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Handbuch für den<br />

Berufsbildungsbereich<br />

Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd<br />

Kompetenzorientierte berufliche Förderung<br />

für Menschen mit schwersten und mehrfachen<br />

Behinderungen<br />

Revision 1.0, 23.09.2002<br />

Monika Matzner<br />

Dipl. Soz. Päd. (FH)<br />

für <strong>aktionbildung</strong><br />

Assistentin am Modellstandort Schwäbisch Gmünd<br />

Lindenhofstr. 127<br />

73529 Schwäbisch Gmünd<br />

Tel.: 07171 / 802-368<br />

Fax: 07171 / 802-363<br />

matzner@<strong>aktionbildung</strong>.de<br />

Stephan Hirsch, Frank Uwe Polaschek<br />

Redaktionsleitung<br />

www.<strong>aktionbildung</strong>.de


Handbuch Berufsbildungsbereich - 2 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 2<br />

Grußwort<br />

Richtziel unseres Handelns in der Stiftung Haus Lindenhof ist es, Menschen mit Behinderung in ihrer<br />

beruflichen und sozialen Integration zu unterstützen und zu begleiten. Hierbei hat sich die Stiftung<br />

Haus Lindenhof als kirchlich-caritative Einrichtung von Anfang an insbesondere Menschen mit schwerer<br />

und mehrfacher Behinderung verschrieben.<br />

<strong>aktionbildung</strong> als bundesweites Projekt der Fachverbände der vier großen Wohlfahrtsverbände von Diakonie,<br />

Caritas, Lebenshilfe und Anthroposophen hat mit Unterstützung der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />

Werkstätten für Behinderte (BAG WfB) und des Bundesarbeitsministeriums das Ziel, an vier Modellstandorten<br />

mit unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten die Möglichkeiten der beruflichen<br />

Bildung für Menschen mit Behinderungen exemplarisch aufzuzeigen und damit in ihrer Wertigkeit insgesamt<br />

zu stärken.<br />

Auch für die Weiterentwicklung der bisherigen Arbeit in den Vinzenz von Paul-Werkstätten der Stiftung<br />

Haus Lindenhof in Schwäbisch Gmünd ist es von daher von großer Bedeutung, im Rahmen von <strong>aktionbildung</strong><br />

Modellstandort der Caritas mit dem Schwerpunkt der beruflichen Bildung für Menschen mit<br />

schwerer und mehrfacher Behinderung zu sein.<br />

Das vorliegende Handbuch dokumentiert den hierbei begonnen Prozess zur Entwicklung einer Neukonzeption<br />

der beruflichen Bildung insbesondere an der Schnittstelle zwischen Förder- und Betreuungsbereich<br />

(FBB) und der Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfB) in der Stiftung. Es beschreibt ein<br />

Konzept zur Organisation, zu den Inhalten und zum zeitlichen Ablauf dieser beruflichen Bildung.<br />

Wir wollen mit diesem Handbuch Mut machen, berufliche Bildung insbesondere auch für Menschen mit<br />

schwerer und mehrfacher Behinderung zu organisieren und praktisch umzusetzen, selbst wenn die bisherigen<br />

hierfür allgemein vorhandenen Grundlagen noch ziemlich spärlich sind. Wir freuen uns von daher,<br />

wenn wir Ihnen mit diesem Handbuch Anregungen zur Weiterentwicklung der beruflichen Bildung für<br />

Menschen mit schwerer Behinderung an die Hand geben können. Nutzen Sie das Handbuch auch für<br />

konstruktive Kritik und für Verbesserungsvorschläge auf Grund Ihrer Erfahrungen. Vor allem freuen<br />

wir uns über Anregungen im Bereich von didaktischen Lehrmaterialien.<br />

Mit Ihrer Unterstützung möchten wir dieses Handbuch und damit auch das Konzept der beruflichen<br />

Bildung für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen, kontinuierlich fortschreiben und<br />

verbessern<br />

Schwäbisch Gmünd, im September 2002<br />

Bernhard Lengl Michael Abele Rita Krieg<br />

Bereichsleiter Werkstattleiter Einrichtungsleiterin<br />

Arbeit und Integration Vinzenz von Paul-Werkstätten Förder- und Betreuungsbereich<br />

2


Handbuch Berufsbildungsbereich - 3 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 3<br />

Inhalt<br />

1 Vorwort ........................................................................................................ 6<br />

2 Einleitung..................................................................................................... 7<br />

3 Ein wichtiger Schritt – Überblick gewinnen ......................................................... 9<br />

4 Ziel der beruflichen Bildung am Modellstandort...................................................10<br />

5 Rahmenbedingungen für die berufliche Bildung von Menschen mit schwersten und<br />

mehrfachen Behinderungen .............................................................................11<br />

5.1 Umgrenzung des Personenkreises........................................................................................ 11<br />

5.2 Diagnostische Aspekte ........................................................................................................ 12<br />

5.3 Umgrenzung des Bildungsbegriffs ....................................................................................... 13<br />

5.4 Pädagogische Richtlinien in der beruflichen Bildung für Menschen mit<br />

schwersten und mehrfachen Behinderungen ......................................................................... 13<br />

5.4.1 Individualität und Lebenswirklichkeit .................................................................................. 13<br />

5.4.2 Überschaubare und nachvollziehbare Prozesse..................................................................... 14<br />

5.4.3 Ganzheitlichkeit und Vorerfahrung...................................................................................... 14<br />

5.4.4 Angemessene Bildungsmaßnahmen ..................................................................................... 14<br />

5.4.5 Planung und Dokumentation ............................................................................................... 15<br />

5.4.6 Wichtige Rahmenbedingungen ............................................................................................ 15<br />

5.5 Umgrenzung der rechtlichen Voraussetzungen ..................................................................... 16<br />

6 Struktur und Organisation der beruflichen Bildung für Menschen mit schwersten und<br />

mehrfachen Behinderungen in der Stiftung Haus Lindenhof ...................................19<br />

6.1 Stellung des Berufsbildungsbereiches in der Einrichtung/ Räumliche<br />

Ausstattung........................................................................................................................ 19<br />

6.1.1 In der Werkstatt für Menschen mit Behinderung ................................................................. 19<br />

6.1.2 Im Förder- und Betreuungsbereich Luise von Marillac ......................................................... 20<br />

6.1.3 Raumprogramm ................................................................................................................. 21<br />

6.1.3.1 Gruppenräume....................................................................................................................21<br />

6.1.3.2 Bauliche Aspekte................................................................................................................22<br />

6.1.3.3 Ausstattung........................................................................................................................ 22<br />

6.1.3.4 Lage innerhalb der Stiftung Haus Lindenhof........................................................................ 22<br />

6.2 Personal/ Gruppengröße (Aktionsteam) ............................................................................... 23<br />

6.2.1 Leitungsgruppe................................................................................................................... 23<br />

6.2.2 Fachkräfteteam ..................................................................................................................23<br />

6.2.3 Beratungsmitglieder ........................................................................................................... 24<br />

6.2.4 Teilnehmer ......................................................................................................................... 24<br />

6.2.5 Werkstattrat ...................................................................................................................... 24<br />

6.3 Arbeitsbeziehungen............................................................................................................. 24<br />

6.3.1 Arbeitsbeziehungen der Leitungsgruppe............................................................................... 24<br />

6.3.2 Arbeitsbeziehungen der Fachkräfte ..................................................................................... 24<br />

6.3.3 Arbeitsbeziehungen der Teilnehmer ..................................................................................... 25<br />

6.3.4 Arbeitsbeziehungen des Werkstattrates ............................................................................... 25<br />

6.4 Notwendige Partner/ Vernetzung......................................................................................... 25<br />

6.4.1 Martinusschule der Stiftung Haus Lindenhof ....................................................................... 25<br />

6.4.2 Der Heilpädagogisch-Psychologische Dienst des Bereiches Wohnen für<br />

Menschen mit Behinderung der Stiftung Haus Lindenhof (HPD).......................................... 26<br />

6.4.3 Der medizinische Dienst der Stiftung Haus Lindenhof .......................................................... 26<br />

6.4.4 Wohnbereich/ Angehörige ................................................................................................... 26<br />

6.4.5 Arbeitskreis zur beruflichen Bildung für Menschen mit schwersten und<br />

mehrfachen Behinderungen ................................................................................................. 26<br />

3


Handbuch Berufsbildungsbereich - 4 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 4<br />

6.5 Erfolgsfaktoren .................................................................................................................. 27<br />

6.5.1 Demokratisierung ............................................................................................................... 27<br />

6.5.2 Offenheit ............................................................................................................................ 27<br />

6.5.3 Motivation ......................................................................................................................... 27<br />

6.5.4 Realismus........................................................................................................................... 28<br />

6.5.5 Fort- und Weiterbildung der Fachkräfte .............................................................................. 28<br />

6.6 Zielüberprüfung.................................................................................................................. 28<br />

7 Praxis der beruflichen Bildung für Menschen mit schwersten und mehrfachen<br />

Behinderungen ..............................................................................................30<br />

7.1 Eingangsverfahren.............................................................................................................. 31<br />

7.1.1 Inhalte ............................................................................................................................... 31<br />

7.1.2 Zeitlicher Ablauf ................................................................................................................ 31<br />

7.1.3 Schwerpunktbegleitung (Teambildung) ................................................................................ 31<br />

7.1.4 Förderdiagnostik ................................................................................................................31<br />

7.1.4.1 Der S/PAC als Grundlage.................................................................................................... 32<br />

7.1.4.2 Weitere Instrumente der Ressourcenanalyse ........................................................................ 32<br />

7.1.5 Erstellung des Bildungsprofils (Zielbestimmung).................................................................. 32<br />

7.1.6 Individueller Bildungsplan .................................................................................................. 33<br />

7.1.7 Dokumentation ...................................................................................................................33<br />

7.2 Berufsbildungsbereich......................................................................................................... 33<br />

7.2.1 Das erste Jahr der beruflichen Bildungsmaßnahme .............................................................. 33<br />

7.2.2 Das zweite Jahr der beruflichen Bildungsmaßnahme............................................................ 34<br />

7.2.3 Anvisierte Bildungsbereiche ................................................................................................ 35<br />

7.2.4 Persönlichkeitsentwicklung ................................................................................................. 36<br />

7.2.5 Curriculum......................................................................................................................... 36<br />

7.2.5.1 Lebenspraktische Handlungskompetenz ............................................................................... 36<br />

7.2.5.2 Selbständiges Tätigwerden.................................................................................................. 37<br />

7.2.5.3 Arbeit und sinnvolle Tätigkeit ............................................................................................. 37<br />

7.2.5.4 Soziale Handlungskompetenz.............................................................................................. 37<br />

7.2.5.5 Ruhe, Rückzug, Entspannung.............................................................................................. 37<br />

7.2.5.6 Religiöses Leben/ Sinnfindung............................................................................................. 38<br />

7.2.6 Dokumentation ...................................................................................................................38<br />

7.2.6.1 Wochenplan ....................................................................................................................... 38<br />

7.2.6.2 Kompetenznachweis (Zielüberprüfung) ................................................................................ 38<br />

7.2.6.3 Gesellenstück (Abschlussprüfung)........................................................................................ 38<br />

7.3 Angewandte Methoden der beruflichen Bildung.................................................................... 39<br />

7.3.1 Unterstützte Kommunikation .............................................................................................. 39<br />

7.3.2 Basale Stimulation ............................................................................................................. 40<br />

7.3.3 Bewegungsförderung........................................................................................................... 41<br />

7.3.4 Ergotherapie (Arbeits- und Beschäftigungsförderung).......................................................... 41<br />

7.3.5 Musisch-ästhetische Förderung ........................................................................................... 41<br />

7.3.6 Sonstige Formen beruflicher Förderung............................................................................... 42<br />

7.4 Anmerkungen zum Arbeitsbereich ....................................................................................... 42<br />

8 Literaturverzeichnis .......................................................................................43<br />

9 Anlagenverzeichnis ........................................................................................45<br />

9.1 Formular Fachausschussbeschluss der Vinzenz von Paul-Werkstätten ................................. 46<br />

9.2 Aufnahmebogen der Vinzenz von Paul-Werkstätten der Stiftung Haus<br />

Lindenhof........................................................................................................................... 47<br />

9.3 Werkstattvertrag der Vinzenz von Paul Werkstätten............................................................ 50<br />

9.4 Dokumentationsbögen zur Bildungsplanung ......................................................................... 54<br />

9.4.1 Infobogen bei Schulabgang ................................................................................................. 54<br />

9.4.2 Zielformulierungs- und Maßnahmebogen............................................................................. 61<br />

4


Handbuch Berufsbildungsbereich - 5 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 5<br />

9.4.3 Aktivitätenprotokoll............................................................................................................62<br />

9.4.4 Beispiel Wochenplan .......................................................................................................... 63<br />

9.4.5 Infoblatt Wahrnehmung...................................................................................................... 64<br />

9.4.6 Infoblatt Morgenkreis......................................................................................................... 68<br />

9.5 Aufnahmekriterien für den FBB der Stiftung Haus Lindenhof............................................... 69<br />

9.6 Exemplarische Materialien ................................................................................................. 70<br />

9.6.1 Lernen in kleinsten Schritten .............................................................................................. 70<br />

9.6.2 PAC-IT .............................................................................................................................. 96<br />

5


Handbuch Berufsbildungsbereich - 6 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 6<br />

1 Vorwort<br />

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,<br />

dies ist ein Anfang! Vor sich sehen Sie den ersten Entwurf eines Handbuches zur Beschreibung der<br />

berufsbildenden Maßnahmen der Vinzenz von Paul Werkstätten Schwäbisch Gmünd.<br />

Die Arbeit von <strong>aktionbildung</strong> am Modellstandort Schwäbisch Gmünd ist „wahre Pionierarbeit“. Der<br />

Anspruch, berufliche Bildung für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen zu organisieren,<br />

geht weit über das hinaus, was wir in der täglichen Praxis kennen.<br />

Wenige Werkstätten bekennen sich offen dazu, diesem Personenkreis berufsbildende oder arbeitsähnliche<br />

Angebote zu machen. Leitungen und Fachkräften, die sich dieser Herausforderung stellen, soll dieses<br />

Handbuch Mut machen, den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen.<br />

Jene, die sich entscheiden, es ihren Kollegen gleich zu tun, will das Handbuch Anregungen vermitteln<br />

und aufrufen, den Aufgaben zukünftiger Werkstattarbeit zuversichtlich entgegenzutreten.<br />

<strong>aktionbildung</strong> ist für uns, vor allem für den schwer- und mehrfachbehinderten Menschen, eine einmalige<br />

Chance! Die projekttragenden Fachverbände erklären durch ihre Vertreter die einstimmige Absicht,<br />

dass die Werkstatt für behinderte Menschen auch in Zukunft allen Menschen mit Behinderung offen<br />

steht. „Unter einem Dach“ bedeutet in diesem Sinne „für alle“. Damit folgt das Projekt dem Anspruch<br />

des SGB IX auf Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderungen.<br />

Diese Ausarbeitung ist so gestaltet, dass sie die Realität in Schwäbisch Gmünd beschreibt und doch<br />

beispielhaft von anderen WfbM genutzt werden kann. Verstehen Sie dieses Handbuch als Arbeitsmaterial,<br />

welches sich im organischen Prozess "des sich Veränderns und Ergänzens" befindet.<br />

Wir geben Ihnen mit dieser Veröffentlichung die Möglichkeit<br />

� anzuregen<br />

� zu kritisieren<br />

� zu verbessern<br />

� zu entwickeln<br />

� zu nutzen<br />

� zu verwerfen<br />

� sich zu beschäftigen.<br />

Machen Sie mit. Wir bauen auf.Berufliche Bildung!<br />

Ihr Team von<br />

Assistentin am<br />

Modellstandort Schw. Gmünd<br />

<strong>aktionbildung</strong><br />

Monika Matzner<br />

Lindenhofstr. 127<br />

73529 Schwäbisch Gmünd<br />

Tel.: 07171 / 802-368<br />

Fax: 07171 / 802-363<br />

matzner@<strong>aktionbildung</strong>.de<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

für die Modellstandorte<br />

Wuppertal und Schw. Gmünd<br />

<strong>aktionbildung</strong><br />

Stephan Hirsch<br />

Postfach 1144<br />

55001 Mainz<br />

Tel.: 06131 / 619 891<br />

Fax: 06131 / 619 893<br />

hirsch@<strong>aktionbildung</strong>.de<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

für die Modellstandorte<br />

Wismar und Speyer<br />

<strong>aktionbildung</strong><br />

Frank Uwe Polaschek<br />

Postfach 1144<br />

55001 Mainz<br />

Tel.: 06131 / 275 61 62<br />

Fax: 06131 / 275 61 64<br />

polaschek@<strong>aktionbildung</strong>.de<br />

Projektleiter<br />

<strong>aktionbildung</strong><br />

Kurt Hoffmann<br />

Talweg 1<br />

55590 Meisenheim<br />

Tel.: 06753 / 10 252<br />

Fax: 06753 / 32 11<br />

info@<strong>aktionbildung</strong>.de<br />

Design und Redaktion: design konkret | Zur Laubenheimer Höhe 24 | 55129 Mainz | Tel.: 06131-507480 | www.design-konkret.de<br />

6


Handbuch Berufsbildungsbereich - 7 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 7<br />

2 Einleitung<br />

Berufliche Bildung für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen. Warum wendet sich<br />

<strong>aktionbildung</strong> diesem Thema zu?<br />

Wir erleben in den Werkstätten einen spürbaren Zuwachs an Menschen, die diesem Personenkreis zuzuordnen<br />

sind.<br />

Nach Auskunft der BAG:WfB waren Ende des Jahres 1996 (Stand: 31.12.1996) 8,5 % aller Werkstattbeschäftigten<br />

schwer- bzw. mehrfachbehindert. Ende des Jahres 2001 (Stand: 31.12.01) liegt der<br />

Anteil dieser Personen bei 13,6 %. Wie begegnen wir in den Werkstätten diesen Menschen?<br />

In Zeiten der pränatalen Diagnostik bzw. der Präimplantatisonsdiagnostik müssen wir uns, bei gleichzeitiger<br />

Verbesserung der medizinischen Erstversorgung, der Tatsache stellen, dass es zukünftig nicht<br />

weniger Menschen mit Behinderungen in unseren Werkstätten geben wird, aber deutlich mehr schwer-<br />

und mehrfachbehinderte Personen. Ein Blick in die Klassen der Sonderschulen bestätigt dies.<br />

Die gesamtgesellschaftliche Diskussion um Antidiskriminierung, Gleichstellung und Teilhabe läuft glücklicherweise<br />

in vernünftigen Bahnen und hat zum 1. Juli 2001 das lang ersehnte SGB IX rechtsgültig<br />

werden lassen.<br />

Trotzdem gestaltet sich die Praxis der beruflichen Bildung respektiv die Teilhabe am Arbeitsleben für<br />

Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen noch völlig uneinheitlich. In den Bundesländern<br />

gibt es unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen zur Teilhabe. Leistungsträger von beruflichen Maßnamen<br />

vertreten unterschiedliche Auffassungen, Begrifflichkeiten sind uneinheitlich. So kennen wir<br />

heute den Förder- und Betreuungsbereich, die Tagesförderstätte, Fördergruppen, Werkstätten für<br />

Schwerstbehinderte, etc. Das Angebot für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen unterliegt<br />

dem scheinbaren Prinzip des „guten Willens“.<br />

Deshalb müssen wir handeln!<br />

Mit der Stiftung Haus Lindenhof hat der CBP (Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie) eine Einrichtung<br />

benannt, die sich dem Anspruch von Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen auf<br />

Teilhabe am Arbeitsleben annimmt.<br />

Innerhalb eines Jahres wurde unter Beteiligung der im Folgenden beschriebenen Schritte ein Berufsbildungsbereich<br />

für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen konzipiert, der nun mit praktischen<br />

Inhalten gefüllt wird. Es hat sich gezeigt, dass bei einer genauen Analyse der vorhandenen<br />

Dienste und Unterstützungsleistungen berufliche Bildung für diesen Personenkreis denkbar und umsetzbar<br />

ist. Sowohl Leitung als auch Fachkräfte sind in einem intensiven Austausch getreten, um das in<br />

Kapitel 3 (Ein wichtiger Schritt, S.7) beschriebene Ziel zu verwirklichen.<br />

Dabei wurde deutlich, dass sich Kooperationsstrukturen nur dann verwirklichen lassen, wenn alle Beteiligten<br />

bereit sind „einmal um die Ecke zu denken“.<br />

Wenn Sie heute in die Vinzenz von Paul Werkstätten nach Schwäbisch Gmünd schauen, werden Sie<br />

mindestens 2 Berufsbildungsbereiche (BBB) vorfinden. Den bislang regulären in den Räumlichkeiten der<br />

Werkstatt sowie den neu konzipierten innerhalb des Förder- und Betreuungsbereiches (FBB). Damit<br />

setzt <strong>aktionbildung</strong> einen Anspruch im SGB IX fort. Berufliche Bildung muss nicht werkstatthausgebunden<br />

durchgeführt werden, sondern bedarf geeigneter und auf die Bedürfnisse der Teilnehmer abgestimmter<br />

Rahmenbedingungen.<br />

Innerhalb des FBB wurden von <strong>aktionbildung</strong> Teilnehmer ausgewählt, die an berufsbildenden Maßnahmen<br />

teilnehmen. Sie werden durch Fachkräfte aus dem BBB sowie dem FBB unterstützt.<br />

Von einem Modellprojekt werden generell innovative Anregungen erwartet. Umsetzungen solcher innovativer<br />

Ideen werden hingegen nicht selten mit dem finanziellen Budget des Projekts begründet. In<br />

Schwäbisch Gmünd hat die Werkstatt eine Mitarbeiterin für die Koordination der projektbezogenen<br />

Arbeit mit einem Stellenanteil von 50% freigestellt. Diese ist als Assistentin für <strong>aktionbildung</strong> vor Ort<br />

tätig. Damit sind im Großen und Ganzen die finanziellen „Zuschüsse“ abgedeckt. Die Umsetzung des<br />

7


Handbuch Berufsbildungsbereich - 8 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 8<br />

Projektziels wird vornehmlich durch Neuordnung der vorhandenen Ressourcen abgedeckt. Örtliche<br />

Partner, wie Sonderschule, medizinischer Dienst, heilpädagogischer Dienst, Fachkräfte zur Arbeits- und<br />

Berufsförderung der Werkstatt, Heilerziehungspfleger des FBB etc. wurden in die Projektarbeit eingebunden.<br />

Wir lassen uns leiten vom dem Motto: Es kommt darauf an, was man daraus macht!<br />

Selbstverständlich liegt mit diesem Handbuch eine Idee vor, die erst schrittweise mit Leben gefüllt wird.<br />

Einen Berufsbildungsbereich in einer Förder- und Betreuungseinrichtung zu installieren, ist ein zuversichtliches<br />

Vorhaben.<br />

Deshalb ist <strong>aktionbildung</strong> in Schwäbisch Gmünd auf Ihre Mitarbeit angewiesen. Wir möchten interessierte<br />

Werkstätten ermuntern, sich in den bereits bestehenden Arbeitskreis ( siehe Kapitel 5.4.5) einzubinden<br />

und Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen in ihrer Teilhabe am Prozess der<br />

beruflichen Bildung zu unterstützen.<br />

Wenn Sie dieses Handbuch aufmerksam lesen, werden Sie feststellen, dass konkrete Arbeitsmaterialien<br />

noch fehlen bzw. erarbeitet werden müssen. Dieser Aufgabe werden wir ins in der verbleibenden Projektlaufzeit<br />

intensiv zuwenden. Wir haben den Anspruch, den konzeptionellen Charakter dieses Handbuchs<br />

in ein handhabbares, an den Bedürfnissen der Praxis ausgerichtetes Arbeitsbuch zu wandeln.<br />

Anregungen und Informationen nehmen wir dankbar unter Verweis der jeweiligen Bezugsadresse auf.<br />

8


Handbuch Berufsbildungsbereich - 9 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 9<br />

3 Ein wichtiger Schritt – Überblick gewinnen<br />

In diesem Handbuch stehen Begriffe, die möglicherweise nicht in einheitlicher Form verwendet werden.<br />

Aus diesem Grund steht den Ausarbeitungen ein Glossar voran. Die darin enthaltenen Begrifflichkeiten<br />

orientieren sich an den neu überarbeiteten Empfehlungen zum „Rahmenprogramm für das Eingangsverfahren<br />

und den Berufsbildungsbereich sowie zu den Arbeitshilfen für die Arbeit der Fachausschüsse“,<br />

die zwischen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für<br />

Behinderte (BAG:WfB) verabschiedet werden:<br />

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�<br />

Werkstatt: zur Bezeichnung von Werkstätten<br />

für behinderte Menschen<br />

Teilhabe am Arbeitsleben: zur Bezeichnung<br />

des Maßnahmeziels in Werkstätten<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer: für die<br />

Adressaten im Berufsbildungsbereich<br />

berufsbildende Maßnahmen (bzw. berufliche<br />

Bildungsmaßnahmen): für die Leistungen der Werkstatt<br />

berufsbildende Leistungen: für die Leistungen<br />

des Rehaträgers<br />

Berufsförderungsmaßnahmen bzw. berufsfördernde<br />

Leistungen: wenn es um umfassend gestaltete<br />

ganzheitliche Fördermaßnahmen geht<br />

Eingliederungsplan: als Bezeichnung für die gesetzlich verankerte<br />

fortlaufende Förderdokumentation, die zwischen Werkstatt<br />

und Teilnehmer abgestimmt wird<br />

Innerhalb der Projektarbeit haben sich folgende Begrifflichkeiten durchgesetzt:<br />

FBB: für den Förder- und Betreuungsbereich (auch<br />

Tagesstätte, Tagesförderstätte, Fördergruppe...)<br />

BBB: für den Berufsbildungsbereich<br />

Fachkraft: für die Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung<br />

Unterstützung: für alltägliche Hilfeleistungen neben der<br />

beruflichen Bildung<br />

Ressourcen: für Fähigkeiten und Fertigkeiten der Menschen<br />

mit Behinderungen<br />

Wir haben uns für die Schreibweise „Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen“ entschieden.<br />

Sinngleich verwenden wir auch schwer- (bzw. schwerst) und mehrfachbehinderte Menschen.<br />

Die Bezeichnung „Schwerstbehinderter“ lehnen wir ab, da im SGB IX dieses Attribut keine Verwendung<br />

findet. Unserem ethischen Verständnis nach steht der Mensch im Mittelpunkt und nicht seine Behinderung.<br />

Zur besseren Lesbarkeit verwenden wir die maskuline Schreibweise. Diese beinhaltet selbstverständlich<br />

alle Teilnehmerinnen bzw. Kolleginnen in unseren Werkstätten.<br />

9


Handbuch Berufsbildungsbereich - 10 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 10<br />

4 Ziel der beruflichen Bildung am Modellstandort<br />

Das Ziel der Beruflichen Bildung am Modellstandort Schwäbisch Gmünd ist die<br />

Teilhabe des Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen am Arbeitsleben der Werkstatt.<br />

Diese soll durch individuelle ganzheitliche berufliche Förderung sicher gestellt werden. Wir erheben den<br />

Anspruch, dass berufliche Bildung für diesen Personenkreis planvoll strukturiert, überprüfbar und erfolgreich<br />

durchführbar ist.<br />

10


Handbuch Berufsbildungsbereich - 11 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 11<br />

5 Rahmenbedingungen für die berufliche Bildung<br />

von Menschen mit schwersten und mehrfachen<br />

Behinderungen<br />

5.1 Umgrenzung des Personenkreises<br />

Kaum ein Personenkreis ruft so kontroverse Diskussionen hervor, wie der der Menschen mit schwerster<br />

und mehrfacher Behinderung. Der Grund hierfür liegt in den völlig unterschiedlichen Sichtweisen und<br />

Erfahrungswerten von KollegInnen, die diese Menschen unterstützten. Jede Argumentation basiert auf<br />

den eigens gemachten Erfahrungen. Schnell wird darüber diskutiert, was „möglich“ ist und was nicht.<br />

Auch in der Literatur finden sich unterschiedliche Darstellungen über den Begriff der „schweren und<br />

mehrfachen Behinderung“ (vgl. Hensle/Vernooij 2000, Fröhlich 1991).<br />

Geht man davon aus, dass 30% der Menschen mit Behinderungen isolierte motorische, sprachliche oder<br />

geistige Beeinträchtigungen, 70% jedoch kombinierte Formen haben, wird die Notwendigkeit einer<br />

Differenzierung deutlich. Mehrfachbehinderung wird im Allgemeinen auf drei Ebenen gesehen:<br />

Als multiples Syndrom (z.B. Cerebralparese führt gleichzeitig zu Körper-, Sprach- und Lernbeeinträchtigung)<br />

Als Folgebehinderung (z.B. Sprachbeeinträchtigung durch Gehörlosigkeit oder Verhaltensauffälligkeit<br />

aufgrund geistiger Behinderung)<br />

Als sekundäre Behinderung (z.B. zusätzliche Körperbehinderung aufgrund eines Unfalls)<br />

Problematisch ist dabei, dass bei der Betrachtung von Körperbehinderung, geistiger Behinderung, Gehörlosigkeit,<br />

Sehbehinderung, langfristiger Erkrankung, Lernbehinderung, Sprachbehinderung und<br />

Verhaltensauffälligkeit sich schon 36 Möglichkeiten ergeben, jeweils 2 Formen vorzufinden.<br />

Gleich auf welcher Ebene, eine Umgrenzung des Personenkreises macht nur Sinn durch die Beschreibung<br />

elementarer Bedürfnisse bzw. Unterstützungsleistungen bei<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

der Kommunikation<br />

der Erkundung des eigenen Körpers und der Umwelt<br />

der Wahrnehmung und Informationsaufnahme in<br />

komplexen Situationen<br />

der Selbstversorgung<br />

der Gestaltung von Aktivität<br />

der Arbeit<br />

(vgl. Fröhlich1991, 160f.)<br />

In der Praxis bildet das elementarste Merkmal der schwersten und mehrfachen Behinderungen nicht<br />

selten das „außerordentliche Pflegebedürfnis“.<br />

<strong>aktionbildung</strong> wendet sich gegen die Reduzierung von Menschen auf deren Pflegebedürfnis.<br />

Schwerste und mehrfache Behinderung muss mit dem Blick auf die Entwicklungsfähigkeit des Menschen<br />

umgrenzt werden. Hierbei kann nur individuell verfahren werden. Im Mittelpunkt der Definition<br />

darf nicht das Defizit des Menschen stehen, sondern die Möglichkeiten, die er mit zu benennenden Unterstützungsleistungen<br />

haben kann, müssen erkannt werden.<br />

Am Modellstandort Schwäbisch Gmünd ist der Personenkreis durch die „Aufnahmekriterien für den<br />

Förder- und Betreuungsbereich der Stiftung Haus Lindenhof“ (s. Anlage 9.5 Aufnahmekriterien für den<br />

FBB, S.67) umgrenzt.<br />

Mit dem vorliegenden Handbuch wird empfohlen, eine individuelle und differenzierte Umgrenzung des<br />

Personenkreises anhand medizinischer, psychologischer und pädagogischer Dokumentationen vorzunehmen,<br />

die eine Aussage zur Teilhabe am Arbeitsleben formuliert.<br />

11


Handbuch Berufsbildungsbereich - 12 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 12<br />

5.2 Diagnostische Aspekte<br />

Um eine Schwerst-/Mehrfachbehinderung zu benennen, bedarf es eines geeigneten und handhabbaren<br />

diagnostischen Instruments. Besonders im Hinblick auf eine individuelle Erstellung des Eingliederungsplans<br />

während des Eingangsverfahrens mit dem Ziel „Aufnahme im Berufsbildungsbereich“ ist die Benennung<br />

der Möglichkeiten des schwerst- mehrfachbehinderten Menschen wichtig.<br />

In der beruflichen Bildung von Menschen mit mehrfachen Behinderungen müssen dafür neue Wege<br />

beschritten werden. Der Grund dafür ist die unbestreitbare Tatsache, dass die bisher bekannten diagnostischen<br />

