27.01.2013 Aufrufe

1/2003 - brak-mitteilungen.de

1/2003 - brak-mitteilungen.de

1/2003 - brak-mitteilungen.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

BRAK-Mitt. 1/<strong>2003</strong> Berufsrechtliche Rechtsprechung 33<br />

zuweisen seien. Der Ast. müsste entwe<strong>de</strong>r eine Nachdokumentation<br />

beibringen o<strong>de</strong>r das Angebot <strong>de</strong>r Führung eines Fachgesprächs<br />

akzeptieren.<br />

In einer Stellungnahme bat <strong>de</strong>r Ast., seine Falldokumentation im<br />

Hinblick auf seine Ausführungen nochmals zu überprüfen. Daraufhin<br />

wur<strong>de</strong> er mit Schreiben v. 19.3.2001 zum Fachgespräch<br />

vorgela<strong>de</strong>n. Nach Durchführung <strong>de</strong>s Fachgespräches leitete <strong>de</strong>r<br />

gemeinsame Prüfungsausschuss mit Schreiben v. 6.4.2001 die<br />

Antragsakte an <strong>de</strong>n Vorstand <strong>de</strong>r Agin. zurück mit <strong>de</strong>m Hinweis,<br />

dass das Fachgespräch mit <strong>de</strong>m Ergebnis geen<strong>de</strong>t habe, dass die<br />

praktischen Erfahrungen <strong>de</strong>s Ast. weit unter <strong>de</strong>m Durchschnitt<br />

<strong>de</strong>ssen liegen, was im Erfahrungsbereich <strong>de</strong>s Fachanwalts sonst<br />

beobachtet wer<strong>de</strong>n konnte.<br />

Mit Bescheid v. 9.5.2001 wies <strong>de</strong>r Vorstand <strong>de</strong>r Agin. <strong>de</strong>n Antrag<br />

auf Erteilung <strong>de</strong>r Erlaubnis zur Führung <strong>de</strong>r Bezeichnung<br />

„Fachanwalt für Arbeitsrecht“ zurück mit <strong>de</strong>r Begründung, dass<br />

<strong>de</strong>r Ast. <strong>de</strong>n Nachweis <strong>de</strong>r gefor<strong>de</strong>rten Befassung mit kollektivem<br />

Arbeitsrecht nicht geführt habe, da insoweit lediglich 3<br />

Fälle anerkannt wer<strong>de</strong>n könnten. Außer<strong>de</strong>m habe das Fachgespräch<br />

ergeben, dass die praktischen Erfahrungen <strong>de</strong>s Ast. weit<br />

unter <strong>de</strong>m Durchschnitt liegen wür<strong>de</strong>n. Eine vom Ast. nachgereichte<br />

Dokumentation v. 10.4.2001 könne nicht mehr berücksichtigt<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Gegen diesen Bescheid wandte sich <strong>de</strong>r Ast. mit seinem am<br />

5.6.2001 eingegangenen Antrag v. 1.6.2001 auf gerichtliche<br />

Entscheidung. Er begrün<strong>de</strong>te seinen Antrag damit, dass er ausreichend<br />

viele Fälle aus <strong>de</strong>m Bereich <strong>de</strong>s kollektiven Arbeitsrechts<br />

nachgewiesen habe und im Übrigen Fälle aus <strong>de</strong>m Individualarbeitsrecht<br />

genügen wür<strong>de</strong>n, sofern das kollektive Arbeitsrecht<br />

einen wesentlichen Anteil an <strong>de</strong>r argumentativen<br />

Auseinan<strong>de</strong>rsetzung habe.<br />

Im Termin v. 30.1.2002 beantragten bei<strong>de</strong> Parteien das Ruhen<br />

<strong>de</strong>s Verfahrens.<br />

Die Agin. hat mit Urkun<strong>de</strong> v. 15.6.2002 <strong>de</strong>m Ast. die Erlaubnis<br />

zur Führung <strong>de</strong>r Berufsbezeichnung „Fachanwalt für Arbeitsrecht“<br />

unter Aufhebung <strong>de</strong>s Bescheids v. 9.5.2001 erteilt.<br />

Hierauf erklärte <strong>de</strong>r Ast. das gegenständliche Verfahren für erledigt<br />

und beantragt, <strong>de</strong>r Agin. die Kosten <strong>de</strong>s Verfahrens einschließlich<br />

<strong>de</strong>r Kosten <strong>de</strong>r anwaltlichen Vertretung <strong>de</strong>s Ast. aufzuerlegen.<br />

