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1/2003 - brak-mitteilungen.de

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BRAK-Mitt. 1/<strong>2003</strong> Aus <strong>de</strong>r Arbeit <strong>de</strong>r BRAK 17<br />

3. Fortentwicklung strafprozessualer Institutionen in Europa<br />

Der fortschreiten<strong>de</strong> europäische Einigungsprozess macht auch<br />

vor <strong>de</strong>m nationalen Strafrecht und <strong>de</strong>n strafprozessualen Institutionen<br />

nicht Halt. Dieses Thema wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>shalb auf vergangenen<br />

Tagungen schon intensiv bearbeitet und wird <strong>de</strong>n Strafrechtsausschuss<br />

auch in Zukunft vermehrt beschäftigen.<br />

Auf <strong>de</strong>r Berliner Tagung wur<strong>de</strong>n insbeson<strong>de</strong>re folgen<strong>de</strong> Ten<strong>de</strong>nzen<br />

diskutiert:<br />

– Europol soll mehr Mittel zur Bekämpfung grenzüberschreiten<strong>de</strong>r<br />

Kriminalität bekommen, wobei auch die parlamentarische<br />

und gerichtliche Kontrolle verstärkt wer<strong>de</strong>n soll.<br />

– Eurojust soll gestärkt wer<strong>de</strong>n, insbeson<strong>de</strong>re auch im Hinblick<br />

auf die Schaffung einer europäischen Staatsanwaltschaft.<br />

– Das Europäische Parlament soll verstärkt an Rechtsakten auf<br />

<strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>s Strafrechts beteiligt wer<strong>de</strong>n.<br />

– Die Zuständigkeit <strong>de</strong>r Europäischen Union im strafrechtlichen<br />

Bereich soll einfacher und verständlicher <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Konkret wur<strong>de</strong> eine Initiative <strong>de</strong>s Königreichs Dänemark über<br />

die gegenseitige Anerkennung von Einziehungsentscheidungen<br />

ausführlich diskutiert. Nach <strong>de</strong>utschem Rechtsverständnis inakzeptabel<br />

ist <strong>de</strong>r Vorschlag, dass eine inhaltliche Überprüfung<br />

<strong>de</strong>r Einziehungsentscheidung lediglich vor einem Gericht <strong>de</strong>s<br />

Erlassstaates zulässig sein soll, während vor einem <strong>de</strong>utschen<br />

Gericht nur die Formalien überprüft wer<strong>de</strong>n können. Auch die<br />

vermögensrechtliche Haftung von gutgläubigen Ehegatten o<strong>de</strong>r<br />

Unternehmen kann in Deutschland nicht über <strong>de</strong>n europäischen<br />

Umweg sanktioniert wer<strong>de</strong>n.<br />

Für die BRAK wur<strong>de</strong> vom Europaausschuss und vom Strafrechtsausschuss<br />

ein entsprechen<strong>de</strong>s Papier ausgearbeitet und an<br />

sämtliche befassten Institutionen verbreitet.<br />

4. Konsultationspapier <strong>de</strong>r Europäischen Kommission: Verfahrensgarantien<br />

für Verdächtige und „Beklagte“ im Strafverfahren<br />

Auch bei dieser Thematik drohen gesetzliche Ansprüche und<br />

durch die Rspr. verbürgte Positionen auf <strong>de</strong>r „europäischen<br />

Strecke“ zu bleiben. So wur<strong>de</strong> schon bei <strong>de</strong>r Schaffung <strong>de</strong>s europäischen<br />

Haftbefehls <strong>de</strong>r Grundsatz <strong>de</strong>s gegenseitigen Vertrauens<br />

mit <strong>de</strong>r Folge <strong>de</strong>r ungeprüften Vollstreckung ausländischer<br />

Haftbefehle festgeschrieben.<br />

Der Abbau rechtsstaatlicher Schutzstandards darf nicht weiter<br />

gehen. We<strong>de</strong>r darf die Unschuldsvermutung eingeschränkt wer<strong>de</strong>n,<br />

noch darf die Stärkung <strong>de</strong>r Rechte „beson<strong>de</strong>rs schutzbedürftiger<br />