Systeme nicht oder nur verändert auf Menschen mit mehrfachen Behinderungen anwendbar<br />

sind!<br />

Tests und Entwicklungsskalen können demnach in der vorliegenden Form nicht genutzt werden. Zum<br />

einen sind die angewandten Verfahren aus dem Schulbereich übernommen. Sie lassen sich nur schwer<br />

auf die Werkstatt übertragen. Zum anderen berücksichtigen sie nicht –weil für Kinder oder Jugendliche<br />

entwickelt- den Entwicklungsprozess des erwachsenen schwerstbehinderten Menschen.<br />

So lassen sich bestenfalls Anregungen zur Umformung der Tests bzw. zur Konkretisierung von Beobachtungsbögen<br />

finden.<br />

Vereinzelt haben Werkstätten eigene Diagnose- und Förderansätze für Menschen mit mehrfachen Behinderungen<br />

entwickelt. Diese sind wiederum nur bedingt für andere Werkstätten nutzbar, weil die<br />

Werkstätten organisatorisch anders aufgebaut sind, der Personenkreis nicht vergleichbar ist oder aber<br />

die Handhabung der Diagnoseansätze nur in internen Schulungen vermittelt wird.<br />

Das testdiagnostische Eingansverfahren in den Berufsbildungsbereich muss für schwerstbehinderte Menschen<br />

also eigens gestaltet werden. Es gilt „Verhalten, Signale, Gefühle, Bedürfnisse, wahrzunehmen, in<br />

gewisser Weise zu entschlüsseln, zu deuten“ und für die berufliche Qualifizierung nutzbar zu machen<br />

(Bundschuh 1999, S.262).<br />

Diagnostik ist also nicht als einmaliges Verfahren, sondern als diagnostischer Prozess zu verstehen.<br />

Die Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung ist hierfür selten qualifiziert vorbereitet.<br />

<strong>aktionbildung</strong> empfiehlt deshalb in den diagnostischen Prozess weitere „Diagnostiker“ einzubeziehen.<br />

Diese können medizinische (Ärzte), heilpädagogische (Psychologen, Sonderpädagogen), biographische<br />

(Angehörige), arbeits-therapeutische (Ergotherapeuten, Psychomotoriker) Dokumentationen liefern, die<br />

für die Erstellung eines beruflichen Eingliederungsplans notwendig sind.<br />

In den diagnostischen Prozess muss der Soziale Dienst der Werkstatt eingebunden sein, um den zeitlichen<br />

Aufwand im Rahmen des Eingangsverfahrens zu bewältigen.<br />

Anregungen für die Gliederung eines diagnostischen Prozesses für Menschen mit schwersten Behinderungen<br />

bieten Franger/Pfeffer (1994):<br />

1. Block: Biographie<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Fragebogen für Angehörige<br />

Fragebogen für Pädagogen<br />

Fragebogen für Therapeuten<br />

speziell: Medizinische Therapie<br />

2. Block: Diagnose körperlicher und psychischer Merkmale<br />

Diagnose körperlicher Merkmale (Behinderungsart)<br />

Diagnose psychischer Merkmale ( Beschreibung von alltäglichen<br />

Verhaltensweisen aber auch von speziellen Verhaltensweisen mit<br />

Beschreibung der exakten Situationen, in denen sie auftreten)<br />

12


Handbuch Berufsbildungsbereich - 13 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 13<br />

3. Block: Sensomotorische und psychomotorische Fähigkeiten<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Feinmotorik/Handmotorik<br />

Geruchswahrnehmung<br />

Geschmackswahrnehmung<br />

Optische Wahrnehmung<br />

Akustische Wahrnehmung<br />

Aktive / Passive Verständigung (Sprache, Kommunikation)<br />

Selbsthilfe<br />

Am Modellstandort Schwäbisch Gmünd arbeitet <strong>aktionbildung</strong> mit einer modifizierten Form des PAC –<br />

Pädagogische Analyse und Curriculum der sozialen und persönlichen Entwicklung- nach Günzburg<br />

(1991). (Nähere Beschreibung hierzu: Kapitel 8.6.2)<br />

5.3 Umgrenzung des Bildungsbegriffs<br />

Der Mensch ist generell bildungsfähig und bildungsbedürftig! Hinter dieser Aussage steht <strong>aktionbildung</strong>.<br />

Dem Recht auf schulische Bildung für Menschen mit schwersten Behinderungen folgend, setzen wir uns<br />

Modellstandort Schwäbisch Gmünd dafür ein, dass berufliche Bildung für diese Personen möglich wird.<br />

Über den Begriff der beruflichen Bildung ist seit Einführung des SGB IX viel diskutiert worden. Die<br />

Frage, ob Teilnehmer an Maßnahmen der beruflichen Bildung in den Werkstätten künftig eine Ausbildung<br />

absolvieren wird ebenso angerissen, wie die Frage nach den Inhalten bzw. der Qualität beruflicher<br />

Bildung im Vergleich zum ehemaligen Arbeitstrainingsbereich.<br />

Für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen gelten generelle Aspekte beruflicher<br />

Bildung. Berufliche Bildung muss für diesen Personenkreis jedoch sehr individuell gestaltet sein.<br />

Die berufliche Bildung in der Werkstatt muss sich an den Rahmenvereinbarungen für den Berufsbildungsbereich<br />

zwischen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) und der Bundesarbeitsgemeinschaft der<br />

Werkstätten für Behinderte (BAG:WfB) orientieren.<br />

Ebenso wie diagnostische Verfahren nicht grundsätzlich auf schwerstbehinderte Menschen übertragbar<br />

sind, kann auch die inhaltliche Gestaltung der beruflichen Bildung nicht eins zu eins für diese Teilnehmer<br />

übernommen werden.<br />

Eine Werkstatt muss die berufliche Bildung immer individuell für den Teilnehmer organisieren.<br />

Berufliche Bildung kann also nur im Einzelfall, gemessen an gültigen Kriterien beschrieben werden. Die<br />

Empfehlungen der BA/BAG:WfB weisen explizit auf einen Eingliederungsplan hin. Dieser Eingliederungsplan<br />

ist ständig zu überprüfen und fortzuschreiben.<br />

Der Eingliederungsplan eines schwerbehinderten Teilnehmers muss mit erhöhter Sorgfalt begleitet werden.<br />

Ausgehend vom generellen Bildungsanspruch sollten die Notwendigkeit sowie das Förderziel der<br />

beruflichen Bildungsmaßnahme begründbar sein. Die berufliche Bildung sollte idealerweise in jedem<br />

kleinsten Schritt nachvollziehbar sein, weil die Lernerfolge des schwer- und mehrfachbehinderten Menschen<br />

ebenso in kleinen Schritten zu erwarten sind.<br />

5.4 Pädagogische Richtlinien in der beruflichen Bildung für<br />

Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen<br />

5.4.1 Individualität und Lebenswirklichkeit<br />

Die berufliche Bildung von schwerst- und mehrfachbehinderten Menschen muss sich immer an den individuellen<br />

Fähigkeiten der Teilnehmer orientieren. Deren subjektive Bedürfnisse bilden den Ausgangspunkt<br />

der beruflichen Qualifizierung.<br />

13


Handbuch Berufsbildungsbereich - 14 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 14<br />

Dabei ist es besonders wichtig, nicht den Bezug zur Lebenswirklichkeit zu verlieren. Individualität meint<br />

in diesem Sinne beispielsweise eine auf den Teilnehmer abgestimmte Unterrichts- und Ruheeinheit sowie<br />

die Verhältnismäßigkeit der beruflichen Bildungsmaßnahme.<br />

Bildungsmaßnahmen, die mit dem Verständnis von sinnvoller Tätigkeit schwer vereinbar sind (z.B. das<br />

Spiel mit Bauklötzchen) sind grundlegend abzulehnen. Formen freier Pädagogik sollen aber nicht gänzlich<br />

in den Hintergrund treten. Zwanglose Situationen bieten schwerbehinderten Menschen die Möglichkeit,<br />

sich in bestimmter Art mitzuteilen. Die Fachkraft muss die Möglichkeit haben, solche „Signale“<br />

wahrzunehmen.<br />

5.4.2 Überschaubare und nachvollziehbare Prozesse<br />

Schwerbehinderte Menschen sind in ihrer Wahrnehmung aufgrund ihrer Behinderung eingeschränkt.<br />

Ständig wechselnde Situationen oder Bezugspersonen sind für sie schwerer nachvollziehbar als für nicht<br />

behinderte Personen.<br />

Um berufliche Bildung sinnvoll zu organisieren, empfiehlt es sich, Tages- und Wochenstrukturierung<br />

möglichst gleich und nachvollziehbar zu planen. Der Teilnehmer soll die Möglichkeit erhalten, eine<br />

wiederkehrende tagesstrukturierende Ordnung zu erleben.<br />

Es macht demnach wenig Sinn, innerhalb eines Wochenplanes möglichst viele unterschiedliche Angebote<br />

einzuplanen. Denn durch die ständige Gleichmäßigkeit des Tagesablaufs, erfährt der schwerbehinderte<br />

Teilnehmer eine gewisse Sicherheit. Er erkennt feste Beziehungen zu anderen Personen. Idealerweise<br />

wird der Tagesablauf so organisiert, dass stets gleiche Bezugspersonen den Teilnehmer unterstützen.<br />

D. h. der Teilnehmer wird während seiner zweijährigen beruflichen Qualifikation von der gleichen Fachkraft<br />

unterstützt. Gleichzeitig bleibt er in seinem Gruppenverband und wechselt nicht zwischen verschiedenen<br />

Bildungsbereichen. Dadurch entsteht eine feste Ich-Du Beziehung.<br />

Der schwerstbehinderte Mensch erlebt sich als festen Teil eines Beziehungsgefüges, das nach dem universalen<br />

Prinzip der Heilpädagogik (Theunissen 1992) „eine tiefe, partnerschaftliche, kooperative und<br />

von Empathie geprägte Beziehung zwischen dem behinderten Menschen und seiner Bezugsperson“ entwickelt.<br />

5.4.3 Ganzheitlichkeit und Vorerfahrung<br />

Berufliche Bildung für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen soll alle Sinne des<br />

Teilnehmers ansprechen (vgl. 5.1 Umgrenzung des Personenkreises, S.9). Gleichzeitig soll an die (Vor-)<br />

Erfahrungen des Teilnehmers angeknüpft werden und bereits erworbene Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />

sollen stabilisiert und weiter entwickelt werden. Hierzu zählen u.a. Wahrnehmung, Sozialerfahrung,<br />

Gefühle, Körpererfahrung, Bewegung, Kognition und Kommunikation, wobei diese stets in Beziehung<br />

zueinander stehen und aufeinander einwirken.<br />

5.4.4 Angemessene Bildungsmaßnahmen<br />

Berufliche Bildung für Menschen mit schwersten Behinderungen muss sich ständig am Entwicklungsstand<br />

des Teilnehmers orientieren. Dies wird durch eine fortlaufende Förderdiagnostik, die sowohl den<br />

Entwicklungsstand als auch die subjektiven komplexen Lebenserfahrungen und -bedingungen berücksichtigt,<br />

unterstützt.<br />

Die Bildungsnahmen sollen aus einzelnen, überschaubaren Lerneinheiten bestehen. Es empfiehlt sich,<br />

die Lerneinheiten soweit wie möglich zu zergliedern (siehe auch Anlage 9.6.1 „Lernen in kleinsten<br />

Schritten“, S.67). Soweit notwendig, sollen Lerneinheiten wiederholt werden, um dem Teilnehmer eine<br />

Sicherheit im Umgang mit dem Werkstoff sowie ein Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten zu vermitteln.<br />

Produktivität im betriebswirtschaftlichen Sinn ist kein vorrangiges Ziel der beruflichen Bildung (vgl.<br />

BeB 1999, S.40). Dabei wird die Produktivität nicht generell ausgeschlossen. Die Teilnehmer des Berufsbildungsbereiches<br />

einer WfbM sollen sich primär beruflich qualifizieren und persönlich weiter entwickeln.<br />

Für Menschen mit schwersten Behinderungen gilt dies in besonderem Maße.<br />

Durch die schon oben erwähnte Gleichmäßigkeit der Prozesse, erleichtert sich weiterhin die Prognose<br />

über den Einsatz von Arbeitshilfsmitteln (z.B. spezielle Halterungen, Sägevorrichtungen etc.).<br />

14


Handbuch Berufsbildungsbereich - 15 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 15<br />

Droht eine Bildungsmaßnahme zu scheitern, muss dies nicht am Teilnehmer selbst liegen. An dieser<br />

Stelle ist es wichtig die Angemessenheit der Maßnahme erneut zu überprüfen und sich zu vergewissern,<br />

ob der Einsatz der angewandten Lehrmaterialien den subjektiven Bedürfnissen des Teilnehmers entsprach<br />

(„Es gibt keine schlechten Schüler, nur schlechte Lehrer“)<br />

5.4.5 Planung und Dokumentation<br />

Berufliche Bildung muss generell planvoll, zielgerichtet und strukturiert sein. Die ständige Reflexion der<br />

Angemessenheit sowie die Dokumentation der durchgeführten oder durchzuführenden Maßnahmen sind<br />

hierfür eine unbedingte Voraussetzung.<br />

Nur so lassen sich Entwicklungen genau festhalten.<br />

Oft vollzieht sich die berufliche und/oder persönliche Entwicklung von Menschen mit schwersten Behinderungen<br />

in kleinen, kaum bemerkbaren Schritten. Die Dokumentation erleichtert es den unterstützenden<br />

Fachkräften, Fortschritte zu erkennen sowie den Erfolg der eigenen Arbeit zu benennen.<br />

Es empfiehlt sich, die Planung der beruflichen Bildung so vorzubereiten, dass in einem festen Wochenrhythmus<br />

alle Maßnahmen dokumentiert werden können. Dabei soll darauf geachtet werden, dass die<br />

Beschreibung der durchgeführten Maßnahme und deren Erfolg in einem angemessenen zeitlichen Verhältnis<br />

steht. Überladene Dokumentationssysteme machen nach Ansicht von <strong>aktionbildung</strong> wenig Sinn.<br />

Ebenso ist von einer „Dokumentation, um der Dokumentation Willen“ abzusehen. Ergebnisse von beruflichen<br />

Bildungsmaßnahmen sollten leicht nachvollziehbar und handhabbar sein.<br />

Die Dokumentation dient der Fachkraft ebenso in der Zusammenarbeit mit anderen Experten (Ärzte,<br />

Psychologen, Angehörige). Sie sollte deshalb unbedingt die Mittel, Methoden und die Dauer der Bildungsmaßnahmen<br />

beschreiben, um Beratungs- und Abstimmungsergebnisse für den Eingliederungsplan<br />

fortzuschreiben. (siehe auch Anlage 9.4 Dokumentationsbögen zur Bildungsplanung, S.52)<br />

5.4.6 Wichtige Rahmenbedingungen<br />

Die berufliche Bildung von schwerstbehinderten Menschen braucht Zeit und Raum.<br />

Ein Tages- oder Wochenplan darf nicht mit Maßnahmen überladen sein. Es ist zu bedenken, dass neben<br />

der beruflichen Bildung häufig therapeutische Angebote laufen. Für Menschen mit mehrfachen Behinderungen<br />

bedeutet der Wechsel von Räumlichkeiten und Ansprechpartner fortwährende Neuorientierung.<br />

Dies kann zu stresshaftem Erleben für sie führen.<br />

Die Maßnahmen müssen also zyklisch geplant werden. Dabei sollte genügend Zeit zwischen den Lerneinheiten<br />

berücksichtigt werden.<br />

Die Bildungsmaßnahme sollte in einem den Bedürfnissen von Menschen mit schwersten Behinderungen<br />

angemessenen Raum geschehen. Hierbei kann von der Vorstellung abgerückt werden, die Bildungsmaßnahme<br />

müsse „unter dem Dach“ der Werkstatt geschehen. Möglichkeiten eine „nicht-werkstatthausgebundene“<br />

berufliche Bildung anzubieten, gibt es viele. Am Modellstandort Schwäbisch Gmünd findet<br />

berufliche Bildung in den Räumen des Förder- und Betreuungsbereiches statt. Dort sind angemessene<br />

räumliche Voraussetzungen, die sich noch nicht in der Werkstatt vorfinden.<br />

An welchem Ort die berufliche Bildung von Menschen mit schwersten Behinderungen anzusiedeln ist,<br />

hängt von den jeweiligen Gegebenheiten vor Ort ab.<br />

15


Handbuch Berufsbildungsbereich - 16 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 16<br />

5.5 Umgrenzung der rechtlichen Voraussetzungen<br />

Das SGB IX, als neue Rechtsgrundlage für die Rehabilitation und Teilhabe, verankert gleichzeitig mehrere<br />

Bildungsaufträge. Diese sind mit § 136 ff SGB IX als Pflichtleistungen verankert.<br />

Als Adressat dieser Regelung hat die WfbM:<br />

� eine angemessene berufliche Bildung anzubieten<br />

� zu ermöglichen, die Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit<br />

der behinderten Menschen zu erhalten, zu entwickeln,<br />

zu erhöhen oder wiederzugewinnen und dabei ihre<br />

Persönlichkeit weiterzuentwickeln<br />

� über qualifiziertes Personal und begleitende Dienste<br />

zu verfügen.<br />

§ 40 beschreibt die Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich. Adressaten dieser<br />

Regelung sind die Rehabilitationsträger.<br />

"Die Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich einer anerkannten Werkstatt für<br />

behinderte Menschen erhalten behinderte Menschen<br />

1. im Eingangsverfahren zur Feststellung, ob die Werkstatt die geeignete Einrichtung für die Teilhabe<br />

des behinderten Menschen am Arbeitsleben ist sowie welche Bereiche der Werkstatt und welche Leistungen<br />

zur Teilhabe am Arbeitsleben für den behinderten Menschen in Betracht kommen, und um einen<br />

Eingliederungsplan zu erstellen,<br />

2. im Berufsbildungsbereich, wenn die Leistungen erforderlich sind, um die Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit<br />

des behinderten Menschen so weit wie möglich zu entwickeln, zu verbessern oder wiederherzustellen<br />

und erwartet werden kann, dass der behinderte Mensch nach Teilnahme an diesen Leistungen in<br />

der Lage ist, wenigstens ein Mindestmass wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Sinne des §<br />

136 zu erbringen.<br />

(2) Die Leistungen im Eingangsverfahren können im Einzelfall bis zu drei Monaten erbracht werden.<br />

Sie werden bis zu vier Wochen erbracht, wenn die notwendigen Feststellungen in dieser Zeit getroffen<br />

werden können.<br />

(3) Die Leistungen im Berufsbildungsbereich werden für zwei Jahre erbracht. Sie werden in der Regel<br />

für ein Jahr bewilligt. Sie werden für ein weiteres Jahr bewilligt, wenn die Leistungsfähigkeit des behinderten<br />

Menschen weiterentwickelt oder wiedergewonnen werden kann."<br />

In § 136,2 heißt es zum Begriff und zu den Aufgaben der Werkstatt weiter:<br />

Die Werkstatt steht allen behinderten Menschen... unabhängig von Art und Schwere der Behinderung<br />

offen, sofern erwartet werden kann, dass sie spätestens nach Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich<br />

wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen werden.<br />

Dies ist nicht der Fall bei behinderten Menschen, bei denen trotz einer der Behinderung angemessenen<br />

Betreuung eine erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung zu erwarten ist oder das Ausmaß der erforderlichen<br />

Betreuung und Pflege die Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich oder sonstige<br />

Umstände ein Mindestmass wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Arbeitsbereich dauerhaft<br />

nicht zulassen.<br />

Behinderte Menschen, die die Voraussetzungen für eine Beschäftigung in einer Werkstatt nicht erfüllen,<br />

sollen in Einrichtungen oder Gruppen betreut oder gefördert werden, die der Werkstatt angegliedert<br />

sind.“ (139, 3).<br />

16


Handbuch Berufsbildungsbereich - 17 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 17<br />

Die Aufnahme in eine Werkstatt erfolgt unabhängig von<br />

„der Ursache der Behinderung<br />

der Art der Behinderung, wenn in dem Einzugsgebiet keine besondere Werkstatt für behinderte Menschen<br />

für diese Behinderungsart vorhanden ist, und<br />

der Schwere der Behinderung, der Minderung der Leistungsfähigkeit und einem besonderen Bedarf an<br />

Förderung, begleitender Betreuung oder Pflege“ (§ 137, 1).<br />

Die im SGB IX beschriebenen Anforderungen für eine Aufnahme in die Werkstatt mit einer durch das<br />

Eingangsverfahren festgestellten weiterführenden Maßnahme der beruflichen Bildung schließt Menschen<br />

mit schwersten und mehrfachen nicht aus!<br />

Kriterien für die Aufnahme sind also:<br />

� wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistung<br />

� keine Fremd- oder Selbstgefährdung<br />

und<br />

� ein nicht näher definiertes Ausmaß an<br />

erforderlicher Betreuung und Pflege.<br />

Für den Berufsbildungsbereich besteht zunächst keine Notwendigkeit wirtschaftlich verwertbare Leistungen<br />

zu erbringen. Diese sind erst nach Teilnahme an den Maßnahmen zur beruflichen Bildung für<br />

den Arbeitsbereich relevant. Zudem entschied das Bundessozialgericht bereits im Jahr 1983, dass es<br />

„nicht notwendig sei, dass die Arbeitsleistung sich als Ware oder Dienstleistung verkaufen<br />

lässt....(Wenn der Betreffende) irgendwie am Arbeitsauftrag der Werkstatt mitwirkt, d.h. an der Erstellung<br />

und Erbringung der von den Werkstätten vertriebenen Waren und Dienstleistungen durch nützliche<br />

Arbeit beteiligt werden kann, ohne sich oder andere zu gefährden“ (AZ.: 7 Rar 73/82).<br />

Dies wäre auch dann der Fall, wenn der Behinderte [Mensch] an einem oder mehreren Arbeitsvorgängen<br />

eingesetzt werden kann. die in der Werkstatt wiederholt anfallen. Auch ist die Werkstattfähigkeit<br />

...zu bejahen, wenn die Werkstatt einen anderen Behinderten [Menschen] mit den in etwa gleichen Fähigkeiten<br />

beschäftigt“ (vgl. BEB 1999, S.29).<br />

1995 ist diese Auffassung bestätigt worden (Az.: 11 Rar 57/94; vgl. Rechtsdienst der Lebenshilfe<br />

1/1996 27f.)<br />

Was also unter der Begrifflichkeit „wirtschaftlich verwertbar“ verstanden wird, erklärt der rehabilitative<br />

Auftrag der in den Leitlinien einer jeweiligen Werkstatt zum Ausdruck kommt.<br />

In Schwäbisch Gmünd erstellen die Teilnehmer ein Gesellenstück und erbringen anteilige Dienstleistungen.<br />

Diese sind für die Stiftung Haus Lindenhof wirtschaftlich verwertbar.<br />

Selbst- oder Fremdgefährdung ist ein weit auslegbarer Begriff. Grundsätzlich kann eine medizinisch<br />

notwendige Leistung, die als überlebensnotwendig anzusehen ist, nicht in einer Werkstatt geleistet werden.<br />

Dies ist klar.<br />

Um aber die Gefährdung einer Person auszuschließen, bedarf es nicht nur der Betrachtung der Person,<br />

von der Gefahr ausgeht, sondern auch der Umstände und Situationen, in denen sich diese befindet. All<br />

zu leicht wird vor der (Auto-)Aggression eines Teilnehmers kapituliert ohne eventuelle Zwänge und<br />

Krisen einzubeziehen.<br />

Wir alle kennen Stress am Arbeitsplatz, Unwohlsein in neuen Situationen oder die Schwierigkeit private<br />

Stimmungen „aus der Firma“ zu lassen. Der Eintritt in die Arbeitswelt ist für jeden Jugendlichen eine<br />

spannende Sache aber auch eine Krise. Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen erleben<br />

diese Krisen ebenso wie alle Menschen. Ihre Möglichkeit sich anderen gegenüber mitzuteilen sind allerdings<br />

reduziert.<br />

Um den Grund einer Selbst- und Fremdgefährdung zu beschreiben, bedarf es der Zusammenarbeit von<br />

Fachleuten und Experten.<br />

17


Handbuch Berufsbildungsbereich - 18 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 18<br />

Für <strong>aktionbildung</strong> arbeiten in Schwäbisch Gmünd psychologische, medizinische und pädagogische<br />

Dienste zusammen. Sie versuchen Selbst- und Fremdbestimmung unter Betrachtung möglichst aller<br />

Umstände individuell zu bezeichnen. Juristisch ist diese vollkommen unbestimmt.<br />

Über das Ausmaß an erforderlicher Betreuung und Pflege entschied das Sozialgericht Augsburg „dass<br />

ein schwerbehinderter Mensch keine Verrichtung des täglichen Lebens selbstständig ausüben kann,<br />

lediglich ein Hinweis für das Vorliegen einer außergewöhnlichen Pflegebedürftigkeit nach §69 Abs. 4<br />

BSHG, jedoch kein zwingendes Kriterium für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs `außerordentliche<br />

Pflegebedürftigkeit´ im Sinne des § 1 der Werkstättenverordnung“ ist (Az.: S7, A1 212-<br />

80; vgl. BeB 1999, S. 29).<br />

Einer Aufnahme von Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen in den Berufsbildungsbereich<br />

stehen die im SGB IX festgelegten Kriterien nicht entgegen.<br />

Der BeB hat sich 1995 in einer Resolution explizit dafür ausgesprochen, dass Menschen mit schweren<br />

und mehrfachen Behinderungen die Teilhabe am Arbeitsleben in einer Werkstatt ermöglicht wird. Darin<br />

heißt es unter anderem:<br />

„Wir erklären daher, dass unsere Werkstätten diesem Personenkreis offen stehen.“<br />

18


Handbuch Berufsbildungsbereich - 19 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 19<br />

6 Struktur und Organisation der beruflichen<br />

Bildung für Menschen mit schwersten und<br />

mehrfachen Behinderungen in der Stiftung<br />

Haus Lindenhof<br />

6.1 Stellung des Berufsbildungsbereiches in der<br />

Einrichtung/ Räumliche Ausstattung<br />

In den Vinzenz von Paul-Werkstätten der Stiftung Haus Lindenhof wird durch <strong>aktionbildung</strong> ein Prozess<br />

beschrieben, in dem der Berufsbildungsbereich der WfbM durch eine Außenstelle im Förder- und<br />

Betreuungsbereich Luise von Marillac der Stiftung Haus Lindenhof erweitert wird. Dieser erweiterte<br />

Berufsbildungsbereich organisiert berufliche Bildung für Menschen mit schwersten und mehrfachen<br />

Behinderungen. Gleichzeitig soll in diesem Prozess beschrieben werden, unter welchen Bedingungen die<br />

berufliche Bildung (Personalschlüssel, Räumlichkeiten) für diesen Personenkreis angeboten werden<br />

kann. In der Vergangenheit konnten die Angebote im Berufsbildungsbereich der WfbM nicht entsprechend<br />

den Anforderungen, die der Mensch mit schwerster und mehrfacher Behinderung stellt, organisiert<br />

werden. Diese Personen fanden Aufnahme im Förder- und Betreuungsbereich Luise von Marillac<br />

der Stiftung Haus Lindenhof. <strong>aktionbildung</strong> möchte nun am Modellstandort den Weg gehen, für die<br />

Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen ein berufliches Bildungskonzept zu entwickeln.<br />

Aus diesem Grund wird der Berufsbildungsbereich der WfbM um einen Berufsbildungsbereich innerhalb<br />

des FBB erweitert, um die Kompetenzen beider Bereiche zusammenzuführen.<br />

6.1.1 In der Werkstatt für Menschen mit Behinderung<br />

Die Teilnehmer im Berufsbildungsbereich der Vinzenz von Paul-Werkstätten der Stiftung Haus Lindenhof<br />

sind der Personengruppe der Menschen mit geistiger Behinderung zugeordnet. Berufliche Bildung<br />

hat hier zwei Schwerpunkte:<br />

�<br />

Vermittlung grundlegender beruflicher Kenntnisse (Erkennen,<br />

Unterscheiden und Verarbeiten von Materialien, Montieren,<br />

Umgang mit Werkzeugen, Arbeitssicherheit etc.) und weiterfüh-<br />

rende berufliche Kenntnisse<br />

� Vermittlung sozialer Schlüsselqualifikationen (Motivation, Leistungsbereitschaft,<br />

Selbständigkeit, Mobilität, Entscheidungsfähigkeit<br />

etc.).<br />

19


Handbuch Berufsbildungsbereich - 20 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 20<br />

Berufliche Bildung orientiert sich hier an den Arbeitsangeboten der WfbM der Stiftung Haus Lindenhof.<br />

Nach einer internen modifizierten Version des DLM werden Fähigkeitsprofile der Teilnehmer erstellt.<br />

Die Fähigkeitsprofile dienen den Fachkräften im BBB als Grundlage der Begleitplanung und zur Kontrolle<br />

bzw. als Nachweis der Entwicklung.<br />

Berufliche Bildung wird hier in einem Kurssystem durchgeführt. Ein Schwerpunkt ist hier das strukturierte,<br />

angeleitete, prozessorientierte Arbeiten als Kurs „Arbeitsorganisation“. Dieser Kurs findet über<br />

die vollen zwei Jahre der Berufsbildungsmaßnahme statt. Der Mensch mit Behinderung kann somit die<br />

Arbeit als Summe von Teilprozessen besser verstehen und in Richtung QM bewusster beeinflussen.<br />

Der Berufsbildungsbereich der WfbM ist in den Räumen des Haupthauses der Vinzenz von Paul-<br />

Werkstätten untergebracht. Er umfasst zwei Gruppenräume mit einer integrierten Küche, die dem BBB<br />

als Unterrichtsraum zur Verfügung steht. Speisesaal und sanitäre Einrichtungen werden gemeinsam mit<br />

den Menschen mit Behinderung der Arbeitsbereiche genutzt.<br />

6.1.2 Im Förder- und Betreuungsbereich Luise von Marillac<br />

Der Förder- und Betreuungsbereich Luise von Marillac der Stiftung Haus Lindenhof befindet sich seit<br />

Sommer 2001 in einem separaten Gebäude auf dem Gelände der Stiftung Haus Lindenhof. Es werden<br />

dort Menschen begleitet, die in der WfbM nicht adäquat unterstützt werden können. Der FBB gliedert<br />

sich in drei nicht hierarchische Bereiche, wobei jeder Bereich offen ist und dem Menschen mit schwerster<br />

und mehrfacher Behinderung eine optimale Förderung ermöglicht:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Eingangsstufe: Die Angebote der beruflichen Bildung sind hier<br />

als grundlegende Bausteine zur Hinführung zu Beschäftigung<br />

und Arbeit zu sehen. Hier werden derzeit 39 Menschen mit<br />

schwersten und mehrfachen Behinderungen gefördert. Aufnahme<br />

in die Eingangsstufe finden alle Menschen mit einer Behinderung,<br />

die ihren Wohnbereich als primären Lebensbereich verlassen<br />

können, unabhängig ihrer körperlichen und kognitiven<br />

Entwicklung.<br />

Aufbaustufe: In die Aufbaustufe werden Menschen mit Behinderung<br />

aufgenommen, die Aufgaben erfüllen können, die über die<br />

eigene Bedürfnisbefriedigung hinausgehen und die in Kleingruppen<br />

gefördert und beschäftigt werden können. Berufliche Bildung<br />

geschieht hier schwerpunktmäßig durch das Medium Arbeit. In<br />

der Aufbaustufe werden derzeit 25 Menschen mit schwersten und<br />

mehrfachen Behinderungen gefördert.<br />

Arbeitsgruppe im Förderbereich: Hier werden Menschen mit<br />

besonderem Verhalten, v.a. Menschen, die fremd- und autoaggressives<br />

Verhalten zeigen, gefördert. Lernen geschieht hier<br />

ebenfalls schwerpunktmäßig durch das Medium Arbeit. Derzeit<br />

besuchen 19 Menschen mit Behinderung diese Gruppe.<br />

Die Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen haben im Förder- und Betreuungsbereich<br />

keinen Werkstattstatus. D.h. sie sind nicht sozialversichert und erhalten auch kein Entgelt von der<br />

