Fussball - Credit Suisse eMagazine - Deutschland
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LEADERS<br />
«Ich dachte nie ans Aufhören»<br />
Sir Frank Williams hat die Höhen und Tiefen in der Formel 1 hautnah erlebt. In 35 Jahren holte er mit<br />
seinem Team insgesamt neun Weltmeistertitel, erlitt aber auch manchen Rückschlag, darunter den Tod<br />
von Ayrton Senna. Doch der Rennsport-Fanatiker kämpfte sich jedes Mal zurück. Von Andreas Thomann<br />
Andreas Thomann Sie sind 1969 mit fünf<br />
Leuten ins Abenteuer Formel 1 gestartet.<br />
Heute ist BMW Williams ein Industriebetrieb<br />
mit 370 Beschäftigten und einem Budget<br />
von mehreren 100 Millionen Franken.<br />
Denken Sie manchmal mit Wehmut an die<br />
guten alten Zeiten zurück?<br />
Frank Williams Eigentlich nicht. Ich geniesse<br />
zu sehr die Gegenwart. Natürlich hatten<br />
wir Spass damals, doch es war auch knallharte<br />
Arbeit, wir mussten jeden Penny<br />
umdrehen und wir bezahlten eine Menge<br />
Lehrgeld, bis wir uns im Formel-1-Business<br />
zurechtfanden.<br />
In der heutigen Formel 1 haben immer weniger<br />
die Rennpioniere, sondern die Manager<br />
das Sagen. Ist die Zeit der leidenschaftlichen<br />
«Racer» vorüber? Möglicherweise. Trotzdem<br />
werden auch heute sämtliche Formel-1-<br />
Teams von Leuten geführt, die ihren Job<br />
mögen. Einige davon lieben ihn sogar. Die<br />
erste Gruppe, die Manager, erbringen<br />
nicht unbedingt eine schlechtere Leistung.<br />
Man kann leidenschaftlich sein und<br />
gleichzeitig viele Fehler machen. Oder man<br />
kann kaltblütig handeln und dabei sehr<br />
effizient sein. Sie können nicht die einen<br />
gegen die andern ausspielen.<br />
In welche Gruppe gehört Peter Sauber?<br />
Er ist definitiv ein Racer. Der Mann lebt zu<br />
hundert Prozent für den Automobilrennsport<br />
und er ist bereit, dafür fast alles<br />
zu opfern. In jeder Saison ringt er um sein<br />
Budget, doch er würde nie aufgeben.<br />
Ein redlicher Sportsmann, dem ich den<br />
grössten Respekt zolle.<br />
Dabei gibt es einen gewichtigen Unterschied<br />
zwischen Ihnen beiden: Sie sind eine<br />
Verbindung mit einem Automobilhersteller<br />
eingegangen, während Peter Sauber viel<br />
Wert auf seine Unabhängigkeit legt.<br />
72 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Bulletin 2-04<br />
Halt, halt. Williams ist genauso unabhängig<br />
wie Sauber. BMW ist unser Motorenlieferant,<br />
doch haben sie weder Aktien von uns,<br />
noch kontrollieren sie unser Management.<br />
Williams ist das Team: Wir heuern die Fahrer<br />
an, wir sammeln die Sponsoren-Gelder.<br />
BMW Williams ist die erfolgreiche Symbiose<br />
zwischen einem deutschen Motorenwerk<br />
und einem englischen Rennteam. Wie überbrücken<br />
Sie die kulturellen Gräben? Nun,<br />
wir peilen das gleiche Ziel an: Rennen<br />
zu gewinnen. Unser Weg dorthin ist nicht<br />
identisch, doch ziemlich ähnlich. Dafür<br />
sorgt die Technik: Die Gesetze der Physik<br />
und der Mechanik sind auf der ganzen<br />
Welt die gleichen. Unterschiede gibt es trotzdem:<br />
In England setzt sich ein Team aus<br />
Individuen zusammen, die getrieben sind<br />
durch ihre innere Motivation. In <strong>Deutschland</strong><br />
steht eher die Disziplin im Vordergrund.<br />
Deshalb ist ein deutsches Unternehmen<br />
auch etwas starrer aufgebaut als ein<br />
britisches.<br />
Haben Sie inzwischen Deutsch gelernt?<br />
Sagen wirs so: Ich gehe nicht verloren,<br />
wenn ich in <strong>Deutschland</strong> unterwegs bin. Ich<br />
hatte in der Schule zwei Jahre Deutschunterricht,<br />
doch war ich schon damals nicht<br />
besonders begabt.<br />
Neun Weltmeistertitel für das Team, sieben<br />
Fahrertitel: Das Palmarès von Williams ist<br />
eindrücklich. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?<br />
Wenn ich eins hätte, würden wir nicht seit<br />
1997 auf einen Weltmeistertitel warten.<br />
Das ist eine lange Zeit, und es bereitet mir<br />
etwas Sorgen. Trotz aller Erfolge haben<br />
wir es nie geschafft, konstant an der Spitze<br />
zu bleiben.<br />
Ihren Gegnern ging es nicht besser. Da<br />
haben Sie wohl Recht, doch spielt es für<br />
uns keine Rolle.<br />
Wo liegen denn die Gründe für diese Einbrüche?<br />
Meistens war es ein Wechsel des<br />
Partners. Nach dem WM-Titel von Jacques<br />
Villeneuve 1997 endete die sehr erfolgreiche<br />
Partnerschaft mit Renault. In den<br />
Ein Leben für die Formel 1<br />
Als sich Frank Williams 1969 mit einem gekauften Rennwagen, einem Piloten und drei<br />
Mechanikern ins Abenteuer Formel 1 stürzte, hätte er sich nie träumen lassen, dass er den<br />
Grundstein für eine der erfolgreichsten Rennsportkarrieren gelegt hatte. Den definitiven<br />
Durchbruch schaffte dabei ausgerechnet ein Schweizer: 1979 gewann Clay Regazzoni<br />
im Grand Prix von Grossbritannien das erste Formel-1-Rennen für Williams. Seither gilt<br />
Williams als eine der besten Adressen in der Formel 1. Alan Jones, Nigel Mansell, Keke<br />
Rosberg, Nelson Piquet, Alain Prost, Damon Hill, Jacques Villeneuve: Sie alle fuhren in einem<br />
Williams zu Weltmeisterehren. Das Schicksal meinte es aber nicht nur gut mit Sir Frank: Im<br />
Jahr 1986 erlitt er einen schweren Autounfall und ist seither an den Rollstuhl gefesselt. Acht<br />
Jahre später musste der Teamchef erleben, wie sein Rennfahrer Ayrton Senna in Imola tödlich<br />
verunglückte. Im Moment leidet der erfolgsverwöhnte Frank Williams unter der Ferrari-<br />
Dominanz: Sechs Saisons ohne Titel sind eine lange Durststrecke für den alten Patron. Das<br />
wissen auch die aktuellen Williams-Piloten Ralf Schumacher und Juan Pablo Montoya.<br />
Mehr unter www.bmw.williamsf1.com.<br />
Foto: Mark Thompson/SwissPress/Getty Images