Die Agin. stimmt <strong>de</strong>r Erledigungserklärung <strong>de</strong>s Ast. zu und beantragt,<br />

die Kosten <strong>de</strong>s Verfahrens <strong>de</strong>m Ast. aufzuerlegen.<br />

II. In entsprechen<strong>de</strong>r Anwendung <strong>de</strong>r §§ 91a ZPO, 13a FGG waren<br />

<strong>de</strong>r Agin. die Kosten <strong>de</strong>s Verfahrens aufzuerlegen, weil <strong>de</strong>r<br />

Ast. mit seinem Antrag voraussichtlich Erfolg gehabt hätte.<br />

Nach Aktenlage wäre die Agin. auch ohne Eintritt <strong>de</strong>s erledigten<br />

Ereignisses verpflichtet gewesen, <strong>de</strong>m Ast. die Erlaubnis zum<br />

Führen <strong>de</strong>r Bezeichnung „Fachanwalt für Arbeitsrecht“ zu verleihen.<br />

Dabei ist von folgen<strong>de</strong>n Erwägungen auszugehen:<br />

1. Neben <strong>de</strong>m Vorliegen <strong>de</strong>r formellen Voraussetzungen <strong>de</strong>s § 3<br />

FAO hat die Agin. festgestellt, dass von <strong>de</strong>n in § 5 Satz 1 c FAO<br />

gefor<strong>de</strong>rten 50 gerichtsförmlichen Verfahren <strong>de</strong>r Ast. min<strong>de</strong>stens<br />

72 nachgewiesen habe und außergerichtlich eine Dokumentation<br />

über 56 Fälle vorliege. Die Erlaubnis <strong>de</strong>r Führung <strong>de</strong>r Fachanwaltsbezeichnung<br />

ist <strong>de</strong>m Ast. lediglich <strong>de</strong>shalb nicht verliehen<br />

wor<strong>de</strong>n, weil er nach Auffassung <strong>de</strong>r Agin. statt 5 lediglich<br />

3 Fälle <strong>de</strong>r erfor<strong>de</strong>rlichen Befassung mit kollektivem Arbeitsrecht<br />

nachgewiesen habe.<br />

2. Der Ast. hat auf ein Schreiben <strong>de</strong>s gemeinsamen Prüfungsausschusses<br />

v. 30.11.2000 mit Schreiben v. 15.12.2000 zwar<br />

Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung<br />

seine Bereitschaft erklärt, sich einem Fachgespräch zu unterziehen,<br />

vorab jedoch darum gebeten, seine Falldokumentation im<br />

Hinblick auf die zusätzlichen Darlegungen zu überprüfen. Für<br />

die Agin. hätte Anlass bestan<strong>de</strong>n, hierauf einzugehen. Hätte <strong>de</strong>r<br />

Prüfungsausschuss bereits En<strong>de</strong> 2000 eine <strong>de</strong>m Schreiben v.<br />

25.3.2002 vergleichbare Stellungnahme <strong>de</strong>m Ast. zukommen<br />

lassen, hätte <strong>de</strong>r Ast. bereits früher die im Schreiben v. 3.4.2002<br />

erfolgten Ausführungen <strong>de</strong>r Agin. mitteilen können. Die Stellungnahme<br />

<strong>de</strong>s Ast. v. 3.4.2002 war offensichtlich mittragend<br />

für die Entscheidung, ein positives Votum zu Gunsten <strong>de</strong>s Ast.<br />

auszusprechen.<br />

3. Die Agin. hat in <strong>de</strong>m inzwischen aufgehobenen Bescheid v.<br />

9.5.2001 nicht ausreichend berücksichtigt, dass <strong>de</strong>m Ast. nicht<br />

schon <strong>de</strong>shalb genügend praktische Erfahrung fehle, weil lediglich<br />

3 von gefor<strong>de</strong>rten 5 Fällen <strong>de</strong>s kollektiven Arbeitsrechtes<br />

nachgewiesen seien. Im Bereich <strong>de</strong>s Nachweises praktischer<br />

Tätigkeit auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>s kollektiven Arbeitsrechts hat <strong>de</strong>r<br />

BGH nicht erst im Beschl. v. 6.11.2000 darauf hingewiesen,<br />

dass Fälle aus <strong>de</strong>m kollektiven Arbeitsrecht in <strong>de</strong>r anwaltlichen<br />

