Ziel: die Erarbeitung einer angemessenen Kommunikationsform<br />
für jeden Teilnehmer<br />
Ständige Überprüfung und Fortschreibung der Bildungsziele<br />
34
Handbuch Berufsbildungsbereich - 35 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 35<br />
Eingangsverfahren<br />
Dauer: 3 Monate<br />
Kennenlernen der Räumlich-<br />
keiten und der Fachkräfte<br />
Basisdiagnostik durch HPD<br />
und medizinischen Dienst<br />
Analyse von Fähigkeiten<br />
anhand S/PAC und P/PAC,<br />
Kontakten zu angehörigen<br />
Wohngruppen<br />
Erstellen eines Fähigkeits-<br />
und Bildungsprofils<br />
Festlegung der Förderziele in<br />
individuellen Bildungsplänen<br />
Berufsbildungsbereich<br />
Grundkurs<br />
Dauer: 12 Monate<br />
Kennenlernen von verschiede-<br />
nem Arbeitsmaterial und einfa-<br />
chen Werkzeugen<br />
Grundlagen in<br />
Arbeitssicherheit/Unfallschutz<br />
Erstellen eines Gesellenstückes<br />
-> Arbeit in kleinsten Schritten<br />
Vermittlung (Erwerb, Erhalt<br />
Ausbau) von motorischen Fä-<br />
higkeiten<br />
Erwerb, Vermittlung, Ausbau<br />
einer für jeden Teilnehmer<br />
angemessenen Kommunikati-<br />
onsform durch unterstützte<br />
Kommunikation<br />
Entwicklung sozialer Fähigkei-<br />
ten und Kompetenzen<br />
-> Gruppenfähigkeit<br />
-> Arbeiten im Team<br />
Ausbau von Fähigkeiten im<br />
Bereich Lebenspraxis/<br />
Selbsthilfe<br />
Ausbau eines Arbeitsrhythmus<br />
Ständige Zielüberprüfung<br />
und Analyse der erlernten<br />
Fähigkeiten<br />
7.2.3 Anvisierte Bildungsbereiche<br />
Berufsbildungsbereich<br />
Aufbaukurs<br />
Dauer: 12 Monate<br />
Wie Grundkurs<br />
Fortführung des Gesellenstückes<br />
Vertiefung und Festigung der<br />
erlernten Fähigkeiten<br />
Kennenlernen von einfacher<br />
Maschinentätigkeit<br />
Weiterer Ausbau der<br />
Kommunikationsfähigkeit<br />
Weiterförderung im<br />
Arbeitsbereich<br />
Unter Bedingungen, die den<br />
Teilnehmern ein Arbeiten<br />
ermöglichen<br />
Förderung, Ausbau, Vertie-<br />
fung der erlernten Fähigkei-<br />
ten (Motorik, Kommuni-<br />
kation, soziale Integration,<br />
Selbsthilfe) -> Begleitpläne<br />
Ständige Weiterführung<br />
der unterstützten Kommuni-<br />
kation<br />
Angebot, Förderung in<br />
Einfachsttätigkeiten<br />
-> Erweiterung des Arbeits-<br />
spektrums<br />
Festigung des Arbeitsrhythmus Teilhabe am Arbeitsleben in<br />
Praktika in anderen Bereichen<br />
Zielüberprüfung und Analyse<br />
der Fähigkeiten<br />
einer WfbM<br />
Dienstleistung<br />
Einen Schwerpunkt in der beruflichen Bildung für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen<br />
in der Stiftung Haus Lindenhof stellt der Bereich der Dienstleistungen dar.<br />
Der Teilnehmer soll die Möglichkeit erhalten, eine oder mehrere der folgenden Dienstleistungsarbeiten<br />
zu erlernen:<br />
� Botengänge<br />
� Kopiertätigkeiten<br />
� Aktenvernichtung<br />
� Pflanzenpflege im Haus<br />
Der Teilnehmer soll lernen, die Verantwortung für diese Aufgaben zu übernehmen und unter der für ihn<br />
notwendigen Hilfestellung diese Tätigkeiten weitestgehend selbständig auszuführen.<br />
35
Handbuch Berufsbildungsbereich - 36 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 36<br />
Kunsthandwerk - Marionettenbau<br />
Ein weiterer Schwerpunkt in der beruflichen Bildung für Menschen mit schwersten und mehrfachen<br />
Behinderungen ist der Marionettenbau. Dieser wird nach dem „Handbuch zur beruflichen Bildung: Arbeiten<br />
in kleinsten Schritten“ der kreuzwacher diakonie durchgeführt. Mit dem Marionettenbau wird<br />
das Ziel der größtmöglichen Qualifizierung in kleinstmöglichen Schritten angestrebt. Der Marionettenbau<br />
stellt während der beruflichen Bildungsmaßnahme die Erstellung eines „Gesellenstückes“ dar, mit<br />
dem der Teilnehmer seine erlernten Kompetenzen zum Ausdruck bringen kann.<br />
Die erlernten Tätigkeiten aus dem Marionettenbau müssen dazu führen, dass den Menschen mit<br />
schwersten und mehrfachen Behinderungen adäquate Arbeitsangebote aus der Werkstatt gemacht werden<br />
können. Die erlernten Fähigkeiten sollen neben der Übernahme von Dienstleistungen bei der<br />
Arbeit aus dem Werkstattbereich zum Tragen kommen. Diese Arbeitsaufträge müssen ebenfalls in<br />
kleinste Schritte heruntergebrochen werden, damit der Mensch mit schwerster und mehrfacher Behinderung<br />
entsprechend seinen Fähigkeiten am Arbeitsleben teilhaben kann.<br />
Auszugsweise hat der Leser der vorliegenden Handbuches die Möglichkeit, sich im Anhang über das<br />
Arbeitsbuch zum Marionettenbau zu informieren. (siehe Anlage 9.6.1 Lernen in kleinsten Schritten, S.<br />
67)<br />
7.2.4 Persönlichkeitsentwicklung<br />
In der beruflichen Bildung von Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderung nimmt die Förderung<br />
in der Persönlichkeitsentwicklung einen immens hohen Stellenwert ein. Die Ganzheitlichkeit der<br />
Person, die sich in Bereichen wie Verhalten, in Aktionen und Reaktionen zeigt, ist bei der Planung von<br />
beruflicher Bildung unerlässlich. Sie beeinflusst die Bereiche Wahrnehmung, Kommunikation, Emotionalität<br />
und Motorik ganz entschieden und muss in die Festsetzung von Bildungszielen unbedingt einfließen.<br />
Hierzu gehören die Förderung von lebenspraktischen Kompetenzen genauso wie die Förderung in<br />
sozialen Handlungskompetenzen. Die Persönlichkeitsentwicklung muss in der beruflichen Bildung von<br />
Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen den gleichen Stellenwert einnehmen wie die<br />
Bildungsbereiche, die in ihrem Ziel arbeitstechnische Kompetenzen verfolgen.<br />
7.2.5 Curriculum<br />
Für die Planung und Festsetzung von Bildungseinheiten wird ein Curriculum zu Grunde gelegt, das es<br />
den Fachkräften ermöglicht, die berufliche Bildung für die Teilnehmer exakt festzulegen. Das Curriculum<br />
ist in Module eingeteilt, für die es jeweils verschiedene Lerneinheiten gibt. Die Lerneinheiten wiederum<br />
werden in einzelne Lektionen eingeteilt. Wir möchten dies an einem Beispiel verdeutlichen:<br />
Ein Modul besteht in der Förderung der lebenspraktischen Handlungskompetenz. Eine dazugehörige<br />
Lerneinheit stellt das Erlernen des weitestgehend selbständigen Toilettengangs dar. Diese Lerneinheit<br />
beinhaltet unter anderem die Lektion des selbständigen Öffnens und Schließens von Knöpfen.<br />
Folgende Module stellen den Inhalt des Curriculums dar:<br />
7.2.5.1 Lebenspraktische Handlungskompetenz<br />
„Hilf mir, es selbst zu tun, aber tu es nicht für mich“ (Maria Montessori)<br />
Ziel ist es, den Teilnehmer in diesem Bereich weitestgehend zur Selbständigkeit zu befähigen.<br />
Zur Entwicklung und Erhaltung von lebenspraktischer Handlungskompetenz sind folgende Zielbereiche<br />
maßgeblich:<br />
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�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Essen und Essverhalten<br />
Körperhygiene und Körperpflege<br />
Selbständigkeit im Umgang mit der Kleidung<br />
Selbständigkeit im häuslichen und<br />
hauswirtschaftlichen Bereich<br />
Umgang mit Zeit<br />
Orientierung<br />
Selbständige Handhabung des Rollstuhles<br />
36
Handbuch Berufsbildungsbereich - 37 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 37<br />
7.2.5.2 Selbständiges Tätigwerden<br />
Anleitung und Unterstützung zum „selbst Tätigwerden“ sind ein wichtiges Ziel in der beruflichen Bildung<br />
von Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen. Wesentliche Merkmale im Tätigkeitsverhalten<br />
von Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen sind eine starke<br />
Antriebslosigkeit, mangelnde Flexibilität und ein geringes Reaktionsvermögen. Aus diesem Grund muss<br />
die berufliche Bildung hier in folgenden Bereichen ansetzen:<br />
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�<br />
Körperorientierte Förderung, z.B. durch Förderung im Bereich<br />
der körperlichen Wahrnehmung<br />
Vermittlung von Umwelterfahrungen, wie z.B. Einkaufen für das<br />
Zubereiten von kleineren Mahlzeiten<br />
7.2.5.3 Arbeit und sinnvolle Tätigkeit<br />
Durch das Arbeiten an einem Produkt, wie z.B. im Marionettenbau, wird Erfolg erlebbar. Der Auf- und<br />
Ausbau sowie die Festigung eines Arbeitsrhythmus sind hierfür die Grundlage. Die Ausdauer wird dadurch<br />
wesentlich geübt. Art und Umfang der Leistungsanforderung orientieren sich an den individuellen<br />
Möglichkeiten der Teilnehmer. Durch Arbeit und sinnvolle Tätigkeit wird das Selbstwertgefühl gesteigert,<br />
in weiterem Sinne natürlich auch die Sinnfindung und die Zufriedenheit.<br />
Arbeit und sinnvolle Tätigkeit können u.a. durch folgende Bereiche entwickelt und ausgebaut werden:<br />
Marionettenbau<br />
Arbeiten im Dienstleistungsbereich<br />
Einüben und Vertiefen von verschiedenen<br />
Arbeitstechniken<br />
Bearbeiten von einfachen Arbeitsaufträgen<br />
aus der Werkstatt für Menschen mit Behinderung<br />
Unterweisung und Unterstützung im Bereich<br />
Arbeitssicherheit und Unfallverhütung<br />
7.2.5.4 Soziale Handlungskompetenz<br />
Das Sozialverhalten einer Person umfasst die Gesamtheit seiner Beziehungen zu seinen Mitmenschen.<br />
Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen zeigen häufig eine erheblich verminderte oder<br />
gestörte Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit. Es muss daher in der beruflichen Bildung das Ziel<br />
sein, diese Menschen zu befähigen, zwischenmenschliche Kontakte herzustellen und aufzubauen. Dies<br />
muss in einem vertrauensvollen Rahmen der Zusammenarbeit geschehen. Zuwendung muss erfahren<br />
werden, gleichzeitig muss die Fähigkeit aufgebaut werden, Zuwendung zu beantworten und sich anderen<br />
zuzuwenden.<br />
Der Aufbau sozialer Handlungskompetenz kann durch den Einsatz folgender Methoden ganz erheblich<br />
gefördert werden:<br />
Morgenkreis innerhalb der Gruppe<br />
Gemeinsame Spiele<br />
Gruppen-/Teamarbeit<br />
Entwicklung von Hilfsbereitschaft<br />
Feste und Feiern<br />
Einsatz von unterstützter Kommunikation<br />
7.2.5.5 Ruhe, Rückzug, Entspannung<br />
Der Aufnahmekapazität und dem Lebensrhythmus der Teilnehmer entsprechend muss die berufliche<br />
Bildung für Menschen mit schwerster und mehrfacher Behinderung genügend Räume und Zeiten der<br />
Ruhe zum Entspannen und Zurückziehen berücksichtigen.<br />
37
Handbuch Berufsbildungsbereich - 38 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 38<br />
7.2.5.6 Religiöses Leben/ Sinnfindung<br />
Berufliche Bildung für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen muss beinhalten, dass<br />
die Menschen in ihrem Bedürfnis nach Sinnfindung geachtet werden. Sie greift die vertrauten religiösen<br />
Traditionen des Teilnehmers soweit wie möglich im Jahreskreis auf und macht sie durch entsprechende<br />
Gestaltung im Raum und im Tagesablauf erfahrbar.<br />
In die gemeinsam gefeierten Gottesdienste sind die Teilnehmer nach ihren Wünschen und Fähigkeiten<br />
eingebunden. So kann jeder Einzelne sich ganz persönlich von Gott angenommen fühlen.<br />
7.2.6 Dokumentation<br />
Wie bereits im Eingangsverfahren dargelegt, werden die festgelegten Ziele, die didaktischen Methoden<br />
und die festgelegten Bildungseinheiten schriftlich dokumentiert. Die Bildungseinheiten finden in den<br />
Tages- und Wochenplänen der Fachkräfte und in transparenter Form auch für die Teilnehmer ihren<br />
Niederschlag. Eine Verlaufsdokumentation erfolgt durch Aktivitätenprotokolle, die in einem Tätigkeitsnachweisheft<br />
zusammengefasst werden. Jeder Entwicklungsschritt muss nachvollziehbar sein.<br />
(siehe auch Anlage 9.4 Dokumentationsbögen zur Bildungsplanung, S.52)<br />
7.2.6.1 Wochenplan<br />
Die festgelegten Bildungseinheiten werden in einem für jeden Teilnehmer individuellen Wochenplan für<br />
die Fachkräfte nachvollziehbar, indem sie Bausteine aus dem Curriculum in überschaubare Zeiteinheiten<br />
eintragen. Je nach Stand der Zielerreichungen und Überprüfungen werden die Bausteine ausgetauscht<br />
und weiterentwickelt. So entsteht für die Fachkräfte ein überschaubarer Tages- und<br />
Wochenplan.<br />
Gleichzeitig wird mit der Grundlage dieser Struktur ein für die Teilnehmer transparenter Tages- und<br />
Wochenplan ausgearbeitet. Mit Hilfe von Bildern wird für sie ein überschaubarer Arbeitsrhythmus möglich.<br />
Somit kann jederzeit eine Überprüfung der individuell formulierten Förderziele vorgenommen werden.<br />
Die Wochenpläne müssen ebenso wie die individuellen Bildungsziele ständig überprüft und fortgeschrieben<br />
werden. In regelmäßigen Abständen werden die Bildungseinheiten neu festgesetzt.<br />
Diese Planung ist notwendig, um sich die gesetzten Ziele für die einzelnen Teilnehmer immer wieder<br />
bewusst zu machen und sie im Alltag im Auge zu behalten. Die Planung muss feste Rhythmen, Tages-<br />
und Wochenabschnitte beinhalten, um den Teilnehmern und den Fachkräften bei der Orientierung der<br />
beruflichen Bildung zu helfen. Den Fachkräften wird die Überschaubarkeit ihrer Arbeit erleichtert und<br />
sie haben somit die Möglichkeit, sich auf die wichtigen Förderziele immer wieder neu zu konzentrieren.<br />
(siehe auch Anlage 9.4.4 Beispiel Wochenplan, S.61)<br />
7.2.6.2 Kompetenznachweis (Zielüberprüfung)<br />
Anhand der Aktivitätenprotokolle und des Tätigkeitsnachweisheftes ist zu jeder Zeit der Entwicklungsstand<br />
im Rahmen der festgelegten Ziele nachvollziehbar. Alle vier Monate findet zudem eine erneute<br />
Erhebung nach den Formularen des S/PAC statt. Hiermit lassen sich auch kleine Lernentwicklungen<br />
feststellen und dokumentieren.<br />
Außerdem kann die Erreichung der Kompetenzen mit der Fertigstellung der einzelnen Arbeitsabschnitte<br />
im Marionettenbau nachgewiesen werden. Die Fertigstellung des „Gesellenstückes“ in Verbindung mit<br />
den Tätigkeitsprotokollen ermöglichen einen transparenten Einblick in die Erreichung der festgelegten<br />
Ziele.<br />
7.2.6.3 Gesellenstück (Abschlussprüfung)<br />
Die Fertigstellung der Marionette im Rahmen der Berufsbildungsmaßnahme stellt die Abschlussprüfung<br />
im Rahmen des Berufsbildungsbereiches für Menschen mit schwerster und mehrfacher Behinderung dar.<br />
Durch diese Abschlussprüfung erhält der Teilnehmer den Status des „Mitarbeiters im Förder- und<br />
Betreuungsbereich Luise von Marillac der Stiftung Haus Lindenhof.“<br />
38
Handbuch Berufsbildungsbereich - 39 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 39<br />
<strong>aktionbildung</strong> ist hier noch auf der Suche nach einer geeigneten Qualifizierungsbezeichnung in den einzelnen<br />
Bildungsbereichen der Berufsbildungsmaßnahme im FBB, z.B. auch „Dienstleister im Bereich<br />
Kopiertätigkeiten im FBB“.<br />
Die Teilnahme an der Berufsbildungsmaßnahme findet im Rahmen einer feierlichen Zeremonie mit<br />
Überreichung eines entsprechenden Zertifikats seinen Abschluss. Jeder einzelne Teilnehmer erhält mit<br />
der Teilnahme an der Bildungsteilnahme eine Qualifizierungsurkunde.<br />
7.3 Angewandte Methoden der beruflichen Bildung<br />
7.3.1 Unterstützte Kommunikation<br />
Ziel von <strong>aktionbildung</strong> ist es, für jeden Teilnehmer eine ihm angemessene Kommunikationsform zu entwickeln,<br />
bzw. die bereits in der Schule geschaffenen Kommunikationsformen weiter auszubauen und zu<br />
