EINE FAIRE GLOBALISIERUNG - International Labour Organization
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Der mögliche<br />
Nutzen der<br />
Migration<br />
Aktuelle Probleme<br />
106 Eine faire Globalisierung: Chancen für alle schaffen<br />
denn je erscheinen. In Form von Vermittlern und Agenten sind neue Institutionen auf<br />
dem Markt aufgetaucht, die den Prozess vereinfachen. Transnationale Unternehmen<br />
schicken ihre Manager in die ganze Welt, die Praxis des „Einkaufs“ von Mitarbeitern<br />
mit besonderen Fertigkeiten im Ausland nimmt zu („body-shopping”), und die Arbeitsmärkte<br />
für bestimmte hoch qualifizierte Fachkräfte sind in der Praxis bereits global. Die<br />
Globalisierung der Systeme der höheren Bildung verstärkt diesen Trend noch 72 .<br />
431. Aus der Perspektive der Entwicklungsländer ist das Fehlen eines multilateralen<br />
Rahmens für die grenzüberschreitende Mobilität von Menschen eine weitere Lücke in<br />
den Regeln, von denen die Weltwirtschaft gesteuert wird. Viele Entwicklungsländer<br />
sind der Meinung, dass eine freiere Migration in die Industrieländer eine schnelle und<br />
überzeugende Möglichkeit wäre, den Nutzen zu steigern, der ihnen aus der Globalisierung<br />
entsteht. Vom Standpunkt der Arbeitswelt betrachtet ist das Fehlen eines multilateralen<br />
Rahmens der Migration ein eindeutiges Indiz für die Unausgewogenheit der<br />
derzeitigen Spielregeln. Die Rechtslage für ausländische Investitionen wird in den für<br />
die Weltwirtschaft geltenden Regeln kontinuierlich gestärkt, während die Rechte der<br />
Wanderarbeitnehmer kaum Beachtung finden.<br />
432. Eine multilaterale Ordnung für die grenzüberschreitende Mobilität von Menschen,<br />
die den Prozess in geordnetere Bahnen lenkt und die Ausbeutung von Wanderarbeitnehmern<br />
beseitigt, könnte sich als vorteilhaft für alle Beteiligten erweisen. Die meisten<br />
Industrieländer haben eine tendenziell alternde, die meisten Entwicklungsländer hingegen<br />
eine junge und rasch anwachsende Bevölkerung. Viele der mit einer alternden<br />
Bevölkerung einhergehenden Probleme wie etwa der Rückgang der arbeitenden Bevölkerung<br />
und die Schwierigkeiten der Finanzierung der Sozialen Sicherheit angesichts<br />
steigender Abhängigenquoten ließen sich durch vermehrte Einwanderung zu Bedingungen,<br />
die die Rechte der Wanderarbeitnehmer achten, abschwächen. Ganz allgemein<br />
würde die globale Arbeitsproduktivität durch einen solchen Prozess steigen, da die<br />
Migration sich von Ländern mit geringer Produktivität und einem Arbeitskräfteüberschuss<br />
in Länder mit höherer Produktivität bewegen würde. Dies käme nicht nur dem<br />
einzelnen Migranten zugute, sondern durch Überweisungen und auch durch die Übermittlung<br />
von Fertigkeiten und Anregungen für unternehmerische Tätigkeit aus der<br />
Diaspora auch den Heimatländern. Überweisungen in die Entwicklungsländer belaufen<br />
sich derzeit auf 75 Milliarden US-Dollar pro Jahr (1,5 Mal soviel wie die gesamte<br />
ODA), und der „Diaspora-Effekt” stimulierte das Wachstum von Hochtechnologie- und<br />
anderen Industriezweigen in mehreren ostasiatischen Ländern und in Indien. Eine<br />
solche Mobilität der Arbeit könnte also dem Norden und dem Süden gegenseitig<br />
nutzen.<br />
433. Mangels einer multilateralen Ordnung für die grenzüberschreitende Mobilität von<br />
Menschen konnte eine ganze Reihe weiterer schwerer Probleme entstehen. Eines ist der<br />
„brain drain“, die Abwanderung von Fachkräften aus den armen in die reichen Länder.<br />
Dieser entzieht den armen Ländern genau jene Kategorie von Arbeitskräften, die sie am<br />
meisten brauchen, und es gibt keinerlei Entschädigung für den Verlust ihrer Investition<br />
in die Ausbildung dieser Menschen. Gleichzeitig steigen die illegale Einwanderung und<br />
der internationale Menschenhandel durch kriminelle Syndikate scharf an. Es wird<br />
geschätzt, dass es weltweit 15 bis 30 Millionen illegale oder sich ordnungswidrig in<br />
einem Land aufhaltende Immigranten gibt, und die Zahl steigt. Ein besonders<br />
beunruhigender Aspekt des zunehmendem Menschenhandels ist, dass ein wachsender<br />
Anteil der Opfer Frauen sind, die oft unter entwürdigenden Bedingungen in der Sex-<br />
und Unterhaltungsindustrie festgehalten werden. Dies ist im Zusammenhang mit der<br />
zunehmenden Feminisierung der internationalen Migration zu sehen: Frauen stellen<br />
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72 Deepak Nayyar, ebd.