download Exemplar - GENIUS - Institut für Männerforschung und ...
download Exemplar - GENIUS - Institut für Männerforschung und ...
download Exemplar - GENIUS - Institut für Männerforschung und ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
6<br />
Mann in der Gesellschaft<br />
Mann, wo willst du hin?<br />
Über das neue Rollenbild des starken Geschlechts<br />
Bereits Anfang der 1980er-Jahre war es als Graffiti auf Häuserwänden<br />
zu lesen: „Neue Männer braucht das Land.“ Heute, fast 25 Jahre später,<br />
ist er da, der „neue Mann“, aber so recht scheint die Verwandlung von<br />
der Tradition zur Moderne noch nicht zu funktionieren. Der Mann im<br />
Spagat zwischen Beruf <strong>und</strong> Familie, zwischen Macho <strong>und</strong> Memme. Der<br />
Mann in der Krise.<br />
17 | April 07<br />
Die Arbeitslosigkeit bei Männern nimmt im Vergleich zu<br />
der bei Frauen zu, klassische Männerberufe verlieren an Bedeutung,<br />
der Dienstleistungssektor – ein typisch weiblicher<br />
Bereich – wächst. Auch Prim. Univ.-Doz. Dr. Werner Schöny,<br />
Ärztlicher Direktor der LNK Wagner-Jauregg in Linz, bestätigt:<br />
„Die typisch männliche Identität <strong>und</strong> die traditionellen Bilder<br />
als Orientierung schwinden. Verunsicherung, Druck <strong>und</strong> Versagensängste<br />
bestimmen dagegen in den letzten Jahren die<br />
psychische Befindlichkeit von Männern.“<br />
Die Herren der Schöpfung fühlen sich teilweise zerrissen.<br />
Viele von ihnen akzeptieren, dass das alte Rollenbild nicht<br />
mehr zu 100 % gilt, es fehlt ihnen aber ein neues, positiv<br />
besetztes Leitbild. „Der ‚neue Mann´ existiert bei uns in Österreich<br />
bislang eher in der Theorie als in der Praxis“, so der<br />
Experte. Bis in die späten 1960er-Jahre waren die Rollen klar<br />
verteilt, die Welt scheinbar in Ordnung: Der Mann als Familienoberhaupt,<br />
Alleinverdiener <strong>und</strong> Ernährer hatte das Sagen.<br />
Die liebe, einfühlsame Frau hingegen war durch die Rolle als<br />
Hausfrau <strong>und</strong> Mutter finanziell von ihm abhängig. Die Frauenbewegung<br />
in den 1970ern rüttelte schließlich an der Männer-<br />
herrschaft der letzten Jahrh<strong>und</strong>erte. Die Frauenrolle erweiterte<br />
sich in den Punkten Gleichberechtigung, Bildung, Erwerbstätigkeit,<br />
Welteroberung <strong>und</strong> Durchsetzungsvermögen. Der Mann<br />
entdeckte langsam seine weibliche Seite, kam in Berührung mit<br />
seinen Gefühlen <strong>und</strong> schämte sich in den 1980ern als „Softie“<br />
nicht mal mehr seiner Tränen. Der „neue Mann“ – gefühlvoller,<br />
partnerschaftlicher, gewaltfreier – war geboren <strong>und</strong> versucht<br />
seitdem, sich im neuen Rollenbild zurechtzufinden.<br />
Mittlerweile sehen viele „neue Männer“ die Berufswelt<br />
nicht mehr als rein männlichen Sektor: Viele teilen sich mit der<br />
berufstätigen Partnerin den Haushalt, kümmern sich streckenweise<br />
um die Kinder, sind bei der Geburt dabei oder gehen sogar<br />
in Karenz. Die innerfamiliären Verantwortlichkeiten sind meist<br />
jedoch gleich geblieben. Die Beziehungsarbeit obliegt den Frauen,<br />
die Zukunftsplanung <strong>und</strong> Existenzsicherung den Männern.<br />
„Die Gesellschaft nimmt den ‚neuen Mann´ noch nicht an; sie hat<br />
die männliche Wirklichkeit verändert, nicht aber die traditionellen<br />
Rollenerwartungen“, so Doz. Schöny. Männlicher Erfolg misst<br />
sich nach wie vor an äußerlichen Errungenschaften wie Karriere,<br />
Geld <strong>und</strong> Statussymbolen statt an persönlicher Befriedigung <strong>und</strong><br />
zwischenmenschlicher Erfüllung. Dies schafft, innen wie außen,<br />
Konflikte. Die Konsequenz daraus kennt der Experte nur zu gut:<br />
„In Österreich diagnostiziert die Sozialmedizin bei Männern vermehrt<br />
Entfremdung <strong>und</strong> Isolation, stressbedingte Herz-Kreislauf-<br />
Erkrankungen, Magengeschwüre, steigende Suizidraten, Süchte<br />
<strong>und</strong> zunehmend Potenzprobleme.“ Die Bereitschaft, psychotherapeutische<br />
Hilfe in Anspruch zu nehmen, wächst; aber sehr langsam,<br />
da Männer Angst haben, als schwach zu gelten.