vertiefen.<br />
„Das wichtigste Hilfsmittel zur Verständigung mit anderen stellt für die überwiegende Mehrzahl der<br />
Menschen die Lautsprache dar. Nun gibt es eine nicht kleine Zahl von Personen, die sich aus verschiednen<br />
Gründen nicht oder nicht ausreichend mit Hilfe der Lautsprache verständlich machen können. Das<br />
sonderpädagogische Fachgebiet, das die Problematik dieser Menschen in den Mittelpunkt seiner Bemühungen<br />
gestellt hat, heißt Unterstützte Kommunikation oder im Englischen „AAC“ ( Augmentative and<br />
Alternative Communication). Unterstützte Kommunikation zielt darauf, die Kommunikationsmöglichkeiten<br />
nichtsprechender Menschen zu verbessern, indem ihnen Hilfsmittel, Techniken und Strategien zur<br />
Verfügung gestellt werden, die die Lautsprache ergänzen (augmentative) oder ersetzen (alternative).“<br />
(Ursula Braun: „Kleine Einführung in Unterstützte Kommunikation, in: Unterstützte Kommunikation,<br />
Ursula Braun (Hrsg.), Verlag selbstbestimmtes Leben,1999).<br />
Alternativen und Ergänzungen, die zur Lautsprache existieren (nach Ursula Braun, in: Unterstützte<br />
Kommunikation, Verlag selbstbestimmtes Leben, 1999):<br />
Körpereigene Kommunikationsformen<br />
Hierzu gehören Ja/ Nein-Signale z.B. durch Augenbewegungen, Lautäußerungen, Hand- oder<br />
Fußzeichen oder Schriftkarten. Ebenso können Blickbewegungen, Gestik und Mimik gezielt als<br />
Kommunikationsmittel eingesetzt werden, verstärkt durch Lautäußerungen. Eine weitere körpereigene<br />
Methode ist der Einsatz von einer vereinfachten Form der Gebärdensprache für Menschen<br />
mit einer Gehörlosigkeit.<br />
Im Bereich der körpereigenen Kommunikationsformen gibt es zudem etliche individuelle Systeme,<br />
wie z.B. von Buchstabenschreiben in der Luft mit dem Kopf.<br />
Externe Kommunikationshilfen<br />
Hier lassen sich nichtelektronische und elektronische Systeme unterscheiden. Die Möglichkeiten<br />
für nichtelektronische Kommunikationshilfen sind vielfältig und umfassen u.a. individuelle<br />
Kommunikationskästen, –tafeln oder –bücher mit ausgewählten Bildkarten oder einzelne Bild-,<br />
Symbol- oder Wortkarten zum individuellen Gebrauch. Unter elektronischen Kommunikationshilfen<br />
versteht man den Einsatz von Computern, die mit Schriftausgabe, mit digitaler Sprachausgabe<br />
oder mit synthetischer Sprachausgabe ausgestattet sind. Zu erwähnen sind hier noch<br />
diverse Taster, die individuell eingesetzt werden können.<br />
39
Handbuch Berufsbildungsbereich - 40 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 40<br />
Im Rahmen der beruflichen Bildung soll das Verständigungsvermögen sowohl im aktiven als auch im<br />
passiven Bereich gefördert und unterstützt werden. Das Verständnis von Sprache und die Äußerungen<br />
der Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen sind in sehr differenzierter Weise zu betrachten.<br />
Mimik, Gestik, Blickkontakt,<br />
Berührungen und Sprache sind ein wichtiger<br />
Bestandteil der Kommunikation.<br />
Unterstützte Kommunikation ist die von<br />
<strong>aktionbildung</strong> ausgewählte Methode, um<br />
den Teilnehmern eine angemessene Kommunikationsform<br />
an die Hand zu geben:<br />
Mittel der Unterstützten Kommunikation<br />
können sein:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Basale Kommunikation<br />
Kommunikative Gebärden<br />
Spielsituationen, die der Kontaktaufnahme<br />
dienen<br />
Technische Hilfsmittel: Löbkarten,<br />
Bildkarten, Sprachcomputer<br />
Einsatz von Bildern,<br />
Gebärden, Schrift,<br />
körperlichen Erfahrungen<br />
Aufbau eines<br />
Sprachschatzes<br />
Unterstützte<br />
Kommunikation<br />
Erwerb einer angemessenen<br />
Kommunikationsform für<br />
jeden Teilnehmer<br />
Unterstützte Kommunikation muss in alltäglichen Situationen, z.B. im Morgenkreis, Eingang in die<br />
Bildungssituationen finden und in jeder Bildungseinheit bzw. in jedem Kontakt mit dem Teilnehmer<br />
angewandt werden.<br />
7.3.2 Basale Stimulation<br />
Einsatz von<br />
technischen<br />
Hilfsmitteln,<br />
z.B.<br />
Tastern,<br />
Alpha-Talker<br />
Basale Stimulation ist eine Sammlung von Möglichkeiten sich dem Menschen mit schweren und mehrfachen<br />
Behinderungen anzunähern und ihn zu verstehen. Sie ist ein einfaches aber attraktives Angebot<br />
und verzichtet auf „hochtrabende“ pädagogische Zielsetzungen, die in weiter Ferne liegen (vgl. Fröhlich<br />
1996).<br />
Basale Stimulation konzentriert sich auf den Aufbau einer Beziehung zwischen einem schwerstmehrfachbehinderten<br />
Menschen und dessen Unterstützer.<br />
In den letzten 20 Jahren hat dieser Ansatz wesentlich durch Andreas Fröhlich an Bedeutung gewonnen.<br />
Fröhlich zeigt, dass die Grenzen der sogenannten „Bildungsunfähigkeit“ überwunden werden, weil jeder<br />
Mensch in einen Austauschprozess mit seiner Umwelt treten kann. Basale Stimulation ist keine Therapie.<br />
Sie ist als Arbeitsansatz –auch in der beruflichen Bildung- zu sehen, um Menschen mit schwersten<br />
Behinderungen eine eigene Entwicklungsdynamik zu bieten. Dies gilt auch, wenn schwerste Behinderungsformen<br />
zunächst alle Aktivitätsmöglichkeiten zu blockieren scheinen.<br />
Basale Stimulation wirkt durch<br />
� Somatische Anregung:<br />
Anregung des ganzen Körpers. Erfahrung wird durch die Haut<br />
übernommen. Als Beispiel ist der warme Luftstrom eines Föns zu<br />
nennen, die unterschiedliche Wahrnehmung eines Fellhandschuhs<br />
oder eines Frotteehandtuchs.<br />
� Vibratorische Anregung:<br />
Vibrationen verbessern die Wahrnehmung von Reizen. Schwerstbehinderte<br />
Menschen liegen oder sitzen oftmals ausschließlich.<br />
Der Körper erfährt auf diese Art mehr Belastung.<br />
� Vestibuläre Anregung:<br />
Gemeint ist die Anregung des Gleichgewichtsinns. Schaukelbewegungen<br />
können haltungsstabilisierend wirken. Der Bezug zwischen<br />
Körper und Umgebung wird realistischer.<br />
40
Handbuch Berufsbildungsbereich - 41 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 41<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Geruch und Geschmack:<br />
Riechen und Schmecken spielt für den Menschen eine große Rolle<br />
in seiner Erinnerung. Wiederkehrende anregende Gerüche be-<br />
einflussen eine positive Orientierung<br />
Auditive und visuelle Anregung:<br />
Hören und Sehen sind unsere Fernsinne. Gezielt eingesetzt lösen<br />
sie bestimmte emotionale Stimmungen beim Menschen aus. Mit<br />
ruhiger Musik lässt sich eine entspannte Situation unterstützen.<br />
Kommunikative und emotionale Anregung:<br />
Mit Stimme und Mimik treten Menschen in „wechselseitige“<br />
Beziehungen. Sie kommunizieren auch ohne etwas zu sagen.<br />
Deutlich zugewandte positive Kommunikation signalisiert Nähe.<br />
Möglicherweise kommen in der beruflichen Bildung nur Teile dieses Arbeitsansatzes zum Tragen. Das<br />
ist im wesentlichen von den Ressourcen der Teilnehmer abhängig. Allein der Bau eines Marionettenkopfes<br />
(Anrühren des Kleisters, Reißen von Papier, Anfertigen von Pappmache...) bietet aber der Fachkraft<br />
eine Vielzahl von Möglichkeiten, Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen basale Anregungen<br />
zu geben.<br />
7.3.3 Bewegungsförderung<br />
In der Wissenschaft ist der Zusammenhang zwischen Bewegung und Lernentwicklung längst bewiesen.<br />
Die Frühförderung legt einen großen Wert auf Bewegungsangebote. Diese Fachleute (Motopädagogen,<br />
Bewegungstherapeuten) müssen auch in die berufliche Bildung eingebunden werden. Menschen mit<br />
schweren Behinderungen sind in ihren Bewegungsabläufen stark eingeschränkt. Neben der bekannten<br />
Krankengymnastik arbeiten Motopädagogen mit dem Wissen um neurologische Aspekte des Bewegungsablaufs.<br />
Sie können Bewegungsabläufe im Arbeitsprozess durch bestimmte Behandlungsformen<br />
fördern und so den Kompetenzbereich des Teilnehmers erweitern.<br />
Neben der rein therapeutischen Arbeit sind aktive Betätigungen, wie Sport und Rhythmik, aber auch<br />
bewusstes Entspannen wichtige Inhalte der Motopädie.<br />
7.3.4 Ergotherapie (Arbeits- und Beschäftigungsförderung)<br />
Ergotherapie wird häufig auf „Beschäftigungstherapie“ reduziert. Sie hat mehr Schwerpunkte. Einerseits<br />
unterstützt sie die Erreichung der Selbstständigkeit der Teilnehmer im Arbeitsalltag. Hierfür stellt<br />
sie Hilfsmittel bereit. Andererseits fördert sie gezielt die Wahrnehmung und damit die erfolgreiche<br />
Erfassung der Umwelt.<br />
Da in den Werkstätten Ergotherapeuten zur „Grundausstattung“ des Fachpersonals gehören, soll an<br />
dieser Stelle auf weitere Erläuterungen verzichtet werden.<br />
<strong>aktionbildung</strong> ist jedoch der Hinweis wichtig, Ergotherapeuten auch in die berufliche Bildung von<br />
schwerst- und mehrfachbehinderten Teilnehmern mit einzubeziehen.<br />
7.3.5 Musisch-ästhetische Förderung<br />
Der Begriff der musisch-ästhetischen Förderung oder Bildung ist nicht klar definiert. Häufig wird darunter<br />
Kunst-, Musik-, oder Gestalttherapie verstanden. Diese Methoden sind durchaus auch unter musisch-ästhetischer<br />
Förderung zu verstehen, jedoch ist der Bildungsansatz nach dem Verständnis von<br />
<strong>aktionbildung</strong> weiter zu fassen. Der musisch-ästhetische Ansatz hat seinen Bezug im Arbeitsalltag. Er<br />
steht im engen Zusammenhang mit basalen Anregungen.<br />
Was ist damit gemeint? Ästhetische Bildung will dem schwerstbehinderten Menschen die Bewahrung,<br />
Wiederherstellung oder Erneuerung der „Grundbedingungen des menschlichen Lebens“ ermöglichen,<br />
also<br />
die Sehnsucht nach schöner Gestaltung des Alltags<br />
die soziale Integration<br />
das Wohlbefinden, Glück.<br />
41
Handbuch Berufsbildungsbereich - 42 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 42<br />
Für den Bereich der Arbeit bedeutet dies: Teilhabe!<br />
Dieser Bildungsansatz muss auf Verhältnisse treffen, die ästhetisches Tun und Erleben zulassen.<br />
Es geht nicht darum, dem Teilnehmer eine Maßnahme „überzustülpen“, sondern ihn in seiner Motivation,<br />
seinen Gefühlen, Intereressen und Bedürfnissen, seinen Problemen, Voraussetzungen und Fähigkeiten<br />
anzusprechen. Dies geschieht im Rahmen des alltäglichen Lebens. Dort werden primäre<br />
Sinneserfahrungen und ästhetisches Erleben möglich.<br />
Nehmen wir das Beispiel eines gemeinsamen Essens. Der Wochenplan sieht im Bereich Hauswirtschaft<br />
die Zubereitung einer gemeinsamen Mahlzeit vor. Zwei Teilnehmer bereiten mit der Fachkraft den Salat<br />
zu, andere stellen Salatsoße her, indem sie Pfeffer, Salz Essig, Öl und Zucker in ein angemessenes<br />
Verhältnis bringen. Andere schneiden Tomaten und Gurken, der nächste schält Kartoffeln. Ein Teilnehmer<br />
beobachtet mit Faszination, wie das Grillgut im Ofen gart. Eine Vielzahl von Gerüchen, visuellen<br />
und auditiven Anregungen werden einbezogen. Das gemeinsame Essen schafft soziales Miteinander und<br />
lässt es zu einem tiefgreifenden Erlebnis von natürlicher ästhetischer Qualität werden (vgl. Theunissen<br />
1993, S 101ff)<br />
7.3.6 Sonstige Formen beruflicher Förderung<br />
Für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen lassen sich weitere Arbeitsansätze brauchbar<br />
machen. Berufliche Bildung bedeutet für sie die Qualifizierung zur Teilhabe am Arbeitsleben durch<br />
Erlernen von arbeitsrelevanten Fähig- und Fertigkeiten sowie persönlichkeitsfördernden Maßnahmen.<br />
Hierzu können auch gehören:<br />
� heilpädagogisches Reiten<br />
� Entspannungsübungen<br />
� Selbstbehauptungsunterricht<br />
� Körperpflegeunterricht<br />
� Spielerische Elemente<br />
� Nichtoperative Orthopädie (Hilfestellung für die Haltungs- und<br />
Bewegungsaufgaben des Arbeitsalltags)<br />
7.4 Anmerkungen zum Arbeitsbereich<br />
Für den Teilnehmer muss die Teilhabe am Arbeitsleben in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung<br />
unter für ihn angemessenen Rahmenbedingungen möglich sein. Es müssen also Bedingungen vorhanden<br />
sein, die ihm ein Arbeiten ermöglichen. So kann es z.B. durchaus vorkommen, dass der Teilnehmer in<br />
einer kleinen Gruppe mit einem Personalschlüssel von 1:3 am Arbeitsleben teilnehmen kann, bei einem<br />
Personalschlüssel von 1:12 aber überfordert ist und ihm ein Arbeiten unmöglich wird.<br />
Für die Teilhabe am Arbeitsleben sind folgende Inhalte schwerpunktmäßig zu berücksichtigen:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Weiterführung der beruflichen Bildung in den im Berufsbildungsbereich<br />
erlernten Fähigkeiten durch die individuelle<br />
Begleitplanung. Arbeitsbegleitende Maßnahmen sind hier intensiv<br />
zu nutzen.<br />
Angebot von für diesen Personenkreis geeigneten Arbeiten. Motto:<br />
Arbeit auf den Menschen anpassen (und nicht umgekehrt!)<br />
Ständige Qualifizierung der Fachkräfte für diese Aufgaben<br />
Berufliche Bildung endet nicht mit dem Übergang in den Arbeitsbereich. Arbeit ist für alle möglich.<br />
42
Handbuch Berufsbildungsbereich - 43 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 43<br />
8 Literaturverzeichnis<br />
Die folgend aufgeführte Literatur stellt eine Auswahl von Titeln dar, die für die Erstellung dieses Handbuchs<br />
verwendet wurden. Daneben sind weiterführende Quellen für den interessierten Leser aufgelistet.<br />
1. Breitinger (1998): Alltag und schwere geistige Behinderung. Würzburg, Bentheim.<br />
2. Bundesverband Evangelische Behindertenhilfe (BEB) e.V. (1999):<br />
Förderung von Menschen mit schwersten Behinderungen in Werkstätten für Behinderte.<br />
Orientierungshilfe für die Arbeit in der Diakonie<br />
3. Bundesverband Evangelische Behindertenhilfe (BEB) e.V. (2001): Wahrnehmung. Bedeutung<br />
und Fördermöglichkeiten für Menschen mit sehr schweren Behinderungen. Stuttgart. 3. Auflage<br />
4. Bundesverband Evangelische Behindertenhilfe (BEB) e.V. (2002):<br />
Schau doch meine Hände an; Sammlung einfacher Gebärden zur Kommunikation mit<br />
nichtsprechenden Menschen, Orientierungshilfe der Diakonie; Handbuch und CD-Rom<br />
5. Bundesvereinigung der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V. (1998):<br />
Unterstützte Kommunikation für Menschen mit geistiger Behinderung<br />
6. Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V. (1998b):<br />
Ich will auch in die Lehre gehen; Konzepte und Praxismodelle beruflicher Qualifizierung für<br />
Menschen mit geistiger Behinderung aus den Bereichen Sonderschule, Arbeitstraining und alternativen<br />
Bildungsinitiativen<br />
7. Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V. (2000): Das WfB-<br />
Handbuch, Marburg<br />
8. Bundschuh, K. (2000): Einführung in die sonderpädagogische Diagnostik. München. 5. Auflage<br />
9. Day, P. (1992): Berufliche Fort- und Weiterbildung geistig behinderter Mitarbeiter. Angebote<br />
in Werkstätten für Behinderte, Geistige Behinderung 1/92<br />
10. Diakonie Werkstätten kreuznacher diakonie (2002):<br />
Marionettenbau nach dem Arbeitsbuch zur Beruflichen Bildung – auch für Menschen mit<br />
schweren Behinderungen -<br />
11. Franger, W. u. Pfeffer, W. (1994): Probleme und Möglichkeiten der Diagnostik bei schwerster<br />
geistiger Behinderung. In: Kornmann u.a.: Förderdiagnostik. Konzepte und Realisierungsmöglichkeiten.<br />
