Digitale Mehrwerte
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tobahnraser. Sie könnten künftig automatisch per GPS geortet und Geldbußen<br />
beinahe in Echtzeit versandt werden. Verkehrskontrollen werden überflüssig,<br />
Geld gespart und die Verwaltung entschlackt. Wie Hans-Joachim Otto, parlamentarischer<br />
Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, zu Recht feststellt,<br />
sind “Daten die Rohstoffe unserer Zeit, sie müssen nutzbar, smart, und verfügbar<br />
gemacht werden”. Die Spielregeln dabei sind aber noch zu konkretisieren.<br />
Das anachronistische bestehende Recht hemmt beispielshalber viele Unternehmen,<br />
das Potenzial von intelligenten Daten auszuschöpfen, zu groß ist die<br />
Rechtsunsicherheit. Gesetze aber können mit der dynamischen Entwicklung<br />
der Technik und der Wirtschaft schlicht nicht mehr mithalten. Eine tragfähige<br />
Lösung steht aus.<br />
Dabei ist die Politik durchaus auch aus eigenen Belangen an einer Regulierung<br />
der Datenflut interessiert. Zum einen entlastet sie sich durch Automatisierung<br />
von Verwaltung oder algorithmische Regulierung selbst und kann, wie<br />
mit der beschriebenen Verkehrsfahndung, mehr Probleme lösen. Politik wird<br />
dabei jedoch schnell auf bloße Lösungen reduziert. Der ihr bis dato inhärente<br />
Wesenszug des Diskurses verschwindet. Zum anderen sind Algorithmen<br />
nicht das Ergebnis eines demokratischen Verhandlungsprozesses. Eher noch<br />
werden sie von wenigen festgelegt und ohne Diskussion implementiert. Politik<br />
bzw. Regierung muss also in der heutigen datengesteuerten Welt dieses<br />
Handwerkszeug selbst für sich vereinnahmen oder es tut jemand anderes und<br />
verwendet es im schlimmsten Fall gegen das Interesse der Gesellschaft, das<br />
die Politik zu schützen hat.<br />
Politik hat also primär die Aufgabe, dem Gebrauch von Smart Data einen<br />
Rahmen zu geben, da sie im Interesse der Bürger handelt und den gesellschaftlichen<br />
Kontext nicht außer Acht lassen kann. Das Problem, das bei Bürgern<br />
unter anderem entsteht, ist die Tatsache, dass der automatische Zugriff<br />
auf scheinbar persönliche Daten die Entscheidungsfreiheit aller am Prozess<br />
Beteiligten untergräbt. Dieser Tatsache ist aus politischer Sicht Rechnung zu<br />
tragen. Wann hat jeder einzelne das Gefühl zu viele Informationen preiszugeben?<br />
Wie viel Transparenz der eigenen Person ist gewünscht, verträglich und<br />
förderlich? Wird die ungewohnte Intensität an Transparenz ab einem gewissen<br />
Punkt zu Verunsicherung führen? Ist ein Gegentrend der Abschottung möglich?<br />
Biedermeier 2.0. sozusagen. Das alles sind Fragen, die es zu berücksichtigen<br />
gilt.<br />
Klar ist, dass Big Data den Alltag eines jeden Einzelnen verändert, in einer<br />
Dimension, die wir nur unschwer erahnen können. Die Frage ist wie seit jeher:<br />
Was macht die Menschheit daraus? Und wie zieht sie aus dieser Fähigkeit<br />
einen positiven Nutzen? Die künftige Weiterentwicklung der Datenmengen<br />
und deren Analyse kann nicht nur von Firmen getrieben und in Eigeninteresse<br />
gesteuert werden. Dazu ist Politik in ihrer demokratischen und regulierenden<br />
Funktion gefragt, sich einen Überblick zu verschaffen, Wissen und Kompetenzen<br />
zu zentrieren und informierte, nachhaltige Entscheidungen zu treffen, die<br />
dem technologischen Fortschritt einen Rahmen geben.<br />
Johanna Schwinghammer<br />
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