Das Erbe der Weltenspringer (Leseprobe 167 Seiten)
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erpressen lassen‹, sagte ich eindringlich, doch Stefan meinte, es wüsste ja<br />
niemand, wer <strong>der</strong> nackte Engel sei, außer ihm natürlich.<br />
›Der was?‹, fragte ich erstaunt. Stefan klärte mich darüber auf, dass es<br />
so in den Zeitungen gestanden hatte. Beson<strong>der</strong>s die Bild hatte die Sache<br />
auf ihre reißerische Art ausgeschlachtet. Ein Zeuge hatte gesagt, ein<br />
nackter Engel hätte den Verletzten in den Himmel geholt.<br />
Ja, das hatte ich ja selbst gehört, weil ich danebengestanden hatte.<br />
›Stefan‹, sagte ich eindringlich, ›du wirst doch mit niemandem darüber<br />
sprechen?‹<br />
›Frank, du beleidigst mich‹, sagte Stefan und es klang auch wirklich<br />
beleidigt. <strong>Das</strong> hätte ich nicht sagen sollen, aber es war so extrem wichtig<br />
für mich. Ich entschuldigte mich dafür und Stefan versicherte, dass er<br />
meine Vorsicht schon verstünde. Er nahm es mir nicht übel.<br />
›Kann ich dich mit einem kleinen Ausflug versöhnen?‹, fragte ich,<br />
wenngleich ich ihn sowieso gefragt hätte.<br />
›Ah, ich bin sehr beleidigt‹, stieg er sofort darauf ein. ›Da musst du dir<br />
jetzt aber was ganz Beson<strong>der</strong>es einfallen lassen, um mich wie<strong>der</strong> zu<br />
besänftigen.‹ Er lachte.<br />
›Haha‹, machte ich und sagte, ich hätte nur Beson<strong>der</strong>es auf Lager. Ich<br />
erzählte, dass ich vorhin erst in Australien auf dem Uluru war, was unter<br />
einem guten Stern gestanden hatte, denn es waren gerade keine Busse<br />
mit Touristen dort gewesen. Dann war ich noch ein bisschen im Outback<br />
spazieren gegangen. ›<strong>Das</strong> war so toll!‹, geriet ich ins Schwärmen. ›Eine<br />
menschenleere, unendliche Natur. Einfach grandios. Nur ein paar Schuhe<br />
hätte ich ab und an gebrauchen können.‹<br />
Stefan war neidisch und fragte, warum er das nicht könne.<br />
›Probier es doch mal aus‹, flunkerte ich. ›Vielleicht geht’s ja.‹<br />
›Du wirst’s nicht glauben‹, antwortete er, ›aber das hab ich längst.‹<br />
Wir lachten.<br />
Ich hakte nach und fragte, ob er nun Lust hätte, und er fragte, ob das<br />
eine Scherzfrage sei. Ich würde doch wohl nicht annehmen, dass er Nein<br />
sagen würde.<br />
›Dann komm ich jetzt einfach zu dir gesprungen‹, sagte ich.<br />
›Ja, kannst kommen‹, lud mich Stefan ein.<br />
Nahezu im selben Moment stand ich schon vor seiner Tür. Gedämpft<br />
hörte ich Stefan drinnen sprechen: ›Moment noch, es klingelt grad an <strong>der</strong><br />
Tür … Frank …? Frank …?‹<br />
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