1/2003 - brak-mitteilungen.de
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BRAK-Mitt. 1/<strong>2003</strong> Berufsrechtliche Rechtsprechung 23<br />
<strong>de</strong>re Auskunftspflichten), durch Festsetzung eines Zwangsgel<strong>de</strong>s<br />
anhalten kann.<br />
Diesem Normengefüge ist insgesamt zu entnehmen, dass die<br />
BRAO <strong>de</strong>m Vorstand <strong>de</strong>r RAK keine Rechtsgrundlage dafür gibt,<br />
Pflichtverletzungen aller Art, die ein RA gegenüber einem Mandanten<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m sonstigen rechtsuchen<strong>de</strong>n Publikum gegenüber<br />
begangen hat o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ren Begehung unmittelbar bevorsteht,<br />
durch <strong>de</strong>n Erlass mit Verwaltungszwang durchsetzbarer<br />
Ge- und Verbote zu begegnen. Derart weitgehen<strong>de</strong>, einschnei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Eingriffsmöglichkeiten wür<strong>de</strong>n auch <strong>de</strong>r Stellung <strong>de</strong>s RA<br />
nicht gerecht.<br />
Dieser ist unabhängiges Organ<br />
<strong>de</strong>r Rechtspflege (§ 1<br />
BRAO) und steht als solches<br />
nicht in einem allgemeinen<br />
Abhängigkeits- o<strong>de</strong>r Unter-<br />
ordnungsverhältnis zum Kammervorstand (vgl. Feuerich/Braun,<br />
a.a.O., § 73 Rdnr. 32).<br />
2. Auch in <strong>de</strong>r Sache selbst ist die in Form einer Untersagungsverfügung<br />
geklei<strong>de</strong>te Beanstandung <strong>de</strong>r Agin. nicht gerechtfertigt.<br />
Ausgehend von <strong>de</strong>r Rspr. <strong>de</strong>s I Zivilsenats <strong>de</strong>s BGH und <strong>de</strong>r Rspr.<br />
<strong>de</strong>s Senats (vgl. <strong>de</strong>n zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehenen<br />
Beschl. v. heutigen Tage – AnwZ [B] 41/02) verstößt die<br />
Verwendung <strong>de</strong>s Domain-Namens „www.rechtsanwaeltenotar.<strong>de</strong>“<br />
durch <strong>de</strong>n Ast. nicht gegen § 43b BRAO, § 6 Abs. 1<br />
BORA.<br />
Gemäß § 43b BRAO ist <strong>de</strong>m RA Werbung erlaubt, soweit sie<br />
über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet<br />
und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet<br />
ist. Diese Bestimmung hat in <strong>de</strong>n §§ 6 ff. BORA teilweise<br />
eine nähere Ausgestaltung erfahren. Nach § 6 Abs. 1 BORA darf<br />
<strong>de</strong>r RA über seine Dienstleistung und seine Person informieren,<br />
soweit die Angaben sachlich unterrichten und berufsbezogen<br />
sind.<br />
Richtet eine aus einem RA und einem Anwaltsnotar bestehen<strong>de</strong><br />
Kanzlei eine eigene Homepage ein, die über die Berufsbezeichnung<br />
„www.rechtsanwaelte-notar.<strong>de</strong>“ zu erreichen ist, so<br />
stellt dies eine Werbung dar, die darauf abzielt, <strong>de</strong>n Verkehr für<br />
die Inanspruchnahme von Leistungen dieser Kanzlei und ihrer<br />
Mitglie<strong>de</strong>r zu gewinnen.<br />
a) Die Form und <strong>de</strong>r Inhalt dieser Werbung, die sich im Wesentlichen<br />
in <strong>de</strong>r Vorstellung <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Kanzleimitglie<strong>de</strong>r (mit<br />
Lichtbild) von <strong>de</strong>r Angabe ihrer Tätigkeitsschwerpunkte erschöpft,<br />
