1/2003 - brak-mitteilungen.de
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BRAK-Mitt. 1/<strong>2003</strong> Berufsrechtliche Rechtsprechung 35<br />
Nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Ast. in <strong>de</strong>r Sitzung <strong>de</strong>s Senats am 25.2.2002 ergänzend<br />
vorgetragen hat, dass er nicht in <strong>de</strong>n Richterdienst<br />
zurückkehren, <strong>de</strong>shalb nicht für dienstfähig erklärt wer<strong>de</strong>n<br />
wolle und daher das Explorationsgespräch mit <strong>de</strong>m Gutachter ...<br />
mit einer entsprechen<strong>de</strong>n Zielrichtung betrieben habe, hat <strong>de</strong>r<br />
Senat am 25.2.2002 beschlossen, dass zu <strong>de</strong>r Frage, ob <strong>de</strong>r Ast.<br />
infolge einer Schwäche seiner geistigen Kräfte nicht nur vorübergehend<br />
unfähig ist, <strong>de</strong>n Beruf eines RA ordnungsgemäß<br />
auszuüben, durch Ergänzung <strong>de</strong>s von ... unter <strong>de</strong>m 4.1.2001 erstellten<br />
psychiatrischen Gutachtens durch ... Beweis erhoben<br />
wer<strong>de</strong>n soll. Der Senat hat daher Herrn ... gebeten, ein Gutachten<br />
zu <strong>de</strong>r Beweisfrage <strong>de</strong>s Beschl. v. 25.2.2002 zu erstatten.<br />
Herr ... hat daraufhin auf <strong>de</strong>r Grundlage einer Untersuchung v.<br />
23.5.2002 am 27.6.2002 ein psychiatrisches Gutachten über<br />
<strong>de</strong>n Ast. erstellt. Der psychopathologische Befund <strong>de</strong>s Gutachtens<br />
lautet, dass <strong>de</strong>r Ast. bewusstseinsklar und in allen Qualitäten<br />
sicher orientiert war und dass Störungen <strong>de</strong>r Merkfähigkeit,<br />
<strong>de</strong>r Konzentration, <strong>de</strong>s Gedächtnisses sowie <strong>de</strong>r Aufmerksamkeit<br />
nicht festzustellen waren. Der Ast. sei freundlich und ausgeglichen<br />
und auf einen guten Eindruck bedacht gewesen. Herr<br />
... führt in seinem Gutachten weiter aus, dass sich ein etwas verän<strong>de</strong>rtes<br />
Bild gegenüber <strong>de</strong>r Vorbegutachtung zeige, in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />
Ast. großen Wert auf professionelles Auftreten sowie auf die Demonstration<br />
seiner psychischen Stabilität gelegt habe. Während<br />
<strong>de</strong>r Exploration habe sich nicht die in <strong>de</strong>m Erstgutachten beschriebene<br />
emotionale Labilität gezeigt und in Einzelbereichen<br />
sei durchaus eine nach<strong>de</strong>nkliche bzw. selbstkritische Haltung<br />
vorhan<strong>de</strong>n gewesen. In die gegenteilige Richtung wiesen jedoch<br />
die Äußerungen <strong>de</strong>s Ast., wie die, dass er sich ohne weiteres<br />
auch eine Vollzeittätigkeit zutraue, sogar prinzipiell wie<strong>de</strong>r<br />
als Richter arbeiten könne. ... kommt zu <strong>de</strong>r Einschätzung,<br />
dass es im Rahmen von Belastungssituationen, die mit einem<br />
Angriff auf das Selbstwertgefühl <strong>de</strong>s Ast. verbun<strong>de</strong>n seien, zu erheblichen<br />
Arbeitsstörungen kommen wer<strong>de</strong>; er bleibt daher bei<br />
seiner Auffassung, dass die geschil<strong>de</strong>rten psychischen Defizite<br />
bzw. die beson<strong>de</strong>re Charakterstruktur <strong>de</strong>s Ast. einer Ausübung<br />
<strong>de</strong>s RA-Berufs entgegenstün<strong>de</strong>n. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite seien<br />
natürlich Konstellationen <strong>de</strong>nkbar, unter <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Ast. durchaus<br />
bestimmte Mandate korrekt wahrnehmen könne.<br />
Die Agin. hat zu <strong>de</strong>m Gutachten von ... am 17.7.2002 Stellung<br />
genommen. Sie hat im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass<br />
