MENDELSSOHN - Bis
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gutem Grund stattete die Messestadt, die eine der bedeutendsten Buchmessen be -<br />
her bergte, dem Gründungsvater der „schwarzen Kunst“ seit Jahrhunderten zünf -<br />
tigen Dank ab. Und da war der Beste gerade gut genug: Mendelssohn, zu jener<br />
Zeit der wohl berühm teste lebende Komponist Mitteleuropas.<br />
In seinem zentralen Beitrag zu dem mehrtägigen Gutenbergfest (in dessen<br />
Rah men u.a. auch Albert Lortzings Oper Hans Sachs uraufgeführt wurde) würde<br />
er Guten bergs Leistung als Sieg des Lichts über die Finsternis präsentieren, das<br />
war Mendelssohn alsbald klar. Die beliebte Licht- und Erweckungsmetaphorik<br />
knüpft an Werke wie das Oratorium Paulus (1835) an, in dem der Auftrag „Mache<br />
dich auf, werde Licht“ eine entscheidende Rolle spielt. Zudem war die religiöse<br />
Indienst nahme Gutenbergs durchaus geläufig, hatte doch das Gotteswort mittels<br />
der Luther schen Bibelübersetzung und ihrer drucktechnischen Industrialisierung<br />
(die ebenso Erfindung wie hocheffiziente Synthese verschiedenster Vorleistungen<br />
war) erst jene Ver breitung gefunden, die es zu einem allgemeinen, der Deutungs -<br />
hoheit weniger Ein geweihter entrissenen Besitz hatte werden lassen. „Die hohen<br />
Wohl taten der Buch druckerei“, schrieb Luther, „sind mit Worten nicht auszu -<br />
sprechen. Durch sie wird die Heilige Schrift in allen Zungen und Sprachen eröff -<br />
net und ausgebreitet, durch sie werden alle Künste und Wissenschaften erhalten,<br />
ge mehrt und auf unsere Nachkommen fortgepflanzt.“ Die eher weltlichen As -<br />
pekte des Buch drucks – Alphabeti sierung, Literarisierung und Aufklärung – hat<br />
Men dels sohn dagegen ausgespart, ebenso wie die Themen „Buchdruck“ und<br />
„Guten berg“ selber (was das Auftragswerk nicht zu letzt über den Tag hinaus auf -<br />
führbar machte – anders etwa als die ausgesprochen anlassverbundene Dürer-<br />
Kantate aus dem Jahr 1828).<br />
Dass Mendelssohn sich solche inhaltliche Freiheit leisten konnte, lag nicht zu -<br />
letzt daran, dass er die expliziten Jubiläumsthemen anderweitig bedient hatte –<br />
mit einem am Morgen des 24. Juni 1840 unter freiem Himmel aufgeführten Fest -<br />
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