FH D - Frank Kameier - Fachhochschule Düsseldorf
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Die Auftragung der Schubspannung τ über dem Schergefälle γ& oder D nennt man „Fließkurve“<br />
einer Substanz. Hängt die dynamische Viskosität (im folgenden vereinfacht „Viskosität“ genannt)<br />
eines Fluids nur von Temperatur und Druck ab, so spricht man von einem „newtonschen“ Fluid.<br />
Hierzu zählen alle Gase sowie niedermolekulare, einphasige Flüssigkeiten wie Wasser,<br />
Mineralöle, organische Lösungsmittel und viele mehr. Die Fließkurve einer newtonschen<br />
Substanz stellt eine Gerade durch den Ursprung dar mit der Geradengleichung (Umkehrung von<br />
Gl. 3):<br />
dc<br />
τ = η ⋅ γ&<br />
= η ⋅<br />
(4)<br />
dy<br />
Bild 2<br />
Bei höhermolekularen Stoffe sowie mehrphasigen Systemen ist die Viskosität oft zusätzlich von<br />
der Beanspruchung abhängig. So sind z.B. Farben und Lacke bei der Verarbeitung mit Pinsel<br />
oder Sprühgerät dünnflüssiger als im bereits aufgetragenen (aber noch nicht getrockneten)<br />
Zustand. Flüssigkeiten, deren Viskosität vom Schergefälle bzw. von der Scherzeit abhängen,<br />
werden „nicht-newtonsche Flüssigkeiten“ genannt. Hierzu zählen auch Stoffe, deren<br />
Eigenschaften sowohl Festkörper- wie auch Flüssigkeitsmerkmale aufweisen (die sogenannten<br />
viskoelastischen Flüssigkeiten). Bei nicht-newtonschen Substanzen ist die Fließkurve keine<br />
Gerade durch den Ursprung (gemäß Gl. 4). Ihre Fließkurven sind mehr oder weniger stark<br />
gekrümmt oder weisen einen Ordinatenabschnitt auf (Bild 2). Solche Fließanomalien hängen<br />
ausschließlich mit der Struktur der betreffenden Flüssigkeit zusammen.<br />
Ein sogenanntes „Bingham-Medium“ verhält sich unterhalb einer Mindestschubspannung τo (Bild<br />
2) wie ein Festkörper, d.h. elastisch. Beim Überschreiten dieser „Fließgrenze“ setzt Fließen ein;<br />
das Medium verhält sich bei höheren Schubspannungen wie eine newtonsche Flüssigkeit.<br />
Klassische Beispiele für solche Substanzen sind Zahnpasta oder Fette. Drückt man Zahnpasta<br />
aus der Tube heraus, wird die Fließgrenze nur an der Wand der Tubenöffnung überschritten, der<br />
Rest bleibt starr und gleitet auf dem dünnen, fließenden äußeren Film nach außen ab. Wird die<br />
Belastung abgebrochen, kommt auch das Fließen augenblicklich zum Stillstand.<br />
Bei „strukturviskosen“ Flüssigkeiten nimmt die Schubspannung mit steigendem Schergefälle nur<br />
unterproportional zu. Dies bedeutet andererseits, dass die (scheinbare) Viskosität einer solchen<br />
Flüssigkeit mit steigendem Schergefälle sinkt (Bild 3). Ein solches Verhalten zeigen z.B. viele<br />
Malerfarben: während der Pinselbewegung (Schergefälle!) ist das Material dünnflüssig und lässt<br />
sich leicht verarbeiten, hört die Bewegung auf, haftet die Farbe an der Oberfläche und läuft nicht<br />
ab. Ein anderes Beispiel ist Haargel, das beim Auftragen (Verreiben) dünnflüssig sein, aber im<br />
<strong>Kameier</strong>/Müller 3<br />
© <strong>FH</strong> <strong>Düsseldorf</strong> 2005