EINE FAIRE GLOBALISIERUNG - International Labour Organization
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Die ausländische<br />
Direktinvestitionen<br />
erfordern einen<br />
ausgewogenen<br />
Entwicklungsrahmen<br />
mit mehr Transparenz<br />
und Kohärenz<br />
96 Eine faire Globalisierung: Chancen für alle schaffen<br />
zu gelangen. Der Kodexentwurf bemühte sich, die Rechte und Pflichten transnationaler<br />
Unternehmen bezüglich deren internationalen Aktivitäten zu umreißen. Der Versuch,<br />
ein Multilaterales Abkommen über Investitionen (MAI) in Rahmen der OECD zu verhandeln,<br />
stieß auf äußerst heftigen Widerstand der Gewerkschaften, der nichtstaatlichen<br />
Organisationen und anderer Gruppen und wurde 1998 schließlich aufgegeben. Zahlreiche<br />
Kommentatoren merkten an, dass im Entwurf des multilateralen Abkommens<br />
über Investitionen eine Reihe von Rechten für ausländische Investoren festgelegt wurden,<br />
dem Investor jedoch keinerlei entsprechende Verantwortung für sein Verhalten<br />
zugewiesen wurde. Daraus ergaben sich zwei wichtige Lektionen. Erstens: die<br />
beteiligten Akteure sollten mit am Tisch sitzen, so dass ein Ausgleich zwischen den<br />
Interessen der Heimat- und der Gastländer, der Investoren (in- und ausländischen), der<br />
Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit möglich ist. Zweitens: der Prozess muss transparent<br />
und offen sein. Da dies beim multilateralen Abkommen über Investitionen nicht<br />
der Fall war, entstanden in der Öffentlichkeit Misstrauen und Gegenwehr.<br />
395. Die Kontroverse über mulilaterale Investitionsregeln verlagerte sich gegen entschiedene<br />
Einwände der Entwicklungsländer, der Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft<br />
in die WTO hinein. Die Gegner sind der Auffassung, dass die Grundsätze der<br />
Nichtdiskriminierung und der nationalen Behandlung für eine Investitionsvereinbarung<br />
nicht geeignet sind. Es gibt legitime Fälle (z.B. eine in den Kinderschuhen steckende<br />
Industrie), in denen Länder ihren einheimischen kleinen und mittleren Betrieben einen<br />
Vorteil gegenüber ausländischem Kapital verschaffen möchten.<br />
396. Mangels kohärenter multilateraler Regeln regulieren die derzeitigen Rahmenbedingungen<br />
für ausländische Direktinvestitionen diesen Bereich auf sehr bruchstückhafte<br />
Art, und zwar durch bilaterale Investitionsverträge, regionale Vereinbarungen wie<br />
NAFTA und andere WTO-Vereinbarungen (dem Allgemeinen Abkommen über den<br />
Handel mit Dienstleistungen (GATS), SCM und TRIMS) 54 . Derzeit steigt die Zahl der<br />
bilateralen Investitionsverträge rasch an, ein Indiz dafür, dass der Wunsch nach dem<br />
Schutz und der Förderung ausländischer Direktinvestitionen stark ausgeprägt ist und es<br />
offenbar gar keine Rolle spielt, ob man sich auf einen multilateralen Rahmen einigt<br />
oder nicht. Wir sind besorgt, dass Entwicklungsländer als Folge unausgewogener Verhandlungen<br />
mit weiter entwickelten Partnerländern beim Abschluss von bilateralen<br />
Investitionsverträgen ungünstige Bedingungen akzeptieren.<br />
397. Es ist eindeutig erforderlich, einen Ordnungsrahmen für die ausländischen Direktinvestitionen<br />
zu entwickeln, der mehr Kohärenz, Transparenz und Ausgewogenheit<br />
schafft, allen Ländern zugute kommt und darüber hinaus bewirkt, dass der Zutritt zu<br />
den globalen Produktionssystemen für die Entwicklungsländer eine „win-win“-Situation<br />
bedeutet.<br />
398. Als ersten Schritt in Richtung auf ausgewogene Rahmenbedingungen für<br />
ausländische Direktinvestitionen empfehlen wir, dass die Länder, um das Problem des<br />
Wettbewerbs der Investitionspolitiken zu lösen, als erstes in kollektiven Maßnahmen<br />
die Anreizsysteme transparenter gestalten. Dies käme vermutlich allen zugute, aber<br />
kein Staat oder Investor wäre wohl bereit, als einzelner zu handeln und sich durch die<br />
Forderung nach Transparenz einem Wettbewerbsnachteil auszusetzen, während die<br />
anderen nicht mitziehen. Daher liegt ein kollektives Vorgehen und die Ausarbeitung<br />
von allgemein anerkannten Disziplinen im Interesse der Länder. Die Länder könnten<br />
mit diesem Prozess auf regionaler Ebene beginnen. Dies wäre gleichzeitig ein ausgezeichneter<br />
Ansatzpunkt für die Entwicklungsländer, um ihre kollektiven Interessen in<br />
anderen Themenbereichen zu definieren, z.B. die nationale Behandlung in der Phase<br />
————————–––––<br />
54 Eine Untersuchung des Inhalts dieser Vereinbarungen findet sich in UNCTAD: World Investment<br />
Report, FDI Policies for Development: National and <strong>International</strong> Perspectives, www.unctad.org/wir