Heidelberg. 3. Auflage. 90-101<br />
12. Fröhlich, A. (1991): Basale Stimulation, Düsseldorf<br />
13. Fröhlich, A. (1991b): Pädagogik bei schwerster Behinderung. (Handbuch der Sonderpädagogik<br />
Bd. 12) Berlin<br />
14. Hensle, U. u. Vernooij, M. (2000): Einführung in die Arbeit mit behinderten Menschen. Wiebelsheim.<br />
6. Auflage<br />
15. Institut für Sozialforschung und Betriebspädagogik e.V. (ISB), Berlin 1989, Lernen und Arbeiten<br />
in der Werkstatt, Lernpakete für die Praxis, Lernpaket 4, Baustein 3, Seiten 107 ff.<br />
Verfasser: Prof. Dr. Walter Dürr (Projektleiter), Dietmar Klocke, Detlef Maaßen, Bernd<br />
Schneider, Hubertus Schuppe, Angela Tobias-Cousy<br />
16. Lebenshilfe für Behinderte, Kreisvereinigung Detmold e.V.<br />
PAC IT-Programm<br />
43
Handbuch Berufsbildungsbereich - 44 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 44<br />
17. Lelgemann R. (1999): Gestaltungsprozesse im Bereich der beruflichen Rehabilitation für Menschen<br />
mit sehr schweren Körperbehinderungen als Herausforderung der Werkstätten für Behinderte<br />
und Tagesförderstätten, Mainz<br />
18. Rahmenprogramm für das Eingangsverfahren und den Arbeitstrainingsbereich für Menschen<br />
mit schwersten und mehrfachen Behinderungen in Werkstätten für Behinderte in NRW<br />
19. Sevenig, H. (1994): Materialien zur Kommunikationsförderung von Menschen mit schwersten<br />
Formen cerebraler Bewegungsstörungen. Düsseldorf<br />
20. Straßmeier, W. (1990): Förderung schwerstbehinderter Jugendlicher in der Werkstufe, Zeitschrift<br />
für Heilpädagogik,1/90, S.42-49<br />
21. Theunissen, G. (1991):"Neuere Ansätze zur Förderung schwerstbehinderter Menschen und<br />
Perspektiven für die heilpädagogische Arbeit". In: Zeitschrift für Heilpädagogik, 1/92, S.16-27<br />
22. Theunissen, G. (1992): Förderung Schwerstgeistig- und Mehrfachbehinderter in Werkstätten<br />
für Behinderte, Behindertenpädagogik 2 , S.150-162<br />
23. Theunissen, G. (1993): Heilpädagogik im Umbruch. Über Bildung Erziehung und Therapie bei<br />
geistiger Behinderung. Freiburg i. Br. 2. Auflage<br />
24. Verlag selbstbestimmtes Leben, Kinder mit cerebralen Bewegungsstörungen (1999):<br />
Ursula Braun (Hrsg.): Unterstützte Kommunikation: Kleine Einführung in Unterstützte Kommunikation<br />
44
Handbuch Berufsbildungsbereich - 45 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 45<br />
9 Anlagenverzeichnis<br />
Hinweis der Vinzenz von Paul-Werkstätten:<br />
„In den Vinzenz von Paul-Werkstätten ist weiterhin das Kürzel WfB für die Werkstatt für Menschen<br />
mit Behinderung im Gebrauch. Die Begründung hierfür liegt darin, dass das Kürzel WfBM noch nicht<br />
offiziell eingeführt wurde und wir in der Stiftung Haus Lindenhof auch von einer Werkstatt für Menschen<br />
mit Behinderung sprechen und nicht von einer Werkstatt für behinderte Menschen.“<br />
45
Handbuch Berufsbildungsbereich - 46 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 46<br />
9.1 Formular Fachausschussbeschluss der Vinzenz von<br />
Paul-Werkstätten<br />
Beschluss des Fachausschusses<br />
Der Fachausschuss fasst anlässlich der Sitzung/im Umlaufverfahren<br />
am folgenden Beschluss:<br />
Der/Die Beschäftigte<br />
Name Vorname geb. am<br />
Strasse, Haus-Nr PLZ, Wohnort ggf. Wohnheim<br />
Grund:<br />
wird in das Eingangsverfahren ab bis aufgenommen.<br />
wird in den Berufsbildungsbereich Grundkurs/Aufbaukurs ab bis aufgenommen.<br />
wird die Maßnahme im Berufsbildungsbereich bis verlängert<br />
wird in den Arbeitsbereich ab aufgenommen<br />
wird aus der Werkstatt für Behinderte/Förder- und Betreuungsbereich zum entlassen.<br />
Der Fachausschuss empfiehlt die Aufnahme in die Förder- und Betreuungsgruppe<br />
ab bis<br />
wird in den Berufsbildungsbereich St. Vinzenz ab bis aufgenommen.<br />
wird in den Arbeitsbereich St. Vinzenz ab bis aufgenommen<br />
Begründung:<br />
Der/Die Beschäftigte erreicht die Einrichtung:<br />
selbständig<br />
mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
mit dem WfB-eigenen Fahrdienst<br />
Fremdfahrdienst<br />
Kostenträger der Maßnahme in der Werkstatt für Behinderte/Förder- und Betreuungsbereich:<br />
Bundesanstalt für Arbeit<br />
LVA Baden-Württemberg/BfA, Vers.-Nr.<br />
Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern, AZ.:<br />
Städtisches Sozialamt/Kreissozialamt in AZ:<br />
Sonstiges:<br />
Kostenträger der Heim- bzw. Wohnheimunterbringung:<br />
Kostenträger: AZ.:<br />
____________________________________ ____________________________________<br />
Für die Werkstatt f. Behinderte, Datum/Unterschrift Für die ArbeitsverwaltungDatum/Unterschrift<br />
____________________________________ ____________________________________<br />
Für den Landeswohlfahrtsverband, Datum/Unterschrift Für die LVA Baden-Württ.Datum/Unterschrift<br />
46
Handbuch Berufsbildungsbereich - 47 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 47<br />
9.2 Aufnahmebogen der Vinzenz von Paul-Werkstätten<br />
der Stiftung Haus Lindenhof<br />
Vinzenz von Paul – Werkstätten Christophorus-Werkstatt<br />
PRODI-Werkstatt<br />
St.Vinzenz<br />
Aufnahmedatum:<br />
Eingangsverfahren<br />
Berufsbildungsbereich<br />
Arbeitsbereich<br />
Förder- und Betreuungsbereich<br />
Persönliche Daten<br />
Name:<br />
Anschrift:<br />
Telefon:<br />
Geburtsdatum:<br />
Geburtsort:<br />
Familienstand:<br />
Konfession:<br />
Staatsangehörigkeit:<br />
Angehörige/ Kontaktperson (Anschrift<br />
und Telefon):<br />
Gesetzliche/r Betreuer/ in (Anschrift<br />
und Telefon):<br />
47
Handbuch Berufsbildungsbereich - 48 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 48<br />
Medizinische Daten<br />
Hausarzt/ -ärztin<br />
(Name und Telefon):<br />
Behandelnder Facharzt/ -<br />
Fachärztin<br />
(Name und Telefon):<br />
Krankenkasse:<br />
Krankenversicherungs-Nr.:<br />
Epilepsie ( wenn ja: Art,<br />
Umfang der Anfälle<br />
Anfallsmedikation: ja nein<br />
wenn ja, welche:<br />
Allergien<br />
Diabetes<br />
Bluter<br />
Sucht:<br />
Sonstiges:<br />
Art der Behinderung<br />
selbst versichert familienversichert<br />
Schwerbeh. ausweis: nein ja, GdB:<br />
Rollstuhlfahrer/ in nein ja<br />
48
Handbuch Berufsbildungsbereich - 49 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 49<br />
Finanzielle Daten<br />
Bezug von EU-Rente: nein ja<br />
wenn ja: RV-Träger:<br />
Kostenträger der Maßnahme:<br />
Bankverbindung<br />
Geldinstitut:<br />
BLZ:<br />
Konto-Nr.:<br />
Kurzer Lebenslauf (schulischer, beruflicher Werdegang, ...)<br />
Aufnahmebogen ausgefüllt von:<br />
_____________________________________________________________________<br />
________________________ _____________________________________________________________________<br />
Datum: Unterschrift:<br />
49
Handbuch Berufsbildungsbereich - 50 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 50<br />
9.3 Werkstattvertrag der Vinzenz von Paul Werkstätten<br />
Werkstattvertrag<br />
Zwischen<br />
Der Vinzenz von Paul - Werkstatt für Menschen mit Behinderung<br />
der Stiftung Haus Lindenhof<br />
- im folgenden WfB genannt -<br />
und<br />
Herrn/Frau<br />
geb. am, wohnhaft in<br />
- im folgenden Beschäftigte/Beschäftigter genannt -<br />
vertreten durch<br />
- als gesetzl. Betreuer -<br />
wird folgender Werkstattvertrag geschlossen:<br />
§ 1 Vertragsgegenstand<br />
1. Die WfB ist eine Einrichtung zur Eingliederung von Menschen mit Behinderung in das Arbeitsleben<br />
nach § 54 ff Schwerbehindertengesetz. Gemäß den einschlägigen gesetzlichen und landesrechtlichen<br />
Bestimmungen und Vereinbarungen bietet sie entsprechende Leistungen an.<br />
2. Soweit Änderungen der werkstattspezifischen gesetzlichen und landesrechtlichen Bestimmungen<br />
und Vereinbarungen auf den Inhalt dieses Werkstattvertrages Auswirkungen haben, sind<br />
die Vertragsparteien verpflichtet, den Vertrag entsprechend anzupassen.<br />
§ 2 Aufnahme / Rechtsstellung<br />
1. Der/die Beschäftigte wird/wurde nach Empfehlung des Fachausschusses mit Wirkung vom in<br />
den Arbeitsbereich der WfB aufgenommen.<br />
2. Der/die Beschäftigte steht zum Rechtsträger in einem arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnis.<br />
Arbeitsrechtliche Vorschriften und Grundsätze sind entsprechend anwendbar, soweit<br />
sich aus dem zugrundeliegenden Sozialleistungsverhältnis nichts anderes ergibt.<br />
3. Der/die Beschäftigte wird auf der Grundlage einer Kostenübernahme durch einen Kosten- bzw.<br />
Leistungsträger in die Werkstatt aufgenommen.<br />
50
Handbuch Berufsbildungsbereich - 51 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 51<br />
§ 3 Leistungen der WfB<br />
1. Die Werkstatt verpflichtet sich, die/den Beschäftigte(n) entsprechend dem gesetzlichen Auftrag<br />
nach §§ 54 ff Schwerbehindertengesetz (SchwbG) zu fördern und zu beschäftigen. Dies schließt<br />
arbeitsbegleitende Maßnahmen und Hilfen zur Bewältigung der Alltagsanforderungen im Rahmen<br />
der WfB, zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit sowie geeignete Maßnahmen zur Förderung<br />
eines möglichen Übergangs auf den Arbeitsmarkt ein.<br />
Dies gilt auch für Hilfestellungen<br />
�<br />
�<br />
�<br />
bei der Eingliederung in die verschiedenen<br />
Bereiche der Werkstatt<br />
bei der Vermittlung, Organisation und Überwachung von<br />
Hilfen, die die Arbeit der WfB ergänzen (z.B. Einzeltherapie,<br />
ärztliche Behandlung, pflegerische und sonderpädagogische<br />
Maßnahmen, Bildungsfreizeiten)<br />
bei Maßnahmen, die die Arbeit der Werkstatt auf dem<br />
Arbeitsmarkt fortsetzen.<br />
2. Die WfB führt Beiträge zur Sozialversicherung nach Maßgabe der besonderen gesetzlichen Bestimmungen<br />
für anerkannte WfB´s ab.<br />
3. Im Auftrag des zuständigen Sozialleistungsträgers organisiert die WfB die Beförderung zur<br />
WfB, soweit die Kosten hierfür von einem Kosten-/Leistungsträger oder einer anderen Stelle<br />
übernommen werden.<br />
4. Die WfB bietet Gemeinschaftsverpflegung an.<br />
§ 4 Arbeitsentgelt<br />
Die WfB zahlt der/dem Beschäftigten ein monatliches Entgelt nach der jeweils gültigen Entgeltordnung<br />
der WfB. Die jeweils gültige Entgeltordnung ist Bestandteil des Vertrages. Eine<br />
Ausfertigung der derzeit gültigen Entgeltordnung wird der/dem Beschäftigten bzw. seiner/m<br />
gesetzlichen Betreuer/in ausgehändigt.<br />
§ 5 Fortzahlung des Arbeitsentgeltes<br />
Im Krankheitsfall und an gesetzlichen Feiertagen, die auf einen Arbeitstag fallen, erhält<br />
der/die Beschäftigte Entgeltfortzahlung in Anlehnung an das Entgeltfortzahlungsgesetz.<br />
Eine krankheitsbedingte Verhinderung der/s Beschäftigten ist der WfB umgehend mitzuteilen.<br />
Ein Nachweis hierüber ist unverzüglich, spätestens ab dem dritten Werktag nach Krankheitsbeginn<br />
durch eine ärztliche Bescheinigung über das Vorliegen und die voraussichtliche Dauer<br />
der Erkrankung zu erbringen. Die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung kann auch früher verlangt<br />
werden. Die Entgeltfortzahlung kann verweigert werden, wenn der/die Beschäftigte seiner/ihrer<br />
Nachweispflicht nicht nachkommt.<br />
Bei Urlaub und Mutterschutz erhält der/die Beschäftigte Entgeltleistungen in Anlehnung an die<br />
gesetzlichen Bestimmungen.<br />
51
Handbuch Berufsbildungsbereich - 52 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 52<br />
§ 6 Urlaub<br />
1. Der/die Beschäftigte hat Anspruch auf Erholungsurlaub in Anlehnung an die Arbeitsvertragsrichtlinien<br />
des Deutschen Caritasverbandes (AVR) und an § 47 Schwerbehindertengesetz.<br />
2. Der/die Beschäftigte erhält derzeit 32 Arbeitstage Urlaub im Jahr. Teilzeitbeschäftigte erhalten<br />
einen anteiligen Urlaub entsprechend ihrer Teilzeitbeschäftigung.<br />
3. Der Urlaub ist grundsätzlich im Laufe des jeweiligen Kalenderjahres zu nehmen.<br />
§ 7 Beschäftigungszeit<br />
Die wöchentliche Beschäftigungszeit richtet sich nach den Bestimmungen des § 6 der Werkstättenverordnung<br />
Schwerbehindertengesetz. Sie beträgt für die/den Beschäftigte(n) zur Zeit<br />
37,5 Wochenstunden.<br />
§ 8 Pflichten des/der Beschäftigten<br />
1. Der/die Beschäftigte bemüht sich nach ihren/seinen Fähigkeiten, bei den angebotenen Förderungsmaßnahmen<br />
mitzuwirken und die übertragenen Aufgaben und Tätigkeiten der individuellen<br />
Leistungsfähigkeit entsprechend gewissenhaft und sorgsam zu erfüllen.<br />
2. Jedes Fernbleiben ist der WfB umgehend unter Angabe der Gründe mitzuteilen.<br />
§ 9 Beendigung<br />
1. Im gegenseitigen Einvernehmen kann das Vertragsverhältnis jederzeit beendet werden.<br />
2. Der/die Beschäftigte kann das Vertragsverhältnis jederzeit mit einer Frist von<br />
1 Monat zum Monatsende kündigen.<br />
3. Die Werkstatt kann das Vertragsverhältnis bei Vorliegen eines wichtigen Grundes mit einer<br />
Frist von 1 Monat zum Monatsende kündigen. Ein wichtiger Grund ist insbesondere gegeben,<br />
wenn<br />
�<br />
�<br />
trotz intensiver Bemühungen der WfB die notwendige<br />
Pflege in ausreichendem Maße für den Beschäftigten<br />
nicht erbracht werden kann<br />
die gegenüber dem Sozialleistungsträger oder Selbstzahler<br />
in Rechnung gestellten Kosten trotz Mahnung und<br />
Fristsetzung nicht bezahlt werden.<br />
4. Beendet der Sozialleistungsträger seine Kostenzusage oder nimmt er sie zurück, kann dieser<br />
Vertrag zu dem Tag, der im bestandskräftigen Bescheid des Sozialleistungsträgers genannt ist,<br />
gekündigt werden.<br />
5. Das Vertragsverhältnis kann ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden, wenn der Beschäftigte<br />
während seines Aufenthalts in der WfB sich oder andere erheblich gefährdet.<br />
6. Die Vertragsaufhebung sowie die Kündigung bedürfen der Schriftform.<br />
52
Handbuch Berufsbildungsbereich - 53 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 53<br />
7. Das Vertragsverhältnis darf durch die Werkstatt erst nach Anhörung des Beschäftigten und<br />
ggf. seiner/s gesetzlichen Betreuers/in gekündigt werden. Auf seinen/ihren Wunsch ist der<br />
Werkstattrat in die Anhörung mit einzubeziehen.<br />
8. Der Vertrag endet mit dem Tag des Verlustes der amtlichen Anerkennung der Werkstatt.<br />
§ 10 Schlußbestimmungen<br />
Soweit in diesem Vertrag nicht ausdrücklich geregelt, finden die sonstigen arbeitsrechtlichen Bestimmungen<br />
entsprechende Anwendung.<br />
Änderungen dieses Vertrags sowie Nebenabreden bedürfen der Schriftform.<br />
Von der Unwirksamkeit einer Bestimmung dieses Vertrages bleibt die Wirksamkeit des gesamten Vertrages<br />
unberührt.<br />
...................................................................... ......................................................................<br />
Ort, Datum Ort, Datum<br />
...................................................................... ......................................................................<br />
Unterschrift des/r Beschäftigten Unterschrift der WfB<br />
......................................................................<br />
Ort, Datum<br />
......................................................................<br />
Unterschrift des/r gesetzlichen Betreuers/in<br />
Anlagen: Entgeltordnung<br />
53
Handbuch Berufsbildungsbereich - 54 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 54<br />
