Menschen Macher Märkte - Schwäbische Post
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10 24. November 2007 I MENSCHEN MACHER MÄRKTE ERFOLGSGESCHICHTEN<br />
Familienbetrieb mit internationalem Engagement<br />
Die Anfänge liegen in der Metallbearbeitung.<br />
Mittlerweile<br />
ist das Familienunternehmen<br />
Lipp in Tannhausen zum global<br />
player in Sachen Bioenergie-<br />
Anlagen geworden.<br />
Die kleine Maschine wickelt 85<br />
Prozent des Umsatzes ab. Im<br />
Sinne des Wortes: Die Maschine<br />
besteht aus Rollen, Umlenkern,<br />
Zahnrädern und zehn Elektromotoren<br />
und wickelt aus 50<br />
Zentimeter breiten Metallrollen<br />
runde Hüllen unterschiedlichen<br />
Durchmessers. Durch einen<br />
geschickten Falz wird eine<br />
hohe Stabilität der selbsttragenden<br />
Türme und Becken aus<br />
höchstens fünf Millimeter dicken<br />
Stahlwänden erreicht.<br />
Mit 50 Leuten macht Lipp bald<br />
zwölf Millionen Euro Jahresumsatz.<br />
Gut die Hälfte der Mitarbeiter<br />
ist Woche für Woche auf<br />
Montage: Auf dem Lastwagen,<br />
Lipp System in Tannhausen<br />
Anlagenbau, Umwelttechnik, erneuerbare Bioenergie<br />
mit dem sie am frühen Montagmorgen<br />
aufbrechen, ist immer<br />
eine Wickelmaschine, sind für<br />
das Objekt genau berechnete<br />
Materialien vom Walzblech bis<br />
zur Unterlegscheibe.<br />
Zwei bis vier Männer pro Bautrupp<br />
lassen daraus meist auf<br />
Bauernhöfen unterschiedlich<br />
große Behälter für Grünschnitt<br />
oder Gülle, für Getreide oder<br />
allerlei biologische Gemische<br />
entstehen.<br />
Dabei sind die Wickelmaschinen<br />
auf kreisrunden Montagegerüsten<br />
fixiert, spulen das Metallband<br />
ab, verfalzen die vertikalen<br />
Lagen miteinander und<br />
schieben Runde für Runde den<br />
Turm in die Höhe. Gegebenenfalls<br />
wird auf die ersten Wandzirkel<br />
ein Dach gebaut, schließlich<br />
das ganze Gebäude in ein<br />
Betonfundament verankert.<br />
Die Silos dienen zumeist der La-<br />
Das Silo ist mit dem Dach Runde für Runde hochgeschoben worden,<br />
jetzt wird die Außenhaut wärmeisoliert und verblendet.<br />
In Nordrhein-Westfalen, in Niedersachsen entstehen gerade viele Anlagen wie diese mit der Lipp-Technologie. Wichtiger internationaler<br />
Partner ist seit Jahren China, wo Lipp in zwei Joint ventures engagiert ist.<br />
gerung von biologischen Stoffen,<br />
die so behandelt werden,<br />
dass einerseits Gas entsteht, aus<br />
dem Energie gewonnen wird.<br />
Die Biomasse wird dadurch andererseits<br />
zu einer geruchsarmen<br />
Substanz, die als guter<br />
Dünger oder Pflanzerde verwendet<br />
werden kann. Das zurückbleibende<br />
Wasser kann für<br />
die Bewässerung von Feld und<br />
Flur genutzt werden. Das Unternehmen<br />
Lipp liefert nicht<br />
nur die Silohülle, sondern ganze<br />
Biogas-Anlagen als Komplettlösungen.<br />
Wer mit einer solchen Anlage<br />
Strom macht, kann diesen für<br />
gutes Geld in das allgemeine<br />
Stromnetz einspeisen. In der<br />
Regel fällt auch Prozesswärme<br />
an, die auf dem Hof genutzt<br />
werden kann. Oder die Biomasse-Anlage<br />
wird von vorn herein<br />
mit einem Blockheizkraftwerk,<br />
für Fernwärme- und Stromerzeugung<br />
also konzipiert. Solche<br />
zum Teil sehr großen Anlagen<br />
entstehen als Gemeinschaftsprojekte<br />
immer öfter.<br />
Mehrere Landwirte tun sich zusammen<br />
und betreiben ein fast<br />
schon industrielles Werk, bei<br />
dem aus Gülle und nachwachsenden<br />
Rohstoffen nach einer<br />
von Lipp errechneten Rezeptur<br />
ein Brei gemixt und verwertet<br />
wird. In Japan ist gerade eine<br />
große Anlage für den biologischen<br />
Hausmüll von 60.000<br />
<strong>Menschen</strong> in Betrieb gegangen,<br />
die größte Biogasanlage<br />
Japans.<br />
In China arbeiten Joint-Ventu-<br />
re-Unternehmen mit der Lipp-<br />
Technologie, Lipp Tannhausen<br />
ist jeweils beteiligt. Die Anfänge<br />
des Unternehmens waren in<br />
Stillau.<br />
In der Flaschnerei entwickelte<br />
Xaver Lipp, Vater des heutigen<br />
Alleingeschäftsführers Roland<br />
Lipp, allerlei pfiffige Lösungen<br />
mit Blech. Den Lipp-Boden zum<br />
Beispiel, eine schlaue Platte, die<br />
mit zwei Gummihammerschlägen<br />
am Ende einer Dachrinne<br />
zu befestigen waren und teures<br />
Löten ersparte.<br />
Ein Renner, sagt Roland Lipp,<br />
solange das zwanzigjährige Patent<br />
reichte. Dann musste etwas<br />
anderes her., Xaver Lipp erfand<br />
den Silowickler, die Idee<br />
wurde verfeinert, patentiert<br />
und weiterentwickelt. In den<br />
vergangenen Monaten ist dem<br />
Unternehmer ein neuer Entwicklungsschritt<br />
gelungen.<br />
Statt teure Edelstahlbleche zu<br />
verarbeiten, kleben die Lipps in<br />
Tannhausen aus einem einfachen<br />
verzinkten Stahlblech und<br />
einem dünnen Edelstahlblech<br />
ein Sandwich zusammen, welchen<br />
Werkstoff sie Verinox<br />
nennen.<br />
So werden Kosten und Ressourcen<br />
gespart, die umweltfreundliche<br />
Biomasse-Technologie<br />
wird billig und all das dank einer<br />
der Idee aus dem Land der<br />
Talente und Patente genug für<br />
einen ehrenwerten dritten<br />
Platz beim diesjährigen Technologie-Oscar<br />
des Landes, dem<br />
Eberle-Preis.<br />
Rainer Wiese