Zeitschrift - Kommunalverlag
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Anfang Juni trafen sich rund 100 Vertreter der Gaswirtschaft,<br />
um beim zweiten DVGW-Diskurs in Köln aktuelle technologische<br />
Entwicklungen in der Branche zu diskutieren. Konkret<br />
ging es um den Klimawandel und die Rolle, die modere Gas<br />
betriebene Anlagen bei einer Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs<br />
spielen können.<br />
Am Anfang stand die Frage, wie der Klimawandel zu bewerten<br />
ist. Dass trotz eines gefühlten milden Winters die Temperaturen<br />
weiter ansteigen, hob Herman Held vom Potsdamer<br />
Institut für Klimaforschung hervor. Nach seinen Aussagen war<br />
der Winter 2009 / 2010 global gesehen der wärmste seit 131<br />
Jahren. Um eine weitere Erwärmung in diesem Jahrhundert<br />
auf maximal zwei Grad zu begrenzen, müsse nach seiner Einschätzung<br />
vor allem der Mix aus Effi zienzsteigerungen und<br />
erneuerbaren Energien weiter ausgebaut werden. Was allerdings<br />
Kosten verursacht und sich auf den Wohlstand der Menschen<br />
auswirkt. Damit die CO2-Ziele erreicht werden können,<br />
sei es erforderlich, in diesem Jahrhundert durchschnittlich<br />
zwischen 0,5 und zwei Prozent des jährlichen Bruttoinlandsproduktes<br />
aufzuwenden. Vor diesem Hintergrund ergänzte<br />
Klimaforscher, dass auf Basis des derzeitigen Wissensstand<br />
eine 95-prozentige Wahrscheinlichkeit vorliege. Ein Wert, der<br />
in anderen Bereichen unseres Lebens längst zu gravierenden<br />
Verhaltensänderungen geführt hätte.<br />
Für die weitere Entwicklung der CO2-Emissionen machte<br />
Wolfgang Pfaffenberger von der Bremer Jacobs University<br />
sechs zentrale Faktoren aus. So komme es darauf an, wie<br />
die CCS-Technologie umgesetzt werde und wie der künftige<br />
Energie-Mix aussehe. Ebenfalls hänge viel davon ab, wie die<br />
Effi zienz beim Verbrauch und bei der Energieumwandlung<br />
weiter verbessert werden könne. Und schließlich seien der<br />
Bedarf an Energie und die wirtschaftliche Entwicklung mit<br />
bestimmend für das Ausmaß der künftigen Treibhausgasemissionen.<br />
Als Lösungsansätze nannte er in diesem Zusammenhang<br />
unter anderem besser isolierte Gebäude, effi ziente,<br />
dezentrale eingesetzte KWK-Anlagen, die stärkere Verbreitung<br />
erneuerbarer Energien und den Ausbau der Netze, um<br />
die Energiefl üsse intelligenter steuern zu können.<br />
Stärkerer Austausch zwischen Strom- und Gasnetzen<br />
Welchen Beitrag Gas zur Lösung des Klimaproblems leisten<br />
kann, beschrieb Jürgen Lenz, Vizepräsident des DVGW, auf<br />
der Veranstaltung in Köln. Die aktuelle Situation in der Energieversorgung<br />
sei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig.<br />
Die zunehmende Bedeutung nachwachsender Rohstoffe,<br />
eine Vielzahl neuer Applikationen sowie der starke Anstieg der<br />
Windstromerzeugung führten zu einer Veränderung der Versorgungsstrukturen.<br />
Dessen ungeachtet könne der Energieträger<br />
Gas jedoch einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung<br />
der Energie-Effi zienz leisten. In einem künftigen Versorgungssystem<br />
müsse ein stärkerer Austausch zwischen den Strom-<br />
und Gasnetzen stattfi nden, um Lastkurven gleichmäßiger zu<br />
gestalten und die zunehmenden Schwankungen durch fl uktuierende<br />
Energien, wie Windenergie oder Photovoltaik, auszugleichen.<br />
Möglich werde dies durch die Speicherkapazitäten<br />
des Gasnetzes, das derzeit rd. 100 Mrd. m3 Gas pro Jahr<br />
transportiert, die Nutzung von überschüssigem Strom zur<br />
Veranstaltungen<br />