9.4 Dokumentationsbögen zur Bildungsplanung<br />
9.4.1 Infobogen bei Schulabgang<br />
04F06 Schulentlaß - Infobogen<br />
Um den Wechsel von der Schule in die WfB zu erleichtern, werden die Lehrer der Schule gebeten, den<br />
vorliegenden Info-/Fragebogen möglichst detailliert auszufüllen.<br />
1 Allgemeine Daten<br />
Name: Vorname:<br />
Straße: Wohnort:<br />
geb.am: Schulentlaßtermin:<br />
- Behinderungsart und Besonderheiten<br />
Anfallsleiden<br />
Allergien<br />
Bluterkrankheit<br />
Medikamente<br />
spez. Therapien<br />
sonst:<br />
Vorgeschichte (bisher besuchte Einrichtungen, Sozialsituation, derzeitiges soziales Umfeld):<br />
Zusammenarbeit der Eltern mit der Schule:<br />
2 Motorik und körperlicher Entwicklungsstand<br />
- Liegt eine körperliche Behinderung vor? O ja O nein<br />
wenn ja: welche?<br />
- Ist eine selbständige Fortbewegung möglich? O ja O nein<br />
- Wie sieht das grobmotorische links- und rechtshändige Handgeschick aus?<br />
- Wie sieht das feinmotorische links- und rechtshändige Handgeschick aus?<br />
3 Sprache und Kommunikationsverhalten<br />
- Liegt eine Sprachbehinderung vor? O ja O nein<br />
wenn ja: Auswirkungen?<br />
- Wie groß sind der aktive und der passive Wortschatz?<br />
- Ist eine verbale Kommunikation möglich? O ja O nein<br />
wenn nein: wie dann?<br />
- Spricht er/sie in ganzen Sätzen? O ja O nein<br />
- Wie kann er/ sie seine/ihre Bedürfnisse mitteilen (Sprache, Mimik, Gestik)?<br />
54
Handbuch Berufsbildungsbereich - 55 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 55<br />
Wahrnehmungsfähigkeit<br />
- Wie gut kann er/sie optisch wahrnehmen?<br />
- Ist er/sie Brillenträger/in? O ja O nein<br />
- Kann er/sie akustisch normal wahrnehmen? O ja O nein<br />
- Benötigt er/sie ein Hörgerät? O ja O nein<br />
- Können (umfassende) Anweisungen verstanden werden? O ja O nein<br />
- Können Rückfragen gestellt werden? O ja O nein<br />
wenn ja: Ausdrucksform/ -weise?<br />
- Zeigt er/sie ein angemessenes Reaktionsverhalten? O ja O nein<br />
Lebenspraktischer Bereich<br />
- Benötigt er/sie Hilfestellung beim Essen? O ja O nein<br />
wenn ja:<br />
Hilfestellung beim Vesper:<br />
Tasche holen O<br />
Tasche öffnen O<br />
Frühstück auspacken O<br />
Nahrung abbeißen O<br />
Versch. Obstsorten zu sich nehmen O<br />
Joghurt essen O<br />
Frühstücksplatz aufräumen O<br />
Muss gefüttert werden O<br />
Technische Esshilfen O<br />
wenn ja: welche?<br />
Hilfestellung beim Mittagessen:<br />
Tablett bestücken ( Servietten, Beilagen, Besteck, Essensteller) O<br />
Volles Tablett zum Platz tragen O<br />
Besteck situationsgerecht benützen O<br />
Tablett zum Tablettwagen bringen O<br />
Muss gefüttert werden O<br />
Technische Esshilfen O<br />
wenn ja. welche?<br />
Getränke:<br />
Aus Flasche trinken O<br />
Aus Kanne/ Flasche in Glas einschenken O<br />
Am Kiosk einkaufen O<br />
Getränkeautomat bedienen O<br />
Muss versorgt werden O<br />
Technische Trinkhilfen O<br />
wenn ja: welche?<br />
55
Handbuch Berufsbildungsbereich - 56 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 56<br />
- Ist ein selbständiges An- und Auskleiden möglich? O ja O nein<br />
wenn nein:<br />
Hilfestellung beim Auskleiden:<br />
Verschlüsse öffnen O<br />
Mütze absetzen O<br />
Handschuhe anziehen O<br />
Schal abnehmen O<br />
Kleidung an Garderobe bringen O<br />
Hilfestellung beim Ankleiden:<br />
Jacke anziehen O<br />
Jacke verschließen O<br />
Mütze aufsetzen O<br />
Handschuhe anziehen O<br />
Schal umlegen O<br />
Kleidung an der Garderobe holen O<br />
Muss vollständig angezogen werden O<br />
Hilfestellung beim Schuhe an- und ausziehen:<br />
Schuhe anziehen O<br />
Schuhe schließen O<br />
Schuhe öffnen O<br />
Schuhe ausziehen O<br />
- Denkt er/sie selbständig an den Toilettengang? O ja O nein<br />
- Ist er/sie an bestimmte Toilettenzeiten gewöhnt? O ja O nein<br />
- Wie viel Zeit benötigt er/sie auf der Toilette?<br />
- Kann er/sie sich selbständig auf der Toilette versorgen? O ja O nein<br />
wenn nein: welche Hilfestellung ist notwendig?<br />
Verbale Aufforderung O<br />
Hose öffnen/schließen (Hosenträger/<br />
Gürtel/Knopf/Reißverschluss) O<br />
Auf Toilette setzen O<br />
Toilettenpapier gebrauchen O<br />
Spülung benützen O<br />
Muss gewickelt werden O<br />
- Wäscht er/sie sich selbständig nach der Toilette die Hände? O ja O nein<br />
wenn nein: welche Hilfestellung ist notwendig?<br />
Verbale Aufforderung O<br />
Wasserhahn bedienen O<br />
Hände einseifen O<br />
Hände abspülen O<br />
Hände abtrocknen O<br />
Muss gewaschen werden O<br />
- Kann sie sich selbständig um die Monatshygiene kümmern? O ja O nein<br />
wenn nein: welche Hilfestellung ist notwendig?<br />
Binde herausnehmen und in die Tüte tun O<br />
Neue Binde einlegen O<br />
56
Handbuch Berufsbildungsbereich - 57 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 57<br />
- Woher erhält man die Mitteilung, dass sie ihre Periode hat?<br />
- Kann er/sie ohne ständige Aufsicht sein? O ja O nein<br />
- Kann er/sie sich auch außerhalb der Gruppe<br />
ohne ständige Aufsicht bewegen? O ja O nein<br />
- Kann er/sie Gefahren abschätzen u. sich entsprechend verhalten? O ja O nein<br />
- Kann er/sie sich nach Einweisung innerhalb von<br />
bekannten Gebäuden orientieren? O ja O nein<br />
- Kann er/sie öffentliche Verkehrsmittel selbständig benutzen? O ja O nein<br />
- Ist er/sie zeitlich orientiert? O ja O nein<br />
- Kann er/sie mit Geld in einem gewissen Rahmen umgehen? O ja O nein<br />
6 Sozialverhalten<br />
- Kann er/ sie von sich aus Kontakt aufnehmen, Beziehungen<br />
herstellen und pflegen, Freundschaften eingehen? O ja O nein<br />
- Kann er/sie Wünsche und Bedürfnisse mitteilen? O ja O nein<br />
- Kann er/sie angemessen mit Nähe und Distanz umgehen? O ja O nein<br />
- Kann er/sie sich an bestehende Regeln halten? O ja O nein<br />
- Wie geht er/sie mit anderen Gruppenmitgliedern um?<br />
- Welche Stellung hat er/sie in der Gruppe?<br />
- Wie verhält er/sie sich gegenüber Lehrern?<br />
- Kann er/sie Tätigkeiten im Team verrichten? O ja O nein<br />
- Kann er/sie Kritik annehmen und umsetzen? O ja O nein<br />
- Zeigt er/sie Verhaltensauffälligkeiten (Aggressionen, Stereotypien,<br />
Hyperaktivität, Zwangshandlungen, sexuelle Auffälligkeiten)? O ja O nein<br />
7 Intelligenzleistung, Konzentration, Motivation und Ausdauer<br />
- Wie gut kann er/sie praktische und theoretische Arbeitsanweisungen verstehen und umsetzen?<br />
- Wie muss der Aufbau der Arbeitsunterweisung aussehen?<br />
- Kann er/sie sich einfache und/oder komplexe Zusammenhänge<br />
über einen längeren Zeitraum merken? O ja O nein<br />
- Inwieweit kann er/sie selbständig Problemlösungen entwickeln?<br />
- Wie sieht die Konzentrationsfähigkeit bei einfachen und komplexen Aufgaben aus?<br />
- Ist er/ sie motiviert, die gestellten Aufgaben zu erfüllen? O ja O nein<br />
- Wie lange kann er/sie sich stetig einer Aufgabe zuwenden?<br />
- Was bedeuten für sie/ihn Belastungen und wie verhält er/sie sich unter diesen<br />
Belastungen (z.B. Hitze, Lärm, Zeitdruck etc.)<br />
8 Arbeitsweise<br />
- Welche Erfahrungen aus dem Arbeitsbereich gibt es aus den durchgeführten Praktika?<br />
- Kann er/sie die gestellten Aufgaben selbständig erfüllen? O ja O nein<br />
wenn nicht: welche Hilfestellung ist notwendig?<br />
- Wie sieht die Arbeitsqualität der in der Werkstufe erlernten Arbeiten aus?<br />
- Wie gut kann er/sie mehrgliedrige Aufgaben vorplanen?<br />
57
Handbuch Berufsbildungsbereich - 58 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 58<br />
- Wie gut kann er/sie sich auf neue Aufgaben umstellen?<br />
- Wie sorgfältig und ordentlich kann er/sie arbeiten?<br />
- Kann er/sie Zeiten und Termine einhalten? O ja O nein<br />
- Wie ist der gesamte Leistungsverlauf der Werkstufenzeit zu bewerten?<br />
9 Werkstoffe/ Arbeitsmaterialien/ Auftragsbearbeitung<br />
- Mit welchen Werkstoffen und Arbeitsmaterialien bzw. in welche<br />
Bereichen hat er/sie bis jetzt gearbeitet?<br />
O Papier O Holz<br />
O Textil O Metall<br />
O Ton O Hauswirtschaft<br />
O Landwirtschaft O Recycling<br />
- Welche Ergebnisse konnten erzielt werden?<br />
Papier:<br />
O Er/sie kann auf der Linie schneiden<br />
O Kurven schneiden<br />
O Formen ausschneiden<br />
O Falten<br />
O Knüllen/reißen<br />
Textil:<br />
O Er/sie kann Stoff mit der Schere schneiden<br />
O Stoff mit der Schere nach einer<br />
O vorgezeichneten Linie schneiden<br />
O Faden einfädeln<br />
O Heften<br />
O Knopf annähen<br />
O mit Nähmaschine nähen<br />
O sticken nach Vorlage<br />
O sticken nach Eigenentwurf<br />
O knüpfen<br />
O häkeln<br />
O weben<br />
Ton:<br />
O Er/sie kann schneiden mit Draht/Messer<br />
O kneten/glätten<br />
O Daumentechnik<br />
O Aufbautechnik<br />
O Plattentechnik<br />
O Gießtechnik<br />
O modellieren<br />
O bemalen/glasieren<br />
Holz:<br />
O Er/sie kennt einige Eigenschaften von Holz<br />
O Er/sie kann sägen<br />
O messen<br />
O raspeln/feilen<br />
O stemmen<br />
58
Handbuch Berufsbildungsbereich - 59 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 59<br />
O schleifen<br />
O beizen/streichen<br />
O lackieren<br />
O leimen<br />
O schrauben<br />
O nageln<br />
O Maschinen/Geräte zur Holzbearbeitung bedienen<br />
wenn ja: welche?<br />
Metall:<br />
O Er/sie kennt Werkzeuge<br />
wenn ja: welche?<br />
O Er/sie kann mit Werkzeugen umgehen<br />
wenn ja: mit welchen?<br />
O bohren<br />
O biegen<br />
O schleifen<br />
O löten<br />
O Maschine zur Metallbearbeitung bedienen<br />
wenn ja: welche?<br />
O mit Montagewerkzeugen umgehen<br />
wenn ja: mit welchen?<br />
O Werkzeuge pflegen<br />
Recycling:<br />
O Er/sie kann die verschiedenen Materialien unterscheiden<br />
O die verschiedenen Materialien sortieren<br />
O Feinfraktionierung<br />
O Grobfraktionierung<br />
O Farben auseinanderhalten<br />
Hauswirtschaft:<br />
O Er/sie beherrscht die Grundfertigkeiten in der Küche<br />
(Eingießen, Umgießen, Abmessen, Packungen öffnen etc.)<br />
O Er/sie kann Küchengeräte bedienen<br />
O einzelnen Gerichte zubereiten<br />
O kann Gefahren in der Küche erkennen<br />
O Sicherheitsbestimmungen/Regeln einhalten<br />
O Reinigungsarbeiten in der Küche übernehmen<br />
59
Handbuch Berufsbildungsbereich - 60 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 60<br />
Landwirtschaft/Garten:<br />
O Er/sie kann die Pflanzenaufzucht übernehmen<br />
O Bodenaufbereitung übernehmen (umgraben, hacken, rechen, düngen)<br />
O auspflanzen (Setzlinge, Zwiebeln)<br />
O Pflanzen- und Bodenpflege übernehmen<br />
O ernten<br />
Kulturtechniken<br />
- Kann er/sie Piktogramme bzw. Bildinhalte erfassen. beschreiben<br />
und umsetzen? wenn ja: welche? O ja O nein<br />
- Kann er/sie ganze Wörter lesen? O ja O nein<br />
- Kann er/sie Sätze lesen? O ja O nein<br />
- Kann er/sie Texte sinnerfassend lesen? O ja O nein<br />
- Kann er/sie bekannte oder unbekannte Wörter nur abschreiben<br />
oder selbständig nach Diktat schreiben?<br />
- Kann er/sie z.B. eine Bildergeschichte oder Erlebtes beschreiben? O ja O nein<br />
- Bis zu welchem Zahlenbereich kann er/sie abzählen?<br />
- Kann er/sie addieren oder subtrahieren? O ja O nein<br />
- Kennt er/sie Begriffe wie groß-klein/ lang-kurz? O ja O nein<br />
- Kann er/sie Meter, cm, mm abmessen? O ja O nein<br />
- Kennt er/sie Begriffe wie schwer-leicht? O ja O nein<br />
- Kann er/sie abwiegen? O ja O nein<br />
- Kann er/sie Raummaße wie Liter, halber Liter etc.<br />
mit einem Messbecher abmessen O ja O nein<br />
11 Besondere Interessen und Neigungen?<br />
- Welche Interessen aus dem Bereich hat der/die Schüler/in (z.B. Sport, Musik, Freizeit)?<br />
- Welche Vorstellungen und Wünsche hat der/die Schüler/in hinsichtlich der Arbeit in der WfB?<br />
- Welche Vorstellungen und Wünsche hat der/die Schüler/in hinsichtlich arbeitsbegleitenden<br />
Maßnahmen?<br />
12 Erfahrungswerte<br />
- Wie gehen die Lehrer/innen mit bestimmten Verhaltensweisen des/der Schülers/in um (z.B. mit Verhaltensauffälligkeiten)?<br />
- Was ist im Umgang mit dem/der Schüler/in besonders wichtig und unbedingt zu beachten?<br />
Datum: Unterschrift:<br />
60
Handbuch Berufsbildungsbereich - 61 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 61<br />
9.4.2 Zielformulierungs- und Maßnahmebogen<br />
Stiftung<br />
Haus Lindenhof<br />
Grobziel:<br />
<strong>aktionbildung</strong><br />
Bildungsplan Förder- und Betreuungsbereich (FBB)<br />
Zielangabe, Methoden und Zielüberprüfung<br />
Feinziel Methode Arbeitssicherheit Überprüfungs-<br />
kriterien<br />
Materialien<br />
Vorrichtungen<br />
Förder und Betreuungsbereich<br />
Luise von Marillac<br />
Zeit-<br />
ziel<br />
Ergebnisse Über-<br />
prüft<br />
am<br />
61
Handbuch Berufsbildungsbereich - 62 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 62<br />
9.4.3 Aktivitätenprotokoll<br />
Stiftung<br />
Haus Lindenhof<br />
Teilnehmer:<br />
Ziel:<br />
Methode:<br />
Datum Uhrzeit/<br />
Dauer<br />
Bildungsplan<br />
Aktivitäten – Protokoll<br />
Vinzenz von Paul- und Christophorus-<br />
Werkstätten<br />
FBB Luise von Marillac<br />
Aktivität / Maßnahme Verhalten, Bemerkungen Unterschrift<br />
62
Handbuch Berufsbildungsbereich - 63 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 63<br />
9.4.4 Beispiel Wochenplan<br />
Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag<br />
8.00 Unterstützte Kommunikation<br />
9.00 Empfang und Begrüßung der unterschiedlich ankommenden Teilnehmer<br />
9.30 Morgenkreis Morgenkreis Morgenkreis Morgenkreis Morgenkreis<br />
10.00 Vesper<br />
Ästhetische Bildung<br />
Unterstützung beim<br />
Essen<br />
10.30 Werkstoffkunde<br />
Basale Stimulation<br />
11.00 Entspannungsübung /<br />
Pflanzenpflege<br />
12.00 Arbeit in kleinsten<br />
Schritten<br />
13.00 Mittagessen Ästheti-<br />
sche Bildung<br />
Unterstützung beim<br />
Essen<br />
13.45 Lebenspraktischer<br />
Unterricht / Selbsthil-<br />
fe<br />
Vesper Ästhetische<br />
Bildung<br />
Unterstützung beim<br />
Essen<br />
Botengänge Bewe-<br />
gungsförderung<br />
Ergotherapie /<br />
frei planbar<br />
Arbeit in kleinsten<br />
Schritten<br />
Mittagessen Ästhe-<br />
tische Bildung<br />
Unterstützung beim<br />
Essen<br />
Arbeit in kleinsten<br />
Schritten<br />
Vesper<br />
Ästhetische Bildung<br />
Unterstützung beim<br />
Essen<br />
Werkraumkunde<br />
/Arbeitssicherheit<br />
Werkraumkunde<br />
Werkstoffkunde<br />
(Basale Stimulation)<br />
Arbeit in kleinsten<br />
Schritten<br />
Mittagessen Ästheti-<br />
sche Bildung<br />
Unterstützung beim<br />
Essen<br />
Bewegungsförderung<br />
Schwimmen 14.-tägig<br />
15.00 Gemeinsames Aufräumen der Arbeitsplätze und Verabschiedung<br />
Vesper Ästhetische<br />
Bildung<br />
Unterstützung beim<br />
Essen<br />
Arbeit in kleinsten<br />
Schritten<br />
Entspannungsübung /<br />
Selbsthilfe<br />
Arbeit in kleinsten<br />
Schritten<br />
Mittagessen Ästheti-<br />
sche Bildung<br />
Unterstützung beim<br />
Essen<br />
Botengänge Bewe-<br />
gungsförderung<br />
Vesper Ästhetische<br />
Bildung<br />
Unterstützung beim<br />
Essen<br />
Werkraumkunde/<br />
Arbeitssicherheit<br />
Werkstoffkunde<br />
Entspannungsübung<br />
Mittagessen Ästheti-<br />