Werkstatt für Menschen mit Behinderung.<br />

Für die Erweiterung des Berufsbildungsbereiches der WfbM wurden sechs Teilnehmer der Aufbaustufe<br />

ausgewählt, um einen Prozess der beruflichen Bildung für Menschen mit schwerster und mehrfacher<br />

Behinderung zu beschreiben. Das Ziel von <strong>aktionbildung</strong> ist die Teilhabe am Arbeitsleben in der Werkstatt<br />

für Menschen mit Behinderung für diese Menschen auf der Grundlage einer kompetenzorientierten<br />

Förderung.<br />

20


Handbuch Berufsbildungsbereich - 21 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 21<br />

Der erweiterte Berufsbildungsbereich für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen ist<br />

in den Räumen des FBB untergebracht. Die Räume sind mit sanitären Anlagen auf hohem pflegerischen<br />

Niveau ausgestattet. Die Essenseinnahmen werden in separaten Räumen durchgeführt.<br />

Für die berufliche Bildung steht neben den Gruppenräumen ein separater Werkraum mit einer angemessenen<br />

Ausstattung auf Grundlage ergonomischer Beschäftigungs- und Arbeitsplätze zur Verfügung.<br />

6.1.3 Raumprogramm<br />

In der Aufbaustufe des Förder- und Betreuungsbereiches Luise von Marillac der Stiftung Haus Lindenhof<br />

werden derzeit 25 Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen unterstützt. Für deren<br />

Unterstützung und die berufliche Förderung der Teilnehmer an <strong>aktionbildung</strong> stehen notwendige Räumlichkeiten<br />

zur Verfügung, die im Werkstatthaus nicht vorhanden sind.<br />

6.1.3.1 Gruppenräume<br />

Die Gruppenräume in der Aufbaustufe des FBB Luise von Marillac sind ausgelegt für 16 Plätze. Der<br />

Gruppenraumbereich kann durch eine flexible Schiebewand in 2 Räume aufgeteilt werden.<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Ruheraum/ Rückzugsmöglichkeit<br />

Dem Gruppenraum ist eine Ruhe- und Rückzugsmöglichkeit zugeordnet,<br />

die in den Gruppenraum integriert ist.<br />

Therapieräume<br />

Im FBB Luise von Marillac sind verschiedene Räume zur Einzeltherapie<br />

vorgesehen:<br />

Raum mit Kugelbad<br />

KG-Raum<br />

Schwarzlichtraum<br />

Pflegebad/ Therapiebad<br />

Raum mit Wasserklangbett<br />

Werkraum<br />

Essraum mit Kochzeile<br />

Die Küche mit dem dazugehörenden Speisesaal wird mit 25<br />

Gruppenmitgliedern genutzt. Sie ist für die Aufbaustufe an zentraler<br />

Stelle angeordnet und steht ausschließlich der Aufbaustufe<br />

zur Verfügung.<br />

Sanitärbereich<br />

Innerhalb der Räumlichkeiten der Aufbaustufe ist der Sanitärbereich<br />

angeordnet. Es stehen Toiletten im Verhältnis 1:4 zur Verfügung.<br />

Davon sind 2 Toiletten als rollstuhlgerechte WC<br />

ausgestattet.<br />

Innerhalb der Räume der rollstuhlgerechten WC ist zusätzlich je<br />

eine Duschmöglichkeit vorhanden.<br />

Für den gesamten FBB mit 83 Menschen mit schwersten und<br />

mehrfachen Behinderungen steht ein Pflegebad zur Verfügung.<br />

Die Gruppen des FBB sind mit fahrbaren Liften ausgestattet,<br />

wodurch flexible Einsatzmöglichkeiten bestehen.<br />

Mitarbeiterraum<br />

Es steht ein Mitarbeiterraum für den gesamten<br />

FBB zur Verfügung.<br />

21


Handbuch Berufsbildungsbereich - 22 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 22<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Lagerraum<br />

Jeder Gruppe des FBB steht ein Lagerraum zur Verfügung<br />

Werkraum<br />

Im FBB befindet sich ein Werkraum, der mit einer Werkbank<br />

und verschiedenen Werkzeugen ausgestattet ist. Kleinere Holzarbeiten<br />

können dort geleistet werden. Werkzeug und Werkmaterial,<br />

das nicht dort gelagert ist, kann im Ausleihverfahren von<br />

der Werkstatt bezogen werden.<br />

6.1.3.2 Bauliche Aspekte<br />

In den Räumen des FBB ist eine natürliche Belichtung der Gruppenräume gegeben. Griffe, Lichtschalter<br />

und Türen sind größtenteils rollstuhlgerecht angebracht. Eine elektrische Türöffnung ist am Haupteingang<br />

vorhanden.<br />

Die Gruppenräume sind so ausgestattet, dass ein direkter Zugang zum Außenbereich möglich ist.<br />

Die Therapieräume sind mit Markisen ausgestattet, der Schwarzlichtraum ist zusätzlich abdunkelbar.<br />

6.1.3.3 Ausstattung<br />

In den Gruppenräumen<br />

Ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen (Tische, Stühle)<br />

Abwaschbare Weichpolster verschiedener Art<br />

(Keile, Sofas, Rollen)<br />

Liegematten<br />

Werkzeuge und Kleinmaschinen als handwerkliche Grundausstattung<br />

werden in Absprache vom BBB ausgeliehen und genutzt.<br />

Im Pflegebereich<br />

Im Sanitärbereich sind Wickeltische in den Gruppen, die diese benötigen, vorhanden. Mit mobilen Liften<br />

sind alle Gruppen ausgestattet.<br />

Therapieräume<br />

Die Therapieräume sind ausgestattet mit:<br />

� Wasserklangbett<br />

� Kugelbad<br />

� Schaukelsitze und Hängematte<br />

� Anlagen für optische und akustische Effekte<br />

� Liegematten für die KG<br />

6.1.3.4 Lage innerhalb der Stiftung Haus Lindenhof<br />

Der Förder- und Betreuungsbereich Luise von Marillac der Stiftung Haus Lindenhof befindet sich seit<br />

Sommer 2001 in einem separaten Gebäude auf dem Gelände der Stiftung Haus Lindenhof.<br />

Das Gebäude befindet sich in leicht erreichbarer Nähe zu den Vinzenz von Paul-Werkstätten der Stiftung<br />

Haus Lindenhof. Die Räumlichkeiten für therapeutische Zwecke sind im Gebäude des FBB. Eine<br />

ausreichende Außenfläche in beruhigtem Bereich ist vorhanden und direkt von den Gruppenräumen aus<br />

zugänglich.<br />

22


Handbuch Berufsbildungsbereich - 23 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 23<br />

6.2 Personal/ Gruppengröße (Aktionsteam)<br />

Um die Arbeit von <strong>aktionbildung</strong> am Modellstandort Schwäbisch Gmünd zu strukturieren, wurde ein<br />

Aktionsteam gegründet. Dieses Aktionsteam setzt sich zusammen aus einer Leitungsgruppe, einem<br />

Fachkräfteteam und Beratungsmitgliedern.<br />

6.2.1 Leitungsgruppe<br />

In der Leitungsgruppe sind die Bereichsleitung Arbeit und Integration der Stiftung Haus Lindenhof, die<br />

Werkstattleitung Andragogik der Vinzenz von Paul-Werkstätten, die Einrichtungsleitung FBB Luise<br />

von Marillac, der wissenschaftliche Mitarbeiter von <strong>aktionbildung</strong>, sowie die Assistentin am Modellstandort<br />

vertreten. Die Leitungsgruppe gibt die Struktur und die Organisation für die Arbeit am Modellstandort<br />

vor. Sie koordiniert und steuert die Projektarbeit am Standort.<br />

6.2.2 Fachkräfteteam<br />

Die Fachkräfte des BBB und des FBB bilden ein projektbezogenes Team, das gleichberechtigt zusammenarbeitet.<br />

Das Fachkräfteteam ist für die praktische Umsetzung der in der Leitungsgruppe beschlossenen<br />

Bildungsinhalte verantwortlich.<br />

Im Fachkräfteteam sollen arbeitspädagogische und heilpädagogische Kompetenzen zusammengeführt<br />

werden. Hierzu bilden jeweils eine Fachkraft aus dem BBB der Vinzenz von Paul-Werkstätten und eine<br />

Fachkraft aus der Aufbaustufe des FBB Luise von Marillac ein Team. Es sind 4 Teams tätig, die jeweils<br />

die berufliche Bildung für 1-2 Teilnehmer planen und durchführen.<br />

Zusammensetzung des Fachkräfteteams:<br />

3 Fachkräfte des BBB mit den Qualifikationen<br />

� Schneiderin mit SPZ,<br />

� Dipl.Soz.Päd. (FH)<br />

� Elektriker mit SPZ<br />

4 Fachkräfte des FBB mit den Qualifikationen<br />

�<br />

�<br />

3 Heilerziehungspfleger<br />

1 Heilerziehungspfleger mit zusätzlicher<br />

handwerklicher Ausbildung<br />

Unter Beratung und Anleitung der verantwortlichen Assistentin am Modellstandort mit der Qualifikation<br />

Dipl.Soz.Päd. (FH), führen sie eine Förderdiagnostik durch, beschreiben in einem individuellen Bildungsplan<br />

die Förderziele und setzen individuelle Bildungseinheiten fest. Die festgesetzten<br />

Bildungseinheiten werden von den Fachkräfteteams im Rahmen eines Curriculums organisiert, durchgeführt<br />

und der Verlauf wird dokumentiert.<br />

Das Fachkräfteteam trifft sich 14-tägig, um Grundlegendes für die Arbeit zu besprechen und festzuschreiben.<br />

Die Treffen finden unter der Leitung der Assistentin am Modellstandort statt.<br />

Ein Ziel von <strong>aktionbildung</strong> am Modellstandort ist auch die Beschreibung der personellen Bedingungen,<br />

die für die berufliche Bildung für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen notwendig<br />

sind. Mit einem Stellenschlüssel von 1:6 im Berufsbildungsbereich und 1:12 im Arbeitsbereich kann die<br />

berufliche Bildung für diesen Personenkreis nicht organisiert werden. Die Bedürfnisse und Möglichkeiten<br />

dieser Menschen benötigen eine intensivere personelle und fachlich qualifizierte Betreuung, um<br />

deren Teilhabe am Arbeitsleben in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung zu ermöglichen. Aus<br />

diesem Anspruch heraus ergibt sich die Zusammensetzung des Fachkräfteteams.<br />

23


Handbuch Berufsbildungsbereich - 24 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 24<br />

6.2.3 Beratungsmitglieder<br />

Beratungsmitglieder des Aktionsteams sind der Qualitätsbeauftragte des Bereiches Arbeit und Integration<br />

der Stiftung Haus Lindenhof sowie der Begleitende Dienst der Vinzenz von Paul-Werkstätten. Die<br />

Vernetzung mit dem QM-Beauftragten der Einrichtung ist notwendig, um festgeschriebene Maßnahmen<br />

in das Qualitätsmanagement des Bereiches einzuarbeiten.<br />

Der Begleitende Dienst der Vinzenz von Paul-Werkstätten kann im Bedarfsfall zu Rate gezogen werden.<br />

6.2.4 Teilnehmer<br />

Durch die Leitungsgruppe wurden sechs Teilnehmer aus der Aufbaustufe des FBB vorgeschlagen. Sie<br />

bzw. deren gesetzlichen Betreuer wurden über die Ziele und Inhalte des Projektes in verständlicher<br />

Sprache unterrichtet sowie um schriftliche Zustimmung gebeten.<br />

6.2.5 Werkstattrat<br />

Der Werkstattrat wurde in einer für ihn angemessenen Form über die Inhalte und Ziele von <strong>aktionbildung</strong><br />

am Modellstandort Schwäbisch Gmünd informiert. Es wurde eine Vertrauensperson als Ansprechpartner<br />

für die Teilnehmer mit schwersten und mehrfachen Behinderungen benannt, der deren<br />

Interessen wahrnimmt. Der Werkstattrat übernimmt Verantwortung und Vertretungsaufgaben für seine<br />

Kollegen mit schwerster und mehrfacher Behinderung.<br />

6.3 Arbeitsbeziehungen<br />

6.3.1 Arbeitsbeziehungen der Leitungsgruppe<br />

Die Mitglieder der Leitungsgruppe haben in allen projektrelevanten Belangen ein umfassendes Informationsrecht<br />

bzw. eine umfassende Informationspflicht. Projektbezogene Informationen werden den Mitgliedern<br />

rechtzeitig vor einem Leitungstreffen durch die verantwortliche Assistentin zur Verfügung<br />

gestellt. Demgegenüber erhält die Assistentin alle relevanten Informationen, die für die erfolgreiche<br />

Durchführung der Projektarbeit am Modellstandort notwendig sind. Die Assistentin ist –soweit es ihre<br />

projektbezogene Tätigkeit betrifft- ständiger Ansprechpartner der Leitungsgruppe.<br />

Die Leitungsgruppe trifft sich regelmäßig, spätestens alle acht Wochen, um die Projektarbeit zu unterstützen.<br />

Werkstattleitung Andragogik, Leitung des FBB und Projektleitung bilden eine Schnittstelle, die fachliche<br />

Inhalte und Umsetzungsstrategien der Projektarbeit beschreibt. Die Projektleitung hat in fachlichen<br />

Fragen ein Vorschlagsrecht. Bestehende Dienstvorgesetztenfunktionen bleiben dabei unberührt.<br />

Optional nimmt der Qualitätsmanagementbeauftragte der Werkstatt an den Leitungstreffen teil. Er<br />

überprüft Fragen der Prozessentwicklung und berät die Leitungsgruppe bezüglich der werkstattinternen<br />

Zielvorgaben.<br />

Der Vertreter des Werkstattrates hat das Recht, an den Sitzungen der Leitungsgruppe teilzunehmen<br />

(siehe auch 6.3.4 Arbeitsbeziehungen des Werkstattrates, S.23).<br />

6.3.2 Arbeitsbeziehungen der Fachkräfte<br />

Die verantwortliche Assistentin koordiniert die Fachkräfteteamsitzungen. Sie informiert die Fachkräfte<br />

über einzuführende Bildungsinhalte und ist in fachlichen Fragen (Diagnostik, Förder- und Unterstützungstechniken,<br />

Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitshilfsmitteln, etc.) Ansprechpartner.<br />

In regelmäßigen Teamsitzungen, spätestens nach 14 Tagen, werden die einzuführenden Bildungsinhalte<br />

in enger Abstimmung besprochen bzw. auf ihre Anwendbarkeit hin überprüft. Besonders im Hinblick auf<br />

die individuellen Bedürfnisse der Teilnehmer erfolgt ein intensiver Austausch.<br />

24


Handbuch Berufsbildungsbereich - 25 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 25<br />

Alle getesteten sowie eingeführten Bildungsinhalte werden durch das Fachkräfteteam dokumentiert. Die<br />

Assistentin sammelt und ordnet die vom Fachkräfteteam dokumentierten Ergebnisse für die Leitungsgruppe.<br />

Es ist notwendig, dass jede Fachkraft die Anforderungen der Praxis kennt. Falls erforderlich, haben die<br />

Fachkräfte die Aufgabe Hospitationen (Dauer individuell) im jeweils fachfremden Bereich durchzuführen.<br />

Praktische Inhalte sollen erfahren und entsprechendes Fachwissen eingebracht werden. Dies soll<br />

den Austausch zwischen den Fachkräften weiter intensivieren.<br />

Die Hospitationen werden durch die Assistentin in Absprache mit den Leitungen WfbM/FBB koordiniert.<br />

Die Fachkräfte haben ferner die Aufgabe, die Teilnehmer bzw. deren gesetzliche Betreuer über den<br />

Verlauf der Projektarbeit in verständlicher Sprache zu informieren.<br />

Bei Bedarf, vor allem in der Anfangsphase, nehmen Leitung WfbM/FBB und Projektleitung an den<br />

Fachkräfteteamsitzungen teil.<br />

Optional besteht die Möglichkeit, dass der Begleitende Dienst der Werkstatt die Fachkräfteteamsitzungen<br />

unterstützt.<br />

6.3.3 Arbeitsbeziehungen der Teilnehmer<br />

Die Teilnehmer sollen während der Projektlaufzeit mehrmals die Gelegenheit erhalten, den Berufsbildungsbereich<br />

und den Arbeitsbereich der Vinzenz von Paul-Werkstätten kennen zu lernen. In Form von<br />

Praktika sollen sie erlernte Fähigkeiten und Fertigkeiten in der Werkstatt umsetzten können. Fachkräfte<br />

des Arbeitsbereiches werden hierbei vom projektbezogenen Fachkräfteteam begleitet.<br />

6.3.4 Arbeitsbeziehungen des Werkstattrates<br />

Der Werkstattrat wird fortlaufend über die projektbezogenen Inhalte in verständlicher Sprache durch<br />

die Assistentin und/oder die Projektleitung informiert. Der Werkstattratsvertreter für den BBB hat<br />

umfassendes Informationsrecht. Seine Mitwirkung wird durch die im Werkstattvertrag geregelten Rechte<br />

beschrieben. Soweit nicht bereits geregelt hat er das Recht, an allen Sitzungen der Leitungsgruppe<br />

gleichberechtigt teilzunehmen.<br />

Die Projektleitung stellt dem Vertreter bei Bedarf alle notwendigen Informationen in verständlicher<br />

Sprache zur Verfügung.<br />

6.4 Notwendige Partner/ Vernetzung<br />

Die Durchführung der projektbezogenen Tätigkeiten soll durch die Einbindung von Partnern unterstützt<br />

werden.<br />

<strong>aktionbildung</strong> sucht regionale Projektpartner, deren Kompetenzen und Erfahrungen genutzt werden<br />

können (z.B. Schulen, Fachkräfte des Arbeitsbereiches, Werkstätten für Menschen mit schwersten und<br />

mehrfachen Behinderungen der Region).<br />

Gleichzeitig ist die Assistentin Ansprechpartnerin für überregionale Projektpartner, die <strong>aktionbildung</strong><br />

am Modellstandort Schwäbisch Gmünd unterstützen wollen. Ziel ist ein intensiver Austausch von praktischen<br />

Erfahrungen und didaktischem Material.<br />

6.4.1 Martinusschule der Stiftung Haus Lindenhof<br />

Die Martinusschule hat im Rahmen eines Projektes „Unterstützte Kommunikation“ für alle Schüler der<br />

Martinusschule eingeführt (siehe auch 7.3.1 Unterstützte Kommunikation, S.37). Sowohl die Schulleitung<br />

als auch die Mitarbeiter der Martinusschule haben ein großes Interesse an den Zielen und Aufgaben<br />

von <strong>aktionbildung</strong>, um die in der Grundlage erarbeiteten Kommunikationsformen für jeden Schüler<br />

in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung weitergeführt zu wissen. Schulleitung und Mitarbeiter<br />

der Martinusschule unterstützen die Arbeit von <strong>aktionbildung</strong> durch Fortbildungsveranstaltungen im<br />

25


Handbuch Berufsbildungsbereich - 26 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 26<br />

Bereich „Unterstützte Kommunikation“. <strong>aktionbildung</strong> möchte am Modellstandort die Arbeit der Martinusschule<br />

mit dem FBB hinsichtlich „Unterstützer Kommunikation“ vernetzen.<br />

6.4.2 Der Heilpädagogisch-Psychologische Dienst des<br />

Bereiches Wohnen für Menschen mit Behinderung<br />

der Stiftung Haus Lindenhof (HPD)<br />

Der HPD des Bereiches Wohnen für Menschen mit Behinderung der Stiftung Haus Lindenhof wurde<br />

über die Ziele von <strong>aktionbildung</strong> und der Arbeit am Modellstandort Schwäbisch Gmünd informiert. Der<br />

HPD erstellt eine Basisdiagnostik für alle 6 Teilnehmer. Die Formulierung von individuellen Bildungszielen<br />

soll hiermit optimiert werden. Der HPD unterstützt <strong>aktionbildung</strong> hinsichtlich der Basisdiagnostik<br />

und der Ressourcenfindung.<br />

6.4.3 Der medizinische Dienst der Stiftung Haus Lindenhof<br />

<strong>aktionbildung</strong> konnte am Modellstandort den Medizinischen Dienst der Stiftung Haus Lindenhof als<br />

Partner gewinnen. Das medizinische Wissen über Ressourcen hinsichtlich Art und Entwicklung der<br />

Behinderung ist für die Formulierung von Förderzielen äußerst wichtig. Auch die Auswahl der didaktischen<br />

Methoden kann durch die Einbindung des Medizinischen Dienstes optimiert werden.<br />

6.4.4 Wohnbereich/ Angehörige<br />

Die Mitarbeiter der Wohnbereiche und die Angehörigen der Teilnehmer werden in regelmäßigen Abständen<br />

über den Stand der Arbeit von <strong>aktionbildung</strong> informiert. Hierbei ist es von großer Bedeutung,<br />

das Wissen der Angehörigen und Wohngruppenmitarbeiter um die Leistungsfähigkeit, die Fähigkeiten<br />

und Fertigkeiten der Teilnehmer in die Bildungspläne mit einzubinden.<br />

6.4.5 Arbeitskreis zur beruflichen Bildung für Menschen<br />

mit schwersten und mehrfachen Behinderungen<br />

<strong>aktionbildung</strong> hat am Modellstandort Schwäbisch Gmünd die Bildung eines Arbeitskreises initiiert, der<br />

sich mit der beruflichen Bildung für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen beschäftigt.<br />

<strong>aktionbildung</strong> unterstützt hier den Erfahrungsaustausch und die Bündelung von Wissen zur Sammlung<br />

von didaktischem Material.<br />

Darüberhinaus verfolgt <strong>aktionbildung</strong> ein weiteres Ziel im Rahmen dieses Arbeitskreises: Die Formulierung<br />

einer sozialpolitischen Aussage, welche die Diskussion über die Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen<br />

mit schwersten und mehrfachen Behinderungen weiter vorantreibt. Zudem soll die Fortschreibung<br />

der Werkstättenverordnung für diesen Personenkreis angestoßen werden.<br />

Mitglieder des Arbeitskreises sind.<br />

� v. Bodelschwingsche Anstalten Bethel, proWerk,<br />

Bielefeld (NRW)<br />

� Mühltal-Werkstätten der Nieder-Ramstädter Diakonie,<br />

Mühltal (H)<br />

� Johannes-Anstalten Mosbach, Schwarzacher Hof,<br />

Schwarzach (BW)<br />

� Diakonie Werkstätten der kreuznacher diakonie,<br />

Bad Kreuznach (RLP)<br />

� Ledder Werkstätten des Diakonischen Werkes im Kirchenkreis<br />

Tecklenburg, Tecklenburg (NRW)<br />

� Stiftung Haus Lindenhof,<br />

Schwäbisch Gmünd (BW)<br />

26


Handbuch Berufsbildungsbereich - 27 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 27<br />

<strong>aktionbildung</strong> organisiert und unterstützt Arbeitstreffen des Arbeitskreises sowohl auf Leitungs- als<br />

auch auf Fachkräfteebene.<br />

Werkstufenlehrer<br />

bereits geleistete<br />

Ansätze<br />

Medizin. Dienst<br />

Wissen über<br />

Ressourcen<br />

FBB<br />

Tagesförderstätte<br />

Bildungspläne<br />

6.5 Erfolgsfaktoren<br />

6.5.1 Demokratisierung<br />

Schule<br />

unterstützte<br />

Kommunikation<br />

externe<br />

Bildungsträger<br />

methodische Inhalte<br />

BBB<br />

arbeitspädagogische<br />

Kompetenzen<br />

WfbM<br />

Arbeitskreis<br />

Eltern/Wohnbereich<br />

Wissen über Erfahrungswerte<br />

und individuelle<br />

Leistungsfähigkeit<br />

Sammeln von Erfahrungswissen,<br />

Ressourcen,Methoden, Konzepten,<br />

didaktischem Material<br />

Zusammenführung der Kompetenzen<br />

Arbeitspädagogik und Heilpädagogik<br />

Erstellen von Bildungsprofilen<br />

Analyse von Fähigkeiten<br />

Werkstattrat<br />

Mitwirkung, Engagement<br />

für schwer- u.<br />

mehrfachbehin<br />

derte Kollegen<br />

HPD<br />

Diagnose,<br />

Ressourcenfindung<br />

Arbeitsbereiche<br />

Beispiele über<br />

Unterstützungsmöglichkeiten<br />

Der Erfolg von <strong>aktionbildung</strong> wird durch gute Planung unterstützt. Diese setzt die Zusammenarbeit<br />

aller am Projekt beteiligten Personen voraus.<br />

Die Leitungsgruppe schreibt nicht nur vor, sie arbeitet vor allen Dingen zu.<br />

6.5.2 Offenheit<br />

Positive Grundeinstellung, Einsatzbereitschaft und Flexibilität sind die Voraussetzungen für die Zusammenarbeit<br />

im Fachkräfteteam. Das Fachkräfteteam versteht sich als lernendes offenes Kollegium,<br />

das von gegenseitigen Kompetenzen und externem Wissen profitiert. Die von der Leitungsgruppe geschaffenen<br />

Rahmenbedingungen erlauben jeder Fachkraft ein Optimum an Entscheidungsfreiheit. Diese<br />

muss sie nutzen.<br />

6.5.3 Motivation<br />

<strong>aktionbildung</strong> ist für jede beteiligte Person eine Chance, die Praxis der beruflichen Bildung zu bereichern.<br />

Etwas bewegen meint, es wirklich zu wollen!<br />

BBW<br />

27


Handbuch Berufsbildungsbereich - 28 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 28<br />

6.5.4 Realismus<br />

Erfolgreich sein heißt nicht nur zu wissen, wie es geht. Auch zu wissen, was noch nicht geht, ist ein<br />

Ergebnis! Für die projektbezogene Tätigkeit muss selbstkritisch und reflektiert gearbeitet werden.<br />

6.5.5 Fort- und Weiterbildung der Fachkräfte<br />

Fort- und Weiterbildung sind Voraussetzung für qualifiziertes Arbeiten. <strong>aktionbildung</strong> organisiert hierfür<br />

entsprechende Maßnahmen, die für die Durchführung des Projektes notwendig sind. Die Fachlichkeit<br />

der Fachkräfte soll durch Einbeziehung unterschiedlicher Kompetenzen erhöht werden.<br />

Inhalte und Methoden der Weiterbildung:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Einzelgespräche mit der Assistentin hinsichtlich der Erstellung<br />

von Bildungsplänen und Beschreibung der Bildungseinheiten<br />

Fachkräfteteamsitzungen: in regelmäßigen Teamsitzungen werden<br />

die einzuführenden Bildungsinhalte in enger Abstimmung<br />

besprochen bzw. auf die Anwendbarkeit überprüft; Klärung von<br />

fachlichen Fragen (Diagnostik, Förder- und Unterstützungstechniken,<br />

Arbeitsplatzgestaltung, Hilfsmittel etc.)<br />

Zusammenführung der Kompetenzen der Fachkräfte aus dem<br />

arbeitspädagogischen und heilpädagogischen Bereich<br />

Hospitationen der Fachkräfte in fachfremden Bereichen<br />

Einarbeitung in das PC-Programm zur Förderdiagnostik<br />

Fortbildung zum Thema „Größtmögliche Qualifizierung in<br />

kleinstmöglichen Schritten“ nach dem „Handbuch zur beruflichen<br />

Bildung: Arbeiten in kleinsten Schritten“ der kreuznacher<br />

Diakonie, Anleitung zum Marionettenbau<br />

Fortbildung zum Thema „Unterstützte Kommunikation“ durch<br />

Mitarbeiter der Martinusschule der Stiftung Haus Lindenhof<br />

6.6 Zielüberprüfung<br />

Um Umsetzungsstrategien für die berufliche Bildung für Menschen mit schwersten und mehrfachen<br />

Behinderungen realistisch beurteilen zu können, ist die Nachvollziehbarkeit aller Prozesse notwendig.<br />

Deshalb werden sämtliche projektbezogenen Arbeitsschritte schriftlich dokumentiert. Alle Notizen,<br />

Protokolle, Entwicklungsberichte, Diagnosebögen, Medien, etc. werden der Assistenten zur Verfügung<br />

gestellt. Die Assistentin sammelt und ordnet alle Dokumente und Medien für <strong>aktionbildung</strong>.<br />

In den individuellen Bildungsplänen sind für jeden Teilnehmer Ziele verbindlich festgelegt. Diese werden<br />

in einem viermonatigen Abstand überprüft. Das Ergebnis wird schriftlich dokumentiert und im Einzelfall<br />

werden die Ziele überarbeitet, fortgeschrieben oder neu formuliert.<br />

Für die Dokumentation der Zielüberprüfung können folgende Fragestellungen hilfreich sein (Zitat aus<br />

„Förderung von Menschen mit schwersten Behinderungen in Werkstätten für Behinderte; Orientierungshilfe<br />

für die Arbeit in der Diakonie; Herausgeber: BeB).<br />

Ist das Ziel erreicht?<br />

Gab es Nebenwirkungen?<br />

Welche Gründe waren dafür ausschlaggebend,<br />

wenn das Ziel nicht erreicht wurde?<br />

Lag es an der Methodik, war die Zeit zu kurz,<br />

waren die Lernschritte zu groß etc.?<br />

War das Ziel richtig?<br />

Überlegungen von Konsequenzen<br />

28


Handbuch Berufsbildungsbereich - 29 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 29<br />

Wenn das Ziel nicht erreicht ist, sind verschiedene Alternativen zu erörtern:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Austausch und Umformulierung von Förderzielen<br />

Durchführung verlängern<br />

Einsatz von Hilfsmitteln überdenken<br />

Wenn das Förderziel erreicht ist, sollen folgende Fragen überdacht werden:<br />

Sind neue Ziele zu erstellen?<br />

Soll das Erreichte noch weiter gefestigt werden?“<br />

29


Handbuch Berufsbildungsbereich - 30 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 30<br />

7 Praxis der beruflichen Bildung für Menschen<br />

mit schwersten und mehrfachen Behinderungen<br />

Das Ziel der Berufsbildungsmaßnahme ist die Teilhabe am Arbeitsleben der Werkstatt für Menschen<br />

mit Behinderung durch eine kompetenzorientierte Förderung für die Menschen mit schwersten und<br />

mehrfachen Behinderung.<br />

Der Berufsbildungsmaßnahme muss für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen ein<br />

dreimonatiges Eingangsverfahren vorgeschaltet sein. Die Dauer der Berufsbildungsmaßnahme von 2<br />

Jahren ist für diesen Personenkreis unabdingbar notwendig.<br />

Es ist Ziel der Berufsbildungsmaßnahme, dass jeder Teilnehmer ein Gesellenstück erstellt, das eine<br />

Qualifizierung in kleinstmöglichen Schritten zu unterschiedlichen Arbeitsinhalten ermöglicht. <strong>aktionbildung</strong><br />

hat am Modellstandort Schwäbisch Gmünd entschieden, dass dieses Gesellenstück eine Marionette<br />

sein wird, hergestellt nach dem „Handbuch zur beruflichen Bildung: Arbeiten in kleinsten Schritten“<br />

der kreuznacher diakonie. (siehe Anlage 9.6.1 Lernen in kleinsten Schritten, S.67)<br />