insbeson<strong>de</strong>re die Selbsteinschätzung <strong>de</strong>s Ast., dass er entgegen<br />
<strong>de</strong>r übereinstimmen<strong>de</strong>n Beurteilung <strong>de</strong>r Gutachter, eine Anwaltstätigkeit<br />
allenfalls in sehr eingeschränktem Maß ausüben<br />
zu können, sich ohne weiteres auch eine Vollzeittätigkeit zutraue,<br />
belege, dass er seine Leistungsfähigkeit nicht zuverlässig<br />
einschätze. Die Agin. lehnt eine Zulassung <strong>de</strong>s Ast. zur Rechtsanwaltschaft<br />
weiterhin ab.<br />
Der Ast. hat in seiner Stellungnahme zu <strong>de</strong>m Ergänzungsgutachten<br />
von Herrn ... v. 17.8.2002 darauf hingewiesen, dass <strong>de</strong>m<br />
Gutachten nicht ansatzweise zu entnehmen sei, dass und wie<br />
sich die Persönlichkeitsstörung auf die Wahrnehmung frem<strong>de</strong>r<br />
rechtlicher Interessen auswirken solle. Ergänzend erklärt <strong>de</strong>r<br />
Ast., dass er wie<strong>de</strong>r eine begleiten<strong>de</strong> Psychotherapie bei einem<br />
Therapeuten in ... aufgenommen habe. Der Ast. hat ein weiteres<br />
fachärztliches Attest von Herrn ... v. 15.8.2002 vorgelegt, in<br />
<strong>de</strong>r Herr ... <strong>de</strong>m Ast. eine <strong>de</strong>utlich gestärkte Persönlichkeit bescheinigt.<br />
Die angestrebte Berufstätigkeit als RA könne für <strong>de</strong>n<br />
Ast. überdies positiv und motivierend wirken. Der wahrscheinliche<br />
Tod <strong>de</strong>r Lebensgefährtin müsse nicht zu <strong>de</strong>m Zusammenbruch<br />
<strong>de</strong>s von Herrn ... als labil bezeichneten Gleichgewichts<br />
<strong>de</strong>s Ast. führen, da aus <strong>de</strong>r Beziehungsforschung wissenschaftlich<br />
gesichert sei, dass die Reaktionen <strong>de</strong>s Betroffenen beim Tod<br />
<strong>de</strong>s Partners nicht vorhersehbar seien. Die Trennung von <strong>de</strong>r Lebensgefährtin<br />
könne auch mit einem weiteren Reifungs- und<br />
Entwicklungsschritt für <strong>de</strong>n Ast. verbun<strong>de</strong>n sein.<br />
Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung<br />
II. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
genügt <strong>de</strong>r Antrag auch <strong>de</strong>n Erfor<strong>de</strong>rnissen <strong>de</strong>s § 39<br />
Abs. 2 BRAO, obwohl er keinen konkret formulierten Antrag <strong>de</strong>s<br />
Inhalts, dass <strong>de</strong>r Ablehnungsbescheid <strong>de</strong>r Agin. v. 12.7.2001<br />
aufgehoben und die Agin. verpflichtet wird, <strong>de</strong>n Ast. zur Rechtsanwaltschaft<br />
zuzulassen, enthält. Die Antragsschrift lässt erkennen,<br />
dass die vorgenannte Aufhebung <strong>de</strong>s Ablehnungsbeschei<strong>de</strong>s<br />
und Verpflichtung <strong>de</strong>r Agin. das vom Ast. verfolgte Ziel ist.<br />
Auf S. 1 <strong>de</strong>r Antragsschrift heißt es nämlich, dass <strong>de</strong>r Antrag auf<br />
gerichtliche Entscheidung „gegen <strong>de</strong>n Bescheid <strong>de</strong>r RAK für <strong>de</strong>n<br />
OLG-Bezirk ... v. 12.7.01“ gestellt wird, und auf S. 15, dass „die<br />
ablehnen<strong>de</strong> Entscheidung <strong>de</strong>r RAK ... zu revidieren und meinem<br />
Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft stattzugeben“ ist.<br />
Enthält die Antragsschrift keinen formulierten Antrag, lässt jedoch<br />
ihr Gesamtinhalt das Ziel <strong>de</strong>s Ast. erkennen, ist dies ausreichend<br />
(AGH Bremen, Beschl. v. 4.11.1995 – 2 EGH 1/94;<br />
AGH Dres<strong>de</strong>n, Beschl. v. 9.11.1995 – AGH 13/95 (I) – und<br />
13.9.1995 – AGH 1/95 (I); EGH Celle, EGE VIII, 150, 151).<br />
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist auch begrün<strong>de</strong>t.<br />
