EINE FAIRE GLOBALISIERUNG - International Labour Organization
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4 Eine faire Globalisierung: Chancen für alle schaffen<br />
13. Die Unausgewogenheit zwischen Wirtschaft und Gesellschaft untergräbt die<br />
soziale Gerechtigkeit.<br />
� In den meisten Gesellschaften wächst die Kluft zwischen einer formellen globalen<br />
Wirtschaft und einer expandierenden informellen lokalen Wirtschaft. Die Mehrheit<br />
der Menschen in der Welt, die innerhalb der informellen Wirtschaft leben und<br />
arbeiten, kann nach wie vor nicht in fairer und gerechter Weise direkt an den<br />
Märkten und der Globalisierung partizipieren. Sie verfügt nicht über die Urheber-<br />
und sonstigen Rechte oder über die Fähigkeiten und Vermögenswerte, die sie<br />
benötigt, um produktive Wirtschaftsgeschäfte zu tätigen.<br />
� Die Früchte der Globalisierung sind sowohl in als auch zwischen den Ländern<br />
ungleich verteilt worden. Es kommt zu einer zunehmenden Polarisierung zwischen<br />
Gewinnern und Verlierern. Die Kluft zwischen reichen und armen Ländern<br />
ist breiter geworden. In den Ländern Afrikas südlich der Sahara und Lateinamerikas<br />
lebten Ende der neunziger Jahre mehr Menschen in Armut als zu Beginn<br />
dieses Jahrzehnts.<br />
� Es herrscht eine Unausgewogenheit der globalen Regeln. Wirtschaftsregeln<br />
und -institutionen dominieren über Sozialregeln und soziale Institutionen, wobei<br />
die bestehenden Regeln und Institutionen selbst auf dem Prüfstand der herrschenden<br />
globalen Realitäten auf ihre Leistungsfähigkeit hin überprüft werden.<br />
Der Handel mit Industriegütern ist liberalisiert worden, während die Landwirtschaft<br />
nach wie vor geschützt wird. Güter und Kapital können die Grenzen viel<br />
freier überqueren als Menschen. In Zeiten der Krise stehen entwickelten Ländern<br />
umfangreichere makroökonomische Optionen zur Verfügung, während sich Entwicklungsländer<br />
den Zwängen von Anpassungsforderungen unterwerfen müssen.<br />
<strong>International</strong>e Politiken werden allzu häufig ohne Berücksichtigung nationaler<br />
Besonderheiten durchgeführt. Unausgewogene globale Regeln aber können die<br />
ursprünglichen Ungleichheiten weiter vertiefen. Die Regeln des Welthandels<br />
begünstigen heute oft die Reichen und Mächtigen und können sich gegen die<br />
Armen und Schwachen, seien dies nun Länder, Unternehmen oder Gemeinwesen,<br />
auswirken.<br />
� Der strukturelle Wandel ohne entsprechende soziale und wirtschaftliche Anpassungsvorkehrungen<br />
bedeutete für Arbeitnehmer und Unternehmen in aller Welt,<br />
sowohl im Norden als auch im Süden, Ungewißheit und Unsicherheit. Frauen,<br />
indigene Völker und die erwerbstätigen Armen ohne Fertigkeiten und Vermögenswerte<br />
gehören zu den verletzlichsten Gruppen. Arbeitslosigkeit und<br />
Unterbeschäftigung sind für die Mehrheit der Weltbevölkerung nach wie vor<br />
beharrlich andauernde Realitäten.<br />
14. Die Unausgewogenheit zwischen der Wirtschaft und der Politik gefährdet die<br />
demokratische Verantwortung.<br />
15. Die heutigen nationalen wie internationalen Leitungsinstitutionen tragen den<br />
neuen Forderungen der Menschen und der Länder nach Vertretung und Mitsprache<br />
nicht in angemessener Weise Rechnung.<br />
� Durch die Globalisierung ist die öffentliche Meinung zu einer eigenständigen<br />
politischen Macht geworden. Sie übt nunmehr einen ständigen Druck auf alle<br />
etablierten politischen Institutionen – Nationalstaaten und politische Parteien<br />
ebenso wie internationale Organisationen – aus und schafft damit neue Spannungen<br />
zwischen einer repräsentativen und einer partizipatorischen Demokratie.<br />
<strong>International</strong>e Organisationen, insbesondere die Vereinten Nationen, die Bretton-<br />
Woods-Institutionen und die Welthandelsorganisation (WTO), sehen sich immer<br />
dringenderen Forderungen nach einem faireren Entscheidungsprozess und mehr<br />
Verantwortung gegenüber. Der Öffentlichkeit fehlt Vertrauen in den globalen<br />
Entscheidungsprozess.