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1/2003 - brak-mitteilungen.de

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BRAK-Mitt. 1/<strong>2003</strong> Berufsrechtliche Rechtsprechung 21<br />

gen Fallgruppe ausgegangen, son<strong>de</strong>rn hat das angegriffene Unterlassungsgebot<br />

selbständig am Maßstab <strong>de</strong>s Art. 5 Abs. 1 Satz<br />

1 GG bewertet (vgl. BVerfGE 102, 347, 364 ff.).<br />

Von <strong>de</strong>n Tatbestandselementen <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Rspr. zu § 1 UWG<br />

entwickelten Fallgruppen kann eine aus praktischer Erfahrung<br />

gewonnene Indizwirkung für die Gefährdung <strong>de</strong>s Leistungswettbewerbs<br />

und damit zusammenhängend die Sittenwidrigkeit<br />

ausgehen. Allerdings müssen die Fachgerichte prüfen, ob die Indizwirkung<br />

im konkreten Fall ausreicht, um die Rechtsfolge,<br />

eine Einschränkung <strong>de</strong>r Meinungsfreiheit, zu rechtfertigen (vgl.<br />

BVerfG, NJW 2002, 1187, 1188).<br />

Die Fallgruppe <strong>de</strong>r getarnten Werbung ist nicht ein<strong>de</strong>utig eingegrenzt,<br />

son<strong>de</strong>rn bei <strong>de</strong>r Rechtsanwendung in hohem Maße<br />

auf werten<strong>de</strong> Einschätzungen und Prognosen <strong>de</strong>r Folgen einer<br />

solchen Werbung angewiesen. Das gilt insbeson<strong>de</strong>re für die<br />

Merkmale <strong>de</strong>r sachlichen Unterrichtung, <strong>de</strong>r Werbewirkung<br />

und <strong>de</strong>ren Übermaß beziehungsweise Einseitigkeit. Wird die<br />

Fallgruppe <strong>de</strong>r getarnten Werbung auf die journalistische Tätigkeit<br />

durch ein Medienunternehmen angewandt, bieten die im<br />

Wettbewerbs- und Medienrecht entwickelten Grundsätze über<br />

die Trennung von redaktionellem Teil und Anzeigenteil Anhaltspunkte<br />

<strong>de</strong>r Bewertung und damit <strong>de</strong>r Feststellung einer Gefährdung<br />

<strong>de</strong>s Schutzgutes im konkreten Fall.<br />

Gefahr für Leistungswettbewerb<br />

nicht<br />

dargelegt<br />

Eine spezifische Gefahr für <strong>de</strong>n<br />

Leistungswettbewerb, die von<br />

<strong>de</strong>n Ranglisten als solchen ausgeht,<br />

wird in <strong>de</strong>n Entscheidungsgrün<strong>de</strong>n<br />

nicht dargelegt. Dass<br />

ein journalistischer Beitrag über Anwaltskanzleien mit Werbewirkung<br />

allgemein o<strong>de</strong>r im konkreten Fall <strong>de</strong>m Leistungswettbewerb<br />

in <strong>de</strong>r Anwaltschaft zuwi<strong>de</strong>rläuft, etwa mit Rücksicht<br />

auf die Funktion <strong>de</strong>r Anwaltschaft als Organ <strong>de</strong>r Rechtspflege<br />

(§ 1 BRAO), hätte <strong>de</strong>r näheren Begründung bedurft. Soweit das<br />

OLG auf die begrenzte Offenlegung <strong>de</strong>r Bewertungsgrundlagen<br />

und -kriterien abstellt, fehlen im Berufungsurteil Feststellungen<br />

insbeson<strong>de</strong>re dazu, dass die angesprochenen Kreise die Erläuterungen<br />

nicht selbst angemessen zu werten wissen o<strong>de</strong>r dass<br />

die verbleiben<strong>de</strong>n Unklarheiten Gefahren für <strong>de</strong>n Leistungswettbewerb<br />

bedingen.<br />

Es ist auch nicht festgestellt wor<strong>de</strong>n, dass durch die Veröffentlichung<br />

von Ranglisten in sittenwidriger Weise auf die Aufgabe<br />

von Inseraten hingewirkt wird. Auch dies hätte einer die spezifische<br />

Gefährdung <strong>de</strong>s Leistungswettbewerbs einbeziehen<strong>de</strong>n<br />