Praxis nur verhältnismäßig selten vorkommen und im Übrigen<br />

Fragen aus diesem Rechtsgebiet auch bei <strong>de</strong>r Bearbeitung von<br />

Mandaten aus <strong>de</strong>m individuellen Arbeitsbereich eine wesentliche<br />

Rolle spielen können (BGH, NJW 1997, 1307, 1309).<br />

Großzügiger Maßstab<br />

für Fälle aus kollektivem<br />

Arbeitsrecht<br />

Im Lichte <strong>de</strong>r Grundrechte ist bei<br />

<strong>de</strong>r Bewertung <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>m Bewerber<br />

vorgelegten Nachweise<br />

für <strong>de</strong>n Erwerb <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren<br />

praktischen Erfahrungen auf sei-<br />

nem Fachgebiet ein umso großzügigerer Maßstab anzulegen, je<br />

schwieriger es ist, solche praktischen Erfahrungen zu sammeln.<br />

Darüber hinaus hat <strong>de</strong>r BGH<br />

seit langem betont, dass die<br />

Schwelle für <strong>de</strong>n Erwerb <strong>de</strong>r<br />

Fachanwaltsbezeichnung ersichtlich<br />

nicht sehr hoch anzu-<br />

Schwelle für Erwerb<br />

nicht sehr hoch<br />

anzusetzen<br />

setzen ist. Er hat mehrmals entschie<strong>de</strong>n, dass mangeln<strong>de</strong> Erfahrungen<br />

in einem Teilbereich <strong>de</strong>s Fachgebiets durch beson<strong>de</strong>re<br />

Erfahrungen in an<strong>de</strong>ren Teilbereichen ausgeglichen wer<strong>de</strong>n<br />

können (vgl. BGH, MDR 1998, 866, 867).<br />

III. Die Agin. beruft sich hinsichtlich <strong>de</strong>r Weichenstellung zu<br />

Gunsten <strong>de</strong>s Ast. auf einen Beschl. <strong>de</strong>s BGH v. 6.1.2000 (AnwZ<br />

(B) 75/99). Dieser Beschl. ist in <strong>de</strong>n BRAK-Mitteilungen (Herausgeber:<br />

BRAK) 2/2001, erschienen am 15.4.2001, veröffentlicht.<br />

Damit war <strong>de</strong>r Beschl. <strong>de</strong>s BGH zwar noch nicht veröffentlicht,<br />

als <strong>de</strong>r Prüfungsausschuss mit Schreiben v. 6.4.2001<br />

die Antragsakte an <strong>de</strong>n Vorstand <strong>de</strong>r Agin. zurücksandte. Zum<br />

Zeitpunkt <strong>de</strong>r Beratung <strong>de</strong>r Angelegenheit durch <strong>de</strong>n Vorstand<br />

<strong>de</strong>r Agin. am 28.4.2000 und zum Zeitpunkt <strong>de</strong>s Erlasses <strong>de</strong>s Beschei<strong>de</strong>s<br />

v. 9.5.2001 war die Entscheidung jedoch bereits veröffentlicht<br />

und <strong>de</strong>m Vorstand <strong>de</strong>r Agin. zugänglich. Zu diesem<br />

Zeitpunkt wäre es veranlasst gewesen, die Voraussetzung für die<br />

Verleihung <strong>de</strong>r Befugnis zur Führung <strong>de</strong>r Fachanwaltsbezeichnung<br />

erneut überprüfen zu lassen.<br />

Voraussichtlich wäre dann ebenfalls mit <strong>de</strong>r Zweitüberprüfung<br />

ein Fachprüfungsausschuss beauftragt wor<strong>de</strong>n. Es ist davon auszugehen,<br />

dass sich dieser Fachprüfungsausschuss ebenfalls<br />

dafür entschie<strong>de</strong>n hätte, sich für die Verleihung <strong>de</strong>r Befugnis zur<br />

Führung <strong>de</strong>r Bezeichnung „Fachanwalt für Arbeitsrecht“ ohne<br />

Fachgespräch zu Gunsten <strong>de</strong>s Ast. auszusprechen. Der Vorstand<br />

<strong>de</strong>r Agin. hätte dann voraussichtlich <strong>de</strong>m Ast. die Befugnis verliehen.<br />

Es entspricht daher billigem Ermessen, <strong>de</strong>r Agin. die Gerichtskosten<br />

<strong>de</strong>s Verfahrens aufzuerlegen. Grün<strong>de</strong>, abweichend von<br />

§ 13a FGG die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen,<br />

sind nicht erkennbar.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!