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Mehrsprachigkeitskonzept – Tertiärsprachen – Deutsch nach Englisch

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dem Lernen der ersten (L2) und der zweiten Fremdsprache (L3) geschieht. Alle<br />

Erwerbs- und Lernstadien werden gesteuert durch die prinzipielle Spracherwerbs- und<br />

Lernfähigkeit des Individuums und die verschiedenen Lernumwelten, die für den<br />

qualitativen und quantitativen Input verantwortlich sind. Mit Beginn des Lernens der<br />

L2 (z.B. in der ersten, dritten oder fünften Schulklasse) verfügt das Kind bereits über<br />

einige Lebenserfahrung, über kognitive Faktoren wie u.a. Bewusstsein, das Wissen um<br />

den eigenen Lerntyp, Lernerfahrung und emotionale Faktoren wie Motivation oder<br />

Lern-/Sprechangst (vgl. Hufeisen 2001b). In diesem Stadium wird die Basis für die<br />

grundsätzliche Mehrsprachigkeit eines Menschen gelegt. Wenn nun das Kind damit<br />

beginnt, eine weitere Fremdsprache zu lernen, ist es in Sachen Fremdsprachenlernen<br />

kein unbeschriebenes Blatt mehr: Es hat bereits Erfahrungen mit dem Lernen von<br />

Fremdsprachen gemacht, es kennt das Gefühl, noch nicht alles zu verstehen, weiß u.a.,<br />

dass es zu Sprachmischungen kommen kann, dass und vielleicht auch wie man<br />

Vokabeln lernt (also kennt den eigenen Lerntyp), erkennt, dass man beim Lernen,<br />

Verstehen und Produzieren aktiv auf die vorher gelernte Fremdsprache zurück greifen<br />

kann. Es hat möglicherweise ganz spezifische Fremdsprachenlernstrategien entwickelt,<br />

die es beim Beginn des L2-Lernens noch nicht hatte.<br />

Diesen qualitativen Unterschied nun macht sich die <strong>Tertiärsprachen</strong>didaktik zu Nutze<br />

und bezieht explizit die kognitiven und emotionalen Vorerfahrungen der Lernenden im<br />

L3-Unterricht mit ein. Wenn die zu lernenden Sprachen sich sehr ähnlich sind, kann<br />

dieser Rückgriff sich auch stark auf sprachliche Aspekte beziehen; sind sie eher<br />

unterschiedlich, so kommen vielmehr lernstrategische und kognitive Faktoren zum<br />

Tragen. Gerade bei diesem Fall ist es auch nicht zwingend notwendig, dass die<br />

Lehrkräfte perfekte L2-Sprechende sind. Sie aktivieren nicht in erster Linie die<br />

Sprachen selbst, sondern das Lernpotenzial, das beim Lernen dieser vorherigen<br />

Sprachen angelegt wurde. So werden Vorerfahrungen nicht länger ignoriert bzw. liegen<br />

brach, sondern ermöglichen es, dass der L3-FSU auf einer höheren Stufe beginnen, die<br />

Progression steiler angelegt sein und die Inhalte anspruchsvoller sein können.<br />

Sie ist eine Vorstufe für ein Gesamtsprachencurriculum (oder auch: eine integrierte<br />

Sprachendidaktik), das die individuelle Mehrsprachigkeit des Menschen ernst nimmt.<br />

Viele der Beispiele in diesem Band beziehen sich auf <strong>Englisch</strong> als L2 und <strong>Deutsch</strong> als<br />

L3. Diese Sprachenkonstellation ist nur eine mögliche unter vielen, allerdings ist sie<br />

eine ganz typische lebensweltliche. Inzwischen nehmen wir allerdings an, dass sie<br />

möglicherweise nicht die ideale ist (vgl. auch Krumm in diesem Band und Krumm<br />

2002, 75): Da <strong>Englisch</strong> als Lingua Franca scheinbar alle Kommunikationsbedürfnisse<br />

erfüllt, schwindet oft die Motivation, <strong>nach</strong> <strong>Englisch</strong> als L2 noch weitere (eine)<br />

Fremdsprache(n) zu lernen. Wer hingegen als L2 <strong>Deutsch</strong>, Französisch, Spanisch oder<br />

eine andere Sprache lernt, hat in der Regel immer noch genügend Interesse und<br />

Motivation, <strong>Englisch</strong> als L3 (oder gar als L4 oder L5) zu lernen. Hier muss noch mehr<br />

Forschung zu emotionalen Faktoren wie Motivation betrieben und möglicherweise<br />

sinnvollere bildungspolitische Entscheidungen zur Sprachenfolge getroffen werden.<br />

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