Thema Bildungsstandards für die Bildnerische Erziehung - Mozarteum
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hält sie allerdings <strong>für</strong> „[...] so suggestiv [...], dass Hörer und Leser von der Zauber-<br />
formel unmittelbar auf <strong>die</strong> Praxis schließen“ würden und geneigt wären, Bildungs-<br />
standards <strong>für</strong> <strong>die</strong> „Lebensretter“ des Bildungssystems zu halten (Oelkers 2004a, S. 1<br />
und 18). Haider et al. wiederum setzen auf <strong>die</strong> Erweckung der „[...] interne[n]<br />
'Selbstheilungskräfte' [...]“ durch „Systemisches Qualitätsmanagement“ (Haider et al.<br />
2003, S. 44), und laut Hauer & Stock wären „fachspezifische Arbeitsgruppen“ auf dem<br />
besten Wege, ins „Standard-Nirvana“ abzugleiten (Hauer/Stock 2006, S. 43, Hervor-<br />
heb. entf.).<br />
Die Erkenntnis der Jargonhaftigkeit des philosophischen, ergo auch des pädagogischen<br />
Diskurses ist nicht neu (vgl. Oelkers 2004a, S. 2), gewinnt aber durch <strong>die</strong> derzeitige<br />
Zuspitzung an Brisanz. Adorno meinte, Jargonworte klängen stets so, als würden sie<br />
etwas Höheres besagen, ihre „Sakralisierung“ hinterließe sie nicht weniger gehaltlos,<br />
verleihe ihnen jedoch eine bestimmte Art von „magischer Aura“, <strong>die</strong> den erwünschten<br />
Effekt zu garantieren habe (vgl. Adorno 1998a, S. 419). Umso mehr liefen <strong>die</strong> Titel-<br />
worte „<strong>Bildungsstandards</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Bildnerische</strong> <strong>Erziehung</strong>“, <strong>für</strong> sich allein stehend der<br />
Arbeit vorangestellt, Gefahr, sich in Jargon zu verselbständigen, mit den Worten<br />
Adornos: „[...] durch <strong>die</strong> Konstellation, <strong>die</strong> sie verleugnen, durch <strong>die</strong> Gebärde der<br />
Einzigkeit jedes einzelnen davon“ (ders. a.a.O., S. 417).<br />
2.6. <strong>Bildungsstandards</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Bildnerische</strong> <strong>Erziehung</strong>, eine<br />
widersprüchliche Liaison<br />
Übervorsicht in Bezug auf „<strong>Bildungsstandards</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Bildnerische</strong> <strong>Erziehung</strong>“, <strong>die</strong><br />
ganz in der Frage (und der eigenen Hybris) aufginge, ob <strong>die</strong>se Zeile nun auf dem Deck-<br />
blatt einer Bakkalaureats-Arbeit stehen solle oder nicht, wäre nichts als lächerlich; ob<br />
sie aber eine entsprechende Lehrplanänderung einleiten sollte, ganz im Gegenteil. Ihre<br />
Treffsicherheit liegt in der ihr inhärenten Unschärfe: <strong>Bildungsstandards</strong> ziehen das<br />
Paradoxe an, wie <strong>die</strong>jenigen, <strong>die</strong> dagegen anrennen 21 und sich in einem politisch-<br />
ethischen Vakuum wiederfinden, das <strong>die</strong> in regelmäßigen Intervallen ausgesandten<br />
Kassandra-Rufe umgehend schluckt. Euler etwa nennt lediglich das „Kompositum<br />
21 Mit „Anrennen gegen das Paradox“ hat Kierkegaard, wie Wittgensteins Gesprächen mit dem „Wiener<br />
Kreis“ aus 1929 zu entnehmen ist, den menschlichen „Trieb, gegen <strong>die</strong> Grenzen der Sprache anzurennen“,<br />
der in der Ethik endet, gemeint (Waismann 1967, S. 68 f.). Bevor also jede Kritik mit dem<br />
Hinweis „<strong>Bildungsstandards</strong>: [...] Ethisch unausweichlich“ (Billmayer 2009a, S. 3) im Ansatz<br />
niedergebügelt und letztlich in ein unmoralisches Eck gedrängt wird, ist klar zu stellen, dass <strong>die</strong>ses<br />
Wort weit mehr transportiert als nur <strong>die</strong> (gar nicht neue) Verpflichtung zur Sicherung eines gewissen<br />
Qualitätslevels schulisch vermittelter Bildung.<br />
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