1/2003 - brak-mitteilungen.de
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BRAK-Mitt. 1/<strong>2003</strong> Aktuelle Hinweise IX<br />
Buchbesprechung<br />
Zöller, Zivilprozessordnung, 23. Aufl.<br />
2002, Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln,<br />
2820 S., 149,50 Euro, ISBN 3-504-<br />
47012-7<br />
In <strong>de</strong>r „Reform-Auflage“ haben die bisherigen<br />
7 Bearbeiter die reformierte ZPO<br />
auf (ebenso wie in <strong>de</strong>r Vorauflage) rund<br />
2800 Seiten auf <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>r Zeit kommentiert.<br />
In <strong>de</strong>n 40 Jahren meiner Nutzung<br />
hat sich ein typischer und sehr praktischer<br />
„Rechtspfleger-Kommentar“ zu<br />
einem Werk entwickelt, das je<strong>de</strong>m<br />
Rechtsanwen<strong>de</strong>r ebenso praktische, verständliche<br />
wie verständige Argumente<br />
liefert: Der Druck ist gut leserlich, die<br />
Glie<strong>de</strong>rung übersichtlich, insbeson<strong>de</strong>re<br />
dort, wo sie <strong>de</strong>r Kommentierung vorangestellt<br />
ist. Die vielen Än<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>r<br />
letzten Legislaturperio<strong>de</strong> (neben <strong>de</strong>r Reform<br />
für die ZPO und die Zulassung – für<br />
bei<strong>de</strong> eine Synopse zum bisherigen<br />
Recht etwas versteckt in Einleitung 22 –<br />
auch Än<strong>de</strong>rungen durch die Schuldrechtsmo<strong>de</strong>rnisierung,<br />
die eingetragenen<br />
Lebenspartnerschaften, das Unterlassungsklagengesetz<br />
sowie die Än<strong>de</strong>rung<br />
<strong>de</strong>r Pfändungsfreigrenzen usw.) verlangen<br />
vom Anwalt, sich in <strong>de</strong>n neuen Vorschriften<br />
zu Recht zu fin<strong>de</strong>n und verstärkt<br />
zum Kommentar zu greifen. Hierbei<br />
kann niemand erwarten, für alle neuen<br />
Probleme bereits eine gesicherte Lösung<br />
zu fin<strong>de</strong>n – <strong>de</strong>r Zöller schnei<strong>de</strong>t je<strong>de</strong>nfalls<br />
bei einem Vergleich <strong>de</strong>r Kommentierung<br />
zum Reformgesetz gut ab, weil<br />
spürbar wird, wie die Bearbeiter um eine<br />
pragmatische Lösung bemüht sind. Verständlicherweise<br />
lese ich <strong>de</strong>n Kommentar<br />
aus anwaltlicher Sicht:<br />
Zu <strong>de</strong>r praktischen Handhabung <strong>de</strong>s<br />
„Zöller“ gehören die Hinweise auf Kosten<br />
und Gebühren; manchmal wünschte<br />
ich mir jedoch eine unmittelbare Information:<br />
Welcher RA weiß, dass <strong>de</strong>r nach<br />
einem Hinweis ergehen<strong>de</strong> Beschluss<br />
über die Zurückweisung einer Berufung<br />
drei Gerichtsgebühren kostet – und <strong>de</strong>shalb<br />
möglichst zu vermei<strong>de</strong>n ist, zumal<br />
er nicht angefochten wer<strong>de</strong>n kann (§ 522<br />
Abs. 3 ZPO) und üblicherweise ohne<br />
weitere Erkenntnisse ist? Der Hinweis in<br />
Rdnr. 43 zu § 522 ZPO lediglich auf KV<br />
1226, 1227 ist für <strong>de</strong>n Kostenbeamten<br />
Aktuelle Hinweise<br />
ausreichend – für <strong>de</strong>n nicht kostenbewussten<br />
Anwalt allerdings keine „Warnung“<br />
(die allerdings <strong>de</strong>r RA durch an<strong>de</strong>re<br />
Kommentare ebenso wenig erfährt).<br />
Erfrischend versucht Geimer, die Berufungszuständigkeit<br />
(<strong>de</strong>s OLG gegen Urteile<br />
<strong>de</strong>s AG) bei Auslandsberührung<br />
(§ 119 Abs. 1 Nr. 1 b c GVG) praktikabel<br />
zu regulieren, nach<strong>de</strong>m diese Vorschrift<br />
„ohne Einbindung <strong>de</strong>r Fachwissenschaft<br />
und Praxis“ (so § 119 GVG, 1) geschaffen<br />
wur<strong>de</strong>. Hoffentlich folgt die Praxis seinem<br />
Vorschlag, entsprechend § 281 ZPO<br />
(o<strong>de</strong>r aber entsprechend einem an<strong>de</strong>ren<br />
Vorschlag nach § 17a GVG vorzugehen<br />
– so Münchener Kommentar Rdnrn. 7<br />
Nr. 11 a.a.O.) bin<strong>de</strong>nd zu verweisen<br />
(Rdnr. 16), wenn die Berufung nicht an<br />
das richtige (LG o<strong>de</strong>r OLG) Berufungsgericht<br />
gerichtet ist. Greger (§281 ZPO, 4)<br />
hält eine solche Verweisung lei<strong>de</strong>r für unzulässig;<br />
dann wäre die nach Auffassung<br />
<strong>de</strong>s angerufenen Gerichts falsch adressierte<br />
Berufung unzulässig: Hoffentlich<br />
wird die missglückte Vorschrift entwe<strong>de</strong>r<br />
nicht zur Regressfalle – o<strong>de</strong>r besser: bald<br />
aufgehoben.<br />
Zu Recht verteidigt Greger <strong>de</strong>n durch<br />
§ 139 ZPO zwingend vorgeschriebenen<br />