Rahmenplan NRW<br />

Unterstützte<br />

Kommunikation<br />

Arbeiten in<br />

kleinsten Schritten<br />

als Grundlage der kompetenz-<br />

orientierten Förderung<br />

Eingangsdiagnostik im<br />

Eingangsverfahren, bzw.<br />

in der Aufbaustufe FBB<br />

nach S/PAC oder P/PAC<br />

Festlegen von Förderzielen<br />

in individuellem<br />

Bildungsplan<br />

Kompetenzorientierte<br />

Förderung mit dem<br />

Ziel der Teilhabe am<br />

Arbeitsleben in<br />

einer WfbM<br />

Analyse von Fähigkeiten<br />

Erstellen eines Bildungsprofils<br />

Inhaltliche Anpassung der<br />

didaktischen Methoden/Maßnahmen<br />

an individuelle Fähigkeiten<br />

30


Handbuch Berufsbildungsbereich - 31 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 31<br />

7.1 Eingangsverfahren<br />

7.1.1 Inhalte<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Kennenlernen des Fachpersonals und der Räumlichkeiten. Tragfähige<br />

Beziehungen müssen aufgebaut werden.<br />

Basisdiagnostik durch den Heilpädagogisch-Psychologischen<br />

Dienst des Bereiches Wohnen der Stiftung Haus Lindenhof unter<br />

Einbeziehung des medizinischen Dienstes, der Angehörigen und<br />

Wohngruppenmitarbeiter der Teilnehmer<br />

Individuelle Kompetenzfindung nach dem S/PAC, S/PAC-1 oder<br />

S/PAC-2 durch die Fachkräfte BBB und FBB sowie durch Kontakt<br />

mit dem HPD, dem medizinischen Dienst der Einrichtung,<br />

den Angehörigen und den Wohngruppenmitarbeitern der Teilnehmer<br />

Erstellen eines Bildungsprofils mit Festlegung individueller Bildungsziele<br />

und Bildungseinheiten<br />

Um diese Inhalte durchführen und umsetzen zu können, ist ein dreimonatiges Eingangsverfahren unbedingt<br />

notwendig.<br />

7.1.2 Zeitlicher Ablauf<br />

2 Wochen Eingewöhnungs- und Kennenlernphase<br />

8 Wochen Basisdiagnostik durch den HPD; parallel hierzu Förderdiagnostik der Fachkräfte<br />

2 Wochen Analyse der Ergebnisse und Festlegung des individuellen Bildungsplanes<br />

7.1.3 Schwerpunktbegleitung (Teambildung)<br />

Je eine Fachkraft aus BBB und FBB bilden ein Team, das mindestens 1-2 Teilnehmer während der<br />

Projektlaufzeit schwerpunktmäßig begleitet.<br />

Die Schwerpunktbegleiter sind Ansprechpartner für alle individuellen Fragen der beruflichen Bildung.<br />

Sie stehen im intensiven Austausch mit dem Teilnehmer und den ihn unterstützenden Personen. Ihre<br />

Aufgabe ist die möglichst genaue Analyse der Fähig- und Fertigkeiten sowie die Beschreibung der Bildungsplanung,<br />

die für die anderen unterstützenden Fachkräfte verbindlich ist.<br />

Die Schwerpunktbegleiter wenden sich in projektbezogenen fachlichen Fragen an die Assistentin. Diese<br />

schlägt zeitnah den entsprechenden Lösungsweg vor.<br />

7.1.4 Förderdiagnostik<br />

Die Diskussion über den Gehalt der Förderdiagnostik wurde bereits in Kapitel 3.2 angerissen.<br />

Für die Arbeit am Modellstandort Schwäbisch Gmünd ist Förderdiagnostik „ein Beobachtungsverfahren,<br />

das als Bezugspunkt den momentanen Entwicklungsstand“ des Menschen mit schwerster und mehrfacher<br />

Behinderung nimmt. Hierzu gehört auch die „individuelle Lerngeschichte und Lebenserfahrung“<br />

des Menschen mit schwerster und mehrfacher Behinderung.<br />

Daneben ist Förderdiagnostik auch das „Ergebnis und die Beschreibung der Beziehung“ der im Bildungsprozess<br />

zusammenarbeitenden Personen. (vgl. BeB 1999)<br />

Ein wesentlicher Punkt ist, dass Förderdiagnostik „kein einmaliger Vorgang zu Beginn einer Förderung“<br />

sein darf, sondern vielmehr eine „fortlaufende Aufgabe“ während des gesamten Bildungsprozesses<br />

sein muss. Dies ist besonders wichtig, da der Mensch mit schwersten und mehrfachen Behinderungen<br />

während des Bildungsprozesses ständig eine Entwicklung durchläuft, die es notwendig macht, „die Diagnose<br />

immer wieder dem Entwicklungsstand anzupassen, Bildungsziele zu überprüfen und gegebenenfalls<br />

zu korrigieren.“<br />

31


Handbuch Berufsbildungsbereich - 32 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 32<br />

7.1.4.1 Der S/PAC als Grundlage<br />

Für die Diagnostik der individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten werden die Formulare der S/PAC-<br />

Reihe verwendet. Diese enthalten Items, die als Entwicklungsschritte für Menschen mit schwersten und<br />

mehrfachen Behinderungen entwickelt worden sind. Die Verwendung der S/PAC-Formulare ermöglicht<br />

die Einschätzung der Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Erfassung und Darstellung des Hilfebedarfes des<br />

Teilnehmers und hilft bei der Hilfeplanung und Dokumentation des Bildungsprozesses.<br />

<strong>aktionbildung</strong> arbeitet mit dem PC-Programm „PAC IT“ entwickelt von Thomas Hanna und Andreas<br />

Hibbeler. Diese PC-Version erleichtert die Dokumentation der Erhebung ganz entscheidend. (s. Anlage<br />

9.6.2 PAC-IT, S.93)<br />

<strong>aktionbildung</strong> hat sich bewusst für die Formulare des S/PAC entschieden, obwohl der PAC in den letzten<br />

Jahren immer wieder in die Kritik geraten ist. Zunehmend wird der PAC als veraltet bezeichnet.<br />

<strong>aktionbildung</strong> sieht sehr wohl, dass die Erhebungen defizitorientiert sind und weniger die bereits vorhandenen<br />

Fähigkeiten und Fertigkeiten der Teilnehmer, die es zu erhalten gilt, herausstellen. Ebenso<br />

ergeben die Erhebungen kein umfassendes Bild für Menschen, die ihre körperlichen Möglichkeiten nicht<br />

umsetzen können, d.h. bei denen Antriebslosigkeit, mangelnde Flexibilität oder mangelndes Durchhaltevermögen<br />

im Vordergrund stehen. Trotzdem hat sich <strong>aktionbildung</strong> für den Einsatz dieses Diagnoseinstrumentes<br />

entschieden.<br />

Denn: Einerseits erleichtert die PC-Version die Erhebung der Ressourcen der Teilnehmer erheblich. Die<br />

Items können auf einem Blankobogen vermerkt werden. Innerhalb des Gruppenalltags bzw. des Arbeitsprozesses<br />

lassen sich die Beobachtungen sehr konkret durchführen. Die Gefahr von Zuschreibungen wird<br />

dadurch reduziert. Die Übertragung der Items erfolgt dann am PC. Sofort erhält die Fachkraft eine<br />

graphische Auswertung der Daten. Diese Darstellung vermittelt die erhobenen Ressourcen der Teilnehmer.<br />

In einer Fachkräfteteamsitzung können diese zwischen den Kollegen diskutiert und mit den Einschätzungen<br />

der einzelnen Fachkräfte abgeglichen werden.<br />

Andererseits steht derzeit kein anderes geeignetes Instrument zur Erhebung von arbeitsrelevanten Fertig-<br />

und Fähigkeiten von Erwachsenen mit schweren und mehrfachen Behinderungen zur Verfügung.<br />

<strong>aktionbildung</strong> ist hier auf der Suche nach einer Alternative.<br />

7.1.4.2 Weitere Instrumente der Ressourcenanalyse<br />

Um die individuelle Bildungsplanung optimal formulieren zu können, ist es notwendig neben den Beobachtungen<br />

der Fachkräfte, auch das Wissen anderer mit den Teilnehmern agierender Personen mit-<br />

einzubeziehen. Nur so kann ein umfassendes Bild über die Entwicklung und die Fähigkeiten der Menschen<br />

mit schwersten und mehrfachen Behinderungen entstehen und kann die Auswahl der Bildungsziele<br />

und didaktischen Materialien optimal festgesetzt werden.<br />

Hierzu gehören das Wissen von:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

HPD im Rahmen der Basisdiagnostik<br />

Medizinischem Dienst hinsichtlich Ursache und<br />

Entwicklung der Behinderung<br />

Erfahrungen um die Leistungsfähigkeit der<br />

Teilnehmer von Angehörigen und<br />

Wohngruppenmitarbeitern<br />

Erfahrungen der Werkstufenlehrer hinsichtlich<br />

der Ansätze der Lernfähigkeit<br />

7.1.5 Erstellung des Bildungsprofils (Zielbestimmung)<br />

Mit der Erstellung eines individuellen Bildungsprofils durch die Fachkräfte soll der Übergang des Teilnehmers<br />

vom Eingangsverfahren in den Berufsbildungsbereich festgeschrieben werden.<br />

Auf Grundlage der oben beschriebenen Erhebungen werden Ziele für den Teilnehmer formuliert, die es<br />

ihm ermöglichen sollen, am Arbeitsleben in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung teilzunehmen.<br />

Die Ziele dienen dem Erhalt, der Festigung und dem Ausbau der bereits erlernten Fähigkeiten, sollen<br />

aber auch weitere Entwicklungspotentiale von noch nicht erlernten Fähigkeiten berücksichtigen. Um die<br />

32


Handbuch Berufsbildungsbereich - 33 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 33<br />

Ganzheitlichkeit der Person zu erfassen, werden Ziele aus dem arbeitstechnischen Bereich und aus dem<br />

Bereich der Persönlichkeitsentwicklung formuliert.<br />

In der Erstellung des Bildungsprofils geht es darum, welche Ziele im Vordergrund stehen. Gleichzeitig<br />

müssen die individuellen Bedürfnisse, die Interessenslagen und individuellen Lernweisen des Teilnehmers<br />

mit einfließen.<br />

7.1.6 Individueller Bildungsplan<br />

Im individuellen Bildungsplan werden die Förderziele konkret geplant und festgelegt. Die in Frage<br />

kommenden didaktischen Methoden werden ausgewählt und festgeschrieben. Die Bildungseinheiten<br />

werden im Rahmen des Wochenplanes festgelegt, ebenso die Form der Bildungseinheiten (Einzel- oder<br />

Gruppenförderung).<br />

7.1.7 Dokumentation<br />

Der Bildungsverlauf der einzelnen Teilnehmer wird schriftlich dokumentiert.<br />

Hierzu gehören:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

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Dokumentation der Basisdiagnostik<br />

Dokumentation der Förderdiagnostik anhand<br />

der S/PAC-Formulare<br />

Dokumentation der festgelegten Ziele<br />

Dokumentation der didaktischen Methoden<br />

Dokumentation der festgelegten Bildungseinheiten<br />

im Rahmen von Tages- und Wochenplänen<br />

Verlaufsdokumentation der Bildungseinheiten<br />

unter Berücksichtigung besonderer Umstände,<br />

individueller Hilfsmittel, Befindlichkeiten etc.<br />

Die festgelegten Ziele und didaktischen Methoden werden in einem auf Qm-Grundlage der Stiftung Haus<br />

Lindenhof entworfenen Formular dokumentiert. In einem Aktivitätenprotokoll wird der Verlauf jeder<br />

Bildungseinheit schriftlich festgehalten. Somit kann für jeden Teilnehmer ein Tätigkeitsnachweisheft<br />

entstehen, in dem jeder Entwicklungsschritt nachvollziehbar wird. (siehe auch Anlage 9.4 Dokumentationsbögen<br />

zur Bildungsplanung, S.52)<br />

7.2 Berufsbildungsbereich<br />

7.2.1 Das erste Jahr der beruflichen Bildungsmaßnahme<br />

Nachdem die individuellen Bildungsziele und Bildungseinheiten im Eingangsverfahren festgelegt wurden,<br />

werden die individuellen Curricula mit Inhalten gefüllt.<br />

Folgende Inhalte bilden im ersten Jahr der Berufsbildungsmaßnahme den Schwerpunkt:<br />

Gewöhnung des Teilnehmers an einen Arbeitsrhythmus, der sich<br />

im Tages- und Wochenplan niederschlägt.<br />

Beginn der Arbeit am Marionettenbau<br />

Kennenlernen von verschiedenen Arbeitsmaterialien<br />

Kennenlernen von verschiedenen Arbeitstechniken<br />

Kennenlernen von einfachen Werkzeugen<br />

Erarbeitung von Grundlagen in der Arbeitssicherheit/<br />

Unfallverhütung in einer für den Teilnehmer<br />

angemessenen Form<br />

Entwicklung, Ausbau und Erhalt/Festigung der<br />

Wahrnehmungsfähigkeit<br />

33


Handbuch Berufsbildungsbereich - 34 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 34<br />

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Entwicklung, Ausbau und Erhalt/ Festigung von<br />

Fähigkeiten der lebenspraktischen Selbständigkeit<br />

Entwicklung, Ausbau und Erhalt/ Festigung von<br />

Fähigkeiten aus dem motorischen Bereich<br />

Unterstützung in der sozialen Handlungskompetenz<br />

Entwicklung, Ausbau und Erhalt/ Festigung von Kommunikationsfähigkeiten.<br />

Es soll das Ziel sein, mit unterstützter Kommunikation<br />

die bereits erlernten Fähigkeiten aus der Schule in<br />

diesem Bereich fortzuführen und weiter zu entwickeln. Jeder<br />

Teilnehmer soll während der Berufsbildungsmaßnahme eine für<br />

ihn angemessene Kommunikationsform an die Hand bekommen.<br />

Ständige Überprüfung und Fortschreibung der Bildungsziele mit<br />

Hilfe von förderdiagnostischen Methoden (S/PAC).<br />

7.2.2 Das zweite Jahr der beruflichen Bildungsmaßnahme<br />

Die individuellen Bildungsziele müssen ständig überprüft und fortgeschrieben werden. Dies ist unbedingt<br />

erforderlich, um dem Teilnehmer eine Teilhabe am Arbeitsleben in der Werkstatt für Menschen mit<br />

Behinderung zu ermöglichen. Daher müssen die Inhalte des ersten Jahres weitergeführt, vertieft und<br />

gefestigt werden.<br />

Folgende Inhalte bilden den Schwerpunkt des zweiten Jahres der Berufsbildungsmaßnahme:<br />

Festigung des Arbeitsrhythmus<br />

Weiterführung der Arbeit am Marionettenbau<br />

Kennenlernen von weiteren Arbeitstechniken<br />

Kennenlernen von weiteren Werkzeugen<br />

Kennenlernen von einfachster Maschinenarbeit<br />

Weiterführung der Grundlagen in Arbeitssicherheit/<br />

Unfallverhütung<br />

Vertiefung und Festigung der Wahrnehmungskompetenzen<br />

Vertiefung und Festigung der Fähigkeiten der lebenspraktischen<br />

Selbständigkeit<br />

Vertiefung und Festigung der Fähigkeiten<br />

im motorischen Bereich<br />

Vertiefung und Festigung der sozialen Handlungskompetenzen<br />

Vertiefung und Festigung der Kommunikationsfähigkeit; weiterhin<br />

Ziel: die Erarbeitung einer angemessenen Kommunikationsform<br />

für jeden Teilnehmer<br />

Ständige Überprüfung und Fortschreibung der Bildungsziele<br />

34


Handbuch Berufsbildungsbereich - 35 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 35<br />

Eingangsverfahren<br />

Dauer: 3 Monate<br />

Kennenlernen der Räumlich-<br />

keiten und der Fachkräfte<br />

Basisdiagnostik durch HPD<br />

und medizinischen Dienst<br />

Analyse von Fähigkeiten<br />

anhand S/PAC und P/PAC,<br />

Kontakten zu angehörigen<br />

Wohngruppen<br />

Erstellen eines Fähigkeits-<br />

und Bildungsprofils<br />

Festlegung der Förderziele in<br />

individuellen Bildungsplänen<br />

Berufsbildungsbereich<br />

Grundkurs<br />

Dauer: 12 Monate<br />

Kennenlernen von verschiede-<br />

nem Arbeitsmaterial und einfa-<br />

chen Werkzeugen<br />

Grundlagen in<br />

Arbeitssicherheit/Unfallschutz<br />

Erstellen eines Gesellenstückes<br />

-> Arbeit in kleinsten Schritten<br />

Vermittlung (Erwerb, Erhalt<br />

Ausbau) von motorischen Fä-<br />

higkeiten<br />

Erwerb, Vermittlung, Ausbau<br />

einer für jeden Teilnehmer<br />

angemessenen Kommunikati-<br />

onsform durch unterstützte<br />

Kommunikation<br />

Entwicklung sozialer Fähigkei-<br />

ten und Kompetenzen<br />

-> Gruppenfähigkeit<br />

-> Arbeiten im Team<br />

Ausbau von Fähigkeiten im<br />

Bereich Lebenspraxis/<br />

Selbsthilfe<br />

Ausbau eines Arbeitsrhythmus<br />

Ständige Zielüberprüfung<br />

und Analyse der erlernten<br />

Fähigkeiten<br />

7.2.3 Anvisierte Bildungsbereiche<br />

Berufsbildungsbereich<br />

Aufbaukurs<br />

Dauer: 12 Monate<br />

Wie Grundkurs<br />

Fortführung des Gesellenstückes<br />

Vertiefung und Festigung der<br />

erlernten Fähigkeiten<br />

Kennenlernen von einfacher<br />

Maschinentätigkeit<br />

Weiterer Ausbau der<br />

Kommunikationsfähigkeit<br />

Weiterförderung im<br />

Arbeitsbereich<br />

Unter Bedingungen, die den<br />

Teilnehmern ein Arbeiten<br />

ermöglichen<br />

Förderung, Ausbau, Vertie-<br />

fung der erlernten Fähigkei-<br />

ten (Motorik, Kommuni-<br />

kation, soziale Integration,<br />

Selbsthilfe) -> Begleitpläne<br />

Ständige Weiterführung<br />

der unterstützten Kommuni-<br />

kation<br />

Angebot, Förderung in<br />

Einfachsttätigkeiten<br />

-> Erweiterung des Arbeits-<br />

spektrums<br />

Festigung des Arbeitsrhythmus Teilhabe am Arbeitsleben in<br />

Praktika in anderen Bereichen<br />

Zielüberprüfung und Analyse<br />

der Fähigkeiten<br />

einer WfbM<br />

Dienstleistung<br />

Einen Schwerpunkt in der beruflichen Bildung für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen<br />

in der Stiftung Haus Lindenhof stellt der Bereich der Dienstleistungen dar.<br />

Der Teilnehmer soll die Möglichkeit erhalten, eine oder mehrere der folgenden Dienstleistungsarbeiten<br />

zu erlernen:<br />

� Botengänge<br />

� Kopiertätigkeiten<br />

� Aktenvernichtung<br />

� Pflanzenpflege im Haus<br />

Der Teilnehmer soll lernen, die Verantwortung für diese Aufgaben zu übernehmen und unter der für ihn<br />

notwendigen Hilfestellung diese Tätigkeiten weitestgehend selbständig auszuführen.<br />

35


Handbuch Berufsbildungsbereich - 36 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 36<br />

Kunsthandwerk - Marionettenbau<br />

Ein weiterer Schwerpunkt in der beruflichen Bildung für Menschen mit schwersten und mehrfachen<br />

Behinderungen ist der Marionettenbau. Dieser wird nach dem „Handbuch zur beruflichen Bildung: Arbeiten<br />

in kleinsten Schritten“ der kreuzwacher diakonie durchgeführt. Mit dem Marionettenbau wird<br />

das Ziel der größtmöglichen Qualifizierung in kleinstmöglichen Schritten angestrebt. Der Marionettenbau<br />

stellt während der beruflichen Bildungsmaßnahme die Erstellung eines „Gesellenstückes“ dar, mit<br />

dem der Teilnehmer seine erlernten Kompetenzen zum Ausdruck bringen kann.<br />

Die erlernten Tätigkeiten aus dem Marionettenbau müssen dazu führen, dass den Menschen mit<br />

schwersten und mehrfachen Behinderungen adäquate Arbeitsangebote aus der Werkstatt gemacht werden<br />

können. Die erlernten Fähigkeiten sollen neben der Übernahme von Dienstleistungen bei der<br />

Arbeit aus dem Werkstattbereich zum Tragen kommen. Diese Arbeitsaufträge müssen ebenfalls in<br />

kleinste Schritte heruntergebrochen werden, damit der Mensch mit schwerster und mehrfacher Behinderung<br />

entsprechend seinen Fähigkeiten am Arbeitsleben teilhaben kann.<br />

Auszugsweise hat der Leser der vorliegenden Handbuches die Möglichkeit, sich im Anhang über das<br />

Arbeitsbuch zum Marionettenbau zu informieren. (siehe Anlage 9.6.1 Lernen in kleinsten Schritten, S.<br />

67)<br />

7.2.4 Persönlichkeitsentwicklung<br />

In der beruflichen Bildung von Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderung nimmt die Förderung<br />

in der Persönlichkeitsentwicklung einen immens hohen Stellenwert ein. Die Ganzheitlichkeit der<br />

Person, die sich in Bereichen wie Verhalten, in Aktionen und Reaktionen zeigt, ist bei der Planung von<br />

beruflicher Bildung unerlässlich. Sie beeinflusst die Bereiche Wahrnehmung, Kommunikation, Emotionalität<br />

und Motorik ganz entschieden und muss in die Festsetzung von Bildungszielen unbedingt einfließen.<br />

Hierzu gehören die Förderung von lebenspraktischen Kompetenzen genauso wie die Förderung in<br />

sozialen Handlungskompetenzen. Die Persönlichkeitsentwicklung muss in der beruflichen Bildung von<br />

Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen den gleichen Stellenwert einnehmen wie die<br />

Bildungsbereiche, die in ihrem Ziel arbeitstechnische Kompetenzen verfolgen.<br />

7.2.5 Curriculum<br />

Für die Planung und Festsetzung von Bildungseinheiten wird ein Curriculum zu Grunde gelegt, das es<br />

den Fachkräften ermöglicht, die berufliche Bildung für die Teilnehmer exakt festzulegen. Das Curriculum<br />

ist in Module eingeteilt, für die es jeweils verschiedene Lerneinheiten gibt. Die Lerneinheiten wiederum<br />

werden in einzelne Lektionen eingeteilt. Wir möchten dies an einem Beispiel verdeutlichen:<br />

Ein Modul besteht in der Förderung der lebenspraktischen Handlungskompetenz. Eine dazugehörige<br />

Lerneinheit stellt das Erlernen des weitestgehend selbständigen Toilettengangs dar. Diese Lerneinheit<br />

beinhaltet unter anderem die Lektion des selbständigen Öffnens und Schließens von Knöpfen.<br />

Folgende Module stellen den Inhalt des Curriculums dar:<br />

7.2.5.1 Lebenspraktische Handlungskompetenz<br />

„Hilf mir, es selbst zu tun, aber tu es nicht für mich“ (Maria Montessori)<br />

Ziel ist es, den Teilnehmer in diesem Bereich weitestgehend zur Selbständigkeit zu befähigen.<br />

Zur Entwicklung und Erhaltung von lebenspraktischer Handlungskompetenz sind folgende Zielbereiche<br />

maßgeblich:<br />

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Essen und Essverhalten<br />

Körperhygiene und Körperpflege<br />

Selbständigkeit im Umgang mit der Kleidung<br />

Selbständigkeit im häuslichen und<br />

hauswirtschaftlichen Bereich<br />

Umgang mit Zeit<br />

Orientierung<br />

Selbständige Handhabung des Rollstuhles<br />

36


Handbuch Berufsbildungsbereich - 37 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 37<br />

7.2.5.2 Selbständiges Tätigwerden<br />

Anleitung und Unterstützung zum „selbst Tätigwerden“ sind ein wichtiges Ziel in der beruflichen Bildung<br />

von Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen. Wesentliche Merkmale im Tätigkeitsverhalten<br />

von Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen sind eine starke<br />

Antriebslosigkeit, mangelnde Flexibilität und ein geringes Reaktionsvermögen. Aus diesem Grund muss<br />

die berufliche Bildung hier in folgenden Bereichen ansetzen:<br />

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Körperorientierte Förderung, z.B. durch Förderung im Bereich<br />

der körperlichen Wahrnehmung<br />

Vermittlung von Umwelterfahrungen, wie z.B. Einkaufen für das<br />

Zubereiten von kleineren Mahlzeiten<br />

7.2.5.3 Arbeit und sinnvolle Tätigkeit<br />

Durch das Arbeiten an einem Produkt, wie z.B. im Marionettenbau, wird Erfolg erlebbar. Der Auf- und<br />

Ausbau sowie die Festigung eines Arbeitsrhythmus sind hierfür die Grundlage. Die Ausdauer wird dadurch<br />

wesentlich geübt. Art und Umfang der Leistungsanforderung orientieren sich an den individuellen<br />

Möglichkeiten der Teilnehmer. Durch Arbeit und sinnvolle Tätigkeit wird das Selbstwertgefühl gesteigert,<br />

in weiterem Sinne natürlich auch die Sinnfindung und die Zufriedenheit.<br />

Arbeit und sinnvolle Tätigkeit können u.a. durch folgende Bereiche entwickelt und ausgebaut werden:<br />

Marionettenbau<br />

Arbeiten im Dienstleistungsbereich<br />

Einüben und Vertiefen von verschiedenen<br />

Arbeitstechniken<br />

Bearbeiten von einfachen Arbeitsaufträgen<br />

aus der Werkstatt für Menschen mit Behinderung<br />

Unterweisung und Unterstützung im Bereich<br />

Arbeitssicherheit und Unfallverhütung<br />

7.2.5.4 Soziale Handlungskompetenz<br />

Das Sozialverhalten einer Person umfasst die Gesamtheit seiner Beziehungen zu seinen Mitmenschen.<br />

Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen zeigen häufig eine erheblich verminderte oder<br />

gestörte Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit. Es muss daher in der beruflichen Bildung das Ziel<br />

sein, diese Menschen zu befähigen, zwischenmenschliche Kontakte herzustellen und aufzubauen. Dies<br />

muss in einem vertrauensvollen Rahmen der Zusammenarbeit geschehen. Zuwendung muss erfahren<br />

werden, gleichzeitig muss die Fähigkeit aufgebaut werden, Zuwendung zu beantworten und sich anderen<br />

zuzuwenden.<br />

Der Aufbau sozialer Handlungskompetenz kann durch den Einsatz folgender Methoden ganz erheblich<br />

gefördert werden:<br />

Morgenkreis innerhalb der Gruppe<br />

Gemeinsame Spiele<br />

Gruppen-/Teamarbeit<br />

Entwicklung von Hilfsbereitschaft<br />

Feste und Feiern<br />

Einsatz von unterstützter Kommunikation<br />

7.2.5.5 Ruhe, Rückzug, Entspannung<br />

Der Aufnahmekapazität und dem Lebensrhythmus der Teilnehmer entsprechend muss die berufliche<br />

Bildung für Menschen mit schwerster und mehrfacher Behinderung genügend Räume und Zeiten der<br />

Ruhe zum Entspannen und Zurückziehen berücksichtigen.<br />

37


Handbuch Berufsbildungsbereich - 38 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 38<br />

7.2.5.6 Religiöses Leben/ Sinnfindung<br />

Berufliche Bildung für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen muss beinhalten, dass<br />

die Menschen in ihrem Bedürfnis nach Sinnfindung geachtet werden. Sie greift die vertrauten religiösen<br />

Traditionen des Teilnehmers soweit wie möglich im Jahreskreis auf und macht sie durch entsprechende<br />

Gestaltung im Raum und im Tagesablauf erfahrbar.<br />

In die gemeinsam gefeierten Gottesdienste sind die Teilnehmer nach ihren Wünschen und Fähigkeiten<br />

eingebunden. So kann jeder Einzelne sich ganz persönlich von Gott angenommen fühlen.<br />

7.2.6 Dokumentation<br />

Wie bereits im Eingangsverfahren dargelegt, werden die festgelegten Ziele, die didaktischen Methoden<br />

und die festgelegten Bildungseinheiten schriftlich dokumentiert. Die Bildungseinheiten finden in den<br />

Tages- und Wochenplänen der Fachkräfte und in transparenter Form auch für die Teilnehmer ihren<br />

Niederschlag. Eine Verlaufsdokumentation erfolgt durch Aktivitätenprotokolle, die in einem Tätigkeitsnachweisheft<br />

zusammengefasst werden. Jeder Entwicklungsschritt muss nachvollziehbar sein.<br />

(siehe auch Anlage 9.4 Dokumentationsbögen zur Bildungsplanung, S.52)<br />

7.2.6.1 Wochenplan<br />

Die festgelegten Bildungseinheiten werden in einem für jeden Teilnehmer individuellen Wochenplan für<br />

die Fachkräfte nachvollziehbar, indem sie Bausteine aus dem Curriculum in überschaubare Zeiteinheiten<br />

eintragen. Je nach Stand der Zielerreichungen und Überprüfungen werden die Bausteine ausgetauscht<br />

und weiterentwickelt. So entsteht für die Fachkräfte ein überschaubarer Tages- und<br />

Wochenplan.<br />

Gleichzeitig wird mit der Grundlage dieser Struktur ein für die Teilnehmer transparenter Tages- und<br />

Wochenplan ausgearbeitet. Mit Hilfe von Bildern wird für sie ein überschaubarer Arbeitsrhythmus möglich.<br />

Somit kann jederzeit eine Überprüfung der individuell formulierten Förderziele vorgenommen werden.<br />

Die Wochenpläne müssen ebenso wie die individuellen Bildungsziele ständig überprüft und fortgeschrieben<br />

werden. In regelmäßigen Abständen werden die Bildungseinheiten neu festgesetzt.<br />

Diese Planung ist notwendig, um sich die gesetzten Ziele für die einzelnen Teilnehmer immer wieder<br />

bewusst zu machen und sie im Alltag im Auge zu behalten. Die Planung muss feste Rhythmen, Tages-<br />

und Wochenabschnitte beinhalten, um den Teilnehmern und den Fachkräften bei der Orientierung der<br />

beruflichen Bildung zu helfen. Den Fachkräften wird die Überschaubarkeit ihrer Arbeit erleichtert und<br />

sie haben somit die Möglichkeit, sich auf die wichtigen Förderziele immer wieder neu zu konzentrieren.<br />

(siehe auch Anlage 9.4.4 Beispiel Wochenplan, S.61)<br />

7.2.6.2 Kompetenznachweis (Zielüberprüfung)<br />

Anhand der Aktivitätenprotokolle und des Tätigkeitsnachweisheftes ist zu jeder Zeit der Entwicklungsstand<br />

im Rahmen der festgelegten Ziele nachvollziehbar. Alle vier Monate findet zudem eine erneute<br />

Erhebung nach den Formularen des S/PAC statt. Hiermit lassen sich auch kleine Lernentwicklungen<br />

feststellen und dokumentieren.<br />

Außerdem kann die Erreichung der Kompetenzen mit der Fertigstellung der einzelnen Arbeitsabschnitte<br />

im Marionettenbau nachgewiesen werden. Die Fertigstellung des „Gesellenstückes“ in Verbindung mit<br />

den Tätigkeitsprotokollen ermöglichen einen transparenten Einblick in die Erreichung der festgelegten<br />

Ziele.<br />

7.2.6.3 Gesellenstück (Abschlussprüfung)<br />

Die Fertigstellung der Marionette im Rahmen der Berufsbildungsmaßnahme stellt die Abschlussprüfung<br />

im Rahmen des Berufsbildungsbereiches für Menschen mit schwerster und mehrfacher Behinderung dar.<br />

Durch diese Abschlussprüfung erhält der Teilnehmer den Status des „Mitarbeiters im Förder- und<br />