sche Bildung<br />
Unterstützung beim<br />
Essen<br />
Lebenspraktischer<br />
Unterricht / Selbsthil-<br />
fe<br />
63
Handbuch Berufsbildungsbereich - 64 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 64<br />
9.4.5 Infoblatt Wahrnehmung<br />
Wahrnehmung<br />
Arbeitsschritt 1:<br />
Behinderung und Fördermöglichkeiten<br />
Vorgehen / Ablauf Ziele / Lernsituation Material / Medien<br />
1. Sich mit dem Thema „Wahrneh-<br />
mungsstörungen“ vertraut machen<br />
2. Beurteilung der sinnlichen und kogni-<br />
tiven Fähigkeiten einzelner Mitarbeiter:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
sprachliche Fähigkeiten<br />
Hörvermögen<br />
motorische Fähigkeiten am Arbeitsplatz<br />
Vorstellungs- und Denkvermögen (vgl.<br />
Beobachtungsschema)<br />
3. Bestimmungen der Zielgruppe:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Wer soll gefördert werden?<br />
Warum soll gefördert werden?<br />
Wie soll gefördert werden<br />
4. Genaue Informationen über mögliche<br />
organische Schädigungen (Hirnschaden,<br />
Rückenmarkschäden, Sinnesschädigun-<br />
gen) durch den begleitenden Dienst<br />
erheben lassen. Aufgrund der erhobenen<br />
Informationen gemeinsam mit dem<br />
Begleitenden Dienst eine Beurteilung<br />
geeigneter Förderungsmöglichkeiten<br />
vornehmen.<br />
Entsprechende Förderangebote aus den<br />
einzelnen Bausteinen des Lernpakets<br />
vorbereiten<br />
Möglichst genaue Beschreibung der<br />
speziellen Schädigung der behinderten<br />
Mitarbeiter vornehmen<br />
Die Beschreibung sollte über den „nor-<br />
malen“ Alltagseindruck hinausgehen<br />
und sowohl Fähigkeiten als auch Defizi-<br />
te detailliert erfassen<br />
Durch praktische Übung mit dem Beo-<br />
bachtungsschema im Baustein 1 Verbes-<br />
serung der eigenen sozialen<br />
Wahrnehmung erreichen<br />
Beobachtungsschema zusätzliche Proto-<br />
kollbögen<br />
64
Handbuch Berufsbildungsbereich - 65 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 65<br />
Arbeitsschritt 2:<br />
Wahrnehmung des eigenen Körpers<br />
Vorgehen / Ablauf Ziele / Lernsituation Material / Medien<br />
1. Übungen und Spiele, die die Wahr-<br />
nehmung des eigenen Körpers fördern,<br />
werden durchgeführt:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Körperumrisse erfahren<br />
Balancegefühl entwickeln<br />
Tastempfinden verbessern<br />
Körperteile bewusst wahrnehmen<br />
lassen<br />
2. Beziehung zum Arbeitsalltag herstel-<br />
len:<br />
�<br />
Arbeitsmaterialien, wenn möglich,<br />
einsetzen<br />
3. Für die Übungen werden soweit wie<br />
möglich Gegenstände aus der Werkstatt<br />
sowie aus dem Wohnbereich verwendet<br />
Arbeitsschritt 3:<br />
Förderung des Tastempfindens<br />
Zielgruppe:<br />
Psychomotorisch unsichere Mitarbeiter<br />
mit Verhaltensstörungen<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Gefühl für die differenzierte Wahrnehmung<br />
des eigenen Körpers entwickeln<br />
Orientierung im Raum<br />
Verbesserung der Auge-Hand-<br />
Koordination<br />
� Verbesserung der Bewegungsmuster<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Packpapier<br />
Filzstifte<br />
Topf, Stock<br />
Gegenstände aus der Werkstatt<br />
Vorgehen / Ablauf Ziele / Lernsituation Material / Medien<br />
1. Herstellen einer Tastbox Anregung<br />
des Tastsinns durch:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Streicheln<br />
Greifen<br />
Wärmeempfinden<br />
2. Trainieren, Unterscheidungen zu<br />
machen und verschiedene Materialien<br />
wiederzuerkennen (Augen verbinden)<br />
3. Vertrautwerden mit Gegenständen<br />
und Werkzeugen aus der Werkstatt<br />
Zielgruppe:<br />
schwer geistig behinderte Mitarbeiter<br />
mit unsicherer Handmotorik und Sensi-<br />
bilitätsdefiziten<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Die Oberfläche von verschiedenen<br />
Gegenständen kennenlernen (rau,<br />
glatt, kalt, warm, weich, hart ...)<br />
Die Unterschiede verschiedener<br />
Materialien erfühlen und erfahren<br />
Aktivierung des Tastempfindens und<br />
des Umweltkontaktes<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Wasser, Schüsseln<br />
Reifen, Teller<br />
Bälle<br />
Einkaufstasche<br />
Sandpapier<br />
Pappe, Kleber<br />
Bleistift<br />
Werkzeug<br />
Tuch/Augenbinde<br />
Gegenstände aus der Werkstatt<br />
65
Handbuch Berufsbildungsbereich - 66 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 66<br />
Arbeitsschritt 4:<br />
Verbindung verschiedener Wahrnehmungsebenen:<br />
Sehen, Hören, Berühren<br />
Vorgehen / Ablauf Ziele / Lernsituation Material / Medien<br />
1. Lernbeispiele zur Förderung der<br />
praktischen Wahrnehmung:<br />
�<br />
Zuordnen und sortieren<br />
2. Darbietung von Dias aus verschiede-<br />
nen Lebensbereichen der behinderten<br />
Mitarbeiter:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Technik und Arbeit<br />
Form und Farben<br />
Haushaltsgegenstände<br />
Verkehrsmittel<br />
Pflanzen und Tiere<br />
3. Ergänzen dieser visuellen Informatio-<br />
nen durch die passenden Geräusche in<br />
Form eines Geräuschequiz<br />
4. Wenn möglich, die visuell und akus-<br />
tisch dargebotenen Eindrücke in natura<br />
vorführen:<br />
anfassen, betasten und erklären<br />
Zielgruppe:<br />
Mitarbeiter mit Wahrnehmungs- und<br />
Konzentrationsstörungen<br />
�<br />
�<br />
Verringerung des Anteils an unverständlichen<br />
und bedrohlichen Reizen<br />
aus der Umgebung<br />
Erweiterung des Handlungsspielraums<br />
� Vermittlung eines stabileren Kontaktes<br />
zur Umwelt bei Schwerbehinderten<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Dias<br />
Kassetten<br />
Demonstrationsobjekte<br />
66
Handbuch Berufsbildungsbereich - 67 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 67<br />
Arbeitsschritt 5:<br />
Basisübungen zur Wahrnehmung (Basale Stimulation*)<br />
Vorgehen / Ablauf Ziele / Lernsituation Material / Medien<br />
1. Schaffung einer geeigneten Umge-<br />
bung zur intensiven Arbeit mit Lichtef-<br />
fekten.<br />
Ein leeres Zimmer, das<br />
dunkel ausgekleidet<br />
werden kann, geeignete<br />
Beleuchtung installieren<br />
2. Reizmaterial zusammenstellen:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Taschenlampe<br />
Beleuchtete Trommeln<br />
Kassettenrecorder<br />
Luftballons....<br />
3. Durch intensive optische und akusti-<br />
sche Reize Aufmerksamkeit und Neugier<br />
bei schwer geistig behinderten Mitarbei-<br />
tern stimulieren<br />
4. Die Durchführung dieser Übungen ist<br />
nur bei geeigneten räumlichen, materiel-<br />
len und organisatorischen Vorausset-<br />
zungen in den einzelnen WfB möglich<br />
Zielgruppe:<br />
Schwer geistig behinderte Mitarbeiter<br />
mit autistischen Verhaltensweisen<br />
vorwiegend im Förderbereich der WfB<br />
�<br />
�<br />
Kontinuierliche Entwicklung der<br />
Sensibilität<br />
Verbesserung des Kontaktes zur<br />
Umgebung<br />
� Förderung der Wahrnehmungsaktivitäten<br />
in reizbetonter Umgebung<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Taschenlampen<br />
Halogenleuchten<br />
Kassettenrecorder<br />
Bunte Glühbirnen<br />
Dimmer<br />
Trommel<br />
* Unter basaler Stimulation versteht man die Einübung grundlegender Fähigkeiten und Fertigkeiten,<br />
die Voraussetzung für Lernen, lebenspraktische Fähigkeiten, Spielen und Arbeiten sind.<br />
67
Handbuch Berufsbildungsbereich - 68 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 68<br />
9.4.6 Infoblatt Morgenkreis<br />
Morgenkreis<br />
Ablauf:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Treffen in einem Raum<br />
Alle sitzen um einen Tisch oder frei im Raum<br />
In der Mitte des Kreises ist ein Fixpunkt (z. B. eine Kerze)<br />
Bis alle eingetroffen sind und ihre Plätze gefunden<br />
haben, läuft leise Musik<br />
Eine Fachkraft singt ein Lied oder spricht einen Morgenspruch<br />
Persönliche namentliche Begrüßung der Teilnehmer.<br />
Jeder wird angesprochen und berührt, evtl. gestreichelt<br />
oder Hand geschüttelt<br />
Alle Teilnehmer begrüßen sich untereinander nach<br />
ihren Möglichkeiten<br />
Aktiver Teil, z. B. Musik mit Rhythmikinstrumenten<br />
Dann Einstieg in Thema, d. h. in eine Konzentrationsphase<br />
Phase mit Bewegungselementen, z. B. Fingerspiel,<br />
Spiel einer Geschichte<br />
Verabschiedung jedes Teilnehmers<br />
Mögliche Inhalte:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Jahreszeitliche Lieder, bei denen die Teilnehmer<br />
einfache Rhythmikinstrumente benutzen<br />
Vorlesen einer Geschichte<br />
Bilderbuchbetrachtung mit Erzählungen<br />
Bildbetrachtungen mit Erzählungen<br />
Farben-, Formen-, Gegenstände- Erkennungsspiel<br />
Methode:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Wechsel von aktiven und ruhigen Teilen, die Konzentration<br />
erfordern (Wechsel zwischen Aktivität und Konzentration).<br />
Regelmäßigkeit des Morgenkreises.<br />
Zum gleichen Zeitpunkt als Fixpunkt im Tages- und<br />
Wochenablauf.<br />
In jedem Morgenkreis vorhanden: Begrüßung, Musik,<br />
Rhythmischer Teil, Konzentration, Bewegung.<br />
Bei Änderungen immer nur 1 Element im festgefügten<br />
Ablauf modifizieren<br />
68
Handbuch Berufsbildungsbereich - 69 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 69<br />
9.5 Aufnahmekriterien für den FBB der Stiftung Haus Lindenhof<br />
Förder- und Betreuungsbereich<br />
Luise von Marillac<br />
Personenkreis – Aufnahmekriterien<br />
Eingangsstufe:<br />
Die Aufnahme in die Eingangsstufe soll bei folgendem Entwicklungsstand erfolgen:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Auge-Hand-Koordination ist erkennbar oder vorhandene<br />
Ansätze sind entwicklungsfähig<br />
Auf Wahrnehmungen reagiert die Person mit einer<br />
einfachen Handlung<br />
Die Eigenaktivität bezieht sich auf den eigenen Körper<br />
bzw. auf die individuellen Bedürfnisse<br />
Lernen und Tätigsein geschieht überwiegend in 1:1 Situationen<br />
Aufbaustufe:<br />
Die Aufnahme in die Aufbaustufe soll bei folgendem Entwicklungsstand erfolgen:<br />
Auge-Hand-Koordination wird beherrscht/<br />
Auge-Hand-Koordination ist lediglich beeinträchtigt<br />
durch eine Körperbehinderung<br />
Der Besucher mit geistiger Behinderung kann zwei<br />
oder mehrere aufeinander folgende Handlungsschritte<br />
selbständig ausführen.<br />
Aufgaben erfüllen, die über die eigenen Bedürfnis-<br />
befriedigung hinausgehen.<br />
Förderung/Beschäftigung in Kleingruppen ist möglich<br />
Arbeitsgruppe im Förderbereich:<br />
In der Arbeitsgruppe im Förderbereich (AiF) finden Menschen mit einer geistigen Behinderung mit<br />
besonderem Verhalten Aufnahme.<br />
69
Handbuch Berufsbildungsbereich - 70 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 70<br />
9.6 Exemplarische Materialien<br />
Die folgenden Materialien stellen wir Ihnen auszugsweise vor. Wir bedanken uns bei der Lebenshilfe<br />
Detmold und der kreuznacher diakonie Bad Kreuznach für die uns zur Verfügung gestellten Materialien.<br />
Für die Arbeit am Modellstandort haben sie sich bisher bewährt. Sie geben Anregungen und haben Diskussionen<br />
angestoßen, die es ohne sie nicht gegeben hätte.<br />
Diese Materialien können wir ausdrücklich empfehlen! Ihre <strong>aktionbildung</strong><br />
9.6.1 Lernen in kleinsten Schritten<br />
Am Modellstandort Schwäbisch Gmünd testet <strong>aktionbildung</strong> den Einsatz eines Handbuches zur beruflichen<br />
Bildung für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen.<br />
Nachfolgend wird ein Konzept beschrieben, in dem Arbeitsabläufe in kleinstmögliche Schritte zergliedert<br />
werden, so dass Menschen mit einer schwersten und mehrfachen Behinderung diese Arbeitsschritte<br />
nachvollziehen und erlernen bzw. Arbeitstechniken einüben können. Auf diese Weise sind 156 Arbeitsschritte<br />
zum Bau einer Marionette entstanden, die für den Mensch mit schwerster Behinderung eine<br />
Fülle von Lernmöglichkeiten bietet.<br />
<strong>aktionbildung</strong> arbeitet am Standort Schwäbisch Gmünd mit diesem Handbuch und möchte im folgenden<br />
auszugsweise einzelne Arbeitsschritte daraus präsentieren.<br />
Im Inhaltsverzeichnis kann man sehen, dass das gesamte Handbuch 7 Kapitel umfasst, von denen wir<br />
beispielhaft Arbeitsschritte aus dem ersten Kapitel zum Thema „Herstellen des Kopfes“ darstellen.<br />
Damit soll Ihnen ein Einblich in dieses Handbuch zur beruflichen Bildung gegeben werden.<br />
Die Autorin des Handbuches, Frau Sieglind Humrich, beschreibt in ihrem Vorwort zum Handbuch die<br />
Fülle von Qualifikationsmöglichkeiten durch die Arbeitsschritte zur Herstellung der Marionette:<br />
„Vorwort der Autorin<br />
Aus der Praxis, der Arbeit mit einer Fachkraft,<br />
entstand die Idee dieses Arbeitsbuches für die Praxis.<br />
Schon in der Vorbereitungsphase stellten wir fest:<br />
Die Fertigung der Marionette beinhaltet vieles, was im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte<br />
Menschen an Fähigkeiten und Fertigkeiten in den unterschiedlichsten Produktionsabläufen abgefragt<br />
wird.<br />
� Es besteht die Möglichkeit zur Einzel- und Teamarbeit.<br />
� Eine größtmögliche Gruppe von Menschen mit Behinderungen<br />
und unterschiedlichsten Lernmöglichkeiten kann teilhaben.<br />
� Die Marionette kann dem jeweiligen Hersteller als<br />
„Gesellenstück“ dienen.<br />
�<br />
Aus der Praxis, in mehreren Workshops mit neun weiteren Fachkräften, wurden Zielsetzungen, die<br />
inhaltliche und formale Ausgestaltung dieses Arbeitsbuches, mit viel Phantasie und Fachwissen erarbeitet<br />
für die Praxis.<br />
Zielsetzungen, die beim Bau dieses Werkstücks erreicht werden könnten:<br />
(Die Symbole in den Klammern verweisen auf das Blatt „Zeichenerklärung“<br />
und den Bild/Textteil:)<br />
70
Handbuch Berufsbildungsbereich - 71 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 71<br />
allgemein:<br />
� mit Hilfe der Marionette soll Freude am Tun vermittelt werden -<br />
bei Menschen mit unterschiedlichsten Lernmöglichkeiten und bei<br />
Fachkräften zur Arbeits- und Berufsförderung<br />
� Fertigkeiten und Fähigkeiten, die innerhalb der Rahmenpläne<br />
der verschiedenen Werkstattbereiche aufgeführt sind, sollen eingeübt<br />
werden (vgl. auszufüllendes Individualblatt)<br />
� Menschen mit Behinderungen sollen gerade mit ihren unterschiedlichsten<br />
Lernmöglichkeiten am Projekt teilhaben, d.h. das<br />
gesamte Projekt soll jeweils als Teamarbeit durchgeführt werden.<br />
(vgl. Kennzeichnung für unterschiedliche Schwierigkeitsgrade<br />
im Textteil * —***** )<br />
� Mit diesem Produkt sollen allgemeine Arbeitsfähigkeiten nach<br />
den jeweiligen Lernmöglichkeiten des Menschen mit Behinderung<br />
entwickelt werden. (vgl. Individualblatt)<br />
� Es soll viel Raum für individuelle Gestaltungsmöglichkeiten<br />
gegeben werden (vgl. individuelle Hilfsmittel, Möglichkeiten der<br />
vertiefenden Arbeiten, Phantasie und Kreativität, Letzteres besonders<br />
in den Kapiteln 1, 2 und 4)<br />
� Es sollen viele Arbeitsschritte auch wiederholenden Charakter<br />
haben, um Sicherheit und Vertrauen zum eigenen Tun zu vermitteln<br />
(vgl. Bezeichnung : wiederholendes Arbeiten)<br />
� Da es ein langwieriges Projekt ist, sollen bewusst kleine Einheiten<br />