Personen“ zu einer Absenkung <strong>de</strong>r Rechte für diejenigen<br />

Personen führen, die in diesem Sinne nicht „beson<strong>de</strong>rs<br />

schutzbedürftig“ sind.<br />

Das Gesamtthema soll gründlich vorbereitet und auf <strong>de</strong>r Märztagung<br />

<strong>2003</strong> vertieft diskutiert wer<strong>de</strong>n.<br />

5. Stellungnahme zur Anfrage <strong>de</strong>s BVerfG im Hinblick auf eine<br />

Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> wegen Durchsuchung einer Anwaltskanzlei<br />

und Steuerberatungsgesellschaft sowie Beschlagnahme<br />

von Computerdateien<br />

In einer Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> ist die Frage aufgeworfen, ob<br />

und inwieweit eine Beschlagnahme von Datenbestän<strong>de</strong>n bei<br />

Berufsgeheimnisträgern verfassungsrechtlich von Be<strong>de</strong>utung ist,<br />

wenn dieser Eingriff sowohl Beschuldigte als auch Nichtbeschuldigte<br />

trifft und die erfassten Daten zum Teil wegen Tatverstrickung<br />

i.S.d. § 97 Abs. 2 Satz 3 StPO einem Beschlagnahmezugriff<br />

unterliegen, zum Teil aber auch gem. §§ 53 Abs. 1 Satz 1<br />

Nr. 2 und 3, 97 Abs. 1, 148 StPO rechtlich beson<strong>de</strong>rs geschützt<br />

sind. Das BVerfG hat zum Schutz <strong>de</strong>r Berufsgeheimnisträger<br />

eine einstweilige Anordnung erlassen (NJW 2002, 2458) und<br />

die BRAK um Stellungnahme gebeten.<br />

In einer intensiven Diskussion wur<strong>de</strong> als entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Gesichtspunkt<br />

herausgearbeitet, dass die Grenze für das Durchsuchungs-<br />

und Beschlagnahmerecht bei Geheimnisträgern sich<br />

wegen <strong>de</strong>r elektronischen Aktenführung nicht verschieben darf.<br />

Die Rohfassung eines entsprechen<strong>de</strong>n Papiers wur<strong>de</strong> beschlossen.<br />

In <strong>de</strong>r Folgezeit wur<strong>de</strong> ein gemeinsames Papier mit <strong>de</strong>m<br />

Verfassungsrechtsausschuss erarbeitet und als Stellungnahme<br />

<strong>de</strong>r BRAK an das BVerfG weitergeleitet.<br />

6. Stellungnahme zur Anfrage <strong>de</strong>s BVerfG hinsichtlich <strong>de</strong>r Verfassungsmäßigkeit<br />

<strong>de</strong>s <strong>de</strong>rzeitigen Jugendstrafvollzuges<br />

Nach<strong>de</strong>m das BVerfG sechs Vorlagebeschlüsse <strong>de</strong>s AG Herford<br />

aus formalen Grün<strong>de</strong>n zurückgewiesen hatte, soll nunmehr eine<br />

inhaltliche Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit Vorlagebeschlüssen <strong>de</strong>s AG<br />

Rinteln v. 25.10.2001 und <strong>de</strong>s AG Herford v. 18.2.2002 stattfin<strong>de</strong>n;<br />

die BRAK ist zur Stellungnahme aufgefor<strong>de</strong>rt.<br />

In <strong>de</strong>r Diskussion im Strafrechtsausschuss wur<strong>de</strong> herausgearbeitet,<br />

dass von einer Verfassungswidrigkeit <strong>de</strong>s § 17 JGG nicht gesprochen<br />

wer<strong>de</strong>n könne. Wenn die Verfassungswidrigkeit möglicherweise<br />

