4_99 c20040129 [122].pdf 7377KB Aug 21 2007
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Andere Knochen waren aufgebrochen worden, um das Mark<br />
zu entfernen, noch heute eine Delikatesse für primitive Jägervölker.<br />
Sogar ein Mammut-Kiefer mit einer eingelassenen Speerspitze<br />
wurde gefunden.<br />
Und was war mit dem archäologischen Establishment zu jener<br />
Zeit in Mexico City? Es ignorierte Juan und seine Beweise,<br />
indem es einfach ohne weitere Diskussion behauptete, die<br />
Schnittmarken, die bearbeiteten und aufgebrochenen Knochen,<br />
ja sogar der Mammut-Kiefer mit der eingelassenen<br />
Speerspitze seien natürliche Erscheinungen, und nicht etwa<br />
auf Menschen zurückzuführen.<br />
Glücklicherweise aber fingen neben<br />
den mexikanischen auch noch andere<br />
Archäologen an, von Juans Entdeckungen<br />
Notiz zu nehmen: In<br />
Mexiko selbst war dies Dr. Pablo<br />
Martinez del Rio, technischer Berater<br />
am Mexikanischen Nationalinstitut<br />
für Anthropologie und Geschichte<br />
(INAH), sowie Dr. Manuel Maldonado-Koerdell,<br />
technischer Berater<br />
am Panamerikanischen Institut<br />
für Geologie und Geschichte<br />
(OEA). In den USA zeigten Dr. H.<br />
Marie Wormington, damals Kuratorin<br />
am Museum für Naturgeschichte<br />
in Denver, sowie Dr. Alex Kneger,<br />
Professor an der Washington-Universität<br />
in Seattle, Interesse an<br />
Juans Arbeiten.<br />
Feldforschungen, die unter ihrer<br />
Leitung durchgeführt wurden,<br />
brachten sogar noch mehr Beweise<br />
für die Existenz früher Jäger zutage.<br />
Das Interesse an diesem Gebiet<br />
stieg daher an.<br />
Im Jahr 1962 schließlich wurde mit<br />
Unterstützung u.a. der Amerikanischen<br />
Philosophischen Gesellschaft<br />
(Havard) und der Nationalen Wissenschaftsstiftung<br />
das Valsequillo-<br />
Projekt geboren.<br />
Die junge Anthropologin Cynthia<br />
Irwin-Williams wurde angeheuert,<br />
um auf diesem Feld mit Juan zusammenzuarbeiten.<br />
Sie hatte die<br />
Uni von Radcliffe besucht und beendete<br />
gerade ihre Doktorarbeit in<br />
Anthropologie in Havard. Zu einem<br />
späteren Zeitpunkt dieses Projekts<br />
nahm sie dann eine Stelle am anthropologischen Institut der<br />
Universität von Neumexiko in Portales an, wo sie einige Jahre<br />
blieb.<br />
Während ihrer gemeinsamen Feldforschungen im Jahre 1962<br />
entdeckten Juan und Cynthia vier Stellen, an denen Knochen<br />
und steinerne Artefakte zusammen in situ gefunden wurden,<br />
das heißt innerhalb ein und derselben Sedimentschicht, also<br />
nicht bloß lose an der Oberfläche. Diese Stellen wurden El<br />
Horno, El Mirador genannt bzw. Tecacaxco und Hueyatlaco<br />
jene zwei, die auf der Halbinsel Tetela lagen.<br />
El Horno ist die tiefste und damit älteste Stelle in diesem Sedimentabschnitt.<br />
Sie liegt nur frei zutage, wenn der Wasser-<br />
Dieses Bruchstück eines Mammut-Kiefers, das<br />
von einem Backenzahn mit gefurchter Krone<br />
dominiert wird, wurde in einer mexikanischen<br />
Fundstelle entdeckt und auf ein Alter von etwa<br />
250.000 Jahren datiert. So unglaublich wie es<br />