erkennbar sein, um immer wieder Erfolgserlebnisse zu vermitteln<br />
und neue Motivation zu ermöglichen (vgl.<br />
Abschnittszeichen in Text- und Bildteil: )<br />
konkret: z.B.:<br />
� Förderung der Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit<br />
� Förderung der Ausdauer<br />
� Erfassen verschiedener Formen und Kontraste<br />
� Einübung gezielter Kraftdosierung<br />
� Entwicklung und Förderung besserer Auge- und<br />
Handkoordination<br />
� Erhalt und Förderung von feinmotorischen Fertigkeiten<br />
und Fähigkeiten<br />
� Unterschiedliche Materialien be- und verarbeiten — Papier<br />
reißen, knüllen, mit Kleister kleben, eigene Formen erstellen<br />
� Handhabung einfachster Werkzeuge bis hin zur Bedienung von<br />
Säge-, Bohr- und Nähmaschine<br />
� Arbeitsplanung/Umstellung und Anpassung auf die<br />
verschiedenen Arbeitsabläufe<br />
� Verantwortung für das eigene Projekt<br />
� Trainieren von genauem und sorgfältigem Arbeiten<br />
� Toleranz ertragen gegenüber dem eigenen Gelingen<br />
� Selbsteinschätzung, Eigen- und Fremdwahrnehmung<br />
weiterentwickeln<br />
� Kreatives Anwenden von Grund- und Figurinformationen<br />
� Förderung hin zur künstlerischen Eigenproduktion<br />
71
Handbuch Berufsbildungsbereich - 72 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 72<br />
Zur Handhabung des Arbeitsbuches:<br />
Alle Seiten des Arbeitsbuches wurden in Prospekthüllen eingelegt, einerseits zum Schutz während der<br />
Arbeit - z.B. mit Kleister- andererseits zum variablen Handhaben:<br />
� Zu bearbeitende Kapitel können insgesamt herausgenommen<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
werden mit Hilfe des Heftstreifens.<br />
Einzelblätter können an den Menschen mit Behinderung ausgegeben<br />
werden - evtl. nach Bedarf bei einer größeren Gruppe auch<br />
kopiert werden<br />
Jede Textseite kann herausgenommen und nach den individuellen<br />
Bedürfnissen verändert und ergänzt werden, z.B. bezüglich<br />
Hilfsmittel, Erklärungen usw.<br />
Die Bildseiten sind mit Symbolen versehen, die am Anfang jeden<br />
Kapitels erläutert werden und in den Seitennummerierungen der<br />
Textseiten ihre Entsprechung finden. Das ermöglicht ein jederzeit<br />
problemloses Auffinden der jeweiligen Arbeitsschritte, aber<br />
auch ein müheloses Einordnen der evtl. ausgegebenen Blätter.<br />
Aus diesem Grund ist die aufwendige Form der „Leerseiten“ nötig.<br />
Die Seiten bis zum 1. Kapitel enthalten vorbereitende Überlegungen, die hauptsächlich für die Fachkräfte<br />
gedacht sind (Menschen mit Behinderungen und größeren Lernmöglichkeiten können durchaus<br />
einbezogen werden).<br />
Die Rubrik Begründungen einzelner Arbeitsschritte erschien bei der Vorbereitungsphase besonders<br />
wichtig, um den Menschen mit Behinderung sowie der Fachkraft gerade diesen Schritt - in dieser Form<br />
oder auch zu diesem Zeitpunkt - zu erläutern. Dies soll Transparenz bei der gesamten Arbeit und gleichzeitig<br />
Motivation bewirken.<br />
Auf die Seiten im Anhang wird im Text verwiesen.<br />
Transfer:<br />
Wunsch ist, dass dieses Arbeitsbuch vielleicht auch als Anregung und eine Art Nachschlagewerk für<br />
kurzfristige weiterführende Arbeiten genutzt werden kann.<br />
Beispiele:<br />
� die Methode der Kleisterherstellung (absichtlich nicht mit<br />
Pappmachébrei, damit möglichst viele Menschen mit Behinderungen<br />
daran teilnehmen können) für .......<br />
� ähnlich: die Herstellung des Kopfes- Herstellung von Bällen,<br />
Rasseln, Lampenschirmen mit Luftballoninnenteil....<br />
� das Herstellen der Kleidung brauchte sich nicht nur auf die Marionette<br />
zu beziehen, Puppenkleidung etc. könnte folgen<br />
� das Herstellen des Spielkreuzes könnte Modell stehen für die<br />
Herstellung von kleinen Holzflugzeugen oder für das Chassis eines<br />
Holzautos<br />
� Ebenso könnten viele erlernte Fertigkeiten (z.B. während der<br />
jeweiligen Trockenzeiten) vertieft oder vorzeitig eingeübt werden:<br />
� kopieren am Kopierer (z.B. für die Verwaltung...)<br />
� gerades Schneiden von Stoff (z.B. um ein Nadelkissen zu fertigen)<br />
� gerade Nähte mit der Hand/mit der Nähmaschine nähen (Nadelkissen)<br />
� messen mit dem Holzgliedermaßstab (Körpergröße aller Mitarbeiter,...)<br />
Nicht nur an dieser Stelle wären sicherlich noch viele Ideen von Fachkräften und Menschen mit Behinderungen<br />
einzufügen...,<br />
Dank an alle, die mitgearbeitet haben.<br />
Sieglind Humrich<br />
72
Handbuch Berufsbildungsbereich - 73 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 73<br />
Aus dem Inhaltsverzeichnis:<br />
1.Ordner<br />
Vorwort<br />
Vorwort des Herausgebers<br />
Vorwort der Autorin<br />
Team Bild vom Team<br />
Vorspann Symbolkreis, Einkaufszettel, Maschinen, Hilfsmittel, Individualblatt, Zeichenerklärung<br />
Kapitel Themen:<br />
1.0<br />
2.0<br />
2.Ordner<br />
3.0<br />
4.0<br />
5.0<br />
6.0<br />
1.1. Rohform des Kopfes<br />
1.2. Kleister anrühren<br />
1.3. Grobmodellieren des Kopfes<br />
1.4. Feinmodellieren des Kopfes<br />
1.5. Kopf bemalen<br />
1.6. Fertigstellen des Kopfes<br />
2.1. Rohform der Hände<br />
2.2. Rohform der Füße<br />
2.3. Feinmodellierung von Händen und Füßen<br />
2.4. Bemalen von Händen und Füßen<br />
3.1. Körperstoffteil nähen<br />
3.2. Ausstopfen des Körpers<br />
3.3. Befestigen der Schraubösen<br />
3.4. Herstellen der Arme<br />
4.1. Übertragen der/des ausgewählten<br />
Schnittmusters auf den Stoff<br />
4.2. Nähen des Kleides<br />
4.3. Nähen der Hose<br />
4.4. Nähen der Bluse<br />
5.1. Anziehen der Kleidung<br />
5.2. Verbinden von Armen mit Händen und Knien mit Füßen<br />
5.3. Angleichen der Kleidung<br />
6.1. Sägen unterschiedlicher Holzleisten<br />
6.2. Herstellen der Schablonen<br />
6.3. Bohren nach Schablonen<br />
6.4. Montage der Holzleisten<br />
73
Handbuch Berufsbildungsbereich - 74 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 74<br />
3.Ordner<br />
7.0<br />
7.1. Vorbereiten der Haltekonstruktion und<br />
Ablängen der Perlonfäden<br />
7.2. Aufhängen der Figur an den Schulterösen<br />
7.3. Aufhängen des Kopfes<br />
7.4. Aufhängen der Hände<br />
7.5. Aufhängen der Kniegelenke<br />
7.6. Aufhängen am Gesäß<br />
7.7. Aufhängen der Gesamtfigur<br />
Anlagen Kleister anrühren, Handschablone, Fußschablone, Bohrschablonen für das Spielkreuz, Bauplan für das Spielkreuz<br />
Schnittmuster Schnittmuster<br />
74
Handbuch Berufsbildungsbereich - 75 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 75<br />
2.0. Herstellen<br />
von Händen und Füßen<br />
3.0. Herstellen<br />
des Körpers<br />
1.0. Herstellen<br />
des Kopfes<br />
7.0. Aufhängung<br />
der Figur ans Spielkreuz<br />
4.0. Herstellen der Kleidung und<br />
Anziehen des Körpers<br />
6.0. Herstellen<br />
des Spielkreuzes<br />
5.0. Verbindung von Händen<br />
und Füßen mit dem Körper<br />
75
Handbuch Berufsbildungsbereich - 76 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 76<br />
Einkaufszettel<br />
Materialien(bevorzugt und erfahrungsbezogen)<br />
Bezugsnachweis: Kapitel:<br />
für die gesamte Marionette (-pro Figur)<br />
Tesafilm<br />
Kopf 1 .<br />
1 Päckchen Tapetenkleister (normal)<br />
1 Rolle Toilettenpapier<br />
Modellierhölzer (evtl. auch Nagelputzer)<br />
Bastelbedarf<br />
je 1 Töpfchen Grundfarben (Plaka), Hautfarbe (Plaka)<br />
und Klarlack (Plaka)<br />
Kontaktkleber (Zweikomponentenkleber)<br />
Perückenstoff ( gebraucht werden: ca. 10x20cm)<br />
- oder rohe Schafwolle<br />
Holzleim ( gebraucht wird ca. 1 Eßlöffel)<br />
1 Blatt Blaupapier<br />
Hand/ Fuß 2.<br />
Sperrholz:5mm dick, 200x250mm<br />
Schmirgelpapier: 100er Körnung<br />
1 Packung Füllwatte (evtl. auch Autopolierwatte )<br />
Autobedarf<br />
Körper 3.<br />
Vierkantholz: 15mmx15mm, 12mm (Schulter)<br />
5 Schraubösen: 12x4mm<br />
Bleiband: 40cm (leichter zu handhaben mit länglichen<br />
Gardinenbedarf<br />
Bleistücken)<br />
kleingemusterte Stoffe (Reste ca 500mmx400mm)<br />
Kurzwaren Kleidung 4.<br />
entsprechendes Nähgarn<br />
Schneiderkreide<br />
2 Ringschrauben 12x4mm Montage 5.<br />
Vierkantholz 15mm x15mm ; 1m<br />
Spielkreuz 6.<br />
2 Senkkopfschrauben: ∅ 4x 25mm<br />
Schmirgelpapier: 100er Körnung<br />
1 Klebestift<br />
dickes Hutgummi ∅3mm, 250mm lang<br />
Kurzwaren<br />
Perlonfaden (Anglerschnur) ∅ o,5 mm, 10m lang<br />
Bastelbedarf Aufhängung 7.<br />
2 Stecknadeln mit Kopf oder 2 Bildernägel<br />
76
Vorschlag für ein mögliches Individualblatt:<br />
Handbuch Berufsbildungsbereich - 77 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 77<br />
Name:<br />
vgl Rahmenplan<br />
Vertiefende<br />
Maßnahmen:<br />
konnte<br />
selbstständig<br />
erarbeiten.<br />
konnte mit<br />
Hilfe<br />
konnte<br />
mitwirken:<br />
erarbeiten:<br />
Fertigkeit - Fähigkeit<br />
Zeitung reissen<br />
Zeitung knüllen<br />
Tesa ablängen<br />
Kleister anrühren<br />
Feinmodellieren mit Toilettenpapier<br />
Plastisches Formen mit den Händen<br />
Farbauftrag mit dem Pinsel<br />
paßgenaues Kleben<br />
schrauben mit dem Schraubendreher<br />
sägen mit der Handsäge<br />
sägen mit der Decoupersäge<br />
bohren mit dem Handbohrer<br />
bohren mit der Maschine<br />
messen mit dem Holzgliedermaßstab<br />
messen mit dem Meßband<br />
Schnittmuster auf Pappe übertragen<br />
Schnüre verknoten<br />
nähen mit der Nadel<br />
gerade Nähte<br />
Bögen<br />
nähen mit der Maschine<br />
gerade Nähte<br />
Bögen<br />
Stoffe schneiden<br />
Pappe schneiden<br />
77
Handbuch Berufsbildungsbereich - 78 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 78<br />
Zeichenerklärung:<br />
Tipp für besondere Vorgehensweise<br />
� vergleiche: ...... Arbeitsschritt<br />
� Achtung: ...... kann passieren<br />
� Mitarbeiter ist besonders gefragt<br />
*-***** schwierig – schwieriger - am<br />
schwierigsten<br />
� geschafft: das..... ist fertiggestellt<br />
78
1a<br />
Handbuch Berufsbildungsbereich - 79 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 79<br />
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��� ������������������<br />
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���� ��������������������������<br />
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79
Handbuch Berufsbildungsbereich - 80 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 80<br />
Herstellen des Kopfes<br />
Arbeitsschritte 1.1. - 1.6.<br />
Material:<br />
Werkzeuge<br />
individuelle Hilfsmittel<br />
Tesafilm<br />
Schere<br />
leere Wasserflasche<br />
Rührholz ,Löffel, Tasse<br />
Papphülse (Toilettenpapierrolle) Modellierhölzer in entsprechenden Größen<br />
großes Glas mit Schraubdeckel (alternativ. Nagelputzerset)<br />
flache Schale mit Wasser<br />
Pinsel ,dünnere und dickere<br />
5l Eimer<br />
Cutter<br />
Tapetenkleister Holzbrettchen<br />
Tageszeitungen<br />
Schraubzwinge<br />
1 Rolle Toilettenpapier<br />
Feinsäge<br />
Zweikomponentenkleber<br />
(Laubsäge oder Bügelsäge)<br />
Perückenstoff<br />
evtl Spiegel für<br />
( oder: rohe Schafwolle)<br />
Selbstwahrnehmung<br />
Plakafarben<br />
evtl Schwamm oder<br />
(Grundfarben und Hautfarbe)<br />
Schaumstoffstück zum<br />
Plaka-Klarlack<br />
Farbauftrag<br />
Sektkorken (aus Kork!)<br />
evtl Handschuhe zum<br />
Holzleim<br />
Auftragen des<br />
Zweikomponentenklebers<br />
1b<br />
1.0.<br />
80
2a<br />
Handbuch Berufsbildungsbereich - 81 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 81<br />
81
Handbuch Berufsbildungsbereich - 82 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 82<br />
Rohform des Kopfes<br />
Arbeitsschritte 1.1.1. - 1.1.5.<br />
individuelle Hilfsmittel<br />
Werkzeuge<br />
Material:<br />
Schere<br />
Tesafilm<br />
leere Wasserflasche<br />
Papphülse<br />
(Toilettenpapierrolle = Hals)<br />
Tageszeitungen<br />
1.1. 2b<br />
82
3a<br />
Handbuch Berufsbildungsbereich - 83 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 83<br />
83
earbeitet wird: Rohform vom Hals<br />
Handbuch Berufsbildungsbereich - 84 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 84<br />
Begründungen<br />
einzelner Arbeitsschritte<br />
Erlernen und Erhalten<br />
von Fähigkeiten<br />
Vermittlung von<br />
Kenntnissen/Fertigkeiten<br />
Arbeits<br />
schritte :<br />
1cm vor dem Rand=<br />
Halt für die Formung<br />
zum Kegel<br />
schneiden von Pappe mit<br />
der Schere<br />
(feinmotorisch*)<br />
Papphülse bis ca 1cm vor<br />
dem Rand aufschneiden,<br />
sodass ihr unterer Ring<br />
erhalten bleibt<br />
1.<br />
Formung zum Kegel=<br />
Diese Halsform findet<br />
Halt auf der<br />
Flaschenform<br />
schließen der Hand zur<br />
Faust mit dosierter Kraft<br />
beidhändiger<br />
Pinzettengriff<br />
( feinmotorisch **)<br />
die Papphülse zum Kegel<br />
formen und<br />
mit Tesa fixieren<br />
2.<br />
1.1. 3b<br />
84
4a<br />
Handbuch Berufsbildungsbereich - 85 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 85<br />
85
earbeitet wird: Rohform vom Kopf<br />
Handbuch Berufsbildungsbereich - 86 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 86<br />
Begründungen<br />
einzelner Arbeitsschritte<br />
Erlernen und Erhalten von<br />
Fähigkeiten<br />
Vermittlung von<br />
Kenntnissen/Fertigkeiten<br />
Arbeits<br />
schritte :<br />
Knüllen von Zeitungen=<br />
einfachste und<br />
schnellste Methode das<br />
Grundgerüst des Kopfes<br />
herzustellen<br />
knüllen mit gebeugten Fingern<br />
(grobmotorisch)<br />
pressen der groben Kugel mit<br />
den Handflächen<br />
zwei große<br />
Zeitungsdoppelseiten zu<br />
einem festen Ball<br />
zusammenknüllen<br />
3.<br />
Ball mit Tesa am Kegel<br />
befestigen=<br />
Kopfrohform und Hals<br />
miteinander verbinden<br />
ein Element an das andere<br />
fixieren<br />
a) nach Möglichkeit<br />
beidhändiger Pinzettengriff<br />
(feinmotorisch**)<br />
sonst b)einhändiger<br />
Pinzettengriff und greifen mit<br />
der ganzen Haltehand<br />
den Ball auf der Spitze<br />
des Kegels mit Tesa<br />
befestigen<br />
4.<br />
1.1. 4b<br />
86
5a<br />
Handbuch Berufsbildungsbereich - 87 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 87<br />
�<br />
87
earbeitet wird: Rohform von Kopf und Hals<br />
Handbuch Berufsbildungsbereich - 88 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 88<br />
Begründungen<br />
einzelner Arbeitsschritte<br />
Erlernen und Erhalten<br />
von Fähigkeiten<br />
Vermittlung von<br />
Kenntnissen/Fertigkeiten<br />
Arbeits<br />
schritte :<br />
diese Verbindung<br />
erleichtert:<br />
-Standfestigkeit<br />
-Trocknung<br />
-weitere Bearbeitung<br />
loses Verbinden von zwei<br />
Elementen<br />
(grobmotorisch**)<br />
Die entstandene Form<br />
mit der Öffnung des<br />
Kegels auf den<br />
Flaschenhals setzen und<br />
5.<br />
ein Element an das<br />
andere fixieren<br />
(feinmotorisch**)<br />
beides mit Tesafilm<br />
verbinden<br />
�<br />
1.1. 5b<br />
88
6a<br />
Handbuch Berufsbildungsbereich - 89 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 89<br />
89
Handbuch Berufsbildungsbereich - 90 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 90<br />
Herstellen des Kleisters<br />
Arbeitsschritte 1.2.1. - 1.2.2.<br />
individuelle Hilfsmittel<br />
Werkzeuge<br />
Material:<br />
siehe unter Anlage.<br />
Löffel<br />
Tasse<br />
Rührholz<br />