mit Ladung bzw. Strafantritt beginnt, kann dieser Zustand<br />

nicht auf die Anordnung <strong>de</strong>r Jugendstrafe durchschlagen.<br />

Es bestand Einigkeit, dass sich die Stellungnahme gegenüber<br />

<strong>de</strong>m BVerfG nicht auf § 17 JGG beziehen kann, son<strong>de</strong>rn sich auf<br />

die Notwendigkeit eines Jugendstrafvollzugsgesetzes beschränken<br />

muss. Insbeson<strong>de</strong>re bedürften Vollzugsmaßnahmen wie<br />

Pflicht zur Arbeit o<strong>de</strong>r Pflicht zur Therapie zwingend einer gesetzlichen<br />

Regelung. In diesem Sinn wird die endgültige Fassung<br />

<strong>de</strong>r Stellungnahme gegenüber <strong>de</strong>m BVerfG ausgearbeitet.<br />

7. Rechtsbehelfe zur Rüge überlanger Verfahrensdauer<br />

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat sich im<br />

Urt. v. 26.10.2000 (NJW 2001, 2694 ff.) wie<strong>de</strong>r einmal mit <strong>de</strong>r<br />

Problematik überlanger Verfahrensdauer befasst und in Abkehr<br />

von seiner bisherigen Rspr. in <strong>de</strong>n Fällen von Verfahrensverzögerungen,<br />

die eine Verletzung von Art. 6 Abs. 2 EMRK begrün<strong>de</strong>n,<br />

nunmehr auch Art. 13 EMRK für einschlägig erachtet. Demnach<br />

stellt es einen Konventionsverstoß dar, wenn das nationale<br />

Recht keine Rechtsbehelfe zur Verfügung stellt, die einen wirksamen<br />

Schutz gegen überlange Verfahrensdauer bieten.<br />

Im <strong>de</strong>utschen Strafprozessrecht kann die überlange Verfahrensdauer<br />

mit Hilfe verschie<strong>de</strong>ner prozessualer Instrumentarien<br />

kompensiert wer<strong>de</strong>n. Dazu zählen die Einstellung aus Opportunitätsgrün<strong>de</strong>n<br />

(§§ 153, 153a StPO), die Mil<strong>de</strong>rung von Strafe, das<br />

Absehen von Strafe, die Verwarnung mit Strafvorbehalt und Gna<strong>de</strong>nerweise.<br />

Weil die hierdurch eröffneten Kompensationsmöglichkeiten<br />

in Fällen mangeln<strong>de</strong>n Tatverdachts o<strong>de</strong>r erwiesener<br />

Unschuld nicht zum Tragen kommen, schlägt <strong>de</strong>r Strafrechtsausschuss<br />

in Anlehnung an das Klageerzwingungsverfahren<br />

(§§ 172–177 StPO) die Einführung eines „Einstellungserzwingungsverfahrens“<br />

vor, das <strong>de</strong>m Beschuldigten ermöglichen soll,<br />

im Falle <strong>de</strong>r Einstellungsreife beim OLG eine Einstellung <strong>de</strong>s gegen<br />

ihn geführten Ermittlungsverfahrens zu erzwingen.<br />

Darüber hinaus soll in Anlehnung an das Strafrechtsentschädigungsgesetz<br />

eine verschul<strong>de</strong>nsunabhängige Entschädigungsregelung<br />

geschaffen wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren Existenz allein besser als Fristenregelungen<br />

o<strong>de</strong>r spezielle Rechtsbehelfe geeignet sein<br />

dürfte, überlangen Verfahrensverzögerungen entsprechend entgegenzuwirken.<br />

8. Denkschrift „Zur Reform <strong>de</strong>r Verteidigung im Ermittlungsverfahren“<br />

Seit Jahren befasst sich <strong>de</strong>r Strafrechtsausschuss mit <strong>de</strong>r Denkschrift<br />

zur Reform <strong>de</strong>r Verteidigung im Ermittlungsverfahren. Der<br />

Beratung dieses Themas war auch mehr als ein halber Tag <strong>de</strong>r

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