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Fussball - Credit Suisse eMagazine - Deutschland

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FUSSBALL<br />

ohne Bodenberührung mit dem Fuss einander<br />

zuspielten. Dies war ein Vorläufer des<br />

seit den 1970er Jahren hierzulande praktizierten<br />

Footbag oder Hacky Sack. In Japan<br />

wird diese angeblich aus China eingeführte<br />

lockere Variante bereits Mitte des 7. Jahrhunderts<br />

als kemari (auch shûkiku) erwähnt.<br />

Zur Song-Zeit (960–1279) eroberte sich<br />

<strong>Fussball</strong> als beliebtes Freizeitvergnügen in<br />

Parks und Gärten, in Stadt und Land einen<br />

festen gesellschaftlichen Stellenwert. Es<br />

wurden lockere Zusammenschlüsse oder<br />

Vereine gegründet, die etwa Qiumenshe,<br />

«<strong>Fussball</strong>tor-Club» (FC), Qiyunshe, «Gesinnungseinigkeits-Club»<br />

(GC), oder Baidashe,<br />

«Weissschiessen-Club» (WC), hiessen. Die<br />

Freude, sich am Spiel zu ergötzen, trat nun<br />

in allen Bereichen des Lebens hervor, vom<br />

sublimen ästhetischen Spiel, dem künstlerischen<br />

Umgang mit Pinsel und Tusche in<br />

Schriftkunst und Malerei, über das Schauspiel,<br />

Theater und musikalische Spiel, das<br />

Gesellschafts- und Glücksspiel bis hin zum<br />

agonalen Feld, zu Polo und <strong>Fussball</strong>.<br />

Frauen und Mädchen nahmen schon immer<br />

aktiv am <strong>Fussball</strong>spiel teil. Dafür gibt es sowohl<br />

literarische als auch bildliche Dokumente.<br />

Den hohen Stellenwert des <strong>Fussball</strong>s<br />

in höfischen Kreisen dokumentiert ein reizvolles<br />

Bild mit dem Titel «Treffen zum Spiel<br />

auf dem <strong>Fussball</strong>platz». Es wird dem Maler<br />

Su Hanchen, tätig an der kaiserlichen Kunstakademie<br />

ca. 1120–1160, zugeschrieben<br />

(siehe kolorierte Umzeichnung auf Seite 19).<br />

Es handelt sich im Original um einen Rundfächer,<br />

der auf ein Albumblatt montiert wurde<br />

und sich im National Palace Museum in Taipeh<br />

befindet. Im rundlichen, untersetzten Dribbelkünstler<br />

rechts vorne glaubt man den für<br />

seine elegante Ballbehandlung hoch gelobten<br />

ersten Song-Kaiser Taizu (Zhao Kuangyin,<br />

Regierungszeit 960–976) zu erkennen.<br />

Die halbnomadischen Gründer der Jin-<br />

Dynastie (1115–1234) bewunderten die<br />

chinesische Zivilisation und Kultur, und dazu<br />

zählte offensichtlich auch das <strong>Fussball</strong>spiel,<br />

denn auf der Oberseite einer oktogonalen<br />

Keramik-Kopfstütze, die in der Stadt Xingtai,<br />

Provinz Hebei, ausgegraben wurde, sehen<br />

wir einen jungen Nachwuchskönner beim<br />

Training (siehe Abbildung oben). Er jongliert<br />

mit seinem rechten, unter dem bodenlangen<br />

Gewand weitgehend verborgenen Fuss einen<br />

aus sechseckigen Teilen zusammengenähten<br />

Ball. Unter dem Boden der Kopfstütze<br />

18 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Bulletin 2-04<br />

Oktogonale Kopfstütze der Jin-Dynastie (1115–1234). Unterglasurmalerei in dunkelbraunem<br />

Eisenoxyd auf weisser Engobe mit transparenter Glasur auf graubraunem Steinzeugscherben.<br />