DVGW-Diskurs diskutiert Klimawandel und die Chancen<br />
moderner Gastechnologien<br />
Produktion von Wasserstoff und Einspeisung in das Gasnetz,<br />
sowie den verstärkten Einsatz des Gases in der Stromerzeugung<br />
und dezentralen Kraft-Wärme-Kopplung. Weitere Beiträge<br />
zur Reduzierung der CO²-Emissionen könne die Gaswirtschaft<br />
darüber hinaus durch den Einsatz von Biogas und<br />
die Kombination mit modernster Technologie leisten. Dafür<br />
stehe Gas plus Bioerdgas, Gas plus Solaranbindung und Gas<br />
plus Umweltwärme. Um diesen Weg zu forcieren und wichtige<br />
Wachstumsimpulse zu geben, habe der DVGW im letzten<br />
Jahr die Innovationsoffensive Gas gestartet, so Jürgen Lenz<br />
weiter. Ziel sei unter anderem die Darstellung des Potenzials<br />
von Gas in der künftigen Energieversorgung, die Stärkung<br />
seiner ökologischen Positionierung sowie die Unterstützung<br />
bei der Einführung innovativer Gasanwendungen. Allerdings<br />
wirke sich jede Effi zienzsteigerung negativ auf den Gasabsatz<br />
aus. Deshalb komme dem Einsatz von Gas in Stromerzeugung<br />
und hier vor allem in dezentralen KWK-Anlagen in<br />
Zukunft besondere Bedeutung zu.<br />
Über eine Strukturveränderung im deutschen Energiemarkt<br />
berichtete auch Volker Staufert, Vorstandsmitglied der Kölner<br />
RheinEnergie. So werde das Zusammenspiel von Energieerzeuger<br />
und Energieverbraucher künftig vielschichtiger, wobei<br />
dem Netz eine zentrale Rolle zukomme. Es reiche nicht mehr<br />
aus, bei erhöhtem Strombedarf einfach die Kraftwerke höher<br />
zu fahren. Die Einfl üsse regenerativer Energien, Rückeinspeisungen<br />
ins Netz sowie eine künftig erwartete verstärkte<br />
dezentrale Stromerzeugung über Mikro-KWK machten das<br />
smart grid unumgänglich. Die intelligente Kombination der<br />
Strom- und Gasnetze sowie ein enger Informationsaustausch<br />
zwischen intelligenten Wohngebäuden und Erzeugern werde<br />
zu einer Optimierung des Energieeinsatzes führen. Gleichzeitig<br />
seien mit Hilfe des smart grid die Energie- und Klimaziele<br />
zu erreichen, wie Volker Staufer hinzufügte. So werde<br />
es möglich, regenerative Energien optimal zu nutzen und ein<br />
effi zientes System von Quellen, Speichern und Senken auf<br />
der Verteilungsebene aufzubauen.<br />
Großes Potenzial der Kraft-Wärme-Kopplung<br />
Große Potenziale für Gas beschrieb Bernhard Klocke von<br />
der Gelesenwasser AG auf der Kölner Veranstaltung. In seiner<br />
Funktion als Vorsitzender bei der DVGW-Innovationsoffensive,<br />
die neue Entwicklungen in der Gastechnologie<br />
vorantreibt, votierte er für die Effi zienz als entscheidendes<br />
Kriterium bei der Verwendung neuer Geräte und Anlagen.<br />
Ein Anforderungsprofi l, das besonders von der dezentralen,<br />
mit Gas betriebenen Kraft-Wärme-Kopplung erfüllt werde.<br />
Denn Stromeinspeisungen von regenerativen Anlagen seien<br />
schlecht zu prognostizieren und würden zunehmend das<br />
Stromnetz belasten. Die zentrale Kraft-Wärme-Kopplung sei<br />
zwar energetisch sinnvoll, habe aber oft das Problem der<br />
fehlenden Wärmesenke. Darüber hinaus würden Nah- und<br />
Fernwärmenetze hohe Investitionen erfordern, und die Hausbeheizung<br />
bei Neuanlagen sei exergetisch nicht sinnvoll. In<br />
der Folge gebe es im Wärmemarkt deutliche Gestaltungsmöglichkeiten.<br />
So seien über 20 Prozent aller Heizungen in<br />
deutschen Ein- und Mehrfamilienhäusern älter als zwanzig<br />
Jahre und würden einen Wirkungsgrad von unter 50 Prozent<br />
aufweisen. Da sie in nicht allzu ferner Zukunft vor der Moder-<br />
536 Kommunalwirtschaft 07/2010