EINE FAIRE GLOBALISIERUNG - International Labour Organization
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311. Auf lokaler und nationaler Ebene besteht die dringende Notwendigkeit, die<br />
Rechte indigener Stämme und Bevölkerungsgruppen auf ihre Territorien und Ressourcen,<br />
ihre Kultur und Identität, ihr traditionelles Wissen und ihr Recht auf Selbstbestimmung<br />
anzuerkennen und zu fördern. Bevor neue Entwicklungsprojekte in ihren<br />
Gemeinschaften eingeführt werden, sollte man ihre vorherige Zustimmung nach<br />
Inkenntnissetzung einholen. Ihre indigenen sozialpolitischen und wirtschaftlichen<br />
Systeme, ihre nachhaltige Verwaltung von Ressourcen und ihr Lebensunterhalt sollten<br />
neben anderen Systemen bestehen bleiben können und sollten gerade wegen des auf<br />
ihnen lastenden Drucks, sich in die globale Marktwirtschaft zu integrieren, unterstützt<br />
statt zerstört werden. Die Weltwirtschaft agiert unter Regeln und gesetzlichen Rahmenbedingungen,<br />
die mit den Rechten der indigenen Bevölkerungsgruppen oft unvereinbar<br />
sind und ihre ursprüngliche Lebensart und Kultur bedrohen. Die nationalen und die<br />
lokalen Behörden sind gleichermaßen aufgerufen, die Rechte der indigenen Stämme zu<br />
schützen und jede Diskriminierung ihnen gegenüber unter voller Anwendung bestehender<br />
Gesetze zu verhindern bzw. solche Gesetze auszuarbeiten, falls noch keine vorhanden<br />
sind. Zu diesem Zweck sollten Regierungen die Annahme des UN-Entwurfs einer<br />
Erklärung über die Rechte der indigenen Menschen unterstützen, der gegenwärtig verhandelt<br />
wird. Ähnliche Probleme bestehen im Zusammenhang mit ethnischen und<br />
religiösen Minderheiten; es sollte besonders darauf geachtet werden, dass sie ebenfalls<br />
faire Zugangsmöglichkeiten zu den Chancen erhalten, die die Weltwirtschaft eröffnet.<br />
312. Auch frühere Rechte und Ansprüche der indigenen Bevölkerungsgruppen auf das<br />
Land und die Ressourcen, die sie seit Menschengedenken bewohnen, nutzen und hegen,<br />
sollten anerkannt werden. Die Weigerung oder die mangelnde Fähigkeit der indigenen<br />
Bevölkerung, sich moderner Methoden der Registrierung von Grundbesitz zu bedienen,<br />
welche ihre indigenen Systeme der Landbesitzrechte und Rechte der Rohstoffnutzung<br />
nicht anerkennen, dürfen nicht als Grund dienen, sie zugunsten anderer Interessengruppen<br />
zu enteignen.<br />
Die nächste Stufe: Regionale Integration<br />
313. Innerhalb der Länder kann man viel tun, um sich die Vorteile der globalen Möglichkeiten<br />
zunutze zu machen und dafür zu sorgen, dass die Gewinne fair verteilt werden.<br />
Der Agenda nationaler Maßnahmen sind jedoch durch die Menge der verfügbaren<br />
Ressourcen und die Entwicklungsstufe des Landes ebenso Grenzen gesetzt wie durch<br />
globale Regeln und Politiken. Darauf kommen wir im nächsten Abschnitt zu sprechen.<br />
Es gibt jedoch noch einen weiteren, dazwischen liegenden Schritt, nämlich den der<br />
regionalen Integration.<br />
314. Regionale Regelungen sind in vielfältiger Form möglich. Von den über 250 der<br />
WTO 34 gemeldeten Vereinbarungen über wirtschaftliche Integration besteht die große<br />
Mehrheit aus Freihandelszonen. Es gibt aber auch zahlreiche Bemühungen um eine<br />
engere regionale Integration; diese Projekte sind oft ebenso politischer wie ökonomischer<br />
Natur. Ein sehr gutes Beispiel ist die EU; ähnliche Zielsetzungen findet man<br />
aber auch bei Integrationsprozessen in Lateinamerika und Afrika. Themen wie Sicherheit,<br />
kulturelle Verknüpfungen und die Förderung gemeinsamer Ziele sind von mindestens<br />
ebenso großer Bedeutung wie wirtschaftliche Interessen und bilden die Grundlage<br />
für die Entstehung einer Vielfalt regionaler Institutionen.<br />
315. Die regionale Integration und Kooperation kann auf mindestens drei verschiedene<br />
Arten zu einem gerechteren Muster der Globalisierung beitragen.<br />
————————–––––<br />
34<br />
WTO: World Trade Report, 2003 (Genf, WTO, 2003); und Weltbank: Trade Blocs(Washington D.C.,<br />
Oxford University Press, 2000).<br />
Die Rechte und<br />
Kulturen indigener<br />
Völker müssen<br />
anerkannt und<br />
geschützt werden<br />
Die regionale<br />
Integration kann den<br />
Ländern helfen,<br />
globale Kräfte zu<br />
steuern<br />
Ausgangspunkt: Die nationale Ebene 77