1/2003 - brak-mitteilungen.de
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BRAK-Mitt. 1/<strong>2003</strong> Berufsrechtliche Rechtsprechung 19<br />
Aus <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n:<br />
1. Der Bf. wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r zuständigen RAK wegen eines Eintrags<br />
in <strong>de</strong>n gelben Seiten <strong>de</strong>s Telefonbuchs gerügt. Der Eintrag hatte<br />
folgen<strong>de</strong>s Format und lautete wie folgt:<br />
RECHTSANWALT<br />
###############<br />
###############<br />
fon ############<br />
fax ############<br />
seit ... Jahren für Sie erfolgreich<br />
tätig im<br />
allgemeinen zivilrecht<br />
miet- & wohnungseigentumsrecht<br />
privaten baurecht<br />
familien- & erbrecht<br />
arbeitsrecht<br />
Der Bf. räumt ein, dass sein Hinweis auf eine erfolgreiche Tätigkeit<br />
<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n sachlicher Information verlässt. Er hält sich aber<br />
für befugt, die von ihm langjährig bearbeiteten Materien aufzuführen,<br />
auch wenn mehr als fünf Rechtsgebiete benannt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Rüge verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 12<br />
Abs. 1 GG.<br />
2. Die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> gegen die Rüge und die sie bestätigen<strong>de</strong>n<br />
berufsgerichtlichen Entscheidungen ist nicht zur<br />
Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen <strong>de</strong>s § 93a<br />
Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong><br />
hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Be<strong>de</strong>utung. Ihre<br />
Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>m Bf. als<br />
verletzt gerügten Rechte angezeigt. Die Verhängung <strong>de</strong>r Rüge ist<br />
verfassungsrechtlich nicht zu beanstan<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Bf. hat eingeräumt,<br />
seine Werbung habe gegen das Sachlichkeitsgebot<br />
gem. § 43b <strong>de</strong>r BRAO verstoßen.<br />
3. Soweit <strong>de</strong>m Bf. zusätzlich vorgeworfen wird, gegen § 7 Abs. 1<br />
BORA verstoßen zu haben, fallen diese Ausführungen letztlich<br />
nicht ins Gewicht.<br />
Präzisierungen <strong>de</strong>s<br />
allgemeinen zivilrechtlichen<br />
Schwerpunkts<br />
Allerdings wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n angegriffenen<br />
Entscheidungen nicht<br />
in Erwägung gezogen, dass es<br />
sich bei <strong>de</strong>n Angaben „Mietund<br />
Wohnungseigentumsrecht,<br />
privates Baurecht, Familien- und Erbrecht“ um Präzisierungen<br />
<strong>de</strong>s allgemeinen zivilrechtlichen Tätigkeitsschwerpunktes han<strong>de</strong>ln<br />
könnte; dies wäre zulässig (vgl. BVerfG, 2. Kammer <strong>de</strong>s Ersten<br />
Senats, NJW 2001, 1926 f.). Die Vorgaben <strong>de</strong>r Berufsordnung<br />
hinsichtlich <strong>de</strong>r Höchstzahl möglicher Angaben wären<br />
nicht überschritten.<br />
Bei <strong>de</strong>r Anwendung von § 7 Abs. 1 BORA fehlen auch Ausführungen<br />
dazu, ob die Vorschrift <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen genügt,<br />
die in einer Entscheidung <strong>de</strong>s EuGH v. 19.2.2002 (NJW 2002,<br />
877) formuliert wor<strong>de</strong>n sind. Danach legt bei <strong>de</strong>r Übertragung<br />
von Rechtsetzungsbefugnissen an einen Berufsverband <strong>de</strong>r Mitgliedstaat<br />
selbst die Kriterien <strong>de</strong>s Allgemeininteresses und die<br />
wesentlichen Grundsätze fest, die bei <strong>de</strong>r Normsetzung von<br />
<strong>de</strong>n öffentlichen Kammern zu beachten sind. Bei Auslegung<br />
und Anwendung von Satzungsrecht ist daher auch mit Rücksicht<br />
auf Art. 12 Abs. 1 GG eine strikte Beachtung <strong>de</strong>s Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes<br />
unter konkreter Benennung <strong>de</strong>r vom<br />
parlamentarischen Gesetzgeber vorgegebenen Gemeinwohlbelange<br />
gefor<strong>de</strong>rt. Es hätte je<strong>de</strong>nfalls einer näheren Begründung<br />
bedurft, dass § 7 Abs. 1 BORA diesen Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
genügt.<br />
Schließlich wer<strong>de</strong>n die Berufsgerichte auch die Rspr. <strong>de</strong>s EuGH<br />
