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Thema Bildungsstandards für die Bildnerische Erziehung - Mozarteum

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lernzielorientierten Unterrichts der siebziger Jahre“ (Jürgens 2005, S. 27). Welche sind<br />

sonstige bildungsbezogene Chiffren unserer Zeit? Es ist jenes Wortmaterial, das nach<br />

Dollinger, Hörmann & Raithel um „[...] Management, Organisationsentwicklung [...],<br />

Marketing, [...] Humankapital [...]“ kreist (Dollinger/Hörmann/Raithel 2009, S. 202).<br />

3.2.3. Von der Erträglichkeit kognitiver Dissonanzen<br />

Die Lesart geschichtlicher Umwälzungen als „[...] Abfolge von Öffnungen und<br />

Schließungen [...] der [Selbstverständigungs-]Horizonte [...]“ (Steffens 2007, S. 292)<br />

lässt sich mit Steffens auf Habermas' Charakterisierung der „Modernisierungsdynamik“<br />

(Habermas 1998, S. 812) zurückverfolgen: Ein „[...] Liberalisierungsschub [...] [könne]<br />

sozialpathologisch entgleisen, [...] in Entfremdung und Anomie stecken bleiben [...]“<br />

(ebd.). Steffens appelliert daher eindringlich an „<strong>die</strong> epochale Aufgabe von Politik und<br />

Bildung“, ein in der Konsequenz unabwendbares Kollektivgefühl „[...] kognitive[r]<br />

Dissonanzen [...] nicht in gewaltförmige Austragungen umschlagen zu lassen“ (Steffens<br />

2007, S. 292) – ohne genauer anzugeben, in welcher Gestalt er sich etwaige<br />

Auseinandersetzungen vorstellt: Unruhen in den Banlieues, Straßenschlachten, oder<br />

Schlimmeres? Selbst wenn solche Szenarien <strong>für</strong> soziale Brennpunkte (Pariser<br />

Vorstadtgebiete oder Athener Problemviertel beispielsweise) keine Fiktion mehr sind,<br />

sondern spätestens seit dem Tod des 15-jährigen griechischen Schülers Alexandros<br />

Grigoropoulos durch Schusswaffengebrauch der Polizei am 6. Dezember 2008 (vgl.<br />

o.V.: Griechenland: Krawalle nach Todesschüssen auf 15-Jährigen, in: DiePresse.com v.<br />

7.12.2008) bittere Realität, klingt Steffens Mahnung insgesamt ein wenig nach<br />

Übertreibung; solange ausgeblendet wird, dass etliche viel subtilere Formen als rohe<br />

Brachialgewalt viel alltäglicher sind. Nicht Hysterie, sondern klare Ratio gibt Petrella 32<br />

als Beweggrund seiner ganz ähnlichen Einschätzung an: „Nüchtern gesehen werden <strong>die</strong><br />

Bildungssysteme Quellen der Gewalt gegenüber den weniger Ausgebildeten sein [...]“<br />

(Petrella/Prausmüller 2004 S. 118, Hervorheb. d. Verf.). Steffens Eindruck, „[...] dass<br />

sich solche Dissonanzen von Wirklichkeitswahrnehmungen und -behauptungen heute<br />

häufen“ (Steffens 2006, S. 291) gewinnt an Substanz und erhält Rückhalt durch Zülch,<br />

der eine Art agent provocateur – in den <strong>Bildungsstandards</strong> wähnt, denn sie „[v]erleiten<br />

[...] womöglich zu einer 'systemischen Doppelbindung' – z. B. nach dem Motto 'du<br />

sollst tun, was du <strong>für</strong> richtig hältst' – 'du musst tun, was ich dir vorschreibe'“ (Zülch<br />

32 Riccardo Petrella, *1941 in Spezia, Italien; Politikwissenschaftler, Soziologe, Gründer und ehemaliger<br />

Präsident der „Gruppe von Lissabon“. 1981-1994 Direktor des „Forecasting and Assessment in<br />

Science and Technology“(FAST)-Programms der Europäischen Kommission.<br />

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