Betreuungsbereich Luise von Marillac der Stiftung Haus Lindenhof.“<br />

38


Handbuch Berufsbildungsbereich - 39 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 39<br />

<strong>aktionbildung</strong> ist hier noch auf der Suche nach einer geeigneten Qualifizierungsbezeichnung in den einzelnen<br />

Bildungsbereichen der Berufsbildungsmaßnahme im FBB, z.B. auch „Dienstleister im Bereich<br />

Kopiertätigkeiten im FBB“.<br />

Die Teilnahme an der Berufsbildungsmaßnahme findet im Rahmen einer feierlichen Zeremonie mit<br />

Überreichung eines entsprechenden Zertifikats seinen Abschluss. Jeder einzelne Teilnehmer erhält mit<br />

der Teilnahme an der Bildungsteilnahme eine Qualifizierungsurkunde.<br />

7.3 Angewandte Methoden der beruflichen Bildung<br />

7.3.1 Unterstützte Kommunikation<br />

Ziel von <strong>aktionbildung</strong> ist es, für jeden Teilnehmer eine ihm angemessene Kommunikationsform zu entwickeln,<br />

bzw. die bereits in der Schule geschaffenen Kommunikationsformen weiter auszubauen und zu<br />

vertiefen.<br />

„Das wichtigste Hilfsmittel zur Verständigung mit anderen stellt für die überwiegende Mehrzahl der<br />

Menschen die Lautsprache dar. Nun gibt es eine nicht kleine Zahl von Personen, die sich aus verschiednen<br />

Gründen nicht oder nicht ausreichend mit Hilfe der Lautsprache verständlich machen können. Das<br />

sonderpädagogische Fachgebiet, das die Problematik dieser Menschen in den Mittelpunkt seiner Bemühungen<br />

gestellt hat, heißt Unterstützte Kommunikation oder im Englischen „AAC“ ( Augmentative and<br />

Alternative Communication). Unterstützte Kommunikation zielt darauf, die Kommunikationsmöglichkeiten<br />

nichtsprechender Menschen zu verbessern, indem ihnen Hilfsmittel, Techniken und Strategien zur<br />

Verfügung gestellt werden, die die Lautsprache ergänzen (augmentative) oder ersetzen (alternative).“<br />

(Ursula Braun: „Kleine Einführung in Unterstützte Kommunikation, in: Unterstützte Kommunikation,<br />

Ursula Braun (Hrsg.), Verlag selbstbestimmtes Leben,1999).<br />

Alternativen und Ergänzungen, die zur Lautsprache existieren (nach Ursula Braun, in: Unterstützte<br />

Kommunikation, Verlag selbstbestimmtes Leben, 1999):<br />

Körpereigene Kommunikationsformen<br />

Hierzu gehören Ja/ Nein-Signale z.B. durch Augenbewegungen, Lautäußerungen, Hand- oder<br />

Fußzeichen oder Schriftkarten. Ebenso können Blickbewegungen, Gestik und Mimik gezielt als<br />

Kommunikationsmittel eingesetzt werden, verstärkt durch Lautäußerungen. Eine weitere körpereigene<br />

Methode ist der Einsatz von einer vereinfachten Form der Gebärdensprache für Menschen<br />

mit einer Gehörlosigkeit.<br />

Im Bereich der körpereigenen Kommunikationsformen gibt es zudem etliche individuelle Systeme,<br />

wie z.B. von Buchstabenschreiben in der Luft mit dem Kopf.<br />

Externe Kommunikationshilfen<br />

Hier lassen sich nichtelektronische und elektronische Systeme unterscheiden. Die Möglichkeiten<br />

für nichtelektronische Kommunikationshilfen sind vielfältig und umfassen u.a. individuelle<br />

Kommunikationskästen, –tafeln oder –bücher mit ausgewählten Bildkarten oder einzelne Bild-,<br />

Symbol- oder Wortkarten zum individuellen Gebrauch. Unter elektronischen Kommunikationshilfen<br />

versteht man den Einsatz von Computern, die mit Schriftausgabe, mit digitaler Sprachausgabe<br />

oder mit synthetischer Sprachausgabe ausgestattet sind. Zu erwähnen sind hier noch<br />

diverse Taster, die individuell eingesetzt werden können.<br />

39


Handbuch Berufsbildungsbereich - 40 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 40<br />

Im Rahmen der beruflichen Bildung soll das Verständigungsvermögen sowohl im aktiven als auch im<br />

passiven Bereich gefördert und unterstützt werden. Das Verständnis von Sprache und die Äußerungen<br />

der Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen sind in sehr differenzierter Weise zu betrachten.<br />

Mimik, Gestik, Blickkontakt,<br />

Berührungen und Sprache sind ein wichtiger<br />

Bestandteil der Kommunikation.<br />

Unterstützte Kommunikation ist die von<br />

<strong>aktionbildung</strong> ausgewählte Methode, um<br />

den Teilnehmern eine angemessene Kommunikationsform<br />

an die Hand zu geben:<br />

Mittel der Unterstützten Kommunikation<br />

können sein:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Basale Kommunikation<br />

Kommunikative Gebärden<br />

Spielsituationen, die der Kontaktaufnahme<br />

dienen<br />

Technische Hilfsmittel: Löbkarten,<br />

Bildkarten, Sprachcomputer<br />

Einsatz von Bildern,<br />

Gebärden, Schrift,<br />

körperlichen Erfahrungen<br />

Aufbau eines<br />

Sprachschatzes<br />

Unterstützte<br />

Kommunikation<br />

Erwerb einer angemessenen<br />

Kommunikationsform für<br />

jeden Teilnehmer<br />

Unterstützte Kommunikation muss in alltäglichen Situationen, z.B. im Morgenkreis, Eingang in die<br />

Bildungssituationen finden und in jeder Bildungseinheit bzw. in jedem Kontakt mit dem Teilnehmer<br />

angewandt werden.<br />

7.3.2 Basale Stimulation<br />

Einsatz von<br />

technischen<br />

Hilfsmitteln,<br />

z.B.<br />

Tastern,<br />

Alpha-Talker<br />

Basale Stimulation ist eine Sammlung von Möglichkeiten sich dem Menschen mit schweren und mehrfachen<br />

Behinderungen anzunähern und ihn zu verstehen. Sie ist ein einfaches aber attraktives Angebot<br />

und verzichtet auf „hochtrabende“ pädagogische Zielsetzungen, die in weiter Ferne liegen (vgl. Fröhlich<br />

1996).<br />

Basale Stimulation konzentriert sich auf den Aufbau einer Beziehung zwischen einem schwerstmehrfachbehinderten<br />

Menschen und dessen Unterstützer.<br />

In den letzten 20 Jahren hat dieser Ansatz wesentlich durch Andreas Fröhlich an Bedeutung gewonnen.<br />

Fröhlich zeigt, dass die Grenzen der sogenannten „Bildungsunfähigkeit“ überwunden werden, weil jeder<br />

Mensch in einen Austauschprozess mit seiner Umwelt treten kann. Basale Stimulation ist keine Therapie.<br />

Sie ist als Arbeitsansatz –auch in der beruflichen Bildung- zu sehen, um Menschen mit schwersten<br />

Behinderungen eine eigene Entwicklungsdynamik zu bieten. Dies gilt auch, wenn schwerste Behinderungsformen<br />

zunächst alle Aktivitätsmöglichkeiten zu blockieren scheinen.<br />

Basale Stimulation wirkt durch<br />

� Somatische Anregung:<br />

Anregung des ganzen Körpers. Erfahrung wird durch die Haut<br />

übernommen. Als Beispiel ist der warme Luftstrom eines Föns zu<br />

nennen, die unterschiedliche Wahrnehmung eines Fellhandschuhs<br />

oder eines Frotteehandtuchs.<br />

� Vibratorische Anregung:<br />

Vibrationen verbessern die Wahrnehmung von Reizen. Schwerstbehinderte<br />

Menschen liegen oder sitzen oftmals ausschließlich.<br />

Der Körper erfährt auf diese Art mehr Belastung.<br />

� Vestibuläre Anregung:<br />

Gemeint ist die Anregung des Gleichgewichtsinns. Schaukelbewegungen<br />

können haltungsstabilisierend wirken. Der Bezug zwischen<br />

Körper und Umgebung wird realistischer.<br />

40


Handbuch Berufsbildungsbereich - 41 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 41<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Geruch und Geschmack:<br />

Riechen und Schmecken spielt für den Menschen eine große Rolle<br />

in seiner Erinnerung. Wiederkehrende anregende Gerüche be-<br />

einflussen eine positive Orientierung<br />

Auditive und visuelle Anregung:<br />

Hören und Sehen sind unsere Fernsinne. Gezielt eingesetzt lösen<br />

sie bestimmte emotionale Stimmungen beim Menschen aus. Mit<br />

ruhiger Musik lässt sich eine entspannte Situation unterstützen.<br />

Kommunikative und emotionale Anregung:<br />

Mit Stimme und Mimik treten Menschen in „wechselseitige“<br />

Beziehungen. Sie kommunizieren auch ohne etwas zu sagen.<br />

Deutlich zugewandte positive Kommunikation signalisiert Nähe.<br />

Möglicherweise kommen in der beruflichen Bildung nur Teile dieses Arbeitsansatzes zum Tragen. Das<br />

ist im wesentlichen von den Ressourcen der Teilnehmer abhängig. Allein der Bau eines Marionettenkopfes<br />

(Anrühren des Kleisters, Reißen von Papier, Anfertigen von Pappmache...) bietet aber der Fachkraft<br />

eine Vielzahl von Möglichkeiten, Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen basale Anregungen<br />

zu geben.<br />

7.3.3 Bewegungsförderung<br />

In der Wissenschaft ist der Zusammenhang zwischen Bewegung und Lernentwicklung längst bewiesen.<br />

Die Frühförderung legt einen großen Wert auf Bewegungsangebote. Diese Fachleute (Motopädagogen,<br />

Bewegungstherapeuten) müssen auch in die berufliche Bildung eingebunden werden. Menschen mit<br />

schweren Behinderungen sind in ihren Bewegungsabläufen stark eingeschränkt. Neben der bekannten<br />

Krankengymnastik arbeiten Motopädagogen mit dem Wissen um neurologische Aspekte des Bewegungsablaufs.<br />

Sie können Bewegungsabläufe im Arbeitsprozess durch bestimmte Behandlungsformen<br />

fördern und so den Kompetenzbereich des Teilnehmers erweitern.<br />

Neben der rein therapeutischen Arbeit sind aktive Betätigungen, wie Sport und Rhythmik, aber auch<br />

bewusstes Entspannen wichtige Inhalte der Motopädie.<br />

7.3.4 Ergotherapie (Arbeits- und Beschäftigungsförderung)<br />

Ergotherapie wird häufig auf „Beschäftigungstherapie“ reduziert. Sie hat mehr Schwerpunkte. Einerseits<br />

unterstützt sie die Erreichung der Selbstständigkeit der Teilnehmer im Arbeitsalltag. Hierfür stellt<br />

sie Hilfsmittel bereit. Andererseits fördert sie gezielt die Wahrnehmung und damit die erfolgreiche<br />

Erfassung der Umwelt.<br />

Da in den Werkstätten Ergotherapeuten zur „Grundausstattung“ des Fachpersonals gehören, soll an<br />

dieser Stelle auf weitere Erläuterungen verzichtet werden.<br />

<strong>aktionbildung</strong> ist jedoch der Hinweis wichtig, Ergotherapeuten auch in die berufliche Bildung von<br />

schwerst- und mehrfachbehinderten Teilnehmern mit einzubeziehen.<br />

7.3.5 Musisch-ästhetische Förderung<br />

Der Begriff der musisch-ästhetischen Förderung oder Bildung ist nicht klar definiert. Häufig wird darunter<br />

Kunst-, Musik-, oder Gestalttherapie verstanden. Diese Methoden sind durchaus auch unter musisch-ästhetischer<br />

Förderung zu verstehen, jedoch ist der Bildungsansatz nach dem Verständnis von<br />

<strong>aktionbildung</strong> weiter zu fassen. Der musisch-ästhetische Ansatz hat seinen Bezug im Arbeitsalltag. Er<br />

steht im engen Zusammenhang mit basalen Anregungen.<br />

Was ist damit gemeint? Ästhetische Bildung will dem schwerstbehinderten Menschen die Bewahrung,<br />

Wiederherstellung oder Erneuerung der „Grundbedingungen des menschlichen Lebens“ ermöglichen,<br />

also<br />

die Sehnsucht nach schöner Gestaltung des Alltags<br />

die soziale Integration<br />

das Wohlbefinden, Glück.<br />

41


Handbuch Berufsbildungsbereich - 42 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 42<br />

Für den Bereich der Arbeit bedeutet dies: Teilhabe!<br />

Dieser Bildungsansatz muss auf Verhältnisse treffen, die ästhetisches Tun und Erleben zulassen.<br />

Es geht nicht darum, dem Teilnehmer eine Maßnahme „überzustülpen“, sondern ihn in seiner Motivation,<br />

seinen Gefühlen, Intereressen und Bedürfnissen, seinen Problemen, Voraussetzungen und Fähigkeiten<br />

anzusprechen. Dies geschieht im Rahmen des alltäglichen Lebens. Dort werden primäre<br />

Sinneserfahrungen und ästhetisches Erleben möglich.<br />

Nehmen wir das Beispiel eines gemeinsamen Essens. Der Wochenplan sieht im Bereich Hauswirtschaft<br />

die Zubereitung einer gemeinsamen Mahlzeit vor. Zwei Teilnehmer bereiten mit der Fachkraft den Salat<br />

zu, andere stellen Salatsoße her, indem sie Pfeffer, Salz Essig, Öl und Zucker in ein angemessenes<br />

Verhältnis bringen. Andere schneiden Tomaten und Gurken, der nächste schält Kartoffeln. Ein Teilnehmer<br />

beobachtet mit Faszination, wie das Grillgut im Ofen gart. Eine Vielzahl von Gerüchen, visuellen<br />

und auditiven Anregungen werden einbezogen. Das gemeinsame Essen schafft soziales Miteinander und<br />

lässt es zu einem tiefgreifenden Erlebnis von natürlicher ästhetischer Qualität werden (vgl. Theunissen<br />

1993, S 101ff)<br />

7.3.6 Sonstige Formen beruflicher Förderung<br />

Für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen lassen sich weitere Arbeitsansätze brauchbar<br />

machen. Berufliche Bildung bedeutet für sie die Qualifizierung zur Teilhabe am Arbeitsleben durch<br />

Erlernen von arbeitsrelevanten Fähig- und Fertigkeiten sowie persönlichkeitsfördernden Maßnahmen.<br />

Hierzu können auch gehören:<br />

� heilpädagogisches Reiten<br />

� Entspannungsübungen<br />

� Selbstbehauptungsunterricht<br />

� Körperpflegeunterricht<br />

� Spielerische Elemente<br />

� Nichtoperative Orthopädie (Hilfestellung für die Haltungs- und<br />

Bewegungsaufgaben des Arbeitsalltags)<br />

7.4 Anmerkungen zum Arbeitsbereich<br />

Für den Teilnehmer muss die Teilhabe am Arbeitsleben in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung<br />

unter für ihn angemessenen Rahmenbedingungen möglich sein. Es müssen also Bedingungen vorhanden<br />

sein, die ihm ein Arbeiten ermöglichen. So kann es z.B. durchaus vorkommen, dass der Teilnehmer in<br />

einer kleinen Gruppe mit einem Personalschlüssel von 1:3 am Arbeitsleben teilnehmen kann, bei einem<br />

Personalschlüssel von 1:12 aber überfordert ist und ihm ein Arbeiten unmöglich wird.<br />

Für die Teilhabe am Arbeitsleben sind folgende Inhalte schwerpunktmäßig zu berücksichtigen:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Weiterführung der beruflichen Bildung in den im Berufsbildungsbereich<br />

erlernten Fähigkeiten durch die individuelle<br />

Begleitplanung. Arbeitsbegleitende Maßnahmen sind hier intensiv<br />

zu nutzen.<br />

Angebot von für diesen Personenkreis geeigneten Arbeiten. Motto:<br />

Arbeit auf den Menschen anpassen (und nicht umgekehrt!)<br />

Ständige Qualifizierung der Fachkräfte für diese Aufgaben<br />

Berufliche Bildung endet nicht mit dem Übergang in den Arbeitsbereich. Arbeit ist für alle möglich.<br />

42


Handbuch Berufsbildungsbereich - 43 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 43<br />

8 Literaturverzeichnis<br />

Die folgend aufgeführte Literatur stellt eine Auswahl von Titeln dar, die für die Erstellung dieses Handbuchs<br />

verwendet wurden. Daneben sind weiterführende Quellen für den interessierten Leser aufgelistet.<br />

1. Breitinger (1998): Alltag und schwere geistige Behinderung. Würzburg, Bentheim.<br />

2. Bundesverband Evangelische Behindertenhilfe (BEB) e.V. (1999):<br />

Förderung von Menschen mit schwersten Behinderungen in Werkstätten für Behinderte.<br />

Orientierungshilfe für die Arbeit in der Diakonie<br />

3. Bundesverband Evangelische Behindertenhilfe (BEB) e.V. (2001): Wahrnehmung. Bedeutung<br />

und Fördermöglichkeiten für Menschen mit sehr schweren Behinderungen. Stuttgart. 3. Auflage<br />

4. Bundesverband Evangelische Behindertenhilfe (BEB) e.V. (2002):<br />

Schau doch meine Hände an; Sammlung einfacher Gebärden zur Kommunikation mit<br />

nichtsprechenden Menschen, Orientierungshilfe der Diakonie; Handbuch und CD-Rom<br />

5. Bundesvereinigung der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V. (1998):<br />

Unterstützte Kommunikation für Menschen mit geistiger Behinderung<br />

6. Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V. (1998b):<br />

Ich will auch in die Lehre gehen; Konzepte und Praxismodelle beruflicher Qualifizierung für<br />

Menschen mit geistiger Behinderung aus den Bereichen Sonderschule, Arbeitstraining und alternativen<br />

Bildungsinitiativen<br />

7. Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V. (2000): Das WfB-<br />

Handbuch, Marburg<br />

8. Bundschuh, K. (2000): Einführung in die sonderpädagogische Diagnostik. München. 5. Auflage<br />

9. Day, P. (1992): Berufliche Fort- und Weiterbildung geistig behinderter Mitarbeiter. Angebote<br />

in Werkstätten für Behinderte, Geistige Behinderung 1/92<br />

10. Diakonie Werkstätten kreuznacher diakonie (2002):<br />

Marionettenbau nach dem Arbeitsbuch zur Beruflichen Bildung – auch für Menschen mit<br />

schweren Behinderungen -<br />

11. Franger, W. u. Pfeffer, W. (1994): Probleme und Möglichkeiten der Diagnostik bei schwerster<br />

geistiger Behinderung. In: Kornmann u.a.: Förderdiagnostik. Konzepte und Realisierungsmöglichkeiten.<br />

Heidelberg. 3. Auflage. 90-101<br />

12. Fröhlich, A. (1991): Basale Stimulation, Düsseldorf<br />

13. Fröhlich, A. (1991b): Pädagogik bei schwerster Behinderung. (Handbuch der Sonderpädagogik<br />

Bd. 12) Berlin<br />

14. Hensle, U. u. Vernooij, M. (2000): Einführung in die Arbeit mit behinderten Menschen. Wiebelsheim.<br />

6. Auflage<br />

15. Institut für Sozialforschung und Betriebspädagogik e.V. (ISB), Berlin 1989, Lernen und Arbeiten<br />

in der Werkstatt, Lernpakete für die Praxis, Lernpaket 4, Baustein 3, Seiten 107 ff.<br />

Verfasser: Prof. Dr. Walter Dürr (Projektleiter), Dietmar Klocke, Detlef Maaßen, Bernd<br />

Schneider, Hubertus Schuppe, Angela Tobias-Cousy<br />

16. Lebenshilfe für Behinderte, Kreisvereinigung Detmold e.V.<br />

PAC IT-Programm<br />

43


Handbuch Berufsbildungsbereich - 44 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 44<br />

17. Lelgemann R. (1999): Gestaltungsprozesse im Bereich der beruflichen Rehabilitation für Menschen<br />

mit sehr schweren Körperbehinderungen als Herausforderung der Werkstätten für Behinderte<br />

und Tagesförderstätten, Mainz<br />

18. Rahmenprogramm für das Eingangsverfahren und den Arbeitstrainingsbereich für Menschen<br />

mit schwersten und mehrfachen Behinderungen in Werkstätten für Behinderte in NRW<br />

19. Sevenig, H. (1994): Materialien zur Kommunikationsförderung von Menschen mit schwersten<br />

Formen cerebraler Bewegungsstörungen. Düsseldorf<br />

20. Straßmeier, W. (1990): Förderung schwerstbehinderter Jugendlicher in der Werkstufe, Zeitschrift<br />

für Heilpädagogik,1/90, S.42-49<br />

21. Theunissen, G. (1991):"Neuere Ansätze zur Förderung schwerstbehinderter Menschen und<br />

Perspektiven für die heilpädagogische Arbeit". In: Zeitschrift für Heilpädagogik, 1/92, S.16-27<br />

22. Theunissen, G. (1992): Förderung Schwerstgeistig- und Mehrfachbehinderter in Werkstätten<br />

für Behinderte, Behindertenpädagogik 2 , S.150-162<br />

23. Theunissen, G. (1993): Heilpädagogik im Umbruch. Über Bildung Erziehung und Therapie bei<br />

geistiger Behinderung. Freiburg i. Br. 2. Auflage<br />

24. Verlag selbstbestimmtes Leben, Kinder mit cerebralen Bewegungsstörungen (1999):<br />

Ursula Braun (Hrsg.): Unterstützte Kommunikation: Kleine Einführung in Unterstützte Kommunikation<br />

44


Handbuch Berufsbildungsbereich - 45 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 45<br />

9 Anlagenverzeichnis<br />

Hinweis der Vinzenz von Paul-Werkstätten:<br />

„In den Vinzenz von Paul-Werkstätten ist weiterhin das Kürzel WfB für die Werkstatt für Menschen<br />

mit Behinderung im Gebrauch. Die Begründung hierfür liegt darin, dass das Kürzel WfBM noch nicht<br />

offiziell eingeführt wurde und wir in der Stiftung Haus Lindenhof auch von einer Werkstatt für Menschen<br />

mit Behinderung sprechen und nicht von einer Werkstatt für behinderte Menschen.“<br />

45


Handbuch Berufsbildungsbereich - 46 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 46<br />

9.1 Formular Fachausschussbeschluss der Vinzenz von<br />

Paul-Werkstätten<br />

Beschluss des Fachausschusses<br />

Der Fachausschuss fasst anlässlich der Sitzung/im Umlaufverfahren<br />

am folgenden Beschluss:<br />

Der/Die Beschäftigte<br />

Name Vorname geb. am<br />

Strasse, Haus-Nr PLZ, Wohnort ggf. Wohnheim<br />

Grund:<br />

wird in das Eingangsverfahren ab bis aufgenommen.<br />

wird in den Berufsbildungsbereich Grundkurs/Aufbaukurs ab bis aufgenommen.<br />

wird die Maßnahme im Berufsbildungsbereich bis verlängert<br />

wird in den Arbeitsbereich ab aufgenommen<br />

wird aus der Werkstatt für Behinderte/Förder- und Betreuungsbereich zum entlassen.<br />

Der Fachausschuss empfiehlt die Aufnahme in die Förder- und Betreuungsgruppe<br />

ab bis<br />

wird in den Berufsbildungsbereich St. Vinzenz ab bis aufgenommen.<br />

wird in den Arbeitsbereich St. Vinzenz ab bis aufgenommen<br />

Begründung:<br />

Der/Die Beschäftigte erreicht die Einrichtung:<br />

selbständig<br />

mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />

mit dem WfB-eigenen Fahrdienst<br />

Fremdfahrdienst<br />

Kostenträger der Maßnahme in der Werkstatt für Behinderte/Förder- und Betreuungsbereich:<br />

Bundesanstalt für Arbeit<br />

LVA Baden-Württemberg/BfA, Vers.-Nr.<br />

Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern, AZ.:<br />

Städtisches Sozialamt/Kreissozialamt in AZ:<br />

Sonstiges:<br />

Kostenträger der Heim- bzw. Wohnheimunterbringung:<br />

Kostenträger: AZ.:<br />

____________________________________ ____________________________________<br />

Für die Werkstatt f. Behinderte, Datum/Unterschrift Für die ArbeitsverwaltungDatum/Unterschrift<br />

____________________________________ ____________________________________<br />

Für den Landeswohlfahrtsverband, Datum/Unterschrift Für die LVA Baden-Württ.Datum/Unterschrift<br />

46


Handbuch Berufsbildungsbereich - 47 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 47<br />

9.2 Aufnahmebogen der Vinzenz von Paul-Werkstätten<br />

der Stiftung Haus Lindenhof<br />

Vinzenz von Paul – Werkstätten Christophorus-Werkstatt<br />

PRODI-Werkstatt<br />

St.Vinzenz<br />

Aufnahmedatum:<br />

Eingangsverfahren<br />

Berufsbildungsbereich<br />

Arbeitsbereich<br />

Förder- und Betreuungsbereich<br />

Persönliche Daten<br />

Name:<br />

Anschrift:<br />

Telefon:<br />

Geburtsdatum:<br />

Geburtsort:<br />

Familienstand:<br />

Konfession:<br />

Staatsangehörigkeit:<br />

Angehörige/ Kontaktperson (Anschrift<br />

und Telefon):<br />

Gesetzliche/r Betreuer/ in (Anschrift<br />

und Telefon):<br />

47


Handbuch Berufsbildungsbereich - 48 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 48<br />

Medizinische Daten<br />

Hausarzt/ -ärztin<br />

(Name und Telefon):<br />

Behandelnder Facharzt/ -<br />

Fachärztin<br />

(Name und Telefon):<br />

Krankenkasse:<br />

Krankenversicherungs-Nr.:<br />

Epilepsie ( wenn ja: Art,<br />

Umfang der Anfälle<br />

Anfallsmedikation: ja nein<br />

wenn ja, welche:<br />

Allergien<br />

Diabetes<br />

Bluter<br />

Sucht:<br />

Sonstiges:<br />

Art der Behinderung<br />

selbst versichert familienversichert<br />

Schwerbeh. ausweis: nein ja, GdB:<br />

Rollstuhlfahrer/ in nein ja<br />

48


Handbuch Berufsbildungsbereich - 49 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 49<br />

Finanzielle Daten<br />

Bezug von EU-Rente: nein ja<br />

wenn ja: RV-Träger:<br />

Kostenträger der Maßnahme:<br />

Bankverbindung<br />

Geldinstitut:<br />

BLZ:<br />

Konto-Nr.:<br />

Kurzer Lebenslauf (schulischer, beruflicher Werdegang, ...)<br />

Aufnahmebogen ausgefüllt von:<br />

_____________________________________________________________________<br />

________________________ _____________________________________________________________________<br />

Datum: Unterschrift:<br />

49


Handbuch Berufsbildungsbereich - 50 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 50<br />

9.3 Werkstattvertrag der Vinzenz von Paul Werkstätten<br />

Werkstattvertrag<br />

Zwischen<br />

Der Vinzenz von Paul - Werkstatt für Menschen mit Behinderung<br />

der Stiftung Haus Lindenhof<br />

- im folgenden WfB genannt -<br />

und<br />

Herrn/Frau<br />

geb. am, wohnhaft in<br />

- im folgenden Beschäftigte/Beschäftigter genannt -<br />

vertreten durch<br />

- als gesetzl. Betreuer -<br />

wird folgender Werkstattvertrag geschlossen:<br />

§ 1 Vertragsgegenstand<br />

1. Die WfB ist eine Einrichtung zur Eingliederung von Menschen mit Behinderung in das Arbeitsleben<br />

nach § 54 ff Schwerbehindertengesetz. Gemäß den einschlägigen gesetzlichen und landesrechtlichen<br />

Bestimmungen und Vereinbarungen bietet sie entsprechende Leistungen an.<br />

2. Soweit Änderungen der werkstattspezifischen gesetzlichen und landesrechtlichen Bestimmungen<br />

und Vereinbarungen auf den Inhalt dieses Werkstattvertrages Auswirkungen haben, sind<br />

die Vertragsparteien verpflichtet, den Vertrag entsprechend anzupassen.<br />

§ 2 Aufnahme / Rechtsstellung<br />

1. Der/die Beschäftigte wird/wurde nach Empfehlung des Fachausschusses mit Wirkung vom in<br />

den Arbeitsbereich der WfB aufgenommen.<br />

2. Der/die Beschäftigte steht zum Rechtsträger in einem arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnis.<br />

Arbeitsrechtliche Vorschriften und Grundsätze sind entsprechend anwendbar, soweit<br />

sich aus dem zugrundeliegenden Sozialleistungsverhältnis nichts anderes ergibt.<br />

3. Der/die Beschäftigte wird auf der Grundlage einer Kostenübernahme durch einen Kosten- bzw.<br />

Leistungsträger in die Werkstatt aufgenommen.<br />

50


Handbuch Berufsbildungsbereich - 51 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 51<br />

§ 3 Leistungen der WfB<br />

1. Die Werkstatt verpflichtet sich, die/den Beschäftigte(n) entsprechend dem gesetzlichen Auftrag<br />

nach §§ 54 ff Schwerbehindertengesetz (SchwbG) zu fördern und zu beschäftigen. Dies schließt<br />

arbeitsbegleitende Maßnahmen und Hilfen zur Bewältigung der Alltagsanforderungen im Rahmen<br />

der WfB, zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit sowie geeignete Maßnahmen zur Förderung<br />

eines möglichen Übergangs auf den Arbeitsmarkt ein.<br />

Dies gilt auch für Hilfestellungen<br />

�<br />

�<br />

�<br />

bei der Eingliederung in die verschiedenen<br />

Bereiche der Werkstatt<br />

bei der Vermittlung, Organisation und Überwachung von<br />

Hilfen, die die Arbeit der WfB ergänzen (z.B. Einzeltherapie,<br />

ärztliche Behandlung, pflegerische und sonderpädagogische<br />

Maßnahmen, Bildungsfreizeiten)<br />

bei Maßnahmen, die die Arbeit der Werkstatt auf dem<br />

Arbeitsmarkt fortsetzen.<br />

2. Die WfB führt Beiträge zur Sozialversicherung nach Maßgabe der besonderen gesetzlichen Bestimmungen<br />

für anerkannte WfB´s ab.<br />

3. Im Auftrag des zuständigen Sozialleistungsträgers organisiert die WfB die Beförderung zur<br />

WfB, soweit die Kosten hierfür von einem Kosten-/Leistungsträger oder einer anderen Stelle<br />

übernommen werden.<br />

4. Die WfB bietet Gemeinschaftsverpflegung an.<br />

§ 4 Arbeitsentgelt<br />

Die WfB zahlt der/dem Beschäftigten ein monatliches Entgelt nach der jeweils gültigen Entgeltordnung<br />

der WfB. Die jeweils gültige Entgeltordnung ist Bestandteil des Vertrages. Eine<br />

Ausfertigung der derzeit gültigen Entgeltordnung wird der/dem Beschäftigten bzw. seiner/m<br />

gesetzlichen Betreuer/in ausgehändigt.<br />

§ 5 Fortzahlung des Arbeitsentgeltes<br />

Im Krankheitsfall und an gesetzlichen Feiertagen, die auf einen Arbeitstag fallen, erhält<br />

der/die Beschäftigte Entgeltfortzahlung in Anlehnung an das Entgeltfortzahlungsgesetz.<br />

Eine krankheitsbedingte Verhinderung der/s Beschäftigten ist der WfB umgehend mitzuteilen.<br />

Ein Nachweis hierüber ist unverzüglich, spätestens ab dem dritten Werktag nach Krankheitsbeginn<br />

durch eine ärztliche Bescheinigung über das Vorliegen und die voraussichtliche Dauer<br />

der Erkrankung zu erbringen. Die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung kann auch früher verlangt<br />

werden. Die Entgeltfortzahlung kann verweigert werden, wenn der/die Beschäftigte seiner/ihrer<br />