für Menschenrechte zu beachten haben, wonach bei <strong>de</strong>r Aus-<br />
Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht<br />
legung von Vorschriften über ein Werbeverbot die Meinungsfreiheit<br />
<strong>de</strong>s Betroffenen und das Informationsbedürfnis <strong>de</strong>r<br />
Mandanten zu berücksichtigen sind (vgl. Urt. v. 17.10.2002 im<br />
Verfahren Stambuk ./. Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland – AZ:<br />
37928/97).<br />
Ein Abweichen vom europäischen<br />
Standard ist auch im Hinblick<br />
auf die Verbürgungen <strong>de</strong>s<br />
GG rechtfertigungsbedürftig.<br />
Abweichen vom europäischen<br />
Standard<br />
bedarf Rechtfertigung<br />
Zur Zulässigkeit von Ranglisten in einem Handbuch<br />
über Anwaltskanzleien; BRAO § 1; GG Art. 5; UWG<br />
§ 1<br />
* 1. Die in <strong>de</strong>m JUVE-Handbuch über wirtschaftsrechtlichorientierte<br />
Anwaltskanzleien veröffentlichten Ranglisten enthalten<br />
schwerpunktmäßig werten<strong>de</strong> Äußerungen, nicht jedoch<br />
Tatsachenbehauptungen.<br />
* 2. Dass ein journalistischer Beitrag über Anwaltskanzleien<br />
mit Werbewirkung allgemein o<strong>de</strong>r im konkreten Fall<br />
<strong>de</strong>m Leistungswettbewerb in <strong>de</strong>r Anwaltschaft zuwi<strong>de</strong>r läuft,<br />
etwa mit Rücksicht auf die Funktion <strong>de</strong>r Anwaltschaft als<br />
Organ <strong>de</strong>r Rechtspflege, hätte <strong>de</strong>r näheren Begründung bedurft.<br />
* 3. Ein umfassen<strong>de</strong>s Unterlassungsgebot ist nicht erfor<strong>de</strong>rlich,<br />
wenn klarstellen<strong>de</strong> Zusätze – etwa Hinweise auf die Quellen<br />
<strong>de</strong>r Ranglisten – ausreichen, um Irreführungen und eine hierdurch<br />
hervorgerufene Beeinträchtigung <strong>de</strong>s Leistungswettbewerbs<br />
auszuschließen.<br />
BVerfG, Beschl. v. 7.11.2002 – 1 BvR 580/02<br />
Aus <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n:<br />
Gegenstand <strong>de</strong>r Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> sind zivilgerichtliche<br />
Entscheidungen, mit <strong>de</strong>nen die Veröffentlichung optisch hervorgehobener<br />
Rangeinstufungen (Ranking-Listen) in einem Handbuch<br />
über wirtschaftsrechtlich orientierte Anwaltskanzleien untersagt<br />
wird.<br />
I.<br />
1. Die Bfin. zu 1 gibt seit <strong>de</strong>m Jahre 1998 das jährlich erscheinen<strong>de</strong><br />
„JUVE-Handbuch“ heraus. Die Kl. <strong>de</strong>s Ausgangsverfahrens,<br />
zwei nie<strong>de</strong>rgelassene RAe, nahmen die Bf. wegen <strong>de</strong>r in<br />
<strong>de</strong>m Handbuch enthaltenen Anwalts-Ranglisten nach § 1 UWG<br />
auf Unterlassung in Anspruch. Das OLG gab im Berufungsrechtszug<br />
<strong>de</strong>r Klage statt (vgl. NJW 2001, 1950 = ZIP 2001,<br />
1116). Der BGH hat die Revision nicht zur Entscheidung angenommen.<br />
Die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> rügt eine Verletzung <strong>de</strong>r Grundrechte<br />
aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG. Mit <strong>de</strong>r einstweiligen<br />
Anordnung v. 1.8.2002 hat die Kammer die Zwangsvollstreckung<br />
aus <strong>de</strong>m Urt. <strong>de</strong>s OLG München im Hinblick auf die<br />
geplante 5. Aufl. <strong>de</strong>s Handbuchs einstweilen eingestellt.<br />
2. Die Kl. <strong>de</strong>s Ausgangsverfahrens, die BRAK, <strong>de</strong>r DAV, die Zentrale<br />
zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs und <strong>de</strong>r Zentralverband<br />
<strong>de</strong>r Deutschen Werbewirtschaft haben zur Verfassungsbeschwer<strong>de</strong><br />
Stellung genommen.<br />
II. Die Voraussetzungen einer Stattgabe durch die Kammer nach<br />
§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG sind gegeben. Das BVerfG hat im<br />
Urt. v. 12.12.2000 (BVerfGE 102, 347 – Benetton-Werbung)<br />
eine Grundsatzentscheidung zur Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Grundrechts<br />
auf Meinungs- und Pressefreiheit im Wettbewerbsrecht getroffen.<br />
Damit sind die für <strong>de</strong>n vorliegen<strong>de</strong>n Fall maßgeblichen Fragen<br />
im Wesentlichen geklärt. Nach <strong>de</strong>n in dieser Entscheidung