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Nach Jahren des stetigen<br />
Wachstums stagnieren<br />
die Schauspielergagen –<br />
auf hohem Niveau. Produzenten<br />
und Darsteller versuchen,<br />
sich mit der neuen Situation<br />
zu arrangieren.<br />
22<br />
Schauspielergagen<br />
Die fetten Jahre<br />
sind vorbei<br />
VON RÜDIGER SCHMITZ-NORMANN<br />
Die Neunziger waren eine goldene<br />
Zeit für Schauspieler. In den USA<br />
wurde Julia Roberts Friseur während<br />
des Drehs mit 60.000 Dollar entlohnt,<br />
Jim Carrey brauchte zwei Köche am Set<br />
– einen für sich und einen für seinen Leguan.<br />
Auch hier zu Lande wurden Darsteller nicht<br />
mehr <strong>als</strong> Schauspieler, sondern <strong>als</strong> Markenartikel<br />
gehandelt. Stars bringen Quote, so das<br />
Credo von RTL-Macher Helmut Thoma. Moderatoren<br />
und Schauspieler wurden von den<br />
aufkommenden Privatsendern abgeworben –<br />
mit viel Geld. Vorbei die Quasi-Monopolzeiten<br />
der Öffentlich-Rechtlichen, in denen Spitzendarsteller<br />
wie Hansjörg Felmy umgerechnet<br />
15.000 Euro für einen kompletten Film bekamen.<br />
„Zwischen 1991 und 2001 stiegen die<br />
Schauspielergagen jedes Jahr durchschnittlich<br />
um mindestens zehn Prozent“, so Ludwig<br />
Krecker, Leiter der Zentralabteilung Fernsehen<br />
beim ZDF. Top-Namen wie Lauterbach oder<br />
Adorf wurden in den Medien mit umgerechnet<br />
10.000 Euro pro Tag gehandelt – weder<br />
bestätigt noch dementiert. „Gerechtfertigt ist<br />
die Gage, die sich in den Verhandlungen erzielen<br />
lässt“, so der Agent Bernhard Hoestermann<br />
(Claudia Michelsen, Julia Jäger) 1998<br />
zum Focus. Durch Filmfonds war auf einmal<br />
Geld vorhanden für internationale Ko-Produktionen.<br />
Darsteller wie Til Schweiger und<br />
Franka Potente spielten plötzlich neben Sylvester<br />
Stallone und Matt Damon. Von Schweiger<br />
wurde eine Kinofilmgage von 500.000 Euro<br />
kolportiert – auch diese Zahl wurde nie<br />
kommentiert.<br />
Doch die fetten Jahre sind vorbei. „Die Zahl<br />
der eigenproduzierten Fernsehfilme sank von<br />
350 im Jahr 2001 auf 200 im Jahr 2004“, so<br />
Johannes Kreile, Geschäftsführer des Bundesverbandes<br />
Deutscher Fernsehproduzenten.<br />
Verständlich: Schließlich kostet eine Sendeminute<br />
Reality-Show etwa 2000 Euro – eine<br />
Minute TV-Movie dagegen 14.000 Euro. Dass<br />
Das sagt …<br />
Veronica Ferres in „Die Manns“, Foto: WDR<br />
Veronica Ferres<br />
über Lust und Leid, Schauspielerin<br />
in Deutschland zu sein.<br />
Um <strong>als</strong> Schauspieler in Deutschland erfolgreich<br />
zu sein, muss man vor allem<br />
... „versuchen, an sich selbst zu glauben.<br />
Wenn Du es nicht tust, wir sollen es<br />
dann die anderen können? Man muss<br />
sich informieren, welche Filme und Theaterstücke<br />
in Vorbereitung sind und sich<br />
dort bewerben, wo man mit besonderem<br />
Herzblut dabei sein möchte.“<br />
Wer drei Jahre nach Ausbildungsende<br />
noch nicht von seinem Beruf leben kann, der<br />
sollte... „die Hoffnung nicht aufgeben,<br />
sich aber ein zweites Standbein schaffen!“<br />
Besser würde es dem deutschen Film<br />
gehen, wenn die Schauspielschulen... „mehr<br />
zur Selbständigkeit, zur eigenen Meinung<br />
und zur Einzigartigkeit eines jeden<br />
Künstlers ermutigen würden.“<br />
newsletter@filmstiftung.de – Schwerpunkt Schauspieler<br />
ein Tatort im Schnitt sieben Mal gesendet wird<br />
und damit seine hohen Kosten relativiert, fällt<br />
kaum ins Gewicht. Das Geld muss heute da<br />
sein. Für einen 90-Minüter bekommen die Produzenten<br />
im Schnitt 1,3 Millionen Euro, vor<br />
zwei Jahren waren es noch 1,5. Die Gagen<br />
stagnieren dagegen auf hohem Niveau. Folge:<br />
Den Produzenten laufen die Kosten weg.<br />
Die Schauspieler: Reich wird selten<br />
einer<br />
„Die Spitzengagen verzerren das Bild“, sagt<br />
Schauspieleragent Roland Forster, der unter<br />
anderem Ottfried Fischer und Sissi Perlinger<br />
vertritt. Von den rund 15.000 Darstellern in<br />
Deutschland zählen nur etwa zwei Dutzend<br />
zur Spitzengruppe. Sie verdienen geschätzte<br />
6000 bis 7500 Euro Tagesgage: Heiner Lauterbach,<br />
Heinz Hoenig, Mario Adorf, Heino<br />
Ferch, Ben Becker, Moritz Bleibtreu, Veronica Ferres,<br />
Hannelore Elsner, Senta Berger, Katja Riemann,<br />
Martina Gedeck und andere. Forsters<br />
Klient Ottfried Fischer soll für jede Folge des „Bullen“<br />
von Tölz 280.000 Euro bekommen. „Dazu<br />
sage ich überhaupt nichts“, sagt Forster.<br />
Mit der Gage sind bei den Privaten und immer<br />
öfter auch bei den Öffentlich-Rechtlichen<br />
nach dem Buy-Out-Prinzip alle Rechte abgegolten:<br />
für Auslandsverkäufe, Wiederholungen,<br />
Gewinnbeteiligung. Reich wird da selten<br />
einer – und schon gar nicht der Norm<strong>als</strong>chauspieler.<br />
„Viele arbeiten nur 20 Drehtage<br />
im Jahr“, rechnet Produzent Tom Spieß von<br />
Little Shark Entertainment vor („Das Wunder<br />
von Bern“): „Bei 2000 Euro Tagesgage macht<br />
das 40.000 Euro jährlich. Minus Steuer, minus<br />
Versicherungen.“ Bundesweit waren im April<br />
3157 Schauspieler arbeitslos gemeldet. Mancher<br />
kommt in die Schlagzeilen, so wie im letzten<br />
Jahr Bernd Herzsprung, der monatlich<br />
1300 Euro Arbeitslosengeld bezogen haben<br />
soll.