Der Ast. wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Agin. zu Unrecht aufgrund <strong>de</strong>s § 7 Nr. 7<br />
BRAO nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, da <strong>de</strong>r Ast. eine<br />
geistige Schwäche i.S.v. § 7 Nr. 7 BRAO nicht aufweist.<br />
Gem. § 7 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zu versagen, wenn <strong>de</strong>r<br />
Bewerber infolge eines körperlichen Gebrechens, wegen<br />
Schwäche seiner geistigen Kräfte o<strong>de</strong>r wegen einer Sucht nicht<br />
nur vorübergehend unfähig ist, <strong>de</strong>n Beruf eines RA ordnungsgemäß<br />
auszuüben. Entschei<strong>de</strong>nd ist hierbei, ob die dauern<strong>de</strong>,<br />
d.h. nicht nur vorübergehen<strong>de</strong> körperliche o<strong>de</strong>r geistige Verfassung<br />
<strong>de</strong>s Bewerbers die Gefahr begrün<strong>de</strong>t, Rechtsuchen<strong>de</strong> wür<strong>de</strong>n<br />
bei anwaltlicher Beratung o<strong>de</strong>r Vertretung nicht mit einer<br />
sachgemäßen und sorgfältigen Wahrnehmung ihrer Interessen<br />
rechnen können.<br />
Eine die Gefahr, dass Rechtsuchen<strong>de</strong> nicht mit einer sachgemäßen<br />
und sorgfältigen Wahrnehmung ihrer Interessen durch<br />
<strong>de</strong>n Ast. rechnen können, begrün<strong>de</strong>n<strong>de</strong> geistige Schwäche besteht<br />
nach Auffassung <strong>de</strong>s Senats bei <strong>de</strong>m Ast. nicht. Der psychopathologische<br />
Befund von Herrn ... in seinem Ergänzungsgutachten<br />
(S. 13), das fachärztliche Attest von Herrn ... v.<br />
15.8.2002 und die Tatsache, dass die <strong>de</strong>n Ast. belasten<strong>de</strong> Situation<br />
im Zusammenhang mit <strong>de</strong>r familienrechtlichen Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
mit seiner früheren Ehefrau abgeschlossen ist, stehen<br />
<strong>de</strong>r Annahme einer solchen Gefahr entgegen. ... attestiert <strong>de</strong>m<br />
Ast. auf S. 13 seines Gutachtens Bewusstseinsklarheit, sichere<br />
Orientierung, störungsfreie Merkfähigkeit, Konzentration, Aufmerksamkeit<br />
und Gedächtnisleistung. Von affektiver Seite her<br />
sei Herr ... freundlich und ausgeglichen und sehr auf einen<br />
guten Eindruck bedacht gewesen. Antriebsstörungen hätten sich<br />
nicht gezeigt. Herr ... beschreibt <strong>de</strong>n Ast. in seiner Stellungnahme<br />
v.15.8.2002 als <strong>de</strong>utlich gereiften und in <strong>de</strong>r Interaktion<br />
stabileren und einsichtigeren Mann. Er kommt zu <strong>de</strong>m Ergebnis,<br />
dass <strong>de</strong>r Ast. aufgrund seiner erworbenen Fähigkeiten und <strong>de</strong>r<br />
Erfahrungen zu einem Gewinn für die örtliche RAK insbeson<strong>de</strong>re<br />
in Scheidungs-, Unterhalts- und Familienfragen sein wer<strong>de</strong>.<br />
Zwar äußert ... in seinem Gutachten auch die Auffassung, das<br />
<strong>de</strong>rzeitige Gleichgewicht <strong>de</strong>s Ast. sei labil und wer<strong>de</strong> in Belastungssituationen,<br />
die mit einem Angriff auf das Selbstwertgefühl<br />
<strong>de</strong>s Ast. verbun<strong>de</strong>n sind, schnell zerbrechen (S. 19 <strong>de</strong>s Gutachtens<br />
v. 27.6.2002). Bei <strong>de</strong>r Regulation seines Selbstwertgefühls<br />
sei <strong>de</strong>r Ast. auf externe Faktoren (wie <strong>de</strong>r Bestätigung, die <strong>de</strong>r<br />
Ast. durch die Fürsorge für seine kranke Lebensgefährtin erhalte)<br />
angewiesen. Bei Verän<strong>de</strong>rungen bzw. Wegbrechen dieser externen<br />
Stabilisatoren wür<strong>de</strong> es zu einer massiven intrapsychischen<br />
Krise kommen. Dem steht jedoch die Aussage von Herrn ... entgegen,<br />
dass es aus <strong>de</strong>r Beziehungsforschung wissenschaftlich