Nachweispflicht nicht nachkommt.<br />

Bei Urlaub und Mutterschutz erhält der/die Beschäftigte Entgeltleistungen in Anlehnung an die<br />

gesetzlichen Bestimmungen.<br />

51


Handbuch Berufsbildungsbereich - 52 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 52<br />

§ 6 Urlaub<br />

1. Der/die Beschäftigte hat Anspruch auf Erholungsurlaub in Anlehnung an die Arbeitsvertragsrichtlinien<br />

des Deutschen Caritasverbandes (AVR) und an § 47 Schwerbehindertengesetz.<br />

2. Der/die Beschäftigte erhält derzeit 32 Arbeitstage Urlaub im Jahr. Teilzeitbeschäftigte erhalten<br />

einen anteiligen Urlaub entsprechend ihrer Teilzeitbeschäftigung.<br />

3. Der Urlaub ist grundsätzlich im Laufe des jeweiligen Kalenderjahres zu nehmen.<br />

§ 7 Beschäftigungszeit<br />

Die wöchentliche Beschäftigungszeit richtet sich nach den Bestimmungen des § 6 der Werkstättenverordnung<br />

Schwerbehindertengesetz. Sie beträgt für die/den Beschäftigte(n) zur Zeit<br />

37,5 Wochenstunden.<br />

§ 8 Pflichten des/der Beschäftigten<br />

1. Der/die Beschäftigte bemüht sich nach ihren/seinen Fähigkeiten, bei den angebotenen Förderungsmaßnahmen<br />

mitzuwirken und die übertragenen Aufgaben und Tätigkeiten der individuellen<br />

Leistungsfähigkeit entsprechend gewissenhaft und sorgsam zu erfüllen.<br />

2. Jedes Fernbleiben ist der WfB umgehend unter Angabe der Gründe mitzuteilen.<br />

§ 9 Beendigung<br />

1. Im gegenseitigen Einvernehmen kann das Vertragsverhältnis jederzeit beendet werden.<br />

2. Der/die Beschäftigte kann das Vertragsverhältnis jederzeit mit einer Frist von<br />

1 Monat zum Monatsende kündigen.<br />

3. Die Werkstatt kann das Vertragsverhältnis bei Vorliegen eines wichtigen Grundes mit einer<br />

Frist von 1 Monat zum Monatsende kündigen. Ein wichtiger Grund ist insbesondere gegeben,<br />

wenn<br />

�<br />

�<br />

trotz intensiver Bemühungen der WfB die notwendige<br />

Pflege in ausreichendem Maße für den Beschäftigten<br />

nicht erbracht werden kann<br />

die gegenüber dem Sozialleistungsträger oder Selbstzahler<br />

in Rechnung gestellten Kosten trotz Mahnung und<br />

Fristsetzung nicht bezahlt werden.<br />

4. Beendet der Sozialleistungsträger seine Kostenzusage oder nimmt er sie zurück, kann dieser<br />

Vertrag zu dem Tag, der im bestandskräftigen Bescheid des Sozialleistungsträgers genannt ist,<br />

gekündigt werden.<br />

5. Das Vertragsverhältnis kann ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden, wenn der Beschäftigte<br />

während seines Aufenthalts in der WfB sich oder andere erheblich gefährdet.<br />

6. Die Vertragsaufhebung sowie die Kündigung bedürfen der Schriftform.<br />

52


Handbuch Berufsbildungsbereich - 53 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 53<br />

7. Das Vertragsverhältnis darf durch die Werkstatt erst nach Anhörung des Beschäftigten und<br />

ggf. seiner/s gesetzlichen Betreuers/in gekündigt werden. Auf seinen/ihren Wunsch ist der<br />

Werkstattrat in die Anhörung mit einzubeziehen.<br />

8. Der Vertrag endet mit dem Tag des Verlustes der amtlichen Anerkennung der Werkstatt.<br />

§ 10 Schlußbestimmungen<br />

Soweit in diesem Vertrag nicht ausdrücklich geregelt, finden die sonstigen arbeitsrechtlichen Bestimmungen<br />

entsprechende Anwendung.<br />

Änderungen dieses Vertrags sowie Nebenabreden bedürfen der Schriftform.<br />

Von der Unwirksamkeit einer Bestimmung dieses Vertrages bleibt die Wirksamkeit des gesamten Vertrages<br />

unberührt.<br />

...................................................................... ......................................................................<br />

Ort, Datum Ort, Datum<br />

...................................................................... ......................................................................<br />

Unterschrift des/r Beschäftigten Unterschrift der WfB<br />

......................................................................<br />

Ort, Datum<br />

......................................................................<br />

Unterschrift des/r gesetzlichen Betreuers/in<br />

Anlagen: Entgeltordnung<br />

53


Handbuch Berufsbildungsbereich - 54 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 54<br />

9.4 Dokumentationsbögen zur Bildungsplanung<br />

9.4.1 Infobogen bei Schulabgang<br />

04F06 Schulentlaß - Infobogen<br />

Um den Wechsel von der Schule in die WfB zu erleichtern, werden die Lehrer der Schule gebeten, den<br />

vorliegenden Info-/Fragebogen möglichst detailliert auszufüllen.<br />

1 Allgemeine Daten<br />

Name: Vorname:<br />

Straße: Wohnort:<br />

geb.am: Schulentlaßtermin:<br />

- Behinderungsart und Besonderheiten<br />

Anfallsleiden<br />

Allergien<br />

Bluterkrankheit<br />

Medikamente<br />

spez. Therapien<br />

sonst:<br />

Vorgeschichte (bisher besuchte Einrichtungen, Sozialsituation, derzeitiges soziales Umfeld):<br />

Zusammenarbeit der Eltern mit der Schule:<br />

2 Motorik und körperlicher Entwicklungsstand<br />

- Liegt eine körperliche Behinderung vor? O ja O nein<br />

wenn ja: welche?<br />

- Ist eine selbständige Fortbewegung möglich? O ja O nein<br />

- Wie sieht das grobmotorische links- und rechtshändige Handgeschick aus?<br />

- Wie sieht das feinmotorische links- und rechtshändige Handgeschick aus?<br />

3 Sprache und Kommunikationsverhalten<br />

- Liegt eine Sprachbehinderung vor? O ja O nein<br />

wenn ja: Auswirkungen?<br />

- Wie groß sind der aktive und der passive Wortschatz?<br />

- Ist eine verbale Kommunikation möglich? O ja O nein<br />

wenn nein: wie dann?<br />

- Spricht er/sie in ganzen Sätzen? O ja O nein<br />

- Wie kann er/ sie seine/ihre Bedürfnisse mitteilen (Sprache, Mimik, Gestik)?<br />

54


Handbuch Berufsbildungsbereich - 55 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 55<br />

Wahrnehmungsfähigkeit<br />

- Wie gut kann er/sie optisch wahrnehmen?<br />

- Ist er/sie Brillenträger/in? O ja O nein<br />

- Kann er/sie akustisch normal wahrnehmen? O ja O nein<br />

- Benötigt er/sie ein Hörgerät? O ja O nein<br />

- Können (umfassende) Anweisungen verstanden werden? O ja O nein<br />

- Können Rückfragen gestellt werden? O ja O nein<br />

wenn ja: Ausdrucksform/ -weise?<br />

- Zeigt er/sie ein angemessenes Reaktionsverhalten? O ja O nein<br />

Lebenspraktischer Bereich<br />

- Benötigt er/sie Hilfestellung beim Essen? O ja O nein<br />

wenn ja:<br />

Hilfestellung beim Vesper:<br />

Tasche holen O<br />

Tasche öffnen O<br />

Frühstück auspacken O<br />

Nahrung abbeißen O<br />

Versch. Obstsorten zu sich nehmen O<br />

Joghurt essen O<br />

Frühstücksplatz aufräumen O<br />

Muss gefüttert werden O<br />

Technische Esshilfen O<br />

wenn ja: welche?<br />

Hilfestellung beim Mittagessen:<br />

Tablett bestücken ( Servietten, Beilagen, Besteck, Essensteller) O<br />

Volles Tablett zum Platz tragen O<br />

Besteck situationsgerecht benützen O<br />

Tablett zum Tablettwagen bringen O<br />

Muss gefüttert werden O<br />

Technische Esshilfen O<br />

wenn ja. welche?<br />

Getränke:<br />

Aus Flasche trinken O<br />

Aus Kanne/ Flasche in Glas einschenken O<br />

Am Kiosk einkaufen O<br />

Getränkeautomat bedienen O<br />

Muss versorgt werden O<br />

Technische Trinkhilfen O<br />

wenn ja: welche?<br />

55


Handbuch Berufsbildungsbereich - 56 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 56<br />

- Ist ein selbständiges An- und Auskleiden möglich? O ja O nein<br />

wenn nein:<br />

Hilfestellung beim Auskleiden:<br />

Verschlüsse öffnen O<br />

Mütze absetzen O<br />

Handschuhe anziehen O<br />

Schal abnehmen O<br />

Kleidung an Garderobe bringen O<br />

Hilfestellung beim Ankleiden:<br />

Jacke anziehen O<br />

Jacke verschließen O<br />

Mütze aufsetzen O<br />

Handschuhe anziehen O<br />

Schal umlegen O<br />

Kleidung an der Garderobe holen O<br />

Muss vollständig angezogen werden O<br />

Hilfestellung beim Schuhe an- und ausziehen:<br />

Schuhe anziehen O<br />

Schuhe schließen O<br />

Schuhe öffnen O<br />

Schuhe ausziehen O<br />

- Denkt er/sie selbständig an den Toilettengang? O ja O nein<br />

- Ist er/sie an bestimmte Toilettenzeiten gewöhnt? O ja O nein<br />

- Wie viel Zeit benötigt er/sie auf der Toilette?<br />

- Kann er/sie sich selbständig auf der Toilette versorgen? O ja O nein<br />

wenn nein: welche Hilfestellung ist notwendig?<br />

Verbale Aufforderung O<br />

Hose öffnen/schließen (Hosenträger/<br />

Gürtel/Knopf/Reißverschluss) O<br />

Auf Toilette setzen O<br />

Toilettenpapier gebrauchen O<br />

Spülung benützen O<br />

Muss gewickelt werden O<br />

- Wäscht er/sie sich selbständig nach der Toilette die Hände? O ja O nein<br />

wenn nein: welche Hilfestellung ist notwendig?<br />

Verbale Aufforderung O<br />

Wasserhahn bedienen O<br />

Hände einseifen O<br />

Hände abspülen O<br />

Hände abtrocknen O<br />

Muss gewaschen werden O<br />

- Kann sie sich selbständig um die Monatshygiene kümmern? O ja O nein<br />

wenn nein: welche Hilfestellung ist notwendig?<br />

Binde herausnehmen und in die Tüte tun O<br />

Neue Binde einlegen O<br />

56


Handbuch Berufsbildungsbereich - 57 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 57<br />

- Woher erhält man die Mitteilung, dass sie ihre Periode hat?<br />

- Kann er/sie ohne ständige Aufsicht sein? O ja O nein<br />

- Kann er/sie sich auch außerhalb der Gruppe<br />

ohne ständige Aufsicht bewegen? O ja O nein<br />

- Kann er/sie Gefahren abschätzen u. sich entsprechend verhalten? O ja O nein<br />

- Kann er/sie sich nach Einweisung innerhalb von<br />

bekannten Gebäuden orientieren? O ja O nein<br />

- Kann er/sie öffentliche Verkehrsmittel selbständig benutzen? O ja O nein<br />

- Ist er/sie zeitlich orientiert? O ja O nein<br />

- Kann er/sie mit Geld in einem gewissen Rahmen umgehen? O ja O nein<br />

6 Sozialverhalten<br />

- Kann er/ sie von sich aus Kontakt aufnehmen, Beziehungen<br />

herstellen und pflegen, Freundschaften eingehen? O ja O nein<br />

- Kann er/sie Wünsche und Bedürfnisse mitteilen? O ja O nein<br />

- Kann er/sie angemessen mit Nähe und Distanz umgehen? O ja O nein<br />

- Kann er/sie sich an bestehende Regeln halten? O ja O nein<br />

- Wie geht er/sie mit anderen Gruppenmitgliedern um?<br />

- Welche Stellung hat er/sie in der Gruppe?<br />

- Wie verhält er/sie sich gegenüber Lehrern?<br />

- Kann er/sie Tätigkeiten im Team verrichten? O ja O nein<br />

- Kann er/sie Kritik annehmen und umsetzen? O ja O nein<br />

- Zeigt er/sie Verhaltensauffälligkeiten (Aggressionen, Stereotypien,<br />

Hyperaktivität, Zwangshandlungen, sexuelle Auffälligkeiten)? O ja O nein<br />

7 Intelligenzleistung, Konzentration, Motivation und Ausdauer<br />

- Wie gut kann er/sie praktische und theoretische Arbeitsanweisungen verstehen und umsetzen?<br />

- Wie muss der Aufbau der Arbeitsunterweisung aussehen?<br />

- Kann er/sie sich einfache und/oder komplexe Zusammenhänge<br />

über einen längeren Zeitraum merken? O ja O nein<br />

- Inwieweit kann er/sie selbständig Problemlösungen entwickeln?<br />

- Wie sieht die Konzentrationsfähigkeit bei einfachen und komplexen Aufgaben aus?<br />

- Ist er/ sie motiviert, die gestellten Aufgaben zu erfüllen? O ja O nein<br />

- Wie lange kann er/sie sich stetig einer Aufgabe zuwenden?<br />

- Was bedeuten für sie/ihn Belastungen und wie verhält er/sie sich unter diesen<br />

Belastungen (z.B. Hitze, Lärm, Zeitdruck etc.)<br />

8 Arbeitsweise<br />

- Welche Erfahrungen aus dem Arbeitsbereich gibt es aus den durchgeführten Praktika?<br />

- Kann er/sie die gestellten Aufgaben selbständig erfüllen? O ja O nein<br />

wenn nicht: welche Hilfestellung ist notwendig?<br />

- Wie sieht die Arbeitsqualität der in der Werkstufe erlernten Arbeiten aus?<br />

- Wie gut kann er/sie mehrgliedrige Aufgaben vorplanen?<br />

57


Handbuch Berufsbildungsbereich - 58 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 58<br />

- Wie gut kann er/sie sich auf neue Aufgaben umstellen?<br />

- Wie sorgfältig und ordentlich kann er/sie arbeiten?<br />

- Kann er/sie Zeiten und Termine einhalten? O ja O nein<br />

- Wie ist der gesamte Leistungsverlauf der Werkstufenzeit zu bewerten?<br />

9 Werkstoffe/ Arbeitsmaterialien/ Auftragsbearbeitung<br />

- Mit welchen Werkstoffen und Arbeitsmaterialien bzw. in welche<br />

Bereichen hat er/sie bis jetzt gearbeitet?<br />

O Papier O Holz<br />

O Textil O Metall<br />

O Ton O Hauswirtschaft<br />

O Landwirtschaft O Recycling<br />

- Welche Ergebnisse konnten erzielt werden?<br />

Papier:<br />

O Er/sie kann auf der Linie schneiden<br />

O Kurven schneiden<br />

O Formen ausschneiden<br />

O Falten<br />

O Knüllen/reißen<br />

Textil:<br />

O Er/sie kann Stoff mit der Schere schneiden<br />

O Stoff mit der Schere nach einer<br />

O vorgezeichneten Linie schneiden<br />

O Faden einfädeln<br />

O Heften<br />

O Knopf annähen<br />

O mit Nähmaschine nähen<br />

O sticken nach Vorlage<br />

O sticken nach Eigenentwurf<br />

O knüpfen<br />

O häkeln<br />

O weben<br />

Ton:<br />

O Er/sie kann schneiden mit Draht/Messer<br />

O kneten/glätten<br />

O Daumentechnik<br />

O Aufbautechnik<br />

O Plattentechnik<br />

O Gießtechnik<br />

O modellieren<br />

O bemalen/glasieren<br />

Holz:<br />

O Er/sie kennt einige Eigenschaften von Holz<br />

O Er/sie kann sägen<br />

O messen<br />

O raspeln/feilen<br />

O stemmen<br />

58


Handbuch Berufsbildungsbereich - 59 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 59<br />

O schleifen<br />

O beizen/streichen<br />

O lackieren<br />

O leimen<br />

O schrauben<br />

O nageln<br />

O Maschinen/Geräte zur Holzbearbeitung bedienen<br />

wenn ja: welche?<br />

Metall:<br />

O Er/sie kennt Werkzeuge<br />

wenn ja: welche?<br />

O Er/sie kann mit Werkzeugen umgehen<br />

wenn ja: mit welchen?<br />

O bohren<br />

O biegen<br />

O schleifen<br />

O löten<br />

O Maschine zur Metallbearbeitung bedienen<br />

wenn ja: welche?<br />

O mit Montagewerkzeugen umgehen<br />

wenn ja: mit welchen?<br />

O Werkzeuge pflegen<br />

Recycling:<br />

O Er/sie kann die verschiedenen Materialien unterscheiden<br />

O die verschiedenen Materialien sortieren<br />

O Feinfraktionierung<br />

O Grobfraktionierung<br />

O Farben auseinanderhalten<br />

Hauswirtschaft:<br />

O Er/sie beherrscht die Grundfertigkeiten in der Küche<br />

(Eingießen, Umgießen, Abmessen, Packungen öffnen etc.)<br />

O Er/sie kann Küchengeräte bedienen<br />

O einzelnen Gerichte zubereiten<br />

O kann Gefahren in der Küche erkennen<br />

O Sicherheitsbestimmungen/Regeln einhalten<br />

O Reinigungsarbeiten in der Küche übernehmen<br />

59


Handbuch Berufsbildungsbereich - 60 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 60<br />

Landwirtschaft/Garten:<br />

O Er/sie kann die Pflanzenaufzucht übernehmen<br />

O Bodenaufbereitung übernehmen (umgraben, hacken, rechen, düngen)<br />

O auspflanzen (Setzlinge, Zwiebeln)<br />

O Pflanzen- und Bodenpflege übernehmen<br />

O ernten<br />

Kulturtechniken<br />

- Kann er/sie Piktogramme bzw. Bildinhalte erfassen. beschreiben<br />

und umsetzen? wenn ja: welche? O ja O nein<br />

- Kann er/sie ganze Wörter lesen? O ja O nein<br />

- Kann er/sie Sätze lesen? O ja O nein<br />

- Kann er/sie Texte sinnerfassend lesen? O ja O nein<br />

- Kann er/sie bekannte oder unbekannte Wörter nur abschreiben<br />

oder selbständig nach Diktat schreiben?<br />

- Kann er/sie z.B. eine Bildergeschichte oder Erlebtes beschreiben? O ja O nein<br />

- Bis zu welchem Zahlenbereich kann er/sie abzählen?<br />

- Kann er/sie addieren oder subtrahieren? O ja O nein<br />

- Kennt er/sie Begriffe wie groß-klein/ lang-kurz? O ja O nein<br />

- Kann er/sie Meter, cm, mm abmessen? O ja O nein<br />

- Kennt er/sie Begriffe wie schwer-leicht? O ja O nein<br />

- Kann er/sie abwiegen? O ja O nein<br />

- Kann er/sie Raummaße wie Liter, halber Liter etc.<br />

mit einem Messbecher abmessen O ja O nein<br />

11 Besondere Interessen und Neigungen?<br />

- Welche Interessen aus dem Bereich hat der/die Schüler/in (z.B. Sport, Musik, Freizeit)?<br />

- Welche Vorstellungen und Wünsche hat der/die Schüler/in hinsichtlich der Arbeit in der WfB?<br />

- Welche Vorstellungen und Wünsche hat der/die Schüler/in hinsichtlich arbeitsbegleitenden<br />

Maßnahmen?<br />

12 Erfahrungswerte<br />

- Wie gehen die Lehrer/innen mit bestimmten Verhaltensweisen des/der Schülers/in um (z.B. mit Verhaltensauffälligkeiten)?<br />

- Was ist im Umgang mit dem/der Schüler/in besonders wichtig und unbedingt zu beachten?<br />

Datum: Unterschrift:<br />

60


Handbuch Berufsbildungsbereich - 61 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 61<br />

9.4.2 Zielformulierungs- und Maßnahmebogen<br />

Stiftung<br />

Haus Lindenhof<br />

Grobziel:<br />

<strong>aktionbildung</strong><br />

Bildungsplan Förder- und Betreuungsbereich (FBB)<br />

Zielangabe, Methoden und Zielüberprüfung<br />

Feinziel Methode Arbeitssicherheit Überprüfungs-<br />

kriterien<br />

Materialien<br />

Vorrichtungen<br />

Förder und Betreuungsbereich<br />

Luise von Marillac<br />

Zeit-<br />

ziel<br />

Ergebnisse Über-<br />

prüft<br />

am<br />

61


Handbuch Berufsbildungsbereich - 62 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 62<br />

9.4.3 Aktivitätenprotokoll<br />

Stiftung<br />

Haus Lindenhof<br />

Teilnehmer:<br />

Ziel:<br />

Methode:<br />

Datum Uhrzeit/<br />

Dauer<br />

Bildungsplan<br />

Aktivitäten – Protokoll<br />

Vinzenz von Paul- und Christophorus-<br />

Werkstätten<br />

FBB Luise von Marillac<br />

Aktivität / Maßnahme Verhalten, Bemerkungen Unterschrift<br />

62


Handbuch Berufsbildungsbereich - 63 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 63<br />

9.4.4 Beispiel Wochenplan<br />

Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag<br />

8.00 Unterstützte Kommunikation<br />

9.00 Empfang und Begrüßung der unterschiedlich ankommenden Teilnehmer<br />

9.30 Morgenkreis Morgenkreis Morgenkreis Morgenkreis Morgenkreis<br />

10.00 Vesper<br />

Ästhetische Bildung<br />

Unterstützung beim<br />

Essen<br />

10.30 Werkstoffkunde<br />

Basale Stimulation<br />

11.00 Entspannungsübung /<br />

Pflanzenpflege<br />

12.00 Arbeit in kleinsten<br />

Schritten<br />

13.00 Mittagessen Ästheti-<br />

sche Bildung<br />

Unterstützung beim<br />

Essen<br />

13.45 Lebenspraktischer<br />

Unterricht / Selbsthil-<br />

fe<br />

Vesper Ästhetische<br />

Bildung<br />

Unterstützung beim<br />

Essen<br />

Botengänge Bewe-<br />

gungsförderung<br />

Ergotherapie /<br />

frei planbar<br />

Arbeit in kleinsten<br />

Schritten<br />

Mittagessen Ästhe-<br />

tische Bildung<br />

Unterstützung beim<br />

Essen<br />

Arbeit in kleinsten<br />

Schritten<br />

Vesper<br />

Ästhetische Bildung<br />

Unterstützung beim<br />

Essen<br />

Werkraumkunde<br />

/Arbeitssicherheit<br />

Werkraumkunde<br />

Werkstoffkunde<br />

(Basale Stimulation)<br />

Arbeit in kleinsten<br />

Schritten<br />

Mittagessen Ästheti-<br />

sche Bildung<br />

Unterstützung beim<br />

Essen<br />

Bewegungsförderung<br />

Schwimmen 14.-tägig<br />

15.00 Gemeinsames Aufräumen der Arbeitsplätze und Verabschiedung<br />

Vesper Ästhetische<br />

Bildung<br />

Unterstützung beim<br />

Essen<br />

Arbeit in kleinsten<br />

Schritten<br />

Entspannungsübung /<br />

Selbsthilfe<br />

Arbeit in kleinsten<br />

Schritten<br />

Mittagessen Ästheti-<br />

sche Bildung<br />

Unterstützung beim<br />

Essen<br />

Botengänge Bewe-<br />

gungsförderung<br />

Vesper Ästhetische<br />

Bildung<br />

Unterstützung beim<br />

Essen<br />

Werkraumkunde/<br />

Arbeitssicherheit<br />

Werkstoffkunde<br />

Entspannungsübung<br />

Mittagessen Ästheti-<br />

sche Bildung<br />

Unterstützung beim<br />

Essen<br />

Lebenspraktischer<br />

Unterricht / Selbsthil-<br />

fe<br />

63


Handbuch Berufsbildungsbereich - 64 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 64<br />

9.4.5 Infoblatt Wahrnehmung<br />

Wahrnehmung<br />

Arbeitsschritt 1:<br />

Behinderung und Fördermöglichkeiten<br />

Vorgehen / Ablauf Ziele / Lernsituation Material / Medien<br />

1. Sich mit dem Thema „Wahrneh-<br />

mungsstörungen“ vertraut machen<br />

2. Beurteilung der sinnlichen und kogni-<br />

tiven Fähigkeiten einzelner Mitarbeiter:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

sprachliche Fähigkeiten<br />

Hörvermögen<br />

motorische Fähigkeiten am Arbeitsplatz<br />

Vorstellungs- und Denkvermögen (vgl.<br />

Beobachtungsschema)<br />

3. Bestimmungen der Zielgruppe:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Wer soll gefördert werden?<br />

Warum soll gefördert werden?<br />

Wie soll gefördert werden<br />

4. Genaue Informationen über mögliche<br />

organische Schädigungen (Hirnschaden,<br />

Rückenmarkschäden, Sinnesschädigun-<br />

gen) durch den begleitenden Dienst<br />

erheben lassen. Aufgrund der erhobenen<br />

Informationen gemeinsam mit dem<br />

Begleitenden Dienst eine Beurteilung<br />

geeigneter Förderungsmöglichkeiten<br />

vornehmen.<br />

Entsprechende Förderangebote aus den<br />

einzelnen Bausteinen des Lernpakets<br />

vorbereiten<br />

Möglichst genaue Beschreibung der<br />

speziellen Schädigung der behinderten<br />

Mitarbeiter vornehmen<br />

Die Beschreibung sollte über den „nor-<br />

malen“ Alltagseindruck hinausgehen<br />

und sowohl Fähigkeiten als auch Defizi-<br />

te detailliert erfassen<br />

Durch praktische Übung mit dem Beo-<br />

bachtungsschema im Baustein 1 Verbes-<br />

serung der eigenen sozialen<br />

Wahrnehmung erreichen<br />

Beobachtungsschema zusätzliche Proto-<br />

kollbögen<br />

64


Handbuch Berufsbildungsbereich - 65 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 65<br />

Arbeitsschritt 2:<br />

Wahrnehmung des eigenen Körpers<br />

Vorgehen / Ablauf Ziele / Lernsituation Material / Medien<br />

1. Übungen und Spiele, die die Wahr-<br />

nehmung des eigenen Körpers fördern,<br />

werden durchgeführt:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Körperumrisse erfahren<br />

Balancegefühl entwickeln<br />

Tastempfinden verbessern<br />

Körperteile bewusst wahrnehmen<br />

lassen<br />

2. Beziehung zum Arbeitsalltag herstel-<br />

len:<br />

�<br />

Arbeitsmaterialien, wenn möglich,<br />

einsetzen<br />

3. Für die Übungen werden soweit wie<br />

möglich Gegenstände aus der Werkstatt<br />

sowie aus dem Wohnbereich verwendet<br />

Arbeitsschritt 3:<br />

Förderung des Tastempfindens<br />

Zielgruppe:<br />

Psychomotorisch unsichere Mitarbeiter<br />

mit Verhaltensstörungen<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Gefühl für die differenzierte Wahrnehmung<br />

des eigenen Körpers entwickeln<br />

Orientierung im Raum<br />

Verbesserung der Auge-Hand-<br />

Koordination<br />

� Verbesserung der Bewegungsmuster<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Packpapier<br />

Filzstifte<br />

Topf, Stock<br />

Gegenstände aus der Werkstatt<br />

Vorgehen / Ablauf Ziele / Lernsituation Material / Medien<br />

1. Herstellen einer Tastbox Anregung<br />

des Tastsinns durch:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Streicheln<br />

Greifen<br />

Wärmeempfinden<br />

2. Trainieren, Unterscheidungen zu<br />

machen und verschiedene Materialien<br />

wiederzuerkennen (Augen verbinden)<br />

3. Vertrautwerden mit Gegenständen<br />

und Werkzeugen aus der Werkstatt<br />

Zielgruppe:<br />

schwer geistig behinderte Mitarbeiter<br />

mit unsicherer Handmotorik und Sensi-<br />

bilitätsdefiziten<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Die Oberfläche von verschiedenen<br />

Gegenständen kennenlernen (rau,<br />

glatt, kalt, warm, weich, hart ...)<br />

Die Unterschiede verschiedener<br />

Materialien erfühlen und erfahren<br />

Aktivierung des Tastempfindens und<br />

des Umweltkontaktes<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Wasser, Schüsseln<br />

Reifen, Teller<br />

Bälle<br />

Einkaufstasche<br />

Sandpapier<br />

Pappe, Kleber<br />

Bleistift<br />

Werkzeug<br />

Tuch/Augenbinde<br />

Gegenstände aus der Werkstatt<br />

65


Handbuch Berufsbildungsbereich - 66 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 66<br />

Arbeitsschritt 4:<br />

Verbindung verschiedener Wahrnehmungsebenen:<br />

Sehen, Hören, Berühren<br />

Vorgehen / Ablauf Ziele / Lernsituation Material / Medien<br />

1. Lernbeispiele zur Förderung der<br />

praktischen Wahrnehmung:<br />

�<br />

Zuordnen und sortieren<br />

2. Darbietung von Dias aus verschiede-<br />

nen Lebensbereichen der behinderten<br />

Mitarbeiter:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Technik und Arbeit<br />

Form und Farben<br />

Haushaltsgegenstände<br />

Verkehrsmittel<br />

Pflanzen und Tiere<br />

3. Ergänzen dieser visuellen Informatio-<br />

nen durch die passenden Geräusche in<br />

Form eines Geräuschequiz<br />

4. Wenn möglich, die visuell und akus-<br />

tisch dargebotenen Eindrücke in natura<br />

vorführen:<br />

anfassen, betasten und erklären<br />

Zielgruppe:<br />

Mitarbeiter mit Wahrnehmungs- und<br />

Konzentrationsstörungen<br />

�<br />

�<br />

Verringerung des Anteils an unverständlichen<br />

und bedrohlichen Reizen<br />

aus der Umgebung<br />

Erweiterung des Handlungsspielraums<br />

� Vermittlung eines stabileren Kontaktes<br />

zur Umwelt bei Schwerbehinderten<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Dias<br />

Kassetten<br />

Demonstrationsobjekte<br />

66


Handbuch Berufsbildungsbereich - 67 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 67<br />

Arbeitsschritt 5:<br />

Basisübungen zur Wahrnehmung (Basale Stimulation*)<br />

Vorgehen / Ablauf Ziele / Lernsituation Material / Medien<br />

1. Schaffung einer geeigneten Umge-<br />

bung zur intensiven Arbeit mit Lichtef-<br />

fekten.<br />

Ein leeres Zimmer, das<br />

dunkel ausgekleidet<br />

werden kann, geeignete<br />

Beleuchtung installieren<br />

2. Reizmaterial zusammenstellen:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Taschenlampe<br />

Beleuchtete Trommeln<br />

Kassettenrecorder<br />

Luftballons....<br />

3. Durch intensive optische und akusti-<br />

sche Reize Aufmerksamkeit und Neugier<br />

bei schwer geistig behinderten Mitarbei-<br />

tern stimulieren<br />

4. Die Durchführung dieser Übungen ist<br />

nur bei geeigneten räumlichen, materiel-<br />

len und organisatorischen Vorausset-<br />

zungen in den einzelnen WfB möglich<br />

Zielgruppe:<br />

Schwer geistig behinderte Mitarbeiter<br />

mit autistischen Verhaltensweisen<br />

vorwiegend im Förderbereich der WfB<br />

�<br />

�<br />

Kontinuierliche Entwicklung der<br />

Sensibilität<br />

Verbesserung des Kontaktes zur<br />

Umgebung<br />

� Förderung der Wahrnehmungsaktivitäten<br />

in reizbetonter Umgebung<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Taschenlampen<br />

