Mehrsprachigkeitskonzept – Tertiärsprachen – Deutsch nach Englisch
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4. Sprachenpolitik und Mehrsprachigkeit<br />
Hans-Jürgen Krumm<br />
In vielen Modellen und Konzepten zum Lernen von Sprachen spielt der Faktor<br />
„Lernumgebung“ eine wichtige Rolle, allerdings vielfach als ein relativ abstrakter und<br />
steriler Begriff. Aus der Perspektive der Sprachenpolitik ist Mehrsprachigkeit keine<br />
primär im Kopf, in mentalen Prozessen angesiedelte Angelegenheit, sie betrifft<br />
Menschen mit reichen, oftmals widersprüchlichen (Sprach- und Lern-) Biographien als<br />
konstitutives Element. Im folgenden Beitrag geht es darum, die sprachenpolitischen<br />
Implikationen und Konsequenzen von Mehrsprachigkeit für die Gestaltung von<br />
Sprachlernprozessen und Sprachlehrwelten herauszuarbeiten.<br />
1 Das Europäische Jahr der Sprachen 2001 <strong>–</strong> widersprüchliche<br />
Befunde in Sachen Mehrsprachigkeit<br />
Das Europäische Jahr der Sprachen 2001 macht grundlegende Widersprüche europäischer<br />
Sprachenpolitik deutlich:<br />
Der Europarat, eine politische Gründung <strong>nach</strong> den Weltkriegen, thematisiert Sprachenfragen<br />
seit vielen Jahren mit dem Ziel, Mehrsprachigkeit als friedenssicherndes, die<br />
Demokratieentwicklung stabilisierendes Projekt zu entwickeln.<br />
Die Europäische Union, aus einer Wirtschaftsgemeinschaft hervorgegangen, hat die<br />
Mehrsprachigkeit im Zuge der Internationalisierung, der Notwendigkeit beruflicher und<br />
wirtschaftlicher Mobilität (wieder)entdeckt, besonders deutlich formuliert im<br />
Weißbuch „Auf dem Wege zur kognitiven Gesellschaft“ (Europäische Kommission<br />
1995).<br />
Im Jahr der Sprachen haben sich beide Institutionen und Argumentationsstränge<br />
verbunden. Realität ist Mehrsprachigkeit in Europa jedoch noch lange nicht. Eine<br />
Übersicht darüber, wie viele Fremdsprachen ein Schüler durchschnittlich lernt, zeigt<br />
nur für Luxemburg einen Durchschnitt von 2,9 Sprachen, für Finnland 2,4, für<br />
Dänemark und Belgien 1,9. Im Vergleich zu anderen Ländern ergibt das im europäischen<br />
Vergleich für <strong>Deutsch</strong>land mit 1,2 Sprachen pro Schüler <strong>–</strong> in Österreich sind<br />
es mit 1,36 Sprachen pro Schüler geringfügig mehr <strong>–</strong> eine Schlusslichtposition und<br />
insgesamt eine eher negative Bilanz (die Berechnungen sind der Süddeutschen Zeitung<br />
Nr. 36 vom 13.02.2001, S. V, 15-16, entnommen).<br />
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