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Erbringung von Sozialleistungen nach Vergaberecht? - Erev

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1. Erforderlichkeit einer Außenrechtsnorm<br />

a) Eingriff in die Berufsfreiheit der freien Träger<br />

Die Tätigkeit der freien Träger wird im Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG geschützt<br />

(s. oben A I 3 a). Die Frage, ob der Vertragsabschluss mit dem erfolgreichen Bieter<br />

zu einem Eingriff in die Berufsfreiheit des nicht erfolgreichen Bieters führt, ist<br />

umstritten. Sie wird in der Literatur mit dem Argument bejaht, dass jede staatliche<br />

Auftragsvergabe als staatliche Ingerenz in den Marktwettbewerb aufzufassen sei, da<br />

sie die Wettbewerbssituation des zum Zuge Gekommenen stärke und damit die<br />

Konkurrenten behindere. Also habe sie eine objektiv berufsregelnde Tendenz mit der<br />

Folge, dass die gesamte Auftragsvergabe unter Gesetzesvorbehalt gerate 212 . Andere<br />

halten entgegen, dass die Freiheit des Berufs das Recht umfasse, die unternehme-<br />

rische Betätigung aufzunehmen und auszuüben, d. h. das jeweilige Produkt oder die<br />

jeweilige Dienstfreiheit herzustellen und am Markt anzubieten. Die Freiheit umfasse<br />

aber nicht das Recht, dass andere das angebotene Gut <strong>nach</strong>fragen. An dieser<br />

einfachen Grundaussage ändert sich nichts, wenn der Staat als Nachfrager auftrete.<br />

Das soll selbst dann gelten, wenn der <strong>nach</strong>fragende Staat eine marktbeherrschende<br />

Stellung hat. Pietzcker erläutert dies an einem Beispiel: Die Bundeswehr ändert ihre<br />

Strategie und baut nicht wie erwartet die Marine sondern die Luftwaffe aus. Dadurch<br />

erwächst ihr aber nicht die Pflicht, die ökonomische Existenz der Werften durch die<br />

Aufrechterhaltung einer nicht mehr benötigten Nachfrage zu sichern. Denn den<br />

staatlichen Nachfrager treffe keine Marktstrukturverantwortung 213 .<br />

Das Beispiel und die Begründung, warum das Verhalten eines marktbeherrschenden<br />

staatlichen Nachfragers die Berufsfreiheit nicht beeinträchtigt, zeigen sehr schön,<br />

warum die Argumente nicht auf die <strong>Erbringung</strong> <strong>von</strong> <strong>Sozialleistungen</strong> passen. Sozial-<br />

leistungsträger haben im Unterschied zur Bundeswehr durchaus so etwas wie eine<br />

„Markt“strukturverantwortung, nämlich die Gesamtverantwortung dafür, dass die zur<br />

Ausführung der <strong>Sozialleistungen</strong> erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen<br />

rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen. Rüstungsbetriebe können ihre<br />

212 Thomas Puhl, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, VVDStRL 60 (2001), S. 456,<br />

482 f.; Luthe, Wettbewerb, Vergabe und Rechtsanspruch im „Sozialraum“ der Jugendhilfe, NDV<br />

2001, 247, 256.<br />

213 Jost Pietzcker, Die Zweiteilung des <strong>Vergaberecht</strong>s, 2001, S. 27 f.<br />

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