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Thema Bildungsstandards für die Bildnerische Erziehung - Mozarteum

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2.1. Zur Durchdringung der Ambiguität mittels des „schrägen Blicks“<br />

„Sicher is', daß nix sicher is, drum bin i' vorsichtshalber mißtrauisch“<br />

Karl Valentin (Wöhrle 2008, S. 84, Orthogr. lt. Orig.).<br />

Der „Spaßmacher“ Karl Valentin 4 , den der „heilige Narr“ 5 Christoph Schlingensief 6<br />

„eine sich selbst in frage stellende zeitunterbrechung“ nennt, „reagiert“ in dessen<br />

Worten „[...] immunologisch. Nur der gestörte organismus funktioniert optimal. Und nur<br />

dann, wenn er <strong>die</strong> störung erlebt, und nicht, wenn er sie erzwingt“ (Schlingensief 2002,<br />

S. 36 f., Orthogr. lt. Orig.). Nicht bloß seit Schlingensief, mit Adorno hat <strong>die</strong> Dialektik<br />

„[...] das herrschende Allgemeine und seine Proportionen als krank [...] erkannt [...]“<br />

(Adorno 2003, S. 81), und wenn dem so ist, dann kann „[...] Zelle der Genesung einzig<br />

[sein], was nach dem Maß jener Ordnung selber als krank [...] – ja als 'verrückt' sich<br />

darstellt [...]“; gerade nicht: im Irrtum zu verharren, sondern „der Herrschaft <strong>die</strong><br />

Wahrheit sagen“, das ist immer schon Vorrecht der „Narren“ (vgl. ebd.).<br />

Valentin setzt sein „[...] Außenseitertum [...] in vertrackte Dialektik um [...], in wind-<br />

schiefes Gespräch“ (Mayer 1996, S. 124). Keiner stilistischen Form der künstlerisch-<br />

genialen „Wortzerklauberei“, <strong>die</strong> sich nur an ihrem eigenen Maßstab misst, aber einer<br />

ähnlich argwöhnischen Betrachtungsweise kann sich pädagogische Hermeneutik<br />

annähern, <strong>die</strong> innerhalb ihrer Disziplin kritische Analyse betreiben will: „Aus spitzem<br />

Winkel schaut er auf <strong>die</strong> Welt [...]“ (Koll 2002, S. 11), vergleichbar jener „Kunst“, <strong>die</strong><br />

<strong>für</strong> Lübbe darin besteht, mittels des „obliquen Blicks“ nicht <strong>die</strong> Dinge, sondern <strong>die</strong><br />

Bedingungen zu treffen, von denen unsere Sichtweise und daher deren Erscheinung<br />

abhängt (Lübbe 1978, S. 136). Freilich, bei Lübbe ist es der schräge, „transzendental“<br />

fragende Blick „philosophierender Historiker“ (ebd.), 7 doch ist nicht auch Valentin<br />

fotografischer Chronist seiner Zeit (vgl. Koll 2002, S. 71 ff.)?<br />

4 Eigentl. Valentin Ludwig Fey (1882-1948), dt. Humorist und Spezialist der Demontage der Wirklichkeit<br />

(vgl. Dimpfl 2007, Klappentext).<br />

5 Hinter solch vermeintlich belustigt toleranter Reverenz verbergen sich bisweilen Diskreditierung<br />

(vgl. zu Valentin: Koll 2002, S. 11) und Missachtung (vgl. zu Schlingensief: Dietz/Dürr 1997, S. 12;<br />

Höbel 2008) – bzw. <strong>die</strong> Unversöhnlichkeit einander grundlegend entgegengesetzter Prinzipien (vgl.<br />

Wittgenstein 1989, S. 243/ÜG § 611).<br />

6 Film- und Theaterregisseur, *1960 in Oberhausen (BRD), aufgewachsen in einem „extrem kleinbürgerlichen<br />

Elternhaus“ (Munzinger Online 2010), Provokateur der in <strong>die</strong> Tat umgesetzten Wortklauberei<br />

(vgl. Bergmann/Koll 2002, S. 135).<br />

7 Auch <strong>für</strong> Marcuse gehört „[...] eine solche 'transzenden<strong>die</strong>rende' Analyse [...] wesentlich zur Struktur<br />

von Gesellschaftstheorie“, indem sie es vermag, „[...] das etablierte [...] Sprechen und Handeln in<br />

Richtung auf seine geschichtlichen Alternativen [...]“ zu überholen (Marcuse 1967, S. 13).<br />

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