ist nicht unsachlich. Eine Diskrepanz zwischen <strong>de</strong>m Erscheinungsbild<br />
und <strong>de</strong>m Inhalt <strong>de</strong>r Werbung besteht nicht (vgl.<br />
hierzu BGHZ 147, 71, 76 ff. – Anwaltswerbung II). Sie wird vorliegend<br />
insbeson<strong>de</strong>re auch nicht dadurch hervorgerufen, dass<br />
sich <strong>de</strong>r Ast. durch die Auswahl <strong>de</strong>s seine beruflichen Tätigkeiten<br />
kennzeichnen<strong>de</strong>n Domain-Namens gegenüber an<strong>de</strong>ren<br />
RAen und Notaren insoweit einen Vorteil verschafft hat, dass<br />
diese daran gehin<strong>de</strong>rt sind, <strong>de</strong>nselben Domain-Namen zu verwen<strong>de</strong>n<br />
und die Möglichkeiten, einen Domain-Namen unter<br />
Verwendung von Begriffen auszusuchen, die alternativ <strong>de</strong>n Beruf<br />
<strong>de</strong>s RA o<strong>de</strong>r Notars bezeichnen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ssen Tätigkeit beschreiben,<br />
naturgemäß begrenzt sind (vgl. BHG, Urt. v.<br />
21.2.2002 – I ZR 281/99 – NJW 2002, 2642, 2644 f. – Vanity-<br />
Nummer; BGHZ 148, 1, 5, ff. – Mitwohnzentrale.<strong>de</strong>).<br />
Im Übrigen hat <strong>de</strong>r AGH zu Recht darauf hingewiesen, dass die<br />
vom Ast. gewählte, einmal im Plural und einmal im Singular stehen<strong>de</strong>,<br />
mit einem Bin<strong>de</strong>strich versehene Kombination <strong>de</strong>r Begriffe<br />
Rechtsanwälte und Notar durchaus ungewöhnlich ist. Ein<br />
rechtsuchen<strong>de</strong>r Internet-Nutzer, <strong>de</strong>r an Dienstleistungen eines<br />
RA o<strong>de</strong>r eines Notars interessiert ist, wird, wenn er sich nicht einer<br />
Suchmaschine bedient, son<strong>de</strong>rn sich unter Einsatz <strong>de</strong>r Gat-<br />
Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung<br />
Kein Abhängigkeits- und<br />
Unterordnungsverhältnis<br />
zum Kammervorstand<br />
tungsbegriffe Rechtsanwalt, Rechtsanwälte, Notar, Notare <strong>de</strong>n<br />
unmittelbaren Zugang zu einem Anbieter <strong>de</strong>rartiger Dienstleistungen<br />
zu verschaffen sucht, nur mehr o<strong>de</strong>r weniger zufällig genau<br />
die Bergriffskombination eingeben, mit <strong>de</strong>r er auf die<br />
Homepage <strong>de</strong>s Ast. stößt.<br />
Geringe Gefahr einer<br />
Kanalisierung von<br />
Kun<strong>de</strong>nströmen<br />
Die Gefahr einer Kanalisierung<br />
von Kun<strong>de</strong>nströmen durch die<br />
Verwendung <strong>de</strong>s beanstan<strong>de</strong>ten<br />
Domain-Namens ist daher sehr<br />
gering.<br />
b) Die in <strong>de</strong>r Verwendung <strong>de</strong>s von <strong>de</strong>r Agin. beanstan<strong>de</strong>ten Domain-Namens<br />
liegen<strong>de</strong> Werbung ist auch nicht als irreführend<br />
unter <strong>de</strong>m Aspekt einer unzutreffen<strong>de</strong>n Alleinstellungsbehauptung<br />
anzusehen.<br />
Der durchschnittlich informierte<br />
und verständige Internet-Nutzer,<br />
auf <strong>de</strong>n insoweit maßgeblich abzustellen<br />
ist (vgl. BGHZ 148, 1,<br />
7), weiß von vornherein, dass die<br />
Keine irreführen<strong>de</strong><br />
Alleinstellungsbehauptung<br />
unter Verwendung <strong>de</strong>r Gattungsbegriffe Rechtsanwalt und Notar<br />
gefun<strong>de</strong>ne Homepage eines Anbieters nicht das gesamte Angebot<br />
