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1/2003 - brak-mitteilungen.de

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BRAK-Mitt. 1/<strong>2003</strong> Berufsrechtliche Rechtsprechung 39<br />

Hier treffen Sie zwei engagierte nette Menschen. Frauen mit umfassen<strong>de</strong>m<br />

Wissen und mehrjähriger Erfahrung aus <strong>de</strong>r Welt <strong>de</strong>s<br />

Rechts. ... ... und ... sprechen garantiert Ihre Sprache. ...<br />

RAin ... kümmert sich sowohl um Ihre Interessen am Arbeitsplatz<br />

als auch um Ihre sozialen Belange bei Verlust <strong>de</strong>sselben.<br />

...“<br />

III. Das AnwG erachtete die Formulierung, dass ein Gespräch<br />

zwischen Anwalt und Mandant oftmals ja eher einer babylonischen<br />

Unterhaltung gleiche, die Betroffenen sich als Frauen mit<br />

umfassen<strong>de</strong>m Wissen darstellen, die garantiert die Sprache <strong>de</strong>r<br />

Mandantschaft sprechen, sowie die Erklärung, dass die Mandanten<br />

<strong>de</strong>r Betroffenen nicht nur Akten wären, son<strong>de</strong>rn persönlich<br />

beraten wür<strong>de</strong>n, als unzulässige Werbeaussagen, die lediglich<br />

eine überhöhte Selbsteinschätzung <strong>de</strong>r eigenen Person enthalten.<br />

Die Formulierung „RAin ... kümmert sich ...“ wur<strong>de</strong> als Verstoß<br />

gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 BORA angesehen, da damit kein Tätigkeitsschwerpunkt<br />

beschrieben wer<strong>de</strong>.<br />

IV. Die Betroffenen waren aus rechtlichen Grün<strong>de</strong>n freizusprechen.<br />

1. RAen ist die Werbung für ihre berufliche Tätigkeit im Grundsatz<br />

nicht verboten, son<strong>de</strong>rn erlaubt. Die Werbefreiheit ist als<br />

Teil <strong>de</strong>r Berufsausübungsfreiheit durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet.<br />

Zur Freiheit <strong>de</strong>r Berufsausübung gehört nicht nur<br />

die berufliche Praxis selbst, son<strong>de</strong>rn auch je<strong>de</strong> Tätigkeit, die mit<br />

<strong>de</strong>r Berufsausübung zusammenhängt und dieser dient. Sie umfasst<br />

daher auch die Außendarstellung von selbständigen Berufstätigen<br />

einschließlich <strong>de</strong>r Werbung für die Inanspruchnahme ihrer<br />

Dienste. Dementsprechend bedarf nicht die Gestattung <strong>de</strong>r<br />

Anwaltswerbung <strong>de</strong>r Rechtfertigung, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>ren Einschränkung<br />

(BGH, Urt. v. 1.3.2001, NJW 2001, 2087 – Anwaltswerbung<br />

II).<br />

Die Bestimmung <strong>de</strong>s § 43b BRAO, die <strong>de</strong>m RA Werbung erlaubt,<br />

soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt<br />

sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags<br />

im Einzelfall gerichtet ist, sowie die Vorschrift <strong>de</strong>s § 6 BORA,<br />

wonach <strong>de</strong>r RA über seine Dienstleistung und seine Person informieren<br />

darf, soweit die Angaben sachlich unterrichten und<br />

berufsbezogen sind, eröffnen mithin nicht etwa eine ansonsten<br />

nicht bestehen<strong>de</strong> Werbemöglichkeit, son<strong>de</strong>rn konkretisieren lediglich<br />

die verfassungsrechtlich garantierte Werbefreiheit.<br />

Unübersehbar ist, dass sich die Auffassung über eine zulässige<br />

Werbung durch die Gesetzeslage (Einfügung <strong>de</strong>s § 43b in die<br />

BRAO durch die Berufsrechtsnovelle von 1994 und die ergänzen<strong>de</strong><br />

Regelung in § 6 ff. <strong>de</strong>r am 1.7.1997 in Kraft getretenen<br />

BORA) sowie die Rspr. i.S. einer großzügigen Beurteilung fortentwickelt<br />

hat (BVerfG, NJW 2000, 1635).<br />

Dem Anwalt ist <strong>de</strong>mzufolge Werbung erlaubt, die <strong>de</strong>m Interesse<br />

<strong>de</strong>s Adressatenkreises gerecht wird, eine sachlich angemessene<br />

Information zu fin<strong>de</strong>n, die formal und inhaltlich angemessen gestaltet<br />

ist und keinen Irrtum erregt. An<strong>de</strong>rs formuliert, darf Werbung<br />

nicht unsachlich, nicht irreführend und marktschreierisch<br />

sein und keine Selbstanpreisung enthalten (BVerfG, BRAK-Mitt.<br />

2001, 295; BGH, BRAK-Mitt. 2001, 229).<br />

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze enthält die verfahrensgegenständliche<br />

Kanzleibroschüre <strong>de</strong>r Betroffenen keine<br />

unerlaubte Werbung.<br />

2.1. Die angegriffene Entscheidung qualifiziert die Formulierungen<br />

„oftmals gleicht ein Gespräch zwischen Anwalt und<br />

Mandant ja eher einer babylonischen Unterhaltung“ und „Sie<br />

sind hier nicht nur eine Akte – <strong>de</strong>nn Sie wer<strong>de</strong>n persönlich beraten“<br />

als gegen § 43b BRAO verstoßen<strong>de</strong> unzulässige Wer-<br />

Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung<br />

bung, weil sie sich nicht auf sachliche Angaben beschränke,<br />

son<strong>de</strong>rn Selbsteinschätzungen enthalte und i.S. einer inhaltsleeren<br />