Halogenleuchten<br />

Kassettenrecorder<br />

Bunte Glühbirnen<br />

Dimmer<br />

Trommel<br />

* Unter basaler Stimulation versteht man die Einübung grundlegender Fähigkeiten und Fertigkeiten,<br />

die Voraussetzung für Lernen, lebenspraktische Fähigkeiten, Spielen und Arbeiten sind.<br />

67


Handbuch Berufsbildungsbereich - 68 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 68<br />

9.4.6 Infoblatt Morgenkreis<br />

Morgenkreis<br />

Ablauf:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Treffen in einem Raum<br />

Alle sitzen um einen Tisch oder frei im Raum<br />

In der Mitte des Kreises ist ein Fixpunkt (z. B. eine Kerze)<br />

Bis alle eingetroffen sind und ihre Plätze gefunden<br />

haben, läuft leise Musik<br />

Eine Fachkraft singt ein Lied oder spricht einen Morgenspruch<br />

Persönliche namentliche Begrüßung der Teilnehmer.<br />

Jeder wird angesprochen und berührt, evtl. gestreichelt<br />

oder Hand geschüttelt<br />

Alle Teilnehmer begrüßen sich untereinander nach<br />

ihren Möglichkeiten<br />

Aktiver Teil, z. B. Musik mit Rhythmikinstrumenten<br />

Dann Einstieg in Thema, d. h. in eine Konzentrationsphase<br />

Phase mit Bewegungselementen, z. B. Fingerspiel,<br />

Spiel einer Geschichte<br />

Verabschiedung jedes Teilnehmers<br />

Mögliche Inhalte:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Jahreszeitliche Lieder, bei denen die Teilnehmer<br />

einfache Rhythmikinstrumente benutzen<br />

Vorlesen einer Geschichte<br />

Bilderbuchbetrachtung mit Erzählungen<br />

Bildbetrachtungen mit Erzählungen<br />

Farben-, Formen-, Gegenstände- Erkennungsspiel<br />

Methode:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Wechsel von aktiven und ruhigen Teilen, die Konzentration<br />

erfordern (Wechsel zwischen Aktivität und Konzentration).<br />

Regelmäßigkeit des Morgenkreises.<br />

Zum gleichen Zeitpunkt als Fixpunkt im Tages- und<br />

Wochenablauf.<br />

In jedem Morgenkreis vorhanden: Begrüßung, Musik,<br />

Rhythmischer Teil, Konzentration, Bewegung.<br />

Bei Änderungen immer nur 1 Element im festgefügten<br />

Ablauf modifizieren<br />

68


Handbuch Berufsbildungsbereich - 69 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 69<br />

9.5 Aufnahmekriterien für den FBB der Stiftung Haus Lindenhof<br />

Förder- und Betreuungsbereich<br />

Luise von Marillac<br />

Personenkreis – Aufnahmekriterien<br />

Eingangsstufe:<br />

Die Aufnahme in die Eingangsstufe soll bei folgendem Entwicklungsstand erfolgen:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Auge-Hand-Koordination ist erkennbar oder vorhandene<br />

Ansätze sind entwicklungsfähig<br />

Auf Wahrnehmungen reagiert die Person mit einer<br />

einfachen Handlung<br />

Die Eigenaktivität bezieht sich auf den eigenen Körper<br />

bzw. auf die individuellen Bedürfnisse<br />

Lernen und Tätigsein geschieht überwiegend in 1:1 Situationen<br />

Aufbaustufe:<br />

Die Aufnahme in die Aufbaustufe soll bei folgendem Entwicklungsstand erfolgen:<br />

Auge-Hand-Koordination wird beherrscht/<br />

Auge-Hand-Koordination ist lediglich beeinträchtigt<br />

durch eine Körperbehinderung<br />

Der Besucher mit geistiger Behinderung kann zwei<br />

oder mehrere aufeinander folgende Handlungsschritte<br />

selbständig ausführen.<br />

Aufgaben erfüllen, die über die eigenen Bedürfnis-<br />

befriedigung hinausgehen.<br />

Förderung/Beschäftigung in Kleingruppen ist möglich<br />

Arbeitsgruppe im Förderbereich:<br />

In der Arbeitsgruppe im Förderbereich (AiF) finden Menschen mit einer geistigen Behinderung mit<br />

besonderem Verhalten Aufnahme.<br />

69


Handbuch Berufsbildungsbereich - 70 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 70<br />

9.6 Exemplarische Materialien<br />

Die folgenden Materialien stellen wir Ihnen auszugsweise vor. Wir bedanken uns bei der Lebenshilfe<br />

Detmold und der kreuznacher diakonie Bad Kreuznach für die uns zur Verfügung gestellten Materialien.<br />

Für die Arbeit am Modellstandort haben sie sich bisher bewährt. Sie geben Anregungen und haben Diskussionen<br />

angestoßen, die es ohne sie nicht gegeben hätte.<br />

Diese Materialien können wir ausdrücklich empfehlen! Ihre <strong>aktionbildung</strong><br />

9.6.1 Lernen in kleinsten Schritten<br />

Am Modellstandort Schwäbisch Gmünd testet <strong>aktionbildung</strong> den Einsatz eines Handbuches zur beruflichen<br />

Bildung für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen.<br />

Nachfolgend wird ein Konzept beschrieben, in dem Arbeitsabläufe in kleinstmögliche Schritte zergliedert<br />

werden, so dass Menschen mit einer schwersten und mehrfachen Behinderung diese Arbeitsschritte<br />

nachvollziehen und erlernen bzw. Arbeitstechniken einüben können. Auf diese Weise sind 156 Arbeitsschritte<br />

zum Bau einer Marionette entstanden, die für den Mensch mit schwerster Behinderung eine<br />

Fülle von Lernmöglichkeiten bietet.<br />

<strong>aktionbildung</strong> arbeitet am Standort Schwäbisch Gmünd mit diesem Handbuch und möchte im folgenden<br />

auszugsweise einzelne Arbeitsschritte daraus präsentieren.<br />

Im Inhaltsverzeichnis kann man sehen, dass das gesamte Handbuch 7 Kapitel umfasst, von denen wir<br />

beispielhaft Arbeitsschritte aus dem ersten Kapitel zum Thema „Herstellen des Kopfes“ darstellen.<br />

Damit soll Ihnen ein Einblich in dieses Handbuch zur beruflichen Bildung gegeben werden.<br />

Die Autorin des Handbuches, Frau Sieglind Humrich, beschreibt in ihrem Vorwort zum Handbuch die<br />

Fülle von Qualifikationsmöglichkeiten durch die Arbeitsschritte zur Herstellung der Marionette:<br />

„Vorwort der Autorin<br />

Aus der Praxis, der Arbeit mit einer Fachkraft,<br />

entstand die Idee dieses Arbeitsbuches für die Praxis.<br />

Schon in der Vorbereitungsphase stellten wir fest:<br />

Die Fertigung der Marionette beinhaltet vieles, was im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte<br />

Menschen an Fähigkeiten und Fertigkeiten in den unterschiedlichsten Produktionsabläufen abgefragt<br />

wird.<br />

� Es besteht die Möglichkeit zur Einzel- und Teamarbeit.<br />

� Eine größtmögliche Gruppe von Menschen mit Behinderungen<br />

und unterschiedlichsten Lernmöglichkeiten kann teilhaben.<br />

� Die Marionette kann dem jeweiligen Hersteller als<br />

„Gesellenstück“ dienen.<br />

�<br />

Aus der Praxis, in mehreren Workshops mit neun weiteren Fachkräften, wurden Zielsetzungen, die<br />

inhaltliche und formale Ausgestaltung dieses Arbeitsbuches, mit viel Phantasie und Fachwissen erarbeitet<br />

für die Praxis.<br />

Zielsetzungen, die beim Bau dieses Werkstücks erreicht werden könnten:<br />

(Die Symbole in den Klammern verweisen auf das Blatt „Zeichenerklärung“<br />

und den Bild/Textteil:)<br />

70


Handbuch Berufsbildungsbereich - 71 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 71<br />

allgemein:<br />

� mit Hilfe der Marionette soll Freude am Tun vermittelt werden -<br />

bei Menschen mit unterschiedlichsten Lernmöglichkeiten und bei<br />

Fachkräften zur Arbeits- und Berufsförderung<br />

� Fertigkeiten und Fähigkeiten, die innerhalb der Rahmenpläne<br />

der verschiedenen Werkstattbereiche aufgeführt sind, sollen eingeübt<br />

werden (vgl. auszufüllendes Individualblatt)<br />

� Menschen mit Behinderungen sollen gerade mit ihren unterschiedlichsten<br />

Lernmöglichkeiten am Projekt teilhaben, d.h. das<br />

gesamte Projekt soll jeweils als Teamarbeit durchgeführt werden.<br />

(vgl. Kennzeichnung für unterschiedliche Schwierigkeitsgrade<br />

im Textteil * —***** )<br />

� Mit diesem Produkt sollen allgemeine Arbeitsfähigkeiten nach<br />

den jeweiligen Lernmöglichkeiten des Menschen mit Behinderung<br />

entwickelt werden. (vgl. Individualblatt)<br />

� Es soll viel Raum für individuelle Gestaltungsmöglichkeiten<br />

gegeben werden (vgl. individuelle Hilfsmittel, Möglichkeiten der<br />

vertiefenden Arbeiten, Phantasie und Kreativität, Letzteres besonders<br />

in den Kapiteln 1, 2 und 4)<br />

� Es sollen viele Arbeitsschritte auch wiederholenden Charakter<br />

haben, um Sicherheit und Vertrauen zum eigenen Tun zu vermitteln<br />

(vgl. Bezeichnung : wiederholendes Arbeiten)<br />

� Da es ein langwieriges Projekt ist, sollen bewusst kleine Einheiten<br />

erkennbar sein, um immer wieder Erfolgserlebnisse zu vermitteln<br />

und neue Motivation zu ermöglichen (vgl.<br />

Abschnittszeichen in Text- und Bildteil: )<br />

konkret: z.B.:<br />

� Förderung der Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit<br />

� Förderung der Ausdauer<br />

� Erfassen verschiedener Formen und Kontraste<br />

� Einübung gezielter Kraftdosierung<br />

� Entwicklung und Förderung besserer Auge- und<br />

Handkoordination<br />

� Erhalt und Förderung von feinmotorischen Fertigkeiten<br />

und Fähigkeiten<br />

� Unterschiedliche Materialien be- und verarbeiten — Papier<br />

reißen, knüllen, mit Kleister kleben, eigene Formen erstellen<br />

� Handhabung einfachster Werkzeuge bis hin zur Bedienung von<br />

Säge-, Bohr- und Nähmaschine<br />

� Arbeitsplanung/Umstellung und Anpassung auf die<br />

verschiedenen Arbeitsabläufe<br />

� Verantwortung für das eigene Projekt<br />

� Trainieren von genauem und sorgfältigem Arbeiten<br />

� Toleranz ertragen gegenüber dem eigenen Gelingen<br />

� Selbsteinschätzung, Eigen- und Fremdwahrnehmung<br />

weiterentwickeln<br />

� Kreatives Anwenden von Grund- und Figurinformationen<br />

� Förderung hin zur künstlerischen Eigenproduktion<br />

71


Handbuch Berufsbildungsbereich - 72 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 72<br />

Zur Handhabung des Arbeitsbuches:<br />

Alle Seiten des Arbeitsbuches wurden in Prospekthüllen eingelegt, einerseits zum Schutz während der<br />

Arbeit - z.B. mit Kleister- andererseits zum variablen Handhaben:<br />

� Zu bearbeitende Kapitel können insgesamt herausgenommen<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

werden mit Hilfe des Heftstreifens.<br />

Einzelblätter können an den Menschen mit Behinderung ausgegeben<br />

werden - evtl. nach Bedarf bei einer größeren Gruppe auch<br />

kopiert werden<br />

Jede Textseite kann herausgenommen und nach den individuellen<br />

Bedürfnissen verändert und ergänzt werden, z.B. bezüglich<br />

Hilfsmittel, Erklärungen usw.<br />

Die Bildseiten sind mit Symbolen versehen, die am Anfang jeden<br />

Kapitels erläutert werden und in den Seitennummerierungen der<br />

Textseiten ihre Entsprechung finden. Das ermöglicht ein jederzeit<br />

problemloses Auffinden der jeweiligen Arbeitsschritte, aber<br />

auch ein müheloses Einordnen der evtl. ausgegebenen Blätter.<br />

Aus diesem Grund ist die aufwendige Form der „Leerseiten“ nötig.<br />

Die Seiten bis zum 1. Kapitel enthalten vorbereitende Überlegungen, die hauptsächlich für die Fachkräfte<br />

gedacht sind (Menschen mit Behinderungen und größeren Lernmöglichkeiten können durchaus<br />

einbezogen werden).<br />

Die Rubrik Begründungen einzelner Arbeitsschritte erschien bei der Vorbereitungsphase besonders<br />

wichtig, um den Menschen mit Behinderung sowie der Fachkraft gerade diesen Schritt - in dieser Form<br />

oder auch zu diesem Zeitpunkt - zu erläutern. Dies soll Transparenz bei der gesamten Arbeit und gleichzeitig<br />

Motivation bewirken.<br />

Auf die Seiten im Anhang wird im Text verwiesen.<br />

Transfer:<br />

Wunsch ist, dass dieses Arbeitsbuch vielleicht auch als Anregung und eine Art Nachschlagewerk für<br />

kurzfristige weiterführende Arbeiten genutzt werden kann.<br />

Beispiele:<br />

� die Methode der Kleisterherstellung (absichtlich nicht mit<br />

Pappmachébrei, damit möglichst viele Menschen mit Behinderungen<br />

daran teilnehmen können) für .......<br />

� ähnlich: die Herstellung des Kopfes- Herstellung von Bällen,<br />

Rasseln, Lampenschirmen mit Luftballoninnenteil....<br />

� das Herstellen der Kleidung brauchte sich nicht nur auf die Marionette<br />

zu beziehen, Puppenkleidung etc. könnte folgen<br />

� das Herstellen des Spielkreuzes könnte Modell stehen für die<br />

Herstellung von kleinen Holzflugzeugen oder für das Chassis eines<br />

Holzautos<br />

� Ebenso könnten viele erlernte Fertigkeiten (z.B. während der<br />

jeweiligen Trockenzeiten) vertieft oder vorzeitig eingeübt werden:<br />

� kopieren am Kopierer (z.B. für die Verwaltung...)<br />

� gerades Schneiden von Stoff (z.B. um ein Nadelkissen zu fertigen)<br />

� gerade Nähte mit der Hand/mit der Nähmaschine nähen (Nadelkissen)<br />

� messen mit dem Holzgliedermaßstab (Körpergröße aller Mitarbeiter,...)<br />

Nicht nur an dieser Stelle wären sicherlich noch viele Ideen von Fachkräften und Menschen mit Behinderungen<br />

einzufügen...,<br />

Dank an alle, die mitgearbeitet haben.<br />

Sieglind Humrich<br />

72


Handbuch Berufsbildungsbereich - 73 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 73<br />

Aus dem Inhaltsverzeichnis:<br />

1.Ordner<br />

Vorwort<br />

Vorwort des Herausgebers<br />

Vorwort der Autorin<br />

Team Bild vom Team<br />

Vorspann Symbolkreis, Einkaufszettel, Maschinen, Hilfsmittel, Individualblatt, Zeichenerklärung<br />

Kapitel Themen:<br />

1.0<br />

2.0<br />

2.Ordner<br />

3.0<br />

4.0<br />

5.0<br />

6.0<br />

1.1. Rohform des Kopfes<br />

1.2. Kleister anrühren<br />

1.3. Grobmodellieren des Kopfes<br />

1.4. Feinmodellieren des Kopfes<br />

1.5. Kopf bemalen<br />

1.6. Fertigstellen des Kopfes<br />

2.1. Rohform der Hände<br />

2.2. Rohform der Füße<br />

2.3. Feinmodellierung von Händen und Füßen<br />

2.4. Bemalen von Händen und Füßen<br />

3.1. Körperstoffteil nähen<br />

3.2. Ausstopfen des Körpers<br />

3.3. Befestigen der Schraubösen<br />

3.4. Herstellen der Arme<br />

4.1. Übertragen der/des ausgewählten<br />

Schnittmusters auf den Stoff<br />

4.2. Nähen des Kleides<br />

4.3. Nähen der Hose<br />

4.4. Nähen der Bluse<br />

5.1. Anziehen der Kleidung<br />

5.2. Verbinden von Armen mit Händen und Knien mit Füßen<br />

5.3. Angleichen der Kleidung<br />

6.1. Sägen unterschiedlicher Holzleisten<br />

6.2. Herstellen der Schablonen<br />

6.3. Bohren nach Schablonen<br />

6.4. Montage der Holzleisten<br />

73


Handbuch Berufsbildungsbereich - 74 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 74<br />

3.Ordner<br />

7.0<br />

7.1. Vorbereiten der Haltekonstruktion und<br />

Ablängen der Perlonfäden<br />

7.2. Aufhängen der Figur an den Schulterösen<br />

7.3. Aufhängen des Kopfes<br />

7.4. Aufhängen der Hände<br />

7.5. Aufhängen der Kniegelenke<br />

7.6. Aufhängen am Gesäß<br />

7.7. Aufhängen der Gesamtfigur<br />

Anlagen Kleister anrühren, Handschablone, Fußschablone, Bohrschablonen für das Spielkreuz, Bauplan für das Spielkreuz<br />

Schnittmuster Schnittmuster<br />

74


Handbuch Berufsbildungsbereich - 75 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 75<br />

2.0. Herstellen<br />

von Händen und Füßen<br />

3.0. Herstellen<br />

des Körpers<br />

1.0. Herstellen<br />

des Kopfes<br />

7.0. Aufhängung<br />

der Figur ans Spielkreuz<br />

4.0. Herstellen der Kleidung und<br />

Anziehen des Körpers<br />

6.0. Herstellen<br />

des Spielkreuzes<br />

5.0. Verbindung von Händen<br />

und Füßen mit dem Körper<br />

75


Handbuch Berufsbildungsbereich - 76 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 76<br />

Einkaufszettel<br />

Materialien(bevorzugt und erfahrungsbezogen)<br />

Bezugsnachweis: Kapitel:<br />

für die gesamte Marionette (-pro Figur)<br />

Tesafilm<br />

Kopf 1 .<br />

1 Päckchen Tapetenkleister (normal)<br />

1 Rolle Toilettenpapier<br />

Modellierhölzer (evtl. auch Nagelputzer)<br />

Bastelbedarf<br />

je 1 Töpfchen Grundfarben (Plaka), Hautfarbe (Plaka)<br />

und Klarlack (Plaka)<br />

Kontaktkleber (Zweikomponentenkleber)<br />

Perückenstoff ( gebraucht werden: ca. 10x20cm)<br />

- oder rohe Schafwolle<br />

Holzleim ( gebraucht wird ca. 1 Eßlöffel)<br />

1 Blatt Blaupapier<br />

Hand/ Fuß 2.<br />

Sperrholz:5mm dick, 200x250mm<br />

Schmirgelpapier: 100er Körnung<br />

1 Packung Füllwatte (evtl. auch Autopolierwatte )<br />

Autobedarf<br />

Körper 3.<br />

Vierkantholz: 15mmx15mm, 12mm (Schulter)<br />

5 Schraubösen: 12x4mm<br />

Bleiband: 40cm (leichter zu handhaben mit länglichen<br />

Gardinenbedarf<br />

Bleistücken)<br />

kleingemusterte Stoffe (Reste ca 500mmx400mm)<br />

Kurzwaren Kleidung 4.<br />

entsprechendes Nähgarn<br />

Schneiderkreide<br />

2 Ringschrauben 12x4mm Montage 5.<br />

Vierkantholz 15mm x15mm ; 1m<br />

Spielkreuz 6.<br />

2 Senkkopfschrauben: ∅ 4x 25mm<br />

Schmirgelpapier: 100er Körnung<br />

1 Klebestift<br />

dickes Hutgummi ∅3mm, 250mm lang<br />

Kurzwaren<br />

Perlonfaden (Anglerschnur) ∅ o,5 mm, 10m lang<br />

Bastelbedarf Aufhängung 7.<br />

2 Stecknadeln mit Kopf oder 2 Bildernägel<br />

76


Vorschlag für ein mögliches Individualblatt:<br />

Handbuch Berufsbildungsbereich - 77 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 77<br />

Name:<br />

vgl Rahmenplan<br />

Vertiefende<br />

Maßnahmen:<br />

konnte<br />

selbstständig<br />

erarbeiten.<br />

konnte mit<br />

Hilfe<br />

konnte<br />

mitwirken:<br />

erarbeiten:<br />

Fertigkeit - Fähigkeit<br />

Zeitung reissen<br />

Zeitung knüllen<br />

Tesa ablängen<br />

Kleister anrühren<br />

Feinmodellieren mit Toilettenpapier<br />

Plastisches Formen mit den Händen<br />

Farbauftrag mit dem Pinsel<br />

paßgenaues Kleben<br />

schrauben mit dem Schraubendreher<br />

sägen mit der Handsäge<br />

sägen mit der Decoupersäge<br />

bohren mit dem Handbohrer<br />

bohren mit der Maschine<br />

messen mit dem Holzgliedermaßstab<br />

messen mit dem Meßband<br />

Schnittmuster auf Pappe übertragen<br />

Schnüre verknoten<br />

nähen mit der Nadel<br />

gerade Nähte<br />

Bögen<br />

nähen mit der Maschine<br />

gerade Nähte<br />

Bögen<br />

Stoffe schneiden<br />

Pappe schneiden<br />

77


Handbuch Berufsbildungsbereich - 78 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 78<br />

Zeichenerklärung:<br />

Tipp für besondere Vorgehensweise<br />

� vergleiche: ...... Arbeitsschritt<br />

� Achtung: ...... kann passieren<br />

� Mitarbeiter ist besonders gefragt<br />

*-***** schwierig – schwieriger - am<br />

schwierigsten<br />

� geschafft: das..... ist fertiggestellt<br />

78


1a<br />

Handbuch Berufsbildungsbereich - 79 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 79<br />

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79


Handbuch Berufsbildungsbereich - 80 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 80<br />

Herstellen des Kopfes<br />

Arbeitsschritte 1.1. - 1.6.<br />

Material:<br />

Werkzeuge<br />

individuelle Hilfsmittel<br />

Tesafilm<br />

Schere<br />

leere Wasserflasche<br />

Rührholz ,Löffel, Tasse<br />

Papphülse (Toilettenpapierrolle) Modellierhölzer in entsprechenden Größen<br />

großes Glas mit Schraubdeckel (alternativ. Nagelputzerset)<br />

flache Schale mit Wasser<br />

Pinsel ,dünnere und dickere<br />

5l Eimer<br />

Cutter<br />

Tapetenkleister Holzbrettchen<br />

Tageszeitungen<br />

Schraubzwinge<br />

1 Rolle Toilettenpapier<br />

Feinsäge<br />

Zweikomponentenkleber<br />

(Laubsäge oder Bügelsäge)<br />

Perückenstoff<br />

evtl Spiegel für<br />

( oder: rohe Schafwolle)<br />

Selbstwahrnehmung<br />

Plakafarben<br />

evtl Schwamm oder<br />

(Grundfarben und Hautfarbe)<br />

Schaumstoffstück zum<br />

Plaka-Klarlack<br />

Farbauftrag<br />

Sektkorken (aus Kork!)<br />

evtl Handschuhe zum<br />

Holzleim<br />

Auftragen des<br />

Zweikomponentenklebers<br />

1b<br />

1.0.<br />

80


2a<br />

Handbuch Berufsbildungsbereich - 81 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 81<br />

81


Handbuch Berufsbildungsbereich - 82 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 82<br />

Rohform des Kopfes<br />

Arbeitsschritte 1.1.1. - 1.1.5.<br />

individuelle Hilfsmittel<br />

Werkzeuge<br />

Material:<br />

Schere<br />

Tesafilm<br />

leere Wasserflasche<br />

Papphülse<br />

(Toilettenpapierrolle = Hals)<br />

Tageszeitungen<br />

1.1. 2b<br />

82


3a<br />

Handbuch Berufsbildungsbereich - 83 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 83<br />

83


earbeitet wird: Rohform vom Hals<br />

Handbuch Berufsbildungsbereich - 84 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 84<br />

Begründungen<br />

einzelner Arbeitsschritte<br />

Erlernen und Erhalten<br />

von Fähigkeiten<br />

Vermittlung von<br />

Kenntnissen/Fertigkeiten<br />

Arbeits<br />

schritte :<br />

1cm vor dem Rand=<br />

Halt für die Formung<br />

zum Kegel<br />

schneiden von Pappe mit<br />

der Schere<br />

(feinmotorisch*)<br />

Papphülse bis ca 1cm vor<br />

dem Rand aufschneiden,<br />

sodass ihr unterer Ring<br />

erhalten bleibt<br />

1.<br />

Formung zum Kegel=<br />

Diese Halsform findet<br />

Halt auf der<br />

Flaschenform<br />

schließen der Hand zur<br />

Faust mit dosierter Kraft<br />

beidhändiger<br />

Pinzettengriff<br />

( feinmotorisch **)<br />

die Papphülse zum Kegel<br />

formen und<br />

mit Tesa fixieren<br />

2.<br />

1.1. 3b<br />

84


4a<br />

Handbuch Berufsbildungsbereich - 85 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 85<br />

85


earbeitet wird: Rohform vom Kopf<br />

Handbuch Berufsbildungsbereich - 86 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 86<br />

Begründungen<br />

einzelner Arbeitsschritte<br />

Erlernen und Erhalten von<br />

Fähigkeiten<br />

Vermittlung von<br />

Kenntnissen/Fertigkeiten<br />

Arbeits<br />

schritte :<br />

Knüllen von Zeitungen=<br />

einfachste und<br />

schnellste Methode das<br />

Grundgerüst des Kopfes<br />

herzustellen<br />

knüllen mit gebeugten Fingern<br />

(grobmotorisch)<br />

pressen der groben Kugel mit<br />

den Handflächen<br />

zwei große<br />

Zeitungsdoppelseiten zu<br />

einem festen Ball<br />

zusammenknüllen<br />

3.<br />

Ball mit Tesa am Kegel<br />

befestigen=<br />

Kopfrohform und Hals<br />

miteinander verbinden<br />

ein Element an das andere<br />

fixieren<br />

a) nach Möglichkeit<br />

beidhändiger Pinzettengriff<br />

(feinmotorisch**)<br />

sonst b)einhändiger<br />

Pinzettengriff und greifen mit<br />

der ganzen Haltehand<br />

den Ball auf der Spitze<br />

des Kegels mit Tesa<br />

befestigen<br />

4.<br />

1.1. 4b<br />

86


5a<br />

Handbuch Berufsbildungsbereich - 87 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 87<br />

�<br />

87


earbeitet wird: Rohform von Kopf und Hals<br />

Handbuch Berufsbildungsbereich - 88 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 88<br />

Begründungen<br />

einzelner Arbeitsschritte<br />

Erlernen und Erhalten<br />

von Fähigkeiten<br />

Vermittlung von<br />

Kenntnissen/Fertigkeiten<br />

Arbeits<br />

schritte :<br />

diese Verbindung<br />

erleichtert:<br />

-Standfestigkeit<br />

-Trocknung<br />

-weitere Bearbeitung<br />

loses Verbinden von zwei<br />

Elementen<br />

(grobmotorisch**)<br />

Die entstandene Form<br />

mit der Öffnung des<br />

Kegels auf den<br />

Flaschenhals setzen und<br />

5.<br />

ein Element an das<br />

andere fixieren<br />

(feinmotorisch**)<br />

beides mit Tesafilm<br />

verbinden<br />

�<br />

1.1. 5b<br />

88


6a<br />

Handbuch Berufsbildungsbereich - 89 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 89<br />

89


Handbuch Berufsbildungsbereich - 90 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 90<br />

Herstellen des Kleisters<br />

Arbeitsschritte 1.2.1. - 1.2.2.<br />

individuelle Hilfsmittel<br />

Werkzeuge<br />

Material:<br />

siehe unter Anlage.<br />

Löffel<br />

Tasse<br />

Rührholz<br />

Kleister<br />

Schraubverschlußglas<br />

(mindestens 1l Inhalt)<br />

5l Eimer halb gefüllt mit<br />

Wasser<br />

flache Schale<br />

1.2. 6b<br />

90


7a<br />

Handbuch Berufsbildungsbereich - 91 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 91<br />

91


hergestellt wird: Kleistermasse<br />

Handbuch Berufsbildungsbereich - 92 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 92<br />

Begründungen<br />

einzelner<br />

Arbeitsschritte<br />

Erlernen und Erhalten von<br />

Fähigkeiten<br />

Vermittlung von<br />

Kenntnissen/Fertigkeiten<br />

Arbeits<br />

schritte :<br />

Hilfe des Mitarbeiters.<br />

Je nach Hersteller<br />

unterschiedliche<br />

Kleister-Wasser<br />

Verhältnisse<br />

mit Hilfe des Mitarbeiters:<br />

Wassermenge (im Schraubglas) und Kleistermenge nach den<br />

Angaben des Kleisterherstellers abmessen<br />

�<br />

(Mengenverbrauch pro Figur ca 1/2l fertiger Kleister)<br />

Abmessen des Wassers mit Hilfe der Tasse<br />

in ein Schraubglas=<br />

gut verschließbar für<br />

Aufbewahrung von evtl<br />

überflüssiger<br />

Kleistermenge<br />

Kleisterpackung umfassen.<br />

Handgelenk minimal nach<br />

unten drehen<br />

(feinmotorisch/ linke Hand**)<br />

Rührholz umfassen mit<br />

Gesamtarmbewegung<br />

(grobmotorisch**)<br />

den Kleister in das Glas<br />

einrieseln lassen<br />

und gleichzeitig mit dem<br />

Rührholz umrühren<br />

1.<br />

im weiteren Verlauf dickliche<br />

Masse erspüren<br />

(feinmotorisch**)<br />

bis die Flüssigkeit<br />

anfängt, dicklich zu<br />

werden.<br />

1.2. 7b<br />

92


8a<br />

Handbuch Berufsbildungsbereich - 93 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 93<br />

�<br />

93


hergestellt wird: Kleistermasse<br />

Handbuch Berufsbildungsbereich - 94 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 94<br />

Begründungen<br />

einzelner<br />

Arbeitsschritte<br />

Erlernen und Erhalten von<br />

Fähigkeiten<br />

Vermittlung von<br />

Kenntnissen/Fertigkeiten<br />

Arbeits<br />

schritte :<br />

Umgreifen des Glases<br />

(grobmotorisch*)<br />

Kleister<br />

flache Schale=<br />

einfacheres Einleimen<br />

der Zeitungsstreifen<br />

2.<br />

Glas nach unten langsam in<br />

Richtung Schale schwenken<br />

(feinmotorisch*)<br />

in eine flache Schale<br />

ausfüllen<br />

�<br />

1.2. 8b<br />

94


9a<br />

Handbuch Berufsbildungsbereich - 95 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 95<br />

95


Handbuch Berufsbildungsbereich - 96 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 96<br />

9.6.2 PAC-IT<br />

Auszug aus PAC-Manual<br />

Das<br />

P-A-C IT<br />

Programm<br />

Version: V.2.074 / 2002<br />

Entwickelt von Thomas Hanna und Andreas Hibbeler<br />

Lebenshilfe für Behinderte<br />

Kreisvereinigung Detmold e.V.<br />

96


Handbuch Berufsbildungsbereich - 97 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 97<br />

Vorwort<br />

Mit Erscheinen dieses Programms, dessen Konzeption nun schon 2 Jahre zurückliegt, haben wir<br />

einen ersten Schritt getan, die vorliegenden Items des P-A-C Systems redaktionell zu überarbeiten<br />

und zum Teil zu aktualisieren.<br />

Dies scheint notwendig, obwohl das P-A-C System durch seine Orientierung an der menschlichen<br />

