4_99 c20040129 [122].pdf 7377KB Aug 21 2007
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quillo Projektes, wurde nach Mexico City transportiert. Juan<br />
wurde per Gesetz verboten, noch jemals irgend eine Feldforschung<br />
zu betreiben.<br />
Nicht genug damit, wurde im Jahr 1966 eine umfassende Serie<br />
tiefer Ausgrabungen begonnen, die man durch das niedrige<br />
Steilufer der jüngeren Sedimente weniger als 35 Meter<br />
südlich der ursprünglichen Ausgrabungen hindurchtrieb.<br />
Unethisch? Ja, freilich. Aber das Establishment wollte auch<br />
alte Artefakte finden.<br />
Ihre Gräben aber verfehlten jene kieshaltigen Bachläufe, in<br />
denen sich die Artefakte befinden, und förderten nur den<br />
feinkörnigen Schlick und Lehm der ehemaligen Auen zutage.<br />
Juan hätte ihnen das voraussagen können. Dreißig Jahre Feldforschung<br />
hatten ihn gelehrt, daß man nur in den verschütteten,<br />
grobkörnigen Ablagerungen der Bachläufe und an deren<br />
Ufern signifikante Mengen von Artefakten finden kann. Und<br />
das hat auch Sinn. Ein Mammut zu schlachten ist nämlich eine<br />
ziemliche Schweinerei, die man am besten in der Nähe<br />
von Wasser durchführt.<br />
Das Establishment hatte das nicht erkannt. Wenn aber sie<br />
keine Artefakte finden konnten, so auch nicht Armenta und<br />
Irwin-Williams. Die hochgestellten Beamten behaupteten daher<br />
in einer Veröffentlichung, daß alle Artefakte von Hueyatlaco<br />
von den dort tätigen Arbeitern abgelegt worden seien,<br />
um ihre Anstellung zu verlängern. Der Artikel beschuldigte<br />
die Archäologen der Inkompetenz und spielte auf noch<br />
Schlimmeres an. Das war eine schlimme Zeit – für Juan, für<br />
Cynthia und für uns alle.<br />
Und für die arme Cynthia wurden die Dinge auch nicht besser.<br />
Selbst nach einem Jahr voll der Überprüfungen konnte<br />
ich keine gute Korrelation der Fingerabdrücke zwischen den<br />
vulkanischen Ablagerungen bzw. Bimssteinfragmenten an<br />
der Fundstelle von Hueyatlaco und den datierten, weit über<br />
25.000 Jahre zurückreichenden Sequenzen am La Malinche<br />
Vulkan finden. Ich fand eine mögliche Übereinstimmung<br />
zwischen einer nahen feinen Asche und einer datierten<br />
Schicht an den Flanken des Iztaccíhuatl Vulkans, zig Kilometer<br />
nordwestlich unserer Fundstelle. Aber diese datierte<br />
Schicht lag jenseits der Grenzen der 14 C-Methode, wie sie<br />
Mitte der 60er Jahre bestand – was bedeutete, daß sie älter als<br />
40.000 Jahre war.<br />
Cynthia mochte dieses Datum überhaupt nicht. Sie gehörte<br />
zum archäologischen Ostküsten-Establishment. Sie wußte,<br />
daß es verdammt schwer sein würde, ihre Kollegen davon zu<br />
überzeugen, daß die Fundstelle von Caulapan ein Alter von<br />
22.000 Jahren hatte, was mehr als doppelt so alt war als das,<br />
was von den meisten als möglich angesehen wurde. Ein Alter<br />
von mehr als 40.000 Jahren für die andere Fundstelle aber<br />
würde sie in die Gesellschaft jener nicht für voll genommenen<br />
Forscher bringen wie George Carter, Herb Minshall,<br />
Tom Lee, Emma Lou Davis, Bruce Raemsch und Dee Simpson,<br />
die alle behauptet hatten, Fundstellen von ähnlichem<br />
oder sogar noch weiter zurück liegendem Alter in Nordamerika<br />
ausfindig gemacht zu haben. Das Establishment, einschließlich<br />
Cynthia, hatte sich über diese Leute seit Jahrzehnten<br />
lustig gemacht und sie ignoriert.<br />
Aber ihre Probleme waren alles andere als vorüber. Zusammen<br />
mit dem Knochen von Caulapan hatte sie auch einen<br />
Schlachtknochen von der Fundstelle in Hueyatlaco und ein<br />
Zahnfragment eines geschlachteten Mastodon zur Datierung<br />
versandt, das in der älteren Fundstelle bei El Horno entdeckt<br />
worden war. Barney Szabo, ein Geochemiker des US Geological<br />
Survey, wollte sie alle mittels der damals neu eingeführten<br />
Methode der Uran-Serie ( 235 U und 238 U) testen.<br />
Die Datierungen kamen zurück. Jene der Caulapan-<br />
Fundstelle machte ihr Freude, da sie, wie bereits ausgeführt,<br />
mit dem per 14 C-Methode festgestellten Alter von etwa<br />
22.000 Jahren übereinstimmte. Aber, ach herrje, die anderen!<br />
Das Fragment eines Beckens von einem geschlachteten Kamel<br />
von den höheren, d.h. jüngeren Artefakt-führenden<br />
Schichten der Fundstelle in Hueyatlaco waren mehr als<br />
zehnmal so alt als erhofft: mehr als 180.000 Jahre und<br />
245.000 ±40.000 Jahre.<br />
Und die Daten für des Zahnfragment des bei El Horno geschlachteten<br />
Mastodon war sogar noch älter: mehr als<br />
154.000 Jahre nach der einen und mehr als 280.000 Jahre<br />
nach der anderen Methode.<br />
„Armer Barney“, dachten wir, „seine neuen Methoden funktionieren<br />
nur manchmal.“<br />
Cynathia stellte schlicht fest, daß diese älteren Daten nicht<br />
richtig sein könnten. Insbesondere die in höheren Schichten<br />
gefundenen bifacialen Werkzeuge konnten nicht so alt sein,<br />
da sie in der Alten Welt erst vor 50.000 Jahren entwickelt<br />
worden waren. Und außerdem wurden diese Werkzeuge der<br />
Links: Landkarte der Puebla-Region mit der Lage des Valsequillo-Stausees und den Vulkanen der Umgebung. Rechts: Karte<br />
des Valsequille-Stausees und der Tetela-Halbinsel. Namentlich angezeigt sind die Stellen, an denen Steinwerkzeuge zusammen<br />
mit Wirbeltierfossilien gefunden wurden. El Horno, die tiefste Fundstelle, liegt heute unter Wasser. Hueyatlaco liegt 10<br />
Meter über El Horno und liegt ein Teil des Jahres offen zutage. Die punktierten Gegenden sind Stellen, an denen die geologische<br />
Lage des Tetela Braunschlamm (inoffizielle Bezeichnung) zutage tritt.<br />
382 VffG · 1<strong>99</strong>9 · 3. Jahrgang · Heft 4