Reklameformel bloße Selbstverständlichkeiten wie<strong>de</strong>rgebe.<br />

Dem rechtsuchen<strong>de</strong>n Publikum wer<strong>de</strong> suggeriert, bei Berufskollegen<br />

erfolge keine verständliche („Babylon“) und keine<br />

persönliche Beratung („Akte“). Damit wür<strong>de</strong>n beim Adressaten<br />

falsche Erwartungen i.S. einer Irreführung erweckt.<br />

Diese (u.a. in Anlehnung an OLG Köln, NJW 1999, 63, 64 vorgenommene)<br />

Argumentation entspricht nicht mehr <strong>de</strong>r aktuellen<br />

Anschauung von <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Berufsfreiheit (vgl.<br />

BVerfG, BRAK-Mitt. 2001, 295; BVerfG, NJW 2000, 1635).<br />

Umfassen<strong>de</strong> Rechtsberatung<br />

ist nicht<br />

selbstverständlich<br />

Das BVerfG hat in <strong>de</strong>n genannten<br />

Entscheidungen ausgeführt, eine<br />

„umfassen<strong>de</strong> Rechtsberatung“<br />

verstehe sich nicht für je<strong>de</strong> Anwaltskanzlei<br />

von selbst. Auch die<br />

Formulierung „Ihre Rechtsfragen sind unsere Aufgabe“ erwecke<br />

keinen irreführen<strong>de</strong>n Eindruck.<br />

Dementsprechend erweisen sich die von <strong>de</strong>n Betroffenen verwen<strong>de</strong>ten<br />

Begriffe („Babylon“, „Akte“) im Umkehrsinn als eine<br />

Umschreibung für eine verständliche und persönliche Rechtsberatung,<br />

die bei <strong>de</strong>r vorzunehmen<strong>de</strong>n grundrechtsfreundlichen<br />

Interpretation <strong>de</strong>s Wortsinns von Art. 12 GG ge<strong>de</strong>ckt ist.<br />

Die Formulierung von <strong>de</strong>r „babylonischen<br />

Unterhaltung“ ist eine<br />

bildhafte plastische Kritik an <strong>de</strong>r<br />

Keine Kritik an <strong>de</strong>n<br />

Anwaltskollegen<br />

juristischen Fachsprache, nicht an <strong>de</strong>n Anwaltskollegen. Dies<br />

erschließt sich auch aus <strong>de</strong>m nachfolgen<strong>de</strong>n Satz: „Anwälte haben<br />

nun mal ihre eigene Ausdrucksweise“.<br />

Mit <strong>de</strong>r Aussage „nicht nur eine Akte“ soll versucht wer<strong>de</strong>n, die<br />

Schranken zwischen RA und Rechtsuchen<strong>de</strong>n abzubauen und<br />

Letzteren die Scheu vor einer Kontaktaufnahme zu nehmen.<br />

Da nicht festgestellt ist, dass die Betroffenen ihren selbst gesetzten<br />

Zielen, nämlich verständliche und persönliche Rechtsberatung,<br />

nicht genügt haben, kann nicht von einer irreführen<strong>de</strong>n<br />

Werbung ausgegangen wer<strong>de</strong>n.<br />

2.2. Entsprechen<strong>de</strong>s gilt für die Formulierung „Frauen mit umfassen<strong>de</strong>m<br />

Wissen“.<br />

Nach Auffassung <strong>de</strong>s BVerfG versteht sich eine umfassen<strong>de</strong><br />

Rechtsberatung nicht für je<strong>de</strong> Anwaltskanzlei von selbst. Es<br />

kann <strong>de</strong>shalb mit dieser Formulierung zulässigerweise geworben<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Dementsprechend ist „umfassen<strong>de</strong>s Wissen“ keine Selbstverständlichkeit;<br />

eine entsprechen<strong>de</strong> Werbung muss also erlaubt<br />

sein. Dass diese Behauptung bei <strong>de</strong>n Betroffenen unzutreffend<br />

ist, wur<strong>de</strong> nicht festgestellt. Es kann nicht davon ausgegangen<br />

wer<strong>de</strong>n, dass sich die Betroffenen „angesichts <strong>de</strong>r wenigen Berufsjahre<br />

noch kein umfassen<strong>de</strong>s Wissen angeeignet haben können“<br />

(s. S. 6 <strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong> <strong>de</strong>s angefochtenen Urt.).<br />

3. Einen Verstoß gegen beson<strong>de</strong>re Berufspflichten, weil entgegen<br />

§ 7 Abs. 1 Satz 3 BORA in <strong>de</strong>r Kanzleibroschüre verschie<strong>de</strong>ne<br />

Dienstleistungsangebote nicht als Interessen- und Tätigkeitsschwerpunkte<br />

bezeichnet wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn formuliert ist:<br />

„RAin ... kümmert sich ...“, erachtet <strong>de</strong>r Senat nicht für gegeben.<br />

Nach § 6 Satz 2 BORA dürfen in Kanzleibroschüren weitere als<br />

die nach § 7 BORA erlaubten Hinweise gegeben wer<strong>de</strong>n. Das<br />

bezieht sich nicht nur auf die zahlenmäßige Beschränkung auf<br />

fünf Interessen- bzw. drei Tätigkeitsschwerpunkte in § 7 Abs. 1<br />

Satz 2 BORA. Es bestehen insgesamt weitergehen<strong>de</strong> Freiheiten<br />

bei <strong>de</strong>r Beschreibung <strong>de</strong>r Qualifikation bzw. Tätigkeit (vgl. Hartung/Holl,<br />

Anwaltliche Berufsordnung, 2. Aufl., 2001, § 6 BORA<br />

Rdnr. 130 ff.).

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