Augsburg

23./24. März 2013 / Nr. 12 LEBEN AUS DEM GLAUBEN
Jahr des Glaubens
Kurzkatechese von Bischof em. Joachim Reinelt, Dresden-Meißen
24. Ich glaube, dass Jesus gelitten hat
unter Pontius Pilatus
Im „Jahr des Glaubens“
hat Papst Benedikt XVI.
die Bischöfe in aller
Welt aufgerufen,
Katechesen zu den
wesentlichen Inhalten
unseres Glaubens zu
geben. Wir haben
Bischöfe aus dem
gesamten deutschen
Sprachraum eingeladen,
unseren Lesern ein
Bekenntnis ihres
Glaubens zu schenken.
Fotos: Fotolia, KNA
Die Leidensgeschichte Jesu ist die Erfüllung seiner
Menschwerdung.
Der römische Mächtige, Pontius Pilatus, weiß
nicht, wer vor ihm steht. Ausgerechnet in der Stunde
tiefster Erniedrigung bekennt der Herr vor dem
Statthalter: „Ja, ich bin eine König!“ Aber sein
Reich ist nicht von dieser Welt. Seine Welt ist nicht
Macht über andere, sondern seine Welt ist Einssein
mit den Stummen, den Blinden, den Tauben, den
Verzweifelten, den Sündern. Dazu hat ihn der Vater
gesandt.
Vor Pilatus und den Anklägern steht er
da als der Gescheiterte. In Wirklichkeit
aber ist er der König des neuen Äons.
Aus Dunkel wird Licht.
In seinem Reich jubeln die Stummen,
sehen die Blinden, verstehen die
Tauben, wird aus Verzweiflung heile
Freude, werden Sünder zu Heiligen.
„Ja, ich bin ein König.“
Mit seiner unermesslichen Liebe
zieht er uns hinein in seine neue,
ganz andere Welt. Treffe ich nun
auf einen Leidenden, begegne
ich Ihm, der alles Leid
auf sich genommen hat.
Stehe ich vor einem
Sünder, wird mir bewusst,
dass Christus
in ihm gerade
um seine Heiligkeit
kämpft. Erlebe ich
einen Ruhelosen,
weiß ich, dass der
Herr eben jetzt
seinen Frieden
in dessen Seele
gießen will.
Schmerzt mich
ein Entwurzel-
ter, bin ich mir sicher, dass Christus versucht, ihm
Fundament des Daseins zu werden.
Ich glaube also, dass Jesus nicht allein vor Pilatus
an jenem ersten Karfreitag Leidtragender war,
sondern in seiner göttlich-menschlichen Größe in
jedem Schmerztragenden anwesend ist, um sein
Königtum erfahrbar zu machen, vor allem für alle
die, die ehrlich gestehen, dass sie mit ihrer eigenen
Kunst am Ende sind. Da beginnt seine neue Welt,
die ganz andere als die Welt des Pilatus.
Deshalb ist Leid für den Glaubenden viel mehr
als eine Katastrophe. Es ist viel mehr die Tür
zu Ihm und seinem Reich.
So wird der Blick auf die Menschheitsgeschichte
mit viel Leid und die
Frage nach dem Sinn des Schmerzes jedes
Einzelnen in einem neuen Licht erscheinen.
Gott entzieht sich nicht in unseren
Dunkelheiten, sondern ist uns beim Tragen
des Kreuzes am nächsten.
Fliehen wir nicht vor dem eigenen oder
dem fremden Kreuz. Simon von Cyrene sein
ist unsere Berufung.
Joachim Reinelt,
emeritierter Bischof
von Dresden-Meißen
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