Prozesssteuerung mit Kennzahlen - Haufe.de

48
Rechnungskaufanbieter im E-Commerce
Abb. 2: Idealisierter Warenkaufablauf bei Bestellung via Rechnung durch einen Rechnungsdienstleister
vordefinierter, dynamischer Programmbausteine.
Vor Abschluss des Bezahlprozesses
prüfen die Dienstleister die Bonität des Bestellers
(BillSAFE 2012, S. 4) und lehnen im
negativen Fall ggf. eine Zahlung via Rechnung
ab. Weiterhin müssen u. a. Geschäftsbedingungen
für den Kunden bei Auswahl dieser
Zahlungsvariante geändert werden.
Wählt der Konsument einen anderen Zahlungsweg
aus (bspw. Vorkasse per Banküberweisung),
so ändert sich der Ablauf nicht.
Dieses Dienstleistungsangebot kann als
Form des Factorings aufgefasst werden.
Dabei werden Kunden-Forderungen an einen
sog. Factorer verkauft (Wöhe und Döring 2010,
S. 616 f.). Grundlage dafür bildet die Abtretung
einer Forderung gemäß § 398 ff. BGB und der
Abschluss eines Factoringvertrages (Harms
2010, S. 226 ff.). Innerhalb dieses Factoringvertrages
werden i. d. R. alle Kunden-Forderungen
abgetreten. Der Factorer treibt nun die
offenen Forderungen bei dem Kunden ein und
schreibt dem Abtretungsunternehmen i. d. R.
den Forderungsbetrag abzgl. einer Übernahmegebühr
gut. Im Rahmen von Rechnungskaufanbieter
werden meist alle Forderungen, welche
über Rechnung vom Kunden getätigt werden,
Abb. 3: Überblick über Rechnungskaufanbieter – eine Auswahl
an den Rechnungskaufanbieter (dem Factorer)
abgetreten.
Tritt nun ein Forderungsausfall ein (der
Kunde kann die Forderung nicht begleichen),
so übernimmt dieses Risiko der Factorer beim
sog. „echten Factoring“ (Wöhe und Döring
2010, S. 617). Liegt ein „unechtes Factoring“
vor, so verbleibt das Risiko des Zahlungsausfalls
des Kunden beim Abtretungsunternehmen.
Bei den meisten Rechnungskaufanbietern
liegt ein echtes Factoring vor, da die
Unternehmen bei Zahlungsausfall dieses Risiko
übernehmen (siehe Abbildung 3).
Als Gebühr für diese Dienstleistungen berechnen
die Rechnungskaufanbieter dem Onlineshop, wie
etwa die BillSAFE GmbH 2 , eine Grund- und
Transak tionsgebühr. Ein Überblick zu den Anbietern
und deren Ausgestaltung dieser Dienstleistung
wird im Nachfolgenden gezeigt.
Überblick über Rechnungskaufanbieter
– eine Auswahl
Im deutschsprachigen Raum existiert eine Vielzahl
von Rechnungskaufanbietern (Auswahl
siehe Abbildung 3). Die Höhe der Gebühren ist
bei den Rechnungskaufanbietern i. d. R. erst
nach kundenspezifischer Anfrage zu erfahren
und nicht veröffentlicht. Die Payment Network
AG 3 veröffentlicht jedoch ihre Gebühren und
berechnet danach etwa eine einmalige Einrichtungsgebühr
in Höhe von 39,90€ zzgl.
monatlicher Gebühren (19,90€) und Transaktionsgebühren
(0,49€ + 2,99 % der Bestellsumme)
für den Rechnungskauf.
Die fälligen Forderungen werden in der Regel,
wie aus Abbildung 3 ersichtlich, im wöchentlichen
Rhythmus an die Onlineshops ausbezahlt.
Bei Nichtbezahlung kann sich der Zeitraum
anbieterspezifisch verlängern. Bei der
Billpay GmbH erhält der Onlineshop bei Nichtzahlung
des Kunden seinen Forderungsbetrag
spätestens in der Woche nach Zahlungsziel der
Rechnung 4 , bei der Payment Net-works GmbH
hingegen in jedem Anwendungsfall nach 21
Tagen nach Forderungsankauf.
Alle untersuchten Anbieter übernehmen das
Risiko und die damit verbundenen Kosten des
Zahlungsausfalls.
Generell können Online-Shops mit beliebiger
Größe und mannifgaltigen Produkten sowie
Dienstleistungen den Rechnungskauf nach Auskunft
der Anbieter nutzen. So finden sich unter
den Referenzkunden der Klarna GmbH etwa ein
Online-Portal, welches Dienstleistungen anbietet
(bspw. StayFriends GmbH) oder etwa ein
Fotoversender, wie meinfoto.de (United Arts
Ltd.). Ausnahmen teilen die Anbieter bei Vertragsschluss
den Onlineshops mit. Die BillSAFE
GmbH 5 schließt etwa den Verkauf von Steroiden
und Rauschmitteln aus und erteilt nur nach vorhergehender
Prüfung die Erlaubnis des Rechnungskaufs
bspw. für alkoholische Getränke.
Vorteile durch den Einsatz
von Rechnungskaufanbietern
Grundsätzlich können die wesentlichen
Vorteile des Factorings auch in diesem
speziellen Anwendungsgebiet (trotz der
i. d. R. geringeren Forderungshöhe bei kleineren
Online-Shops) übertragen werden. Im Regelfall
schließen Factoringgesellschaften Factoringverträge
erst ab einem hohen jährlichen
Mindestumsatz ab (Harms 2010, S. 229).