Begründung bedurft. Dafür reicht <strong>de</strong>r Hinweis auf das Interesse<br />

<strong>de</strong>r Bf. an <strong>de</strong>r Akquisition von Anzeigenaufträgen nicht aus. Anzeigenfinanzierte<br />

Medien sind regelmäßig darauf angewiesen,<br />

zur Schaltung von Anzeigen zu motivieren. Die Bewertung als<br />

sittenwidrig erfor<strong>de</strong>rt die Feststellung zusätzlicher Umstän<strong>de</strong>,<br />

die etwa gegeben sind, wenn durch Vortäuschung einer neutralen<br />

redaktionellen Leistung ein werben<strong>de</strong>r, auf die Akquisition<br />

gerichteter Inhalt verborgen wird. Entsprechen<strong>de</strong> Feststellungen<br />

hat das OLG nicht getroffen.<br />

cc) Schließlich fehlt es für <strong>de</strong>n Fall, dass eine hinreichen<strong>de</strong> Gefährdung<br />

<strong>de</strong>s Schutzguts festgestellt wer<strong>de</strong>n sollte, an tragfähigen<br />

Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit <strong>de</strong>s Unterlassungsgebots.<br />

Ein umfassen<strong>de</strong>s Unterlassungsgebot<br />

ist nicht erfor<strong>de</strong>rlich,<br />

wenn klarstellen<strong>de</strong> Zusätze,<br />

etwa Hinweise auf die Quellen<br />

<strong>de</strong>r Ranglisten, ausreichen, um<br />

Umfassen<strong>de</strong>s Unterlassungsgebotunverhältnismäßig<br />

Irreführungen und eine hierdurch hervorgerufene Beeinträchtigung<br />

<strong>de</strong>s Leistungswettbewerbs auszuschließen. Eine dahin gehen<strong>de</strong><br />

einschränken<strong>de</strong> Verurteilung ist, wenn nicht <strong>de</strong>r Klageantrag<br />

diese Möglichkeit ohnehin berücksichtigt, nach <strong>de</strong>r<br />

Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht<br />

fachgerichtlichen Rspr. auch bei einem umfassen<strong>de</strong>n Unterlassungsbegehren<br />

zulässig (vgl. BGHZ 78, 9, 18 ff.). Im Zuge <strong>de</strong>s<br />

Verfahrens über die einstweilige Anordnung haben die Bf. zum<br />

Teil neue klarstellen<strong>de</strong> Formulierungen für die Neuauflage <strong>de</strong>s<br />

Handbuchs angekündigt, mit <strong>de</strong>nen sie <strong>de</strong>n Be<strong>de</strong>nken <strong>de</strong>s<br />

OLG Rechnung tragen wollen. Bei <strong>de</strong>r Neuverhandlung <strong>de</strong>r<br />

Sache wird zu prüfen sein, ob eine vom OLG möglicherweise<br />

bejahte Gefährdung <strong>de</strong>s Leistungswettbewerbs auf solche<br />

Weise abgewehrt wer<strong>de</strong>n kann. Die neuen Formulierungen<br />

sind vom BVerfG bislang allerdings nur im Rahmen <strong>de</strong>r nach<br />

§ 32 Abs. 1 BVerfGG vorzunehmen<strong>de</strong>n Abwägung, nicht hingegen<br />

in <strong>de</strong>r Sache selbst einer Würdigung unterzogen wor<strong>de</strong>n.<br />

2. Da die Entscheidung <strong>de</strong>s BGH möglicherweise auf <strong>de</strong>nselben<br />

Erwägungen beruht wie das Berufungsurteil, verletzt auch sie<br />

die Bf. in ihrem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.<br />

3. a) Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG ist die Verletzung <strong>de</strong>r<br />