Ausgegraben in der Stadt Xingtai, Provinz Hebei. Museum der Provinz Hebei, Shijiazhuang.<br />

steht auf einer quer rechteckigen Reliefkartusche:<br />

Zhang jia zao, «Hergestellt von der<br />

Familie Zhang». Die Kopfstütze aus Xingtai<br />

lässt sich einer Gruppe mit äusserst lebendigen<br />

Figurenszenen zuordnen, deren Entstehung<br />

auf die sieben Jahrzehnte zwischen<br />

1149 und 1219 eingegrenzt werden kann.<br />

Kopfstützen aus Keramik sollten nicht nur<br />

Kühle spenden, sondern auch zu schönen<br />

Träumen anregen und Wünsche in Erfüllung<br />

gehen lassen – den Traum von der grossen<br />

<strong>Fussball</strong>karriere?<br />

<strong>Fussball</strong>-Gott Gao am Kaiserhof<br />

Im volkstümlichen, angeblich am Ende der<br />

Yuan-Dynastie um 1330 entstandenen Roman<br />

«Die Räuber vom Liangshan-Moor» (Shuihu<br />

zhuan, wörtlich: «Die Geschichte vom Flussufer»)<br />

geht es um eine Gruppe von Rebellen<br />

aus Shandong. Im zweiten Kapitel spielt<br />

ein Jüngling aus der verarmten Familie Gao<br />

in der Östlichen Hauptstadt Bianliang<br />

(Kaifeng) eine schillernde Rolle. Er war ein<br />

talentierter <strong>Fussball</strong>er, bekannt als Gao Qiu,<br />

der «<strong>Fussball</strong>-Gao». Als er es zu lokalem<br />

Ansehen gebracht hatte, wandelte er seinen<br />

Profinamen in «Gao-<strong>Fussball</strong>gott» um. Zufällig<br />

wurde er Zeuge eines Spiels im Palast.<br />

Nachdem Prinz Duan vergeblich versucht<br />

hatte, einen hoch gespielten Ball zu stoppen,<br />

rollte dieser Gao Qiu vor die Füsse. Gekonnt<br />

schoss er ihn zum Prinzen zurück mit einem<br />

beidfüssigen Doppelpass aus der Drehung,<br />

der als «Mandarin-Erpel- und Enten-Twist»,<br />

Yuanyang guai, bekannt ist. Der verblüffte<br />

Prinz fragte, wer er sei, und Gao Qiu stellte<br />

sich als Bote des Marschalls Wang vor, der<br />

ein Schwager des Prinzen war. Prinz Duan<br />

lud Gao Qiu ein und sagte: «Dies ist die ‹Reguläre<br />

Wolkenliga›, und wir nennen uns ‹Eintracht<br />

Himmel–Erde›. Was ist schon dabei,<br />

wenn Ihr mitspielt!» Zögernd folgte Gao Qiu<br />

dem ehrenvollen Aufgebot. Unter dem Beifall<br />

des Prinzen gab er einige technische Tricks<br />

und Kicks zum Besten und zog schliesslich<br />

alle Register seines Könnens: Der Ball schien<br />

förmlich an seinem Leib zu kleben. Am nächsten<br />

Tag richtete der Prinz ein Bankett für<br />

Marschall Wang aus und bat diesen, den<br />

<strong>Fussball</strong>star für das Palastteam freizugeben.<br />

Der Transfer wurde ablösefrei vollzogen, und<br />

Gao Qiu stand fortan in den Diensten des<br />

Hofes. Nach zwei Monaten starb der Kaiser,<br />

und weil kein direkter Erbe da war, wurde<br />

Prinz Duan zum Thronfolger erklärt. Als Kaiser<br />

Huizong regierte er von 1100 bis 1126<br />

und freute sich an seinem «<strong>Fussball</strong>gott». ❙<br />

Hebei<br />

Provinz der Museum<br />

Aus «Am Ball – im Bild. Das andere <strong>Fussball</strong>buch»,<br />

Verlag Neue Zürcher Zeitung. Foto:

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