anwaltlicher und notarieller Dienstleistungen repräsentiert.<br />
Auch erscheint es nach <strong>de</strong>r Lebenserfahrung nicht als wahrscheinlich,<br />
dass <strong>de</strong>r Internet-Nutzer die Vorstellung hat, bei Eingabe<br />
<strong>de</strong>s vom Ast. verwen<strong>de</strong>ten Domain-Namens wer<strong>de</strong> er einen<br />
Überblick über das gesamte Angebot anwaltlicher und notarieller<br />
Dienstleistungen o<strong>de</strong>r auch nur ein sach- und fachkundig<br />
aufbereitetes Informationsangebot erhalten (vgl. Urt. v.<br />
21.2.2002, a.a.O., 2645).<br />
c) Soweit die Bfin. weiter meint, allein dadurch, dass <strong>de</strong>r im Domain-Namen<br />
enthaltene Begriff Rechtsanwalt in <strong>de</strong>r Mehrzahl<br />
verwen<strong>de</strong>t wird, wer<strong>de</strong> über die tatsächliche Be<strong>de</strong>utung und<br />
Größe <strong>de</strong>r Kanzlei <strong>de</strong>s Ast. irregeführt, ist ihr nicht zu folgen.<br />
Durch die Pluralform wird lediglich zum Ausdruck gebracht,<br />
dass die unter diesem Begriff am Internet-Verkehr teilnehmen<strong>de</strong><br />
Kanzlei min<strong>de</strong>stens zwei Mitglie<strong>de</strong>r hat, die zur Rechtsanwaltschaft<br />
zugelassen sind. Das ist hier <strong>de</strong>r Fall. Darüber hinaus<br />
kann <strong>de</strong>r Bfin. auch nicht darin zugestimmt wer<strong>de</strong>n, dass selbst<br />
<strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>r weiß, dass es in einigen Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn Anwaltsnotare<br />
gibt, mit min<strong>de</strong>stens drei Sozietätsmitglie<strong>de</strong>rn – zwei<br />
RAen und einem Notar – rechnet. Es ist gera<strong>de</strong> die Beson<strong>de</strong>rheit<br />
<strong>de</strong>s Anwaltsnotariats, dass hier ein RA zugleich <strong>de</strong>n Beruf eines<br />
Notars ausüben darf. Dann aber ist für je<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r um diese Beson<strong>de</strong>rheit<br />
weiß, offenkundig, dass er es vorliegend möglicherweise<br />
mit einer Kanzlei zu tun hat, bei <strong>de</strong>r nur insgesamt zwei<br />
Personen über die angegebene berufliche Qualifikation verfügen.<br />
Im Übrigen wird die etwaige Fehlvorstellung eines Internet-Nutzers<br />
über die Zahl <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>m Domain-Namen<br />
„www.rechtsanwaelte-notar.<strong>de</strong>“ zu fin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Kanzlei bei „Aufschlagen“<br />
dieser Homepage sofort korrigiert. Je<strong>de</strong>nfalls dadurch<br />
wird <strong>de</strong>r Gefahr einer Irreführung hinreichend begegnet (vgl.<br />
BGHZ 148, 1, 7).<br />
Anmerkung<br />
Mit seiner Grundsatzentscheidung vom 25.11.2002 hat <strong>de</strong>r<br />
Anwaltssenat <strong>de</strong>s BGH endlich für Rechtsklarheit gesorgt.<br />
Die Frage, ob es <strong>de</strong>m Vorstand einer RAK rechtlich möglich<br />
ist, festgestellten Verstößen gegen Bestimmungen <strong>de</strong>s Berufsrechts<br />
mit einer Unterlassungsverfügung zu begegnen, ist<br />
bisher äußerst umstritten gewesen. Die Mehrheit <strong>de</strong>r RAKn<br />
hat aufgrund rechtlicher Be<strong>de</strong>nken grundsätzlich auf Unterlassungsverfügungen<br />
verzichtet. Von einigen Kammervor-