Entwicklung in seinen Formularen viele grundsätzliche und damit zeitlose Items beinhaltet, sich<br />

jedoch bei der sprachlichen Formulierung der Texte und Items als Kind seiner Zeit erweist.<br />

Die deutschsprachige Version des P-A-C Systems und seiner Formulare entstand im Zeitraum<br />

von 1975 bis 1984 und war noch durch die ursprüngliche Orientierung am englischen Betreuungssystem<br />

für behinderte Menschen mit beeinflusst. Die Entwicklung der Betreuungs- und Förderinstitutionen<br />

in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben in den letzten Jahrzehnten<br />

jedoch ein Überdenken und eine teilweise neue Formulierung der Items und Texte notwendig<br />

gemacht.<br />

Der Grundgedanke des P-A-C Systems ist dabei weiterhin modern. Der Ansatz Menschen mit<br />

Behinderung eine Hilfe zur Selbstständigkeit und Alltagskompetenz zu vermitteln, dabei gleichzeitig<br />

eine Einschätzung und Dokumentation der Förderung und Entwicklung zu betreiben, sind<br />

als Ziele aktueller denn je. Die Verwendung der P-A-C Formulare ermöglicht eine Einschätzung<br />

(Assessment) der Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Erfassung und Darstellung des Hilfebedarfs<br />

des Klienten und hilft bei der Hilfeplanung, der Evaluation und Dokumentation dieses Prozesses.<br />

Für die Erstellung dieses Computerprogramms stand die Kompatibilität mit den verwendeten<br />

P-A-C Formularen im Vordergrund. Unser Ziel ist es, dem Anwender ein Werkzeug zu geben,<br />

das Ihm bei der täglichen Arbeit mit den P-A-C Formularen hilfreich zur Seite steht.<br />

Bei der Konzeption und der kritischen Bearbeitung der P-A-C Handbücher, Formulare und Items<br />

sind uns schon jetzt viele eigene Veränderungsideen gekommen, die durch zahlreiche Notizen aus<br />

dem Nachlass von Herrn Dr. W. Günzburg und den Anregungen vieler Anwender des P-A-C Systems<br />

weiter verfolgt und in eine Neu-Konzeption der P-A-C Handbücher, Leitfäden und Formulare<br />

münden werden. Dies ist eine Arbeit, die wir hoffentlich in den nächsten Jahren bewältigen<br />

können und wir hoffen, dass wir Ihnen in den nächsten Jahren ein gründlich überarbeitetes<br />

P-A-C System vorstellen werden.<br />

Die schon jetzt realisierten Veränderungen beziehen sich auf die Umbenennung und Neuformulierung<br />

von Sektoren, Unterabschnitten und der Neuformulierung von Items, - es wurden jedoch<br />

keine Items hinzugefügt oder gestrichen. Die ¼ Kreisabschnitte der Rosette werden als Sektoren<br />

betitelt, wobei 2 dieser Sektoren umbenannt wurden (Verständigungsvermögen in Kommunikation,<br />

Soziale Anpassung in Soziale Integration).<br />

Die Unterabschnitte erhielten zum Teil neue Überschriften und einige Items wurden textlich<br />

überarbeitet und zum Teil in ihrer Bedeutung erweitert. Die Bezeichnung „Behinderter“ wurde<br />

durch „Klient“ ausgetauscht, damit der Dienstleistungscharakter der Förderung und der Unterstützung<br />

deutlicher wird.<br />

Die Überarbeitung der P-A-C Formulare ist zur Zeit leider noch nicht abgeschlossen, sie werden<br />

aber in der nächsten Zeit an die Textänderungen (Sektoren, Unterabschnitte und Items) im Programm<br />

angepasst werden.<br />

Wir hoffen, dass wir Ihnen mit dem P-A-C Programm eine spürbare Arbeits- und Anwendungserleichterung<br />

verschaffen können. Das Programm sollte Ihnen bei der Auswertung, Analyse und<br />

Dokumentation eine Hilfestellung ermöglichen, die zur Qualitätssicherung ihrer Förderarbeit<br />

beitragen kann.<br />

Wir würden uns über Ihre Erfahrungen und Verbesserungsvorschläge freuen und möchten Sie<br />

ermutigen uns diese zahlreich entweder am Telefon oder besser schriftlich zukommen zu lassen,<br />

um diese mit in eine zukünftige Verbesserung und Weiterentwicklung des P-A-C Systems zu berücksichtigen.<br />

P-A-C Handbuch 2002 4<br />

P-A-C IT<br />

4<br />

97


Handbuch Berufsbildungsbereich - 98 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 98<br />

Lebenshilfe Detmold e.V.<br />

Abteilung EDV & Verlag<br />

Elisabethstrasse 83<br />

32756 Detmold<br />

Telefon: 05231 – 92 13 20<br />

Fax: 05231 – 92 13 70<br />

E-Mail: info@lebenshilfe-detmold.de<br />

E-Mail: a.hibbeler@lebenshilfe-detmold.de<br />

P-A-C Handbuch 2002 5<br />

P-A-C IT<br />

5<br />

98


Handbuch Berufsbildungsbereich - 99 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 99<br />

A. Das P-A-C System<br />

Das P-A-C System (Progressive Assessment Chart) ist von Dr. H.C. Günzburg aus der pädagogischen<br />

Praxis heraus entwickelt worden, um Hilfen in der Förderung von wichtigen Lebensfertigkeiten<br />

zu geben. Im Vordergrund stand dabei nicht nur die Förderung kognitiver und psychomotorischer<br />

Fähigkeiten und Fertigkeiten, sondern vielmehr die Steigerung der sozialen Kompetenz<br />

und der Integrationsfähigkeit von Menschen mit geistiger Behinderung. Er entwickelte dazu verschiedene<br />

Formulare, die ausgehend von der Normalentwicklung des Menschen, Items mit Fähigkeiten<br />

und Fertigkeiten für geistig behinderte Menschen enthalten, die es diesen ermöglichen<br />

sollen, selbstständiger und unabhängiger zu leben.<br />

Bei einer systematischen Förderung sind nach den Erfahrungen des Autors viele dieser Fertigkeiten<br />

erreichbar. Die Arbeit mit dem P-A-C System sollte dabei kein statisches „steriles Testen“<br />

sein, das lediglich dem Ziel der Dokumentation und der Berichterstattung dient. Die systematische<br />

Förderung sollte vielmehr kurz- und langfristiger Ziele dienen, die sich nicht nur auf den<br />

rein „technischen“ Erwerb von sozialen Fertigkeiten erstreckt, sondern auch der Entwicklung von<br />

Beziehungen zur Umwelt dient. Das systematische Einschätzen und Fördern sollte dem langfristigen<br />

Ziel der sozialen Integration des behinderten Menschen in eine Gemeinschaft dienen.<br />

Der systematische Erwerb von Lebensfertigkeiten wird Menschen mit Behinderung ein mehr an<br />

Handlungskontrolle ermöglichen und damit zu einem Gefühl von Sicherheit in der Interaktion mit<br />

seiner Umwelt schaffen.<br />

Die didaktische Wahl der geeigneten Lehr- und Lernformen, die Bestimmung des „richtigen“<br />

Zeitpunktes für die Vermittlung neuen Wissens, die Stärkung der Motivation usw. werden und<br />

können nicht durch das P-A-C System „vorgeschrieben“ werden, sondern müssen im Dialog mit<br />

dem behinderten Menschen und aus der Erfahrung des Assistenten oder Betreuers erfolgen.<br />

Anwendungsschritte und Ablaufdiagramm des P-A-C Systems<br />

Zum Einstieg in die Verwendung des P-A-C Systems möchten wir Ihnen einen Ablauf der Verfahrensschritte<br />

darstellen, wie sie aus unserer Sicht idealtypisch aufeinander folgen.<br />

Am Beginn der Arbeit mit dem P-A-C System steht die Auswahl des passenden Formulars zu<br />

einem Klienten. Die P-A-C Formulare eignen sich für unterschiedliche Altersgruppen, Kompetenzniveaus<br />

und Behinderungsgrade, genauere Informationen finden Sie im weiteren Text oder in<br />

den Handbüchern zu den jeweiligen Formularen.<br />

Nach der Auswahl des geeigneten Formulars sollte eine erste Einschätzung (Assessment) des Klienten<br />

erfolgen. Sie erhalten so einen „IST“ Stand der Lebensfertigkeiten ihres Klienten, der als<br />

Ausgangspunkt für die Einschätzung des Hilfebedarfs und der notwendigen Unterstützung, die<br />

der Klient benötigt, dienen sollte. Bei der weiteren Förder- und Hilfeplanung können Sie nun die<br />

Sektoren, die Unterabschnitte und die Items im P-A-C Formular lokalisieren und die Förderungsschwerpunkte<br />

und –angebote für Ihre weitere Förderarbeit festlegen.<br />

P-A-C Handbuch 2002 6<br />

P-A-C IT<br />

6<br />

99


Handbuch Berufsbildungsbereich - 100 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 100<br />

Für die eigentliche Förderung ist eine künstliche und sterile Atmosphäre im Sinne des Testens zu<br />

vermeiden, vielmehr sollten die P-A-C Items ein Bestandteil des Alltags und der Normalität des<br />

Klienten werden. Auch sollten die Ergebnisse der Einschätzung mit dem P-A-C Formular, da wo<br />

es möglich ist, mit dem Klienten thematisiert und beraten werden.<br />

Die Fördermethode, wie sie<br />

einzelne Items realisieren<br />

können, ist nicht durch das<br />

Auswahl<br />

des geeigneten<br />

P-A-C Formulars<br />

Einschätzung<br />

(Assessment)<br />

Definiton des<br />

Hilfebedarfs<br />

Förderung<br />

(monitoring)<br />

Evaluation<br />

Dokumentation<br />

Visualisierung (Rosette)<br />

Einschätzung über Kennzahlen<br />

(SCI, PEI, N/A, KG)<br />

Lokalisierung<br />

von Themenbereichen<br />

und Items<br />

durch das P-A-C Formular<br />

Protokollierung<br />

der Lernerfolge im<br />

P-A-C Formular<br />

(Prozessüberwachung)<br />

Darstellung des Lernverlaufs über die<br />

Software<br />

Darstellung der erworbenen Items,<br />

der Lernunregelmäßigkeiten, der<br />

erzielten Kennwerte<br />

Erstellung eines automatisierten<br />

Berichts über die Software<br />

(Rosettenchart)<br />

P-A-C System vorgegeben.<br />

Die Aneignung der durch<br />

die Items beschriebenen<br />

Fertigkeiten kann auf vielfältige<br />

Weise, an den Bedürfnissen<br />

und Möglichkeiten<br />

des Klienten orientiert,<br />

erreicht werden.<br />

Die Nutzungsdauer für ein<br />

P-A-C Formular sollte etwa<br />

ein halbes bis zu einem<br />

Jahr betragen.<br />

Eine ständige Lernkontrolle<br />

ist möglich und<br />

sollte in eine halb- bis einjährige<br />

Evaluation des Lernerfolgs-<br />

und Lernprozesses<br />

des Klienten führen.<br />

Die Evaluation besteht<br />

in der qualitativen und<br />

quantitativen Erfassung<br />

und Bewertung der bisherigen<br />

Lernleistung. Die<br />

Ergebnisse werden dann in<br />

eine neue Förderplanung<br />

münden, die neue Schwerpunkte<br />

und Lerngelegenheiten<br />

anbietet. Der Klient<br />

sollte nicht nur durch den<br />

Betreuer, Assistenten oder<br />

Pädagogen aufgefordert<br />

werden neue Fertigkeiten<br />

zu erlernen, sondern durch<br />

die Konfrontation mit all-<br />

täglichen Aufgaben und Verrichtungen zum Lernen angeregt werden. Das P-A-C System trägt<br />

hier dazu bei, die vielfältigen Anforderungen und Lernmöglichkeiten des Alltags zu erkennen und<br />

zu ermöglichen, die bisher aus unterschiedlichen Gründen vom Klienten ferngehalten wurden.<br />

Die zwischenzeitliche oder abschließende Dokumentation wird von der Software auf Wunsch<br />

erstellt und beinhaltet eine abschließende Zusammenfassung der erreichten Lernleistungen, der<br />

Vergleichswerte, des Förderverlaufs und der Förderempfehlung eines Klienten in Form eines<br />

Förderberichts. Dieser kann als Vorlage für eigene Berichte dienen oder durch Ihre Anmerkungen<br />

und Beispiele ergänzt, für Kostenträger für eine Berichtsform verwendet werden.<br />

P-A-C Handbuch 2002 7<br />

P-A-C IT<br />

7<br />

100


Handbuch Berufsbildungsbereich - 101 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 101<br />

Die P-A-C Formulare<br />

P=P-A-C<br />

P-A-C 1<br />

P-A-C 2<br />

M/P-A-C<br />

Das P-A-C System<br />

S/P=P-A-C<br />

S/P-A-C 1<br />

S/P-A-C 2<br />

LOCO<br />

Kurzbeschreibung der P-A-C Formulare<br />

Das P-A-C System verfügt über unterschiedliche<br />

Formulare, die sich grob in zwei Formularserien<br />

teilen lassen, die P-Serie (geistig behinderte Menschen<br />

vom Kleinkindalter bis zum Erwachsenenalter)<br />

und die S/P-Serie (spezielle Items für<br />

schwerstbehinderte Menschen).<br />

Die Formulare M/P=P-A-C beinhalten spezielle<br />

Items für Menschen mit Trisomie 21, die LOCO<br />

Form hat eine Sonderstellung, sie ist nicht für die<br />

Einschätzung persönlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />

konzipiert, sondern eine Checkliste der pädagogischen<br />

Eignung von Wohneinrichtungen und<br />

–heimen für Menschen mit geistiger Behinderung.<br />

Wir haben in das P-A-C IT Programm mit der<br />

Möglichkeit der Auswertung der Formularen der P<br />

und S/P – Serie, die wichtigsten und am häufigsten<br />

verwendeten Formulare für die Einschätzung und<br />

Förderung von geistig behinderten Menschen mit<br />

aufgenommen<br />

Die zuerst dargestellten drei Grundformen der P-A-C Formulare (P=P-A-C, P-A-C 1 und<br />

P-A-C 2) finden Sie in dem ersten Band „P-Serie“ des P-A-C Systems und in dem speziellen Begleitband<br />

zu dem entsprechendem P-A-C Formular.<br />

Die nachfolgenden, unter dem Punkt S/P-Serie vorgestellten Beschreibungen finden Sie im zweiten<br />

Handbuch „S/P-Serie“ des PAC, oder in dem speziellen Begleitband zu dem entsprechenden<br />

S/P-A-C Formular.<br />

P=P-A-C<br />

P-A-C 1<br />

P-A-C 2<br />

Die Formulare der P-Serie:<br />

• Das P=P-A-C Formular orientiert sich an der Normalentwicklung<br />

eines Kleinkindes (0 – 3 Jahren). Dieses<br />

Formular ist für die Beurteilung der Entwicklungsstufe<br />

von schwer geistig behinderten Kindern und auch für<br />

Jugendliche bis zum Alter von 13 oder 14 Jahren anwendbar.<br />

Es umfasst 130 Items. Die in das Formular<br />

aufgenommenen Items finden sich in zahlreichen bekannten<br />

Skalen zur Entwicklung des Kleinkindes, die<br />

das Verhalten des Kleinkindes knapp und genau beschreiben<br />

(Bühler, 1935; Gesell, 1954, Günzburg<br />

1977). Für schwerer geistig behinderte Kinder, Jugendliche<br />

und Erwachsene werden das<br />

S/P=P-A-C oder S/P-A-C 1 Formular in einzelnen Fällen<br />

auch das S/P-A-C 2 Formular verwendet, da diese<br />

P-A-C Handbuch 2002 8<br />

P-A-C IT<br />

8<br />

101


Handbuch Berufsbildungsbereich - 102 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 102<br />

Formulare über eine erheblich feinere Aufstellung der verschiedenen Entwicklungsphasen<br />

verfügen.<br />

• Das P-A-C 1 Formular enthält eine Auswahl derjenigen Fertigkeiten, die besonders wichtig<br />

sind für die Entwicklung des Kindes und dem Jugendlichen im Schulalter (6 – 16 Jahren).<br />

Dieses Formular umfasst 120 Items, die zum Teil aus Prüfinstrumenten von Termann-Merril<br />

(1960), Vineland (Doll, 1953), Oseretzky (Doll, 1946) entnommen wurden. Die Items können<br />

auch für erwachsene geistig behinderte Menschen verwendet werden, die in dieser „Entwicklungsstufe“<br />

sind, sie müssen dann jedoch auf eine Auswertung mit den speziellen Kennzahlen,<br />

wie PEI / SCI verzichten, die für diese Altersgruppen zurzeit noch nicht vorliegen.<br />

Das Formular enthält außerdem das „Persönlichkeitsbild“, welches zusätzliche Anhaltspunkte<br />

für Integrationsprobleme und Förderbereiche aufzeigen kann.<br />

• Das P-A-C 2 Formular ist für den erwachsenen, behinderten Menschen geschaffen worden<br />

und beschreibt Kombinationen von verschiedenen Fertigkeiten, die erfahrungsgemäß die<br />

soziale Integration in verschiedene Lebensbereiche erleichtert. Das P-A-C 2 Formular enthält<br />

120 Items, die im Gegensatz zu den vorangegangenen Verfahren nicht aus bestehenden<br />

Prüf- oder Forschungsergebnissen zusammengestellt wurden, da diese zum Zeitpunkt der<br />

Konstruktion nicht existierten. Die Items im P-A-C 2 sind vielmehr ein Bündel von Verhaltensweisen<br />

die aus den Anforderungen verschiedener Lebensfelder und der praktischen Erfahrung<br />

ermittelt und aufgenommen wurden. Das P-A-C 2 Formular beinhaltet ebenfalls das<br />

„Persönlichkeitsbild“, das es ermöglicht zusätzliche bestimmende Einflussfaktoren für den<br />

Förder- und Integrationsprozess zu berücksichtigen.<br />

Einsatz der P-A-C Formulare auch für „nicht behinderte“ Menschen<br />

Die P-Serie des P-A-C Systems ist das Fördersystem, das von Dr. Günzburg als erstes entwickelt<br />

und überprüft wurde. Sie orientiert sich weitgehend an der Normalentwicklung des Menschen,<br />

beginnt mit Items für das Kleinkindalter und entwickelt sich nahtlos fort bis in das Erwachsenenalter.<br />

Das P-A-C System bietet sich daher für eine ganze Serie von Förder-, Betreuungs- und Integrationsinstitutionen<br />

an. Wie Günzburg an verschiedenen Stellen seiner Texte betont, eignen sich<br />

einige Formulare des P-A-C Systems auch für die Förderung von nicht behinderten Menschen.<br />

Für Menschen mit oder ohne geistige Behinderung gelten die gleichen Lernziele und ein ähnliches<br />

Verhaltensrepertoire, lediglich die Zeitpunkte der Aneignung und der Integrationsvorbedingungen<br />

liegen zeitlich weit auseinander. Diese Überlegungen gingen in die Konstruktion des<br />

P=P-A-C und P-A-C 1 Formulars mit ein und ermöglichen eine an der „normalen“ Entwicklung<br />

orientierte Abfolge von Items.<br />

So erweitern sich die Lern- und Handlungsfelder innerhalb eines Formulars und zwischen den<br />

Formularen mit den Inhalten der Items. Schritt für Schritt werden die Anforderungen und Erfahrungsfelder<br />

mit den Items abgebildet.<br />

So können mit Hilfe des P=P-A-C auch nicht behinderte Kleinkinder oder Kinder systematisch<br />

gefördert und begleitet werden, allerdings erreichen diese die Items erheblich früher.<br />

Das P-A-C 2 Formular bietet eine zusätzliche Unterscheidung zwischen gering geistig behinderten<br />

Menschen, moderat geistig behinderten Menschen und Menschen mit einer deutlichen geistigen<br />

Behinderung. Die Unterscheidung ist für die Bewertung der Lernleistungen wichtig, da wie<br />

oben beschrieben eine geringer gradige geistige Behinderung auch zu einer schnelleren Aneig-<br />

P-A-C Handbuch 2002 9<br />

P-A-C IT<br />

9<br />

102


Handbuch Berufsbildungsbereich - 103 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 103<br />

nung von einzelnen Items und einem unterschiedlichen Lernverlauf führt. Diese Unterschiede<br />

werden bei der Analyse und Auswertung der Lernleistung über den SCI und PEI Wert (s. Kap.<br />

Analyse der Förderung) berücksichtigt<br />

Die Formulare der S/P-Serie:<br />

S/P=P-A-C<br />

S/P-A-C 1<br />

S/P-A-C 2<br />

A-C Leitfaden enthalten<br />

• Das S/P=P-A-C Formular enthält 181 Items, die als<br />

Entwicklungsschritte für schwerstbehinderte Menschen<br />

entwickelt worden sind. Dieses Formular orientiert<br />

sich am P=P-A-C, der die Normalentwicklung<br />

eines Kleinkindes abbildet und betont dabei das „untere<br />

Ende“ des<br />

P=P-A-C Formulars. Das Formular ermöglicht es den<br />

allgemeinen Entwicklungszustand von schwerstbehinderten<br />

Menschen aller Altersstufen zu vermerken.<br />

Das<br />

S/P=P-A-C Formular kann auch für die Beurteilung<br />

eines schwerstbehinderten Menschen, unabhängig<br />

vom Alter verwendet werden, ohne jemals von einem<br />

P-A-C Formular auf ein anderes „umsteigen“ zu müssen.<br />

• Dieses Formular ist gröber gegliedert als die<br />

S/P-A-C 1 und S/P-A-C 2 Formulare und daher auch<br />

weniger geeignet, einen weitreichenden Situationsbericht<br />

für Erziehungs- und Förderzwecke zu geben.<br />

Die Kriterien für das S/P=P-A-C sind in dem S/P=P-<br />

• Das S/P-A-C 1 Formular ist als Pendant zum P-A-C 1 Formular für schwerstbehinderte Menschen<br />

entwickelt worden und behandelt Fertigkeiten, die ein Kind unter normalen Umständen<br />

vom 1. bis zum 5. Lebensjahr erwirbt. Schwerbehinderte Menschen erwerben diese Fertigkeiten<br />

viel später und das Formular ist daher auch für Jugendliche und Erwachsene passend. Das<br />

S/P-A-C 1 Handbuch muss zum Ausfüllen des S/P-A-C 1 Formulars verwendet werden. Im<br />

Gegensatz zum S/P=P-A-C verfügt das S/P-A-C 1 Formular über 220 Items, die besonders<br />

für schwerstbehinderte Menschen notwendige und genauere Entwicklungsverläufe aufzeigen<br />

können.<br />

• Das S/P-A-C 2 Formular ist als Pendant zum P-A-C 2 Formular für schwerstbehinderte Menschen<br />

entwickelt worden. Die 180 Items schließen nahtlos an das S/P-A-C 1 Formular an und<br />

zielen auf die Gruppe der schwer behinderten Jugendlichen und Erwachsenen um ihnen einen<br />

größeren Grad von Selbstständigkeit und Autonomie zu ermöglichen.<br />

P-A-C Handbuch 2002 10<br />

P-A-C IT<br />

10<br />

103


Handbuch Berufsbildungsbereich - 104 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 104<br />

Auswahl und Einsatz des geeigneten P-A-C Formulars<br />

Das Auswählen des geeigneten P-A-C Formulars ist keine leichte Aufgabe, denn die Institution<br />

muss dazu die Zeitdauer, den organisatorischen Rahmen, die Zielrichtung der Förderung und das<br />

Fähigkeitsniveau der Klienten berücksichtigen.<br />

Fragen wie z.B.: Welcher Zeitraum steht mir für die Förderung zur Verfügung? Wie viel Zeit am<br />

Tag oder in der Woche habe ich für die Förderung und Begleitung eines Klienten? Welche weiteren<br />

Förderkonzepte möchte ich anwenden? Stimmen die Iteminhalte mit der Wohn-, Lebens- oder<br />

Arbeitswelt meines Klienten überein, hat er einen Nutzen von den Lerninhalten? Die Beantwortung<br />

dieser Fragen sollte neben der Entscheidung über den Einsatz des P-A-C Systems zu dem<br />

„vorläufig“ geeigneten Formular führen, das dann bei der Anwendung Rückschlüsse über die<br />

Passung oder die Verwendung eines Vorgänger- oder Nachfolgerformulars zuläßt.<br />

Die Förderung von schwerstbehinderten Menschen sollte wie beschrieben mit einem S/P Formular<br />

vorgenommen werden. Wenn Sie für die Förderung und Begleitung eines jugendlichen oder<br />

erwachsenen schwerstbehinderten Menschen einen größeren Förderzeitraum zur Verfügung haben,<br />

können Sie das kleinschrittige S/P-A-C 1 oder S/P-A-C 2 Formular verwenden. Ist eine<br />

kompaktere und dichtere Darstellung aus Zeit-, Personal- oder Konzeptionsgründen gewünscht<br />

sollte die Wahl eher auf das S/P=P-A-C Formular fallen.<br />

Die Auswahl des geeigneten Formulars aus der P-Serie des P-A-C ist wiederum vom Alter der<br />

Person und von deren Hilfe- und Förderbedarf abhängig.<br />

Das P=P-A-C und P-A-C 1 Formular wird eher für kleine Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene<br />

angewendet, für die erwachsenen geistig- oder lernbehinderten Menschen, die in Wohnheimen,<br />

Wohnbereichen, z.T. in Werkstätten arbeiten und leben, findet das P-A-C 2 Formular eher<br />

Anwendung. Insgesamt ist der Auswahlprozess von Ihrer Erfahrung, dem Klienten und dem Förderkontext<br />

abhängig und individuell auszuloten.<br />

Sie werden in den Formularen immer wieder Anforderungen entdecken, die bisher nicht von Ihnen<br />

an den Klienten gestellt wurden, wir möchten Sie bitten diese nach Möglichkeit mit in die<br />

Wohn- oder Lebenswelt ihres Klienten zu integrieren. Da wo dies wirklich nicht möglich oder<br />

gewünscht ist, sollten Sie eine K.G. (keine Gelegenheit) Notierung vornehmen. Beachten Sie bitte<br />

dabei, dass eine häufige K.G. Notierung mit in die Analyse eingeht und darauf hinweist, dass ein<br />

Klient bestimmte Anforderungen und Lernmöglichkeiten nicht vorfinden kann.<br />

Welche neuen Möglichkeiten bietet das P-A-C IT Computerprogramm?<br />

Die P-A-C Formularen sind als Papier / Stift Verfahren konzipiert worden und sollen auch so<br />

verwendet werden. Viele Anwender wünschen sich die direkte Eingabe der Beobachtungen, Einschätzungen<br />

und Förderung ihrer Klienten in das Computerprogramm, - dies ist möglich, - jedoch<br />

nicht zu empfehlen.<br />

Die pädagogische Förderung von Menschen mit Behinderung besteht aus einer Unzahl von kleinen<br />

Beobachtungen, Schlussfolgerungen und einzelnen Schritten, die einfacher und leichter auf<br />

einem P-A-C Formular notiert werden können und dann später zur Analyse, Dokumentation und<br />

Förderplanung in das Computerprogramm, z.B. im Rahmen einer Nachbereitung des Tages, der<br />

Woche, o.ä. eingegeben werden können.<br />

Die Eingabe der Ergebnisse aus den P-A-C Formularen in das Computerprogramm ist selbst für<br />

unerfahrene Anwender schnell zu bewältigen und wir haben hierfür eine neue übersichtlichere<br />

und einfachere Gestaltung und Markierungsmöglichkeit am Bildschirm für die Dateneingabe geschaffen.<br />

Das P-A-C Formular sollten Sie unter Beachtung des jeweiligen Handbuches als „vor<br />

Ort Dokumentation“ mit allen Notizen, Markierungen und Bemerkungen über einen Zeitraum<br />

von einem ½ bis einem Jahr weiter verwenden.<br />

P-A-C Handbuch 2002 11<br />

P-A-C IT<br />

11<br />

104


Handbuch Berufsbildungsbereich - 105 - Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002 105<br />

Das Programm ermöglicht durch die Eingabe des ausgefüllten Formulars die Archivierung der<br />

Klientendaten. Sie haben damit jederzeit eine Möglichkeit gespeicherte Einschätzungen und Förderergebnisse<br />

aufzurufen und auszudrucken.<br />

Es ermöglicht Ihnen die Analyse der Förderleistung, des Förderverlaufs und erzeugt eine hochwertige<br />

Darstellung der Ergebnisse Ihrer Förderung in Form des Rosettencharts, eines Diagramms<br />

zum Förderverlauf und eines umfassenden Förderberichts.<br />

Im Zuge der gesetzlichen Änderungen in Deutschland (BSHG § 93, Neuschaffung des SGB IX)<br />

und der gestiegenen Anforderungen an Einrichtungen in der Eingliederungshilfe, ist die Dokumentation<br />

und Qualitätssicherung in vielen Einrichtungen zur Pflicht geworden. Das Dokumentations-<br />

und Berichtswesen sollte dabei sowohl der Verbesserung der Qualität, der Förderung und<br />

des Förderprozesses dienen, als auch den Anforderungen von externen Stellen, z.B. Kostenträger<br />

oder weiterführenden Einrichtung genügen. Hierfür ist eine genaue und aussagekräftige Dokumentation<br />

auf der Basis eines wissenschaftlichen Fördersystems, wie es das P-A-C System bietet,<br />

eine Möglichkeit diese Anforderungen umzusetzen.<br />

Die vielfältigen Auswertungsmöglichkeiten, die das Computerprogramm zur Verfügung stellt<br />

können sowohl die Förderbemühungen, wie auch die Fördererfolge sichtbar machen und auf die<br />

Notwendigkeit von z.B. weiteren Maßnahmen oder Hilfen für den Klienten hinweisen.<br />

Aber nicht nur formale Aspekte sind Argumente für das Computerprogramm, erstmalig haben Sie<br />

die Möglichkeit, Entwicklungsverläufe graphisch darzustellen, Entwicklungen am Sozialbild in<br />

Form einer Animation zu verfolgen, Kennzahlen (SCI, PEI, KG) zu erhalten und diese mit Farbindikatoren,<br />

als Hilfebedarf und besonderen Förderbedarf in ihre weitere pädagogische Förderung<br />

mit einfließen zu lassen. Durch eine Tabelle der Verbesserungen oder Verschlechterungen von<br />

einzelnen Items, die sich zwischen zwei Erhebungen ergeben haben, ist eine genaue Diskussion<br />

über die Quellen und die Bedeutung der Veränderung für den einzelnen behinderten Menschen<br />

im Team möglich.<br />

Das Berichtssystem, bei dem in der Vergangenheit turnusmäßige Berichte erstellt werden mussten<br />

und einen Teil der Arbeit jedes Pädagogen beinhalteten, wird nun vom Computer übernommen.<br />

Dieser Bericht ist als Entwurf zu verstehen, der auf den Verknüpfungen und Interpretationen<br />

des Programms beruht und nicht die eigene Interpretation und Wertung des Assistenten oder<br />

Betreuers ersetzten kann.<br />

Der Computer eröffnet Ihnen viele Möglichkeiten, die Dr. H.C. Günzburg nicht zur Verfügung<br />

standen, als er das P-A-C System entwarf und die erst heute, nach einer entsprechenden Verbreitung<br />

des Computers, in Institutionen, die mit geistig behinderten Menschen arbeiten, genutzt<br />

werden können.<br />

P-A-C Handbuch 2002 12<br />

P-A-C IT<br />

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Handbuch Berufsbildungsbereich Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002<br />

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Handbuch Berufsbildungsbereich Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002<br />

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Handbuch Berufsbildungsbereich Vinzenz von Paul-Werkstätten, Schwäbisch Gmünd Revision 1.0, 23.09.2002<br />

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