kooperativen Prozessstil (Rnr. 1). Der<br />
Rechtsstreit kann nur dann konzentriert<br />
wer<strong>de</strong>n, wenn <strong>de</strong>r Richter mit <strong>de</strong>n Prozessbeteiligten<br />
<strong>de</strong>n maßgeblichen Prozessstoff<br />
abstimmt – an<strong>de</strong>renfalls ufert<br />
<strong>de</strong>r Sachvortrag aus, <strong>de</strong>r ja im Falle einer<br />
Berufung grundsätzlich nicht nachgeholt<br />
wer<strong>de</strong>n kann (§ 531 ZPO). Gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>shalb<br />
wird <strong>de</strong>n neuerlichen Bestrebungen<br />
<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>srates entgegenzutreten sein,<br />
diese – einzig verbliebene – Stärkung <strong>de</strong>s<br />
ersten Rechtszuges wie<strong>de</strong>r zurückzunehmen.<br />
Es muss entsprechend Greger das<br />
Ziel aller Prozessbeteiligten sein – auch<br />
und gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Richters –, „dass das Parteivorbringen<br />
strukturiert, an <strong>de</strong>r Rechtslage<br />
orientiert und auf das Wesentliche<br />
konzentriert wird“ (Rdnr. 3). Lei<strong>de</strong>r folgt<br />
Greger <strong>de</strong>r Gesetzesbegründung dahin,<br />
dass Hinweise „aktenkundig“ auch durch<br />
einen bloßen Vermerk in <strong>de</strong>r Akte gemacht<br />
wer<strong>de</strong>n können (Rdnr. 13): Wie<br />
sollen die Parteien überprüfen können,<br />
ob <strong>de</strong>r (möglicherweise <strong>de</strong>r Anwaltsgehilfin<br />
telefonisch gegebene) Hinweis<br />
richtig erteilt o<strong>de</strong>r verstan<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>? Da<br />
lediglich <strong>de</strong>r Fälschungsnachweis zulässig<br />
ist (§ 139 Abs. 4 Satz 2 ZPO), kann <strong>de</strong>r<br />
RA in Schwierigkeiten geraten, wenn er<br />
nicht seinerseits <strong>de</strong>n Hinweis in seiner<br />
Stellungnahme so vorstellt, wie er ihn<br />
verstan<strong>de</strong>n hat: Hat <strong>de</strong>r Anwalt ihn missverstan<strong>de</strong>n,<br />
wird <strong>de</strong>r Richter darauf<br />
ebenso hinzuweisen haben, wie er dies<br />
dann tun soll, wenn eine Partei sich auf<br />
einen Hinweis nicht ausreichend erklärt<br />
(Rdnr. 14).<br />
Wenn <strong>de</strong>r RA mit <strong>de</strong>r Berufungsbegründung<br />
eine Tatsachenfeststellung im Urteil<br />
angreift, muss er konkrete Anhaltspunkte<br />
bezeichnen, die Zweifel an <strong>de</strong>ren Richtigkeit<br />
und Vollständigkeit begrün<strong>de</strong>n<br />
(§ 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO): Dazu fin<strong>de</strong>t er<br />
bei <strong>de</strong>r Kommentierung zu § 520 ZPO<br />
keine Hilfe (Rdnr. 33–35); <strong>de</strong>r Kommentator<br />
Gummer hat jedoch aus seiner richterlichen<br />
Sicht bei <strong>de</strong>r korrespondieren<strong>de</strong>n<br />
Vorschrift <strong>de</strong>s § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO<br />
Überlegungen gebracht (Rdnrn. 3–12),<br />
die das schwierige Verständnis <strong>de</strong>r Vorschrift<br />
(Rdnr. 2) erleichtern können: Der<br />
Anwalt hat aus <strong>de</strong>n richterlichen Überlegungen<br />
herauszuarbeiten, wie er durch<br />
seine Berufungsbegründung <strong>de</strong>n Richter<br />
zu solchen Überlegungen zwingt, wie<br />
Gummer sie zu § 529 ZPO anstellt. Aus<br />
anwaltlicher Sicht wird, gera<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>rart<br />
erheblichen Reformen, <strong>de</strong>utlich spürbar,<br />
dass <strong>de</strong>r praktische Anwalt kaum<br />
mehr in die Erläuterungen <strong>de</strong>r maßgeblichen<br />
aktuellen ZPO-Kommentare eingebun<strong>de</strong>n<br />
ist (lediglich im Münchener<br />
Kommentar haben Anwälte kommentiert,<br />
dies allerdings für weniger als 25 Paragraphen).<br />
Die Gehörsrüge (§ 321a ZPO) beschränkt<br />
Vollkommer auf das nicht berufungsfähige<br />
erstinstanzliche Urteil und nimmt<br />
an, dass im Übrigen die von <strong>de</strong>r Rspr.<br />
entwickelten außeror<strong>de</strong>ntlichen Rechtsbehelfe<br />
fortgelten (Rdnr. 3) – <strong>de</strong>r BGH<br />
schließt umgekehrt aus <strong>de</strong>r Nichtaufnahme<br />
<strong>de</strong>r bisherigen außeror<strong>de</strong>ntlichen<br />
Rechtsbehelfe in das Reformgesetz <strong>de</strong>ren<br />
Abschaffung. Es bleibt zu hoffen, dass die<br />
Rspr. sich dahin öffnet, § 321a ZPO auf<br />
alle nicht mehr angreifbaren Entscheidungen<br />
zu erweitern, was Gummer in<br />
seiner Kommentierung von § 567 ZPO<br />
(Fortsetzung Seite X)