scheinen mag, aber in diesem urzeitlichen Knochen<br />
ist eine meisterlich bearbeitete Speerspitze<br />
aus Stein verankert (schwarzes Objekt am<br />
oberen Bildrand).<br />
stand des Stausees ungewöhnlich tief ist. Hueyatlaco ist die<br />
höchste und damit jüngste Stelle. Sie ist zudem diejenige mit<br />
der dicksten Sedimentschicht, und zwar einer Decke jüngerer<br />
Ablagerungen, die einige Schichten vulkanischer Aschen und<br />
Bimsstein enthalten.<br />
In den Jahren 1964 und 1966 fanden in Hueyatlaco weitere<br />
Grabungen statt. Dabei wurden erneut viele Knochen zusammen<br />
mit zahlreichen Steinwerkzeugen entdeckt.<br />
Diese Steinwerkzeuge teilen sich grob in zwei Gruppen. Diejenigen<br />
in den älteren, tieferen Schichten werden unifacial<br />
(einseitig) genannt. Sie bestehen aus Klingen und Feuersteinsplittern,<br />
deren Kanten nachbearbeitet wurden, um sie scharf<br />
zu machen.<br />
Diejenigen der oberen Schichten<br />
waren wohlgeformte bifacial (zweiseitig)<br />
bearbeitete Gegenstände,<br />
wobei kleine Steinsplitter von beiden<br />
Seiten des Werkzeuges abgeschlagen<br />
wurden, so daß das Werkzeug<br />
von beiden Seiten gleich aussah.<br />
Sowohl die unteren als auch die<br />
oberen Schichten enthielten Geschoßspitzen<br />
– Speerspitzen –, was<br />
beweist, daß diese Jäger tatsächlich<br />
ihre Beute verfolgten und nicht einfach<br />
nur die Körper natürlich umgekommener<br />
Tiere verwerteten.<br />
Cynthia bemerkte schnell, daß sie<br />
dort etwas Besonderes gefunden<br />
hatte, nicht nur eine der ungezählten<br />
Ausgrabungsstätten, und sie bat daher<br />
klugerweise um Verstärkung,<br />
um ihr zu helfen.<br />
Hal Malde, ein Feldgeologe des US<br />
Geological Survey wurde ausgewählt,<br />
um die lokale und regionale<br />
Geologie zu kartographieren. Clayton<br />
Ray, ein Wirbeltier-Paläontologe<br />
vom Smithsonian Institute widmete<br />
sich der Studie der Knochenfunde.<br />
Dwight Taylor, ebenfalls<br />
vom US Geological Survey, studier-<br />
te nachfolgend die fossilen Weichtiere,<br />
also Schnecken- und Muschelschalen.<br />
Paul S. Martin von der Arizona-Universität<br />
untersuchte fossile<br />
Pollen. Und dank Hal Malde kam<br />
schließlich auch ich im Jahr 1966 zu<br />
dem Team als deren Tephrochronistin,<br />
ihre Spezialistin zur Datierung<br />
vulkanischer Aschen. Diese Forschungen<br />
sollten die Grundlage meiner Dissertation an der<br />
Universität von Idaho werden.<br />
Das Projekt bedurfte eines Tephrochronisten, weil es Probleme<br />
gab, das Alter der Fundstellen zu bestimmen. Sie<br />
konnten nämlich dort keinen Kohlenstoff finden. Ohne Kohlenstoff<br />
aber kann man keine Altersbestimmung nach der 14 C-<br />
Methode machen, der üblichen Methode archäologischer Altersbestimmung<br />
für Fundstellen der späten Erdneuzeit. An<br />
diesen Fundstellen aber waren kein Holz, keine Holzkohle<br />
und auch keine Schalen erhalten geblieben, und obwohl die<br />
Ausgrabungen eine Unmenge an Knochen zutage förderten,<br />
die normalerweise Kohlenstoff enthalten, so waren diese<br />
380 VffG · 1<strong>99</strong>9 · 3. Jahrgang · Heft 4