Kleister<br />
Schraubverschlußglas<br />
(mindestens 1l Inhalt)<br />
5l Eimer halb gefüllt mit<br />
Wasser<br />
flache Schale<br />
1.2. 6b<br />
90
7a<br />
Handbuch Berufsbildungsbereich - 91 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 91<br />
91
hergestellt wird: Kleistermasse<br />
Handbuch Berufsbildungsbereich - 92 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 92<br />
Begründungen<br />
einzelner<br />
Arbeitsschritte<br />
Erlernen und Erhalten von<br />
Fähigkeiten<br />
Vermittlung von<br />
Kenntnissen/Fertigkeiten<br />
Arbeits<br />
schritte :<br />
Hilfe des Mitarbeiters.<br />
Je nach Hersteller<br />
unterschiedliche<br />
Kleister-Wasser<br />
Verhältnisse<br />
mit Hilfe des Mitarbeiters:<br />
Wassermenge (im Schraubglas) und Kleistermenge nach den<br />
Angaben des Kleisterherstellers abmessen<br />
�<br />
(Mengenverbrauch pro Figur ca 1/2l fertiger Kleister)<br />
Abmessen des Wassers mit Hilfe der Tasse<br />
in ein Schraubglas=<br />
gut verschließbar für<br />
Aufbewahrung von evtl<br />
überflüssiger<br />
Kleistermenge<br />
Kleisterpackung umfassen.<br />
Handgelenk minimal nach<br />
unten drehen<br />
(feinmotorisch/ linke Hand**)<br />
Rührholz umfassen mit<br />
Gesamtarmbewegung<br />
(grobmotorisch**)<br />
den Kleister in das Glas<br />
einrieseln lassen<br />
und gleichzeitig mit dem<br />
Rührholz umrühren<br />
1.<br />
im weiteren Verlauf dickliche<br />
Masse erspüren<br />
(feinmotorisch**)<br />
bis die Flüssigkeit<br />
anfängt, dicklich zu<br />
werden.<br />
1.2. 7b<br />
92
8a<br />
Handbuch Berufsbildungsbereich - 93 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 93<br />
�<br />
93
hergestellt wird: Kleistermasse<br />
Handbuch Berufsbildungsbereich - 94 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 94<br />
Begründungen<br />
einzelner<br />
Arbeitsschritte<br />
Erlernen und Erhalten von<br />
Fähigkeiten<br />
Vermittlung von<br />
Kenntnissen/Fertigkeiten<br />
Arbeits<br />
schritte :<br />
Umgreifen des Glases<br />
(grobmotorisch*)<br />
Kleister<br />
flache Schale=<br />
einfacheres Einleimen<br />
der Zeitungsstreifen<br />
2.<br />
Glas nach unten langsam in<br />
Richtung Schale schwenken<br />
(feinmotorisch*)<br />
in eine flache Schale<br />
ausfüllen<br />
�<br />
1.2. 8b<br />
94
9a<br />
Handbuch Berufsbildungsbereich - 95 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 95<br />
95
Handbuch Berufsbildungsbereich - 96 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 96<br />
9.6.2 PAC-IT<br />
Auszug aus PAC-Manual<br />
Das<br />
P-A-C IT<br />
Programm<br />
Version: V.2.074 / 2002<br />
Entwickelt von Thomas Hanna und Andreas Hibbeler<br />
Lebenshilfe für Behinderte<br />
Kreisvereinigung Detmold e.V.<br />
96
Handbuch Berufsbildungsbereich - 97 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 97<br />
Vorwort<br />
Mit Erscheinen dieses Programms, dessen Konzeption nun schon 2 Jahre zurückliegt, haben wir<br />
einen ersten Schritt getan, die vorliegenden Items des P-A-C Systems redaktionell zu überarbeiten<br />
und zum Teil zu aktualisieren.<br />
Dies scheint notwendig, obwohl das P-A-C System durch seine Orientierung an der menschlichen<br />
Entwicklung in seinen Formularen viele grundsätzliche und damit zeitlose Items beinhaltet, sich<br />
jedoch bei der sprachlichen Formulierung der Texte und Items als Kind seiner Zeit erweist.<br />
Die deutschsprachige Version des P-A-C Systems und seiner Formulare entstand im Zeitraum<br />
von 1975 bis 1984 und war noch durch die ursprüngliche Orientierung am englischen Betreuungssystem<br />
für behinderte Menschen mit beeinflusst. Die Entwicklung der Betreuungs- und Förderinstitutionen<br />
in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben in den letzten Jahrzehnten<br />
jedoch ein Überdenken und eine teilweise neue Formulierung der Items und Texte notwendig<br />
gemacht.<br />
Der Grundgedanke des P-A-C Systems ist dabei weiterhin modern. Der Ansatz Menschen mit<br />
Behinderung eine Hilfe zur Selbstständigkeit und Alltagskompetenz zu vermitteln, dabei gleichzeitig<br />
eine Einschätzung und Dokumentation der Förderung und Entwicklung zu betreiben, sind<br />
als Ziele aktueller denn je. Die Verwendung der P-A-C Formulare ermöglicht eine Einschätzung<br />
(Assessment) der Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Erfassung und Darstellung des Hilfebedarfs<br />
des Klienten und hilft bei der Hilfeplanung, der Evaluation und Dokumentation dieses Prozesses.<br />
Für die Erstellung dieses Computerprogramms stand die Kompatibilität mit den verwendeten<br />
P-A-C Formularen im Vordergrund. Unser Ziel ist es, dem Anwender ein Werkzeug zu geben,<br />
das Ihm bei der täglichen Arbeit mit den P-A-C Formularen hilfreich zur Seite steht.<br />
Bei der Konzeption und der kritischen Bearbeitung der P-A-C Handbücher, Formulare und Items<br />
sind uns schon jetzt viele eigene Veränderungsideen gekommen, die durch zahlreiche Notizen aus<br />
dem Nachlass von Herrn Dr. W. Günzburg und den Anregungen vieler Anwender des P-A-C Systems<br />
weiter verfolgt und in eine Neu-Konzeption der P-A-C Handbücher, Leitfäden und Formulare<br />
münden werden. Dies ist eine Arbeit, die wir hoffentlich in den nächsten Jahren bewältigen<br />
können und wir hoffen, dass wir Ihnen in den nächsten Jahren ein gründlich überarbeitetes<br />
P-A-C System vorstellen werden.<br />
Die schon jetzt realisierten Veränderungen beziehen sich auf die Umbenennung und Neuformulierung<br />
von Sektoren, Unterabschnitten und der Neuformulierung von Items, - es wurden jedoch<br />
keine Items hinzugefügt oder gestrichen. Die ¼ Kreisabschnitte der Rosette werden als Sektoren<br />
betitelt, wobei 2 dieser Sektoren umbenannt wurden (Verständigungsvermögen in Kommunikation,<br />
Soziale Anpassung in Soziale Integration).<br />
Die Unterabschnitte erhielten zum Teil neue Überschriften und einige Items wurden textlich<br />
überarbeitet und zum Teil in ihrer Bedeutung erweitert. Die Bezeichnung „Behinderter“ wurde<br />
durch „Klient“ ausgetauscht, damit der Dienstleistungscharakter der Förderung und der Unterstützung<br />
deutlicher wird.<br />
Die Überarbeitung der P-A-C Formulare ist zur Zeit leider noch nicht abgeschlossen, sie werden<br />
aber in der nächsten Zeit an die Textänderungen (Sektoren, Unterabschnitte und Items) im Programm<br />
angepasst werden.<br />
Wir hoffen, dass wir Ihnen mit dem P-A-C Programm eine spürbare Arbeits- und Anwendungserleichterung<br />
verschaffen können. Das Programm sollte Ihnen bei der Auswertung, Analyse und<br />
Dokumentation eine Hilfestellung ermöglichen, die zur Qualitätssicherung ihrer Förderarbeit<br />
beitragen kann.<br />
Wir würden uns über Ihre Erfahrungen und Verbesserungsvorschläge freuen und möchten Sie<br />
ermutigen uns diese zahlreich entweder am Telefon oder besser schriftlich zukommen zu lassen,<br />
um diese mit in eine zukünftige Verbesserung und Weiterentwicklung des P-A-C Systems zu berücksichtigen.<br />
P-A-C Handbuch 2002 4<br />
P-A-C IT<br />
4<br />
97
Handbuch Berufsbildungsbereich - 98 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 98<br />
Lebenshilfe Detmold e.V.<br />
Abteilung EDV & Verlag<br />
Elisabethstrasse 83<br />
32756 Detmold<br />
Telefon: 05231 – 92 13 20<br />
Fax: 05231 – 92 13 70<br />
E-Mail: info@lebenshilfe-detmold.de<br />
E-Mail: a.hibbeler@lebenshilfe-detmold.de<br />
P-A-C Handbuch 2002 5<br />
P-A-C IT<br />
5<br />
98
Handbuch Berufsbildungsbereich - 99 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 99<br />
A. Das P-A-C System<br />
Das P-A-C System (Progressive Assessment Chart) ist von Dr. H.C. Günzburg aus der pädagogischen<br />
Praxis heraus entwickelt worden, um Hilfen in der Förderung von wichtigen Lebensfertigkeiten<br />
zu geben. Im Vordergrund stand dabei nicht nur die Förderung kognitiver und psychomotorischer<br />
Fähigkeiten und Fertigkeiten, sondern vielmehr die Steigerung der sozialen Kompetenz<br />
und der Integrationsfähigkeit von Menschen mit geistiger Behinderung. Er entwickelte dazu verschiedene<br />
Formulare, die ausgehend von der Normalentwicklung des Menschen, Items mit Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten für geistig behinderte Menschen enthalten, die es diesen ermöglichen<br />
sollen, selbstständiger und unabhängiger zu leben.<br />
Bei einer systematischen Förderung sind nach den Erfahrungen des Autors viele dieser Fertigkeiten<br />
erreichbar. Die Arbeit mit dem P-A-C System sollte dabei kein statisches „steriles Testen“<br />
sein, das lediglich dem Ziel der Dokumentation und der Berichterstattung dient. Die systematische<br />
Förderung sollte vielmehr kurz- und langfristiger Ziele dienen, die sich nicht nur auf den<br />
rein „technischen“ Erwerb von sozialen Fertigkeiten erstreckt, sondern auch der Entwicklung von<br />
Beziehungen zur Umwelt dient. Das systematische Einschätzen und Fördern sollte dem langfristigen<br />
Ziel der sozialen Integration des behinderten Menschen in eine Gemeinschaft dienen.<br />
Der systematische Erwerb von Lebensfertigkeiten wird Menschen mit Behinderung ein mehr an<br />
Handlungskontrolle ermöglichen und damit zu einem Gefühl von Sicherheit in der Interaktion mit<br />
seiner Umwelt schaffen.<br />
Die didaktische Wahl der geeigneten Lehr- und Lernformen, die Bestimmung des „richtigen“<br />
Zeitpunktes für die Vermittlung neuen Wissens, die Stärkung der Motivation usw. werden und<br />
können nicht durch das P-A-C System „vorgeschrieben“ werden, sondern müssen im Dialog mit<br />
dem behinderten Menschen und aus der Erfahrung des Assistenten oder Betreuers erfolgen.<br />
Anwendungsschritte und Ablaufdiagramm des P-A-C Systems<br />
Zum Einstieg in die Verwendung des P-A-C Systems möchten wir Ihnen einen Ablauf der Verfahrensschritte<br />
darstellen, wie sie aus unserer Sicht idealtypisch aufeinander folgen.<br />
Am Beginn der Arbeit mit dem P-A-C System steht die Auswahl des passenden Formulars zu<br />
einem Klienten. Die P-A-C Formulare eignen sich für unterschiedliche Altersgruppen, Kompetenzniveaus<br />
und Behinderungsgrade, genauere Informationen finden Sie im weiteren Text oder in<br />
den Handbüchern zu den jeweiligen Formularen.<br />
Nach der Auswahl des geeigneten Formulars sollte eine erste Einschätzung (Assessment) des Klienten<br />
erfolgen. Sie erhalten so einen „IST“ Stand der Lebensfertigkeiten ihres Klienten, der als<br />
Ausgangspunkt für die Einschätzung des Hilfebedarfs und der notwendigen Unterstützung, die<br />
der Klient benötigt, dienen sollte. Bei der weiteren Förder- und Hilfeplanung können Sie nun die<br />
Sektoren, die Unterabschnitte und die Items im P-A-C Formular lokalisieren und die Förderungsschwerpunkte<br />
und –angebote für Ihre weitere Förderarbeit festlegen.<br />
P-A-C Handbuch 2002 6<br />
P-A-C IT<br />
6<br />
99
Handbuch Berufsbildungsbereich - 100 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 100<br />
Für die eigentliche Förderung ist eine künstliche und sterile Atmosphäre im Sinne des Testens zu<br />
vermeiden, vielmehr sollten die P-A-C Items ein Bestandteil des Alltags und der Normalität des<br />
Klienten werden. Auch sollten die Ergebnisse der Einschätzung mit dem P-A-C Formular, da wo<br />
es möglich ist, mit dem Klienten thematisiert und beraten werden.<br />
Die Fördermethode, wie sie<br />
einzelne Items realisieren<br />
können, ist nicht durch das<br />
Auswahl<br />
des geeigneten<br />
P-A-C Formulars<br />
Einschätzung<br />
(Assessment)<br />
Definiton des<br />
Hilfebedarfs<br />
Förderung<br />
(monitoring)<br />
Evaluation<br />
Dokumentation<br />
Visualisierung (Rosette)<br />
Einschätzung über Kennzahlen<br />
(SCI, PEI, N/A, KG)<br />
Lokalisierung<br />
von Themenbereichen<br />
und Items<br />
durch das P-A-C Formular<br />
Protokollierung<br />
der Lernerfolge im<br />
P-A-C Formular<br />
(Prozessüberwachung)<br />
Darstellung des Lernverlaufs über die<br />
Software<br />
Darstellung der erworbenen Items,<br />
der Lernunregelmäßigkeiten, der<br />
erzielten Kennwerte<br />
Erstellung eines automatisierten<br />
Berichts über die Software<br />
(Rosettenchart)<br />
P-A-C System vorgegeben.<br />
Die Aneignung der durch<br />
die Items beschriebenen<br />
Fertigkeiten kann auf vielfältige<br />
Weise, an den Bedürfnissen<br />
und Möglichkeiten<br />
des Klienten orientiert,<br />
erreicht werden.<br />
Die Nutzungsdauer für ein<br />
P-A-C Formular sollte etwa<br />
ein halbes bis zu einem<br />
Jahr betragen.<br />
Eine ständige Lernkontrolle<br />
ist möglich und<br />
sollte in eine halb- bis einjährige<br />
Evaluation des Lernerfolgs-<br />
und Lernprozesses<br />
des Klienten führen.<br />
Die Evaluation besteht<br />
in der qualitativen und<br />
quantitativen Erfassung<br />
und Bewertung der bisherigen<br />
Lernleistung. Die<br />
Ergebnisse werden dann in<br />
eine neue Förderplanung<br />
münden, die neue Schwerpunkte<br />
und Lerngelegenheiten<br />
anbietet. Der Klient<br />
sollte nicht nur durch den<br />
Betreuer, Assistenten oder<br />
Pädagogen aufgefordert<br />
werden neue Fertigkeiten<br />
zu erlernen, sondern durch<br />
die Konfrontation mit all-<br />
täglichen Aufgaben und Verrichtungen zum Lernen angeregt werden. Das P-A-C System trägt<br />
hier dazu bei, die vielfältigen Anforderungen und Lernmöglichkeiten des Alltags zu erkennen und<br />
zu ermöglichen, die bisher aus unterschiedlichen Gründen vom Klienten ferngehalten wurden.<br />
Die zwischenzeitliche oder abschließende Dokumentation wird von der Software auf Wunsch<br />
erstellt und beinhaltet eine abschließende Zusammenfassung der erreichten Lernleistungen, der<br />
Vergleichswerte, des Förderverlaufs und der Förderempfehlung eines Klienten in Form eines<br />
Förderberichts. Dieser kann als Vorlage für eigene Berichte dienen oder durch Ihre Anmerkungen<br />
und Beispiele ergänzt, für Kostenträger für eine Berichtsform verwendet werden.<br />
P-A-C Handbuch 2002 7<br />
P-A-C IT<br />
7<br />
100
Handbuch Berufsbildungsbereich - 101 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 101<br />
Die P-A-C Formulare<br />
P=P-A-C<br />
P-A-C 1<br />
P-A-C 2<br />
M/P-A-C<br />
Das P-A-C System<br />
S/P=P-A-C<br />
S/P-A-C 1<br />
S/P-A-C 2<br />
LOCO<br />
Kurzbeschreibung der P-A-C Formulare<br />
Das P-A-C System verfügt über unterschiedliche<br />
Formulare, die sich grob in zwei Formularserien<br />
teilen lassen, die P-Serie (geistig behinderte Menschen<br />
vom Kleinkindalter bis zum Erwachsenenalter)<br />
und die S/P-Serie (spezielle Items für<br />
schwerstbehinderte Menschen).<br />
Die Formulare M/P=P-A-C beinhalten spezielle<br />
Items für Menschen mit Trisomie 21, die LOCO<br />
Form hat eine Sonderstellung, sie ist nicht für die<br />
Einschätzung persönlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />
konzipiert, sondern eine Checkliste der pädagogischen<br />
Eignung von Wohneinrichtungen und<br />
–heimen für Menschen mit geistiger Behinderung.<br />
Wir haben in das P-A-C IT Programm mit der<br />
Möglichkeit der Auswertung der Formularen der P<br />
und S/P – Serie, die wichtigsten und am häufigsten<br />
verwendeten Formulare für die Einschätzung und<br />
Förderung von geistig behinderten Menschen mit<br />
