1/2003 - brak-mitteilungen.de
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BRAK-Mitt. 1/<strong>2003</strong> Berufsrechtliche Rechtsprechung 31<br />
weiteren Abklärung <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rrufsgrun<strong>de</strong>s <strong>de</strong>s § 14 Abs. 2 Nr. 7<br />
BRAO an <strong>de</strong>n AGH zurückzuverweisen (vgl. Senatsbeschlüsse<br />
v. 20.1.1995 – AnwZ [B] 16/94 – BRAK-Mitt. 1995, 162, 163; v.<br />
29.11.1993 – AnwZ [B] 47/93 – BRAK-Mitt. 1994, 40, 41).<br />
Anwaltliche Werbung – Briefbogengestaltung einer<br />
überörtlichen Anwaltssozietät; BRAO § 43b; BORA<br />
§§ 8, 10<br />
Wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Kopfleiste <strong>de</strong>s Briefbogens einer Anwaltskanzlei<br />
blickfangmäßig die Namen <strong>de</strong>r Sozietätsmitglie<strong>de</strong>r zusammen<br />
mit <strong>de</strong>n Berufsbezeichnungen Rechtsanwälte, Steuerberater<br />
und Patentanwalt herausgestellt, so wird damit zum Ausdruck<br />
gebracht, dass es sich um eine Kanzlei han<strong>de</strong>lt, in <strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st<br />
ein Sozietätsmitglied über die Zusatzqualifikation Steuerberater<br />
und Patentanwalt verfügt. Weisen <strong>de</strong>mgegenüber nur<br />
Kooperationspartner <strong>de</strong>r Kanzlei eine <strong>de</strong>rartige Qualifikation<br />
auf, so wird die Gefahr einer Irreführung <strong>de</strong>r angesprochenen<br />
Verkehrskreise über die berufliche Qualifikation <strong>de</strong>r Sozietätsmitglie<strong>de</strong>r<br />
nicht dadurch ausgeräumt, dass die Berufsbezeichnungen<br />
Steuerberater und Patentanwalt am rechten Rand <strong>de</strong>s<br />
Briefkopfes durch Namensnennung <strong>de</strong>r Kooperationspartner<br />
unter Hinzufügung ihrer beruflichen Stellung erläutert wer<strong>de</strong>n.<br />
BGH, Beschl. v. 23.9.2002 – AnwZ (B) 67/01<br />
Aus <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n:<br />
I. Die Ast. sind Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r überörtlichen Anwaltssozietät<br />
I. H. N. Z. mit Kanzleien in Hamburg und Rostock. Die Kanzlei<br />
<strong>de</strong>r Ast. befin<strong>de</strong>t sich in Hamburg. Die Sozietät arbeitet mit <strong>de</strong>m<br />
StB B. (Kanzleisitz in Hamburg) und <strong>de</strong>m Patentanwalt J. (Kanzleisitz<br />
in Parchim) zusammen. Auf diese Zusammenarbeit weist<br />
die Anwaltskanzlei auf <strong>de</strong>n von ihr verwen<strong>de</strong>ten Briefbögen mit<br />
folgen<strong>de</strong>m Briefkopf hin:<br />
I. · H. · N. · Z.<br />
RECHTSANWÄLTE STEUERBERATER* PATENTANWALT*<br />
HAMBURG · ROSTOCK<br />
Hamburg Rostock<br />
B. H. U. I.<br />
O. N.<br />
M. Z.<br />
G. I.straße<br />
Hamburg Rostock<br />
Telefon Telefon<br />
Telefax Telefax<br />
Gerichtsfach<br />
eMail:<br />
*in Kooperation<br />
G. B. R. J.<br />
Steuerberater Patentanwalt<br />
M.straße B.allee<br />
Hamburg Parchim<br />
Telefon Telefon<br />
Telefax Telefax<br />
Die Agin. hat <strong>de</strong>m Ast. zu 2 mit Schreiben v. 13.1.2000 mitgeteilt,<br />
dass die Gestaltung <strong>de</strong>s Sozietätsbriefbogens unzulässig<br />
sei, weil hierdurch <strong>de</strong>r unzutreffen<strong>de</strong> Eindruck erweckt wer<strong>de</strong>,<br />
zu <strong>de</strong>n Mitglie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Sozietät gehörten auch StB und ein Patentanwalt.<br />
Die Agin. hat <strong>de</strong>m Ast. zu 2 bis zum 4.2.2000 Ge-<br />
Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung<br />
legenheit zur Stellungnahme gegeben mit <strong>de</strong>r Maßgabe, dass<br />
dann, wenn <strong>de</strong>r Ast. zu 2 binnen dieser Frist erkläre, eine „irreführungsfreie“<br />
Gestaltung <strong>de</strong>s Briefkopfes zu wählen, von <strong>de</strong>r<br />
Einleitung eines Aufsichtsverfahrens Abstand genommen wer<strong>de</strong>.<br />
Dagegen haben die Ast. Antrag auf gerichtliche Entscheidung<br />
gestellt. Der AGH hat <strong>de</strong>n Antrag zurückgewiesen. Hiergegen<br />
richtet sich die zugelassene sofortige Beschwer<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Ast. zu 2.<br />
II. Die sofortige Beschwer<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Ast. zu 2 ist nach § 223 Abs. 3<br />
BRAO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt wor<strong>de</strong>n.<br />
Der Ast. war auch zur Einleitung <strong>de</strong>s gerichtlichen Verfahrens<br />
befugt. Das Schreiben <strong>de</strong>r Agin. v. 13.1.2000 ging über eine<br />