Bf. in ihrem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG festzustellen.<br />

Auf die weiter gehen<strong>de</strong>n Grundrechtsrügen kommt es nicht<br />

an. Die angegriffenen Entscheidungen wer<strong>de</strong>n gem. § 95 Abs. 2<br />

BVerfGG aufgehoben. Die Sache wird an das OLG zurückverwiesen,<br />

weil die erneute Bearbeitung in einer Tatsacheninstanz<br />

angezeigt ist.<br />

b) Gemäß § 34a BVerfGG sind <strong>de</strong>n Bfn. die notwendigen Auslagen<br />

von <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland zu erstatten. Die<br />

Festsetzung <strong>de</strong>s Gegenstandswertes folgt aus § 113 Abs. 2 Satz 3<br />

BRAGO.<br />

Rechtsberatungsgesetz – zu einer Fernsehsendung,<br />

die Zuschauern bei <strong>de</strong>r Durchsetzung ihrer Interessen<br />

hilft; GG Art. 12; RBerG Art. 1 Abs. 1; UWG § 1<br />

* 1. Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet <strong>de</strong>n RAen grundsätzlich<br />

keinen Schutz vor Konkurrenz.<br />

* 2. Die Anwaltschaft kann aus <strong>de</strong>m Grundrecht <strong>de</strong>r Berufsfreiheit<br />

nicht ein verfassungsmäßig verbürgtes Recht auf Fortbestand<br />

<strong>de</strong>s RBerG ableiten.<br />

BVerfG, Beschl. v. 12.8.2002 – 1 BvR 1264/02<br />

Aus <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n:<br />

1. Die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> betrifft die Frage, ob das Gesetz<br />

über <strong>de</strong>n unlauteren Wettbewerb einem RA ermöglicht, Medienberichten<br />

über Rechtsfälle, bei <strong>de</strong>nen sich die Medien auch<br />

aktiv einschalten, mit <strong>de</strong>r Unterlassungsklage zu begegnen.<br />

Wird nur die von <strong>de</strong>r Berichterstattung in Medien ausgehen<strong>de</strong><br />

Wirkung benutzt, um For<strong>de</strong>rungen von Zuschauern aufgrund<br />

<strong>de</strong>s öffentlichen Drucks durchzusetzen, ohne dass <strong>de</strong>r Schwerpunkt<br />

<strong>de</strong>r Hilfestellung im rechtlichen Bereich liegt, ist nicht bereits<br />

von einer Rechtsberatung i.S.d. RBerG auszugehen, hat <strong>de</strong>r<br />

BGH mit <strong>de</strong>m angegriffenen Urt. entschie<strong>de</strong>n. Hiergegen wen<strong>de</strong>t<br />

sich <strong>de</strong>r Bf. mit <strong>de</strong>r Rüge <strong>de</strong>r Verletzung von Art. 12 Abs. 1<br />

und Art. 20 Abs. 3 GG.<br />

2. Die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> ist nicht zur Entscheidung anzunehmen.<br />

Die Voraussetzungen <strong>de</strong>s § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen<br />

nicht vor. Die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> hat keine grundsätzliche<br />

verfassungsrechtliche Be<strong>de</strong>utung. Ihre Annahme ist auch nicht<br />

zur Durchsetzung <strong>de</strong>r vom Bf. als verletzt gerügten Rechte angezeigt.<br />

Für eine Verletzung von Grundrechten und grundrechtsgleichen<br />

Rechten ist nichts ersichtlich.<br />

Dass Art. 12 Abs. 1 GG <strong>de</strong>n RAen keinen Schutz vor Konkurrenz<br />

gewährleistet, hat das BVerfG schon entschie<strong>de</strong>n (vgl. BVerfGE<br />

97, 12, 31). Die Anwaltschaft kann aus <strong>de</strong>m Grundrecht <strong>de</strong>r Be-

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