aufgenommen<br />
Die zuerst dargestellten drei Grundformen der P-A-C Formulare (P=P-A-C, P-A-C 1 und<br />
P-A-C 2) finden Sie in dem ersten Band „P-Serie“ des P-A-C Systems und in dem speziellen Begleitband<br />
zu dem entsprechendem P-A-C Formular.<br />
Die nachfolgenden, unter dem Punkt S/P-Serie vorgestellten Beschreibungen finden Sie im zweiten<br />
Handbuch „S/P-Serie“ des PAC, oder in dem speziellen Begleitband zu dem entsprechenden<br />
S/P-A-C Formular.<br />
P=P-A-C<br />
P-A-C 1<br />
P-A-C 2<br />
Die Formulare der P-Serie:<br />
• Das P=P-A-C Formular orientiert sich an der Normalentwicklung<br />
eines Kleinkindes (0 – 3 Jahren). Dieses<br />
Formular ist für die Beurteilung der Entwicklungsstufe<br />
von schwer geistig behinderten Kindern und auch für<br />
Jugendliche bis zum Alter von 13 oder 14 Jahren anwendbar.<br />
Es umfasst 130 Items. Die in das Formular<br />
aufgenommenen Items finden sich in zahlreichen bekannten<br />
Skalen zur Entwicklung des Kleinkindes, die<br />
das Verhalten des Kleinkindes knapp und genau beschreiben<br />
(Bühler, 1935; Gesell, 1954, Günzburg<br />
1977). Für schwerer geistig behinderte Kinder, Jugendliche<br />
und Erwachsene werden das<br />
S/P=P-A-C oder S/P-A-C 1 Formular in einzelnen Fällen<br />
auch das S/P-A-C 2 Formular verwendet, da diese<br />
P-A-C Handbuch 2002 8<br />
P-A-C IT<br />
8<br />
101
Handbuch Berufsbildungsbereich - 102 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 102<br />
Formulare über eine erheblich feinere Aufstellung der verschiedenen Entwicklungsphasen<br />
verfügen.<br />
• Das P-A-C 1 Formular enthält eine Auswahl derjenigen Fertigkeiten, die besonders wichtig<br />
sind für die Entwicklung des Kindes und dem Jugendlichen im Schulalter (6 – 16 Jahren).<br />
Dieses Formular umfasst 120 Items, die zum Teil aus Prüfinstrumenten von Termann-Merril<br />
(1960), Vineland (Doll, 1953), Oseretzky (Doll, 1946) entnommen wurden. Die Items können<br />
auch für erwachsene geistig behinderte Menschen verwendet werden, die in dieser „Entwicklungsstufe“<br />
sind, sie müssen dann jedoch auf eine Auswertung mit den speziellen Kennzahlen,<br />
wie PEI / SCI verzichten, die für diese Altersgruppen zurzeit noch nicht vorliegen.<br />
Das Formular enthält außerdem das „Persönlichkeitsbild“, welches zusätzliche Anhaltspunkte<br />
für Integrationsprobleme und Förderbereiche aufzeigen kann.<br />
• Das P-A-C 2 Formular ist für den erwachsenen, behinderten Menschen geschaffen worden<br />
und beschreibt Kombinationen von verschiedenen Fertigkeiten, die erfahrungsgemäß die<br />
soziale Integration in verschiedene Lebensbereiche erleichtert. Das P-A-C 2 Formular enthält<br />
120 Items, die im Gegensatz zu den vorangegangenen Verfahren nicht aus bestehenden<br />
Prüf- oder Forschungsergebnissen zusammengestellt wurden, da diese zum Zeitpunkt der<br />
Konstruktion nicht existierten. Die Items im P-A-C 2 sind vielmehr ein Bündel von Verhaltensweisen<br />
die aus den Anforderungen verschiedener Lebensfelder und der praktischen Erfahrung<br />
ermittelt und aufgenommen wurden. Das P-A-C 2 Formular beinhaltet ebenfalls das<br />
„Persönlichkeitsbild“, das es ermöglicht zusätzliche bestimmende Einflussfaktoren für den<br />
Förder- und Integrationsprozess zu berücksichtigen.<br />
Einsatz der P-A-C Formulare auch für „nicht behinderte“ Menschen<br />
Die P-Serie des P-A-C Systems ist das Fördersystem, das von Dr. Günzburg als erstes entwickelt<br />
und überprüft wurde. Sie orientiert sich weitgehend an der Normalentwicklung des Menschen,<br />
beginnt mit Items für das Kleinkindalter und entwickelt sich nahtlos fort bis in das Erwachsenenalter.<br />
Das P-A-C System bietet sich daher für eine ganze Serie von Förder-, Betreuungs- und Integrationsinstitutionen<br />
an. Wie Günzburg an verschiedenen Stellen seiner Texte betont, eignen sich<br />
einige Formulare des P-A-C Systems auch für die Förderung von nicht behinderten Menschen.<br />
Für Menschen mit oder ohne geistige Behinderung gelten die gleichen Lernziele und ein ähnliches<br />
Verhaltensrepertoire, lediglich die Zeitpunkte der Aneignung und der Integrationsvorbedingungen<br />
liegen zeitlich weit auseinander. Diese Überlegungen gingen in die Konstruktion des<br />
P=P-A-C und P-A-C 1 Formulars mit ein und ermöglichen eine an der „normalen“ Entwicklung<br />
orientierte Abfolge von Items.<br />
So erweitern sich die Lern- und Handlungsfelder innerhalb eines Formulars und zwischen den<br />
Formularen mit den Inhalten der Items. Schritt für Schritt werden die Anforderungen und Erfahrungsfelder<br />
mit den Items abgebildet.<br />
So können mit Hilfe des P=P-A-C auch nicht behinderte Kleinkinder oder Kinder systematisch<br />
gefördert und begleitet werden, allerdings erreichen diese die Items erheblich früher.<br />
Das P-A-C 2 Formular bietet eine zusätzliche Unterscheidung zwischen gering geistig behinderten<br />
Menschen, moderat geistig behinderten Menschen und Menschen mit einer deutlichen geistigen<br />
Behinderung. Die Unterscheidung ist für die Bewertung der Lernleistungen wichtig, da wie<br />
oben beschrieben eine geringer gradige geistige Behinderung auch zu einer schnelleren Aneig-<br />
P-A-C Handbuch 2002 9<br />
P-A-C IT<br />
9<br />
102
Handbuch Berufsbildungsbereich - 103 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 103<br />
nung von einzelnen Items und einem unterschiedlichen Lernverlauf führt. Diese Unterschiede<br />
werden bei der Analyse und Auswertung der Lernleistung über den SCI und PEI Wert (s. Kap.<br />
Analyse der Förderung) berücksichtigt<br />
Die Formulare der S/P-Serie:<br />
S/P=P-A-C<br />
S/P-A-C 1<br />
S/P-A-C 2<br />
A-C Leitfaden enthalten<br />
• Das S/P=P-A-C Formular enthält 181 Items, die als<br />
Entwicklungsschritte für schwerstbehinderte Menschen<br />
entwickelt worden sind. Dieses Formular orientiert<br />
sich am P=P-A-C, der die Normalentwicklung<br />
eines Kleinkindes abbildet und betont dabei das „untere<br />
Ende“ des<br />
P=P-A-C Formulars. Das Formular ermöglicht es den<br />
allgemeinen Entwicklungszustand von schwerstbehinderten<br />
Menschen aller Altersstufen zu vermerken.<br />
Das<br />
S/P=P-A-C Formular kann auch für die Beurteilung<br />
eines schwerstbehinderten Menschen, unabhängig<br />
vom Alter verwendet werden, ohne jemals von einem<br />
P-A-C Formular auf ein anderes „umsteigen“ zu müssen.<br />
• Dieses Formular ist gröber gegliedert als die<br />
S/P-A-C 1 und S/P-A-C 2 Formulare und daher auch<br />
weniger geeignet, einen weitreichenden Situationsbericht<br />
für Erziehungs- und Förderzwecke zu geben.<br />
Die Kriterien für das S/P=P-A-C sind in dem S/P=P-<br />
• Das S/P-A-C 1 Formular ist als Pendant zum P-A-C 1 Formular für schwerstbehinderte Menschen<br />
entwickelt worden und behandelt Fertigkeiten, die ein Kind unter normalen Umständen<br />
vom 1. bis zum 5. Lebensjahr erwirbt. Schwerbehinderte Menschen erwerben diese Fertigkeiten<br />
viel später und das Formular ist daher auch für Jugendliche und Erwachsene passend. Das<br />
S/P-A-C 1 Handbuch muss zum Ausfüllen des S/P-A-C 1 Formulars verwendet werden. Im<br />
Gegensatz zum S/P=P-A-C verfügt das S/P-A-C 1 Formular über 220 Items, die besonders<br />
für schwerstbehinderte Menschen notwendige und genauere Entwicklungsverläufe aufzeigen<br />
können.<br />
• Das S/P-A-C 2 Formular ist als Pendant zum P-A-C 2 Formular für schwerstbehinderte Menschen<br />
entwickelt worden. Die 180 Items schließen nahtlos an das S/P-A-C 1 Formular an und<br />
zielen auf die Gruppe der schwer behinderten Jugendlichen und Erwachsenen um ihnen einen<br />
größeren Grad von Selbstständigkeit und Autonomie zu ermöglichen.<br />
P-A-C Handbuch 2002 10<br />
P-A-C IT<br />
10<br />
103
Handbuch Berufsbildungsbereich - 104 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 104<br />
Auswahl und Einsatz des geeigneten P-A-C Formulars<br />
Das Auswählen des geeigneten P-A-C Formulars ist keine leichte Aufgabe, denn die Institution<br />
muss dazu die Zeitdauer, den organisatorischen Rahmen, die Zielrichtung der Förderung und das<br />
Fähigkeitsniveau der Klienten berücksichtigen.<br />
Fragen wie z.B.: Welcher Zeitraum steht mir für die Förderung zur Verfügung? Wie viel Zeit am<br />
Tag oder in der Woche habe ich für die Förderung und Begleitung eines Klienten? Welche weiteren<br />
Förderkonzepte möchte ich anwenden? Stimmen die Iteminhalte mit der Wohn-, Lebens- oder<br />
Arbeitswelt meines Klienten überein, hat er einen Nutzen von den Lerninhalten? Die Beantwortung<br />
dieser Fragen sollte neben der Entscheidung über den Einsatz des P-A-C Systems zu dem<br />
„vorläufig“ geeigneten Formular führen, das dann bei der Anwendung Rückschlüsse über die<br />
Passung oder die Verwendung eines Vorgänger- oder Nachfolgerformulars zuläßt.<br />
Die Förderung von schwerstbehinderten Menschen sollte wie beschrieben mit einem S/P Formular<br />
vorgenommen werden. Wenn Sie für die Förderung und Begleitung eines jugendlichen oder<br />
erwachsenen schwerstbehinderten Menschen einen größeren Förderzeitraum zur Verfügung haben,<br />
können Sie das kleinschrittige S/P-A-C 1 oder S/P-A-C 2 Formular verwenden. Ist eine<br />
kompaktere und dichtere Darstellung aus Zeit-, Personal- oder Konzeptionsgründen gewünscht<br />
sollte die Wahl eher auf das S/P=P-A-C Formular fallen.<br />
Die Auswahl des geeigneten Formulars aus der P-Serie des P-A-C ist wiederum vom Alter der<br />
Person und von deren Hilfe- und Förderbedarf abhängig.<br />
Das P=P-A-C und P-A-C 1 Formular wird eher für kleine Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene<br />
angewendet, für die erwachsenen geistig- oder lernbehinderten Menschen, die in Wohnheimen,<br />
Wohnbereichen, z.T. in Werkstätten arbeiten und leben, findet das P-A-C 2 Formular eher<br />
Anwendung. Insgesamt ist der Auswahlprozess von Ihrer Erfahrung, dem Klienten und dem Förderkontext<br />
abhängig und individuell auszuloten.<br />
Sie werden in den Formularen immer wieder Anforderungen entdecken, die bisher nicht von Ihnen<br />
an den Klienten gestellt wurden, wir möchten Sie bitten diese nach Möglichkeit mit in die<br />
Wohn- oder Lebenswelt ihres Klienten zu integrieren. Da wo dies wirklich nicht möglich oder<br />
gewünscht ist, sollten Sie eine K.G. (keine Gelegenheit) Notierung vornehmen. Beachten Sie bitte<br />
dabei, dass eine häufige K.G. Notierung mit in die Analyse eingeht und darauf hinweist, dass ein<br />
Klient bestimmte Anforderungen und Lernmöglichkeiten nicht vorfinden kann.<br />
Welche neuen Möglichkeiten bietet das P-A-C IT Computerprogramm?<br />
Die P-A-C Formularen sind als Papier / Stift Verfahren konzipiert worden und sollen auch so<br />
verwendet werden. Viele Anwender wünschen sich die direkte Eingabe der Beobachtungen, Einschätzungen<br />
und Förderung ihrer Klienten in das Computerprogramm, - dies ist möglich, - jedoch<br />
nicht zu empfehlen.<br />
Die pädagogische Förderung von Menschen mit Behinderung besteht aus einer Unzahl von kleinen<br />
Beobachtungen, Schlussfolgerungen und einzelnen Schritten, die einfacher und leichter auf<br />
einem P-A-C Formular notiert werden können und dann später zur Analyse, Dokumentation und<br />
Förderplanung in das Computerprogramm, z.B. im Rahmen einer Nachbereitung des Tages, der<br />
Woche, o.ä. eingegeben werden können.<br />
Die Eingabe der Ergebnisse aus den P-A-C Formularen in das Computerprogramm ist selbst für<br />
unerfahrene Anwender schnell zu bewältigen und wir haben hierfür eine neue übersichtlichere<br />
und einfachere Gestaltung und Markierungsmöglichkeit am Bildschirm für die Dateneingabe geschaffen.<br />
Das P-A-C Formular sollten Sie unter Beachtung des jeweiligen Handbuches als „vor<br />
Ort Dokumentation“ mit allen Notizen, Markierungen und Bemerkungen über einen Zeitraum<br />
von einem ½ bis einem Jahr weiter verwenden.<br />
P-A-C Handbuch 2002 11<br />
P-A-C IT<br />
11<br />
104
Handbuch Berufsbildungsbereich - 105 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 105<br />
Das Programm ermöglicht durch die Eingabe des ausgefüllten Formulars die Archivierung der<br />
Klientendaten. Sie haben damit jederzeit eine Möglichkeit gespeicherte Einschätzungen und Förderergebnisse<br />
aufzurufen und auszudrucken.<br />
Es ermöglicht Ihnen die Analyse der Förderleistung, des Förderverlaufs und erzeugt eine hochwertige<br />
Darstellung der Ergebnisse Ihrer Förderung in Form des Rosettencharts, eines Diagramms<br />
zum Förderverlauf und eines umfassenden Förderberichts.<br />
Im Zuge der gesetzlichen Änderungen in Deutschland (BSHG § 93, Neuschaffung des SGB IX)<br />
und der gestiegenen Anforderungen an Einrichtungen in der Eingliederungshilfe, ist die Dokumentation<br />
und Qualitätssicherung in vielen Einrichtungen zur Pflicht geworden. Das Dokumentations-<br />
und Berichtswesen sollte dabei sowohl der Verbesserung der Qualität, der Förderung und<br />
des Förderprozesses dienen, als auch den Anforderungen von externen Stellen, z.B. Kostenträger<br />
oder weiterführenden Einrichtung genügen. Hierfür ist eine genaue und aussagekräftige Dokumentation<br />
auf der Basis eines wissenschaftlichen Fördersystems, wie es das P-A-C System bietet,<br />
eine Möglichkeit diese Anforderungen umzusetzen.<br />
Die vielfältigen Auswertungsmöglichkeiten, die das Computerprogramm zur Verfügung stellt<br />
können sowohl die Förderbemühungen, wie auch die Fördererfolge sichtbar machen und auf die<br />
Notwendigkeit von z.B. weiteren Maßnahmen oder Hilfen für den Klienten hinweisen.<br />
Aber nicht nur formale Aspekte sind Argumente für das Computerprogramm, erstmalig haben Sie<br />
die Möglichkeit, Entwicklungsverläufe graphisch darzustellen, Entwicklungen am Sozialbild in<br />
Form einer Animation zu verfolgen, Kennzahlen (SCI, PEI, KG) zu erhalten und diese mit Farbindikatoren,<br />
als Hilfebedarf und besonderen Förderbedarf in ihre weitere pädagogische Förderung<br />
mit einfließen zu lassen. Durch eine Tabelle der Verbesserungen oder Verschlechterungen von<br />
einzelnen Items, die sich zwischen zwei Erhebungen ergeben haben, ist eine genaue Diskussion<br />
über die Quellen und die Bedeutung der Veränderung für den einzelnen behinderten Menschen<br />
im Team möglich.<br />
Das Berichtssystem, bei dem in der Vergangenheit turnusmäßige Berichte erstellt werden mussten<br />
und einen Teil der Arbeit jedes Pädagogen beinhalteten, wird nun vom Computer übernommen.<br />
Dieser Bericht ist als Entwurf zu verstehen, der auf den Verknüpfungen und Interpretationen<br />
des Programms beruht und nicht die eigene Interpretation und Wertung des Assistenten oder<br />
Betreuers ersetzten kann.<br />
Der Computer eröffnet Ihnen viele Möglichkeiten, die Dr. H.C. Günzburg nicht zur Verfügung<br />
standen, als er das P-A-C System entwarf und die erst heute, nach einer entsprechenden Verbreitung<br />
des Computers, in Institutionen, die mit geistig behinderten Menschen arbeiten, genutzt<br />
werden können.<br />
P-A-C Handbuch 2002 12<br />
P-A-C IT<br />
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Handbuch Berufsbildungsbereich Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002<br />
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