bloße Belehrung (vgl. § 73 Abs. 2 Nr. 1 BRAO) hinaus. Dem Ast.<br />
zu 2 wur<strong>de</strong> für <strong>de</strong>n Fall, dass innerhalb <strong>de</strong>r gesetzten Frist nicht<br />
eine <strong>de</strong>n Beanstandungen <strong>de</strong>r Agin. Rechnung tragen<strong>de</strong> Än<strong>de</strong>rung<br />
<strong>de</strong>s Briefkopfes zugesagt wird, die Einleitung eines Aufsichtsverfahrens<br />
(Rügeverfahren, Einleitung eines anwaltsgerichtlichen<br />
Verfahrens) angekündigt. Damit han<strong>de</strong>lt es sich bei<br />
<strong>de</strong>m angefochtenen Schreiben <strong>de</strong>r Agin. um eine hoheitliche<br />
Maßnahme, die geeignet war, die Ast. in ihren Rechten einzuschränken<br />
(vgl. Senatsbeschlüsse v. 18.11.1996 – AnwZ [B]<br />
20/96, NJW-RR 1997, 759 und v. 17.12.2001 – AnwZ [B] 12/01,<br />
NJW 2002, 608 sowie Feuerich/Braun, BRAO, 5. Aufl., § 73<br />
Rdnr. 19 ff.).<br />
III. Die Beschwer<strong>de</strong> hat in <strong>de</strong>r Sache keinen Erfolg. Die Agin. hat<br />
zu Recht <strong>de</strong>n vom Ast. zu 2 und <strong>de</strong>n übrigen Sozietätsmitglie<strong>de</strong>rn<br />
verwen<strong>de</strong>ten Briefkopf beanstan<strong>de</strong>t.<br />
In <strong>de</strong>r Kopfzeile <strong>de</strong>s Briefbogens sind die Namen <strong>de</strong>r RAe aufgeführt,<br />
die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r überörtlichen Sozietät sind. Die in<br />
<strong>de</strong>r darunterliegen<strong>de</strong>n Zeile neben <strong>de</strong>r Berufsbezeichnung<br />
„Rechtsanwälte“ in <strong>de</strong>rselben Drucktype aufgeführten Berufsangaben<br />
„Steuerberater“ und „Patentanwalt“ treffen für keinen<br />
<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Kopfzeile genannten Kanzleimitglie<strong>de</strong>r zu. Die Agin.<br />
und ihr folgend <strong>de</strong>r AGH halten die von <strong>de</strong>n Ast. gewählte Ausgestaltung<br />
<strong>de</strong>s Briefkopfes <strong>de</strong>shalb für unzulässig, weil er beim<br />
rechtsuchen<strong>de</strong>n Publikum zu Fehlschlüssen über die wahren<br />
Berufe <strong>de</strong>r Anwaltssozietät und zu <strong>de</strong>r unzutreffen<strong>de</strong>n Annahme<br />
führen könne, min<strong>de</strong>stens ein StB und ein Patentanwalt seien<br />
Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Anwaltssozietät. Dieser Bewertung folgt <strong>de</strong>r Senat.<br />
1. Die Gestaltung und Verwendung <strong>de</strong>s Briefkopfes o<strong>de</strong>r -bogens<br />
einer Anwaltskanzlei stellt ein werben<strong>de</strong>s Verhalten dar,<br />
das darauf abzielt, <strong>de</strong>n Verkehr für die Inanspruchnahme von<br />
Leistungen dieser Kanzlei zu gewinnen (vgl. BGH, Urt. v.<br />
17.4.1997 – I ZR 219/94, NJW 1997, 3236, 3237; Senatsbeschl.<br />
v. 12.2.2001 – AnwZ [B] 11/00, NJW 2001, 1573, 1574; AGH<br />
Nordrhein-Westfalen, BRAK-Mitt. 2001, 92 f.). Als solches ist es<br />
Bestandteil <strong>de</strong>r Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).<br />
Das ist bei <strong>de</strong>r Anwendung und Auslegung <strong>de</strong>r die anwaltlichen<br />
Werbemaßnahmen einschränken<strong>de</strong>n Bestimmungen <strong>de</strong>r<br />
§§ 43b, 59b Abs. 2 Nr. 3 BRAO i.V.m. §§ 8 ff. BORA mit <strong>de</strong>r<br />
Maßgabe zu berücksichtigen, dass in je<strong>de</strong>m Einzelfall nicht die<br />
Gestaltung <strong>de</strong>r Anwaltswerbung, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>ren Einschränkung<br />
einer beson<strong>de</strong>ren Rechtfertigung bedarf (vgl. BGHZ 147, 71,<br />
74 f.; Senatsbeschl. v. 17.12.2001, a.a.O., 609). § 43b BRAO,<br />
wonach <strong>de</strong>r RA über seine berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt<br />
sachlich zu unterrichten hat, steht aber einer irreführen<strong>de</strong>n<br />
Werbung entgegen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.4.2000 – 1 BvR<br />
721/99, NJW 2000, 3195).<br />
Irreführung <strong>de</strong>s<br />
Rechtsuchen<strong>de</strong>n<br />
zu befürchten<br />
2. Eine Gesamtbetrachtung <strong>de</strong>s<br />
von <strong>de</strong>r Agin. beanstan<strong>de</strong>ten<br />
Briefbogens ergibt, dass eine Irreführung<br />
<strong>de</strong>s rechtsuchen<strong>de</strong>n Publikums<br />
in rechtlich relevanter<br />
Weise zu befürchten ist (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 25.4.1996 – I<br />
ZR 106/94, NJW 1996, 2308).