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Fussball - Credit Suisse eMagazine - Deutschland

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Foto: Martin Stollenwerk<br />

Wie der Master zum Wein fand<br />

Die höchste Auszeichnung eines Weinkenners ist der «Master of Wine». Weltweit tragen lediglich<br />

245 Personen diesen ehrwürdigen Titel. Darunter gibt es nur einen Schweizer: Philipp Schwander.<br />

Er erzählt im Bulletin exklusiv, wie er zum Wein fand. Von Philipp Schwander, Master of Wine<br />

Mein Vater hatte die Angewohnheit, das Öffnen<br />

einer Weinflasche mit einer besonderen<br />

Akribie und einem beinahe religiösen Eifer<br />

zu zelebrieren. Schon als Kind war mir klar:<br />

Hier geschieht etwas Wichtiges, etwas von<br />

Bedeutung. Und natürlich wollte ich der<br />

geheimnisvollen Zeremonie meines Vaters<br />

irgendwann auf den Grund gehen.Kein Wunder<br />

also, dass mich meine erste Reise ohne<br />

Begleitung der Eltern ins Bordelais führte.<br />

Da ich noch keinen Führerschein hatte – ich<br />

zählte erst 16 Jährchen –, kaufte ich ein Inter-<br />

Rail-Bahnticket und machte mich gemeinsam<br />

mit einem Schulkameraden auf den Weg.<br />

Mit einer grossen Portion Neugierde im<br />

Rucksack erreichten wir bei brütender Hitze<br />

unsere erste Destination in der Bordeaux-<br />

Region: Pauillac war im Jahre 1981 noch ein<br />

verschlafenes Kaff, vom Tourismus praktisch<br />

unbehelligt. Überhaupt war vor Ort von der<br />

Bordeaux-Euphorie noch wenig zu spüren.<br />

Für uns völlig unverständlich. Wir gingen auf<br />

Der 39-jährige Philipp Schwander war<br />

zwölf Jahre lang für den Einkauf der Weinhandlung<br />

Martel in St. Gallen verantwortlich.<br />

Dann folgten vier Jahre als Geschäftsführer<br />

des Weinhauses Albert Reichmuth<br />

in Zürich. 2003 wagte er den Schritt<br />

in die Selbstständigkeit. Er gründete die<br />

Weinhandlung «Selection Schwander»,<br />

die auf noch unbekannte Weine mit attraktivem<br />

Preis-Leistungs-Verhältnis setzt<br />

(www.selection-schwander.ch). Daneben<br />

unterrichtet Philipp Schwander seit vielen<br />

Jahren an der österreichischen Weinakademie,<br />

berät zahlreiche Weinhandelsbetriebe<br />

und schreibt regelmässig für die<br />

«Neue Zürcher Zeitung» über Weinthemen.<br />

dem kiesigen Boden von Pauillac, atmeten<br />

voller Inbrunst den Duft der Trauben und der<br />

knorrigen Rebstöcke und wussten: Wir sind<br />

angekommen im gelobten Land!<br />

Meine erste Fassprobe<br />

Die erste Fassprobe meines Lebens fand bei<br />

der nicht weltberühmten Winzergenossenschaft<br />

«La Rose Pauillac» statt. Der Wein<br />

schmeckte seltsam und hatte einen penetranten<br />

Altfassgeschmack, was meinem Begleiter<br />

sofort auffiel. Trotzdem belehrte ich ihn<br />

altklug, dass junger Bordeaux eben so vom<br />

Fass schmecke. Das sei typisch. Weine vom<br />

Fass schmecken nie gut! Der skeptische<br />

Blick meines Begleiters sprach Bände. Aber<br />

meiner heiligen Überzeugung und meinem<br />

Pseudowissen etwas entgegenzusetzen,<br />

traute er sich nicht, da er wie ich keinen<br />

blassen Dunst vom Thema Wein hatte. Die<br />

Winzergenossenschaft St-Estèphe, deren<br />

Weine wir in einem einfachen Restaurant als<br />

Nächstes tranken, bot eine echte Steigerung.<br />

Der Wein war sehr sauer. Wieder musste ich<br />

meinen Begleiter belehren: Das müsse so<br />

sein. So sei Bordeaux, da müsse man eben<br />

durch, das sei nur etwas für wahre Kenner.<br />

Mein Kollege nickte geduldig und versuchte,<br />

mir zu glauben. Als Nächstes kauften wir ein<br />

Schöppli Cos d’Estournel 1973. Und hélas!<br />

Das schmeckte doch tatsächlich wie etwas,<br />

das auch Freude machen könnte. Der Wein<br />

war trotz des mässigen Jahres im Vergleich<br />

zu den vorherigen Trouvaillen erstaunlich<br />

trinkbar. Dieses Weingut mussten wir besuchen!<br />

Ein Entschluss, der eher ernüchternde<br />

als berauschende Folgen hatte: touristischer<br />

Empfang, martialische Musik, kleine, kurze<br />

Degustation und schnelle Verabschiedung.<br />

Trotzdem blieb der Wein in guter Erinnerung<br />

und war eine Verheissung für bessere Tage.<br />

LUST UND LASTER<br />

Am nächsten Morgen machten wir uns auf<br />

den Weg nach Château Mouton-Rothschild,<br />

zu Fuss, die Rucksäcke umgehängt, mit<br />

eisernem Willen. Die Sonne brannte gnadenlos<br />

auf uns herunter. An einem kleinen Verkaufskiosk<br />

am Boulevard de Pauillac gaben<br />

wir auf. Der Verkäufer überzeugte mich von<br />

der überragenden Qualität des Château Batailley<br />

1977, eines mir damals unbekannten<br />

Grand Cru Classé, der jedoch ein imposantes<br />

goldenes Etikett hatte. Ich füllte meinen<br />

Wettbewerb<br />

Crash-Weinkurs mit Philipp Schwander<br />

Bulletin verlost zwanzig Plätze für einen<br />

Crash-Weinkurs mit Philipp Schwander. Der<br />

Kurs findet am Abend des 19. August in<br />

Zürich statt. Teilnahme mit beigelegtem Talon.<br />

Rucksack. Eine im wahrsten Sinne des Wortes<br />

schwer wiegende Entscheidung. Sie hielt<br />

mich nicht davon ab, bei unserem nächsten<br />

Reisehalt im nahen Badeort Arcachon in<br />

einem kleinen Weinladen aus einem von der<br />

Sonne verwöhnten Schaufenster vier Flaschen<br />

Mouton-Cadet zu erstehen. Der klingende<br />

Name «Mouton» erschien mir verheissungsvoll.<br />

Zu Hause belehrte mich mein<br />

Vater, dass ich den gleichen Wein in der EPA<br />

vierzig Prozent billiger hätte erstehen können,<br />

und schenkte mir den «Kleinen Johnson», ein<br />

Weinlexikon für Anfänger.<br />

Erste Gehversuche als Weinjournalist<br />

Meine Begeisterung für Wein war trotz dieser<br />

leichten Rückschläge definitiv erwacht. Der<br />

«Kleine Johnson» war zu meiner Bibel geworden<br />

und ich hatte ihn in Kürze beinahe<br />

auswendig gelernt. Dieses Wissen musste<br />

ich unbedingt einer breiteren Öffentlichkeit<br />

zugänglich machen. Eine ideale Plattform für<br />

dieses Unterfangen schien mir die Schüler-<br />

<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Bulletin 2-04 65

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