Menschen Macher Märkte - Schwäbische Post
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4 24. November 2007 I MENSCHEN MACHER MÄRKTE ERFOLGSGESCHICHTEN<br />
Klare Sprache auf der Ostalb<br />
Freundlich, sagt Jörg Hempel,<br />
sei er auf der Ostalb aufgenommen<br />
worden. Seit Juli ist er Geschäftsführer<br />
der AOK Ostwürttemberg,<br />
er wohnt in Aalen<br />
und arbeitet in Schwäbisch<br />
Gmünd. „Nicht nur Payer sein,<br />
sondern auch Player“, nicht nur<br />
bezahlen, sondern aktiv mitmischen,<br />
ist dabei seine Devise im<br />
Arbeitsalltag.<br />
„Wir verstehen uns gut“, sagt<br />
Hempel über das Verhältnis zu<br />
den Mitarbeitern, in Ostwürttemberg,<br />
insgesamt 430 an der<br />
Zahl. Er mag die „Klarheit der<br />
Sprache“: Lieber ein „klares<br />
Nein“ als ein „geschobenes Sowohl<br />
als auch“, beschreibt er<br />
seinen Führungsstil. Dabei müsse<br />
eine Entscheidung gut begründet<br />
werden, was im Management<br />
– und auch in der Politik<br />
– oft ein Defizit sei.<br />
Die 430 Mitarbeiter aus ganz<br />
Ostwürttemberg hat Hempel<br />
vor zwei Wochen nach Bargau<br />
eingeladen. Dabei ging es ihm<br />
um ein Gemeinschaftserlebnis,<br />
um ein Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
und darum, den Sinn der<br />
AOK-Reorganisation zu erklären.<br />
Mit einem Sketch habe der<br />
Abend begonnen. Dessen Tenor<br />
in Bezug auf die Reorganisation:<br />
„Ob das wohl alles so<br />
durchdacht war“. Damit wurde<br />
dieser zum Auslöser einer Diskussion.<br />
Letztlich aber habe es<br />
ganz wenig kritische Stimmen<br />
gegeben.<br />
Neben der internen Arbeit hat<br />
Hempel in den vergangenen<br />
Monaten viele Kontakte nach<br />
außen geknüpft. Mit Landrä-<br />
Jörg Hempel ist aus Oberschwaben<br />
nach Aalen und Schwäbisch Gmünd gekommen<br />
Jörg Hempel, neue AOK-Chef der Ostalb, an seinem Schreibtisch in Schwäbisch Gmünd. Die privaten Möbel<br />
stehen in Aalen.<br />
ten, Oberbürgermeistern und<br />
Bürgermeistern hat er gesprochen,<br />
mit Vertretern der Kreisärzteschaft,<br />
der Krankenhäuser<br />
und größerer Firmen.<br />
Die Verantwortung für die Patienten<br />
sieht er dabei als etwas<br />
Verbindendes, wenn er über<br />
die Krankenhäuser redet. Das<br />
ist die eine Seite. Die andere:<br />
kritisch zu hinterfragen, in welche<br />
Geräte die Kliniken heute<br />
investieren, für Hempel aktiver<br />
„Verbraucherschutz“. Denn<br />
„wir sind nicht nur Kostenträger,<br />
sondern auch Gestalter<br />
von Gesundheitslandschaften“,<br />
sagt der AOK-Chef.<br />
Dies verdeutlicht er am Beispiel<br />
Rückenschmerzen. In einen sogenannten<br />
Integrationsvertrag<br />
würden Hausärzte, Orthopäden,<br />
Reha-Kliniken und Therapeuten<br />
eingebunden. Um des<br />
Übels Wurzel zu finden, werden<br />
diese nach und nach alle<br />
konsultiert, kein Patient jedoch<br />
solle an einer Stelle zu lange<br />
kleben. „Wir nennen das den<br />
Pattex-Effekt“, sagt Hempel.<br />
Verknüpft werde dies mit einem<br />
Präventionsangebot Rückenschule.<br />
Denn in 60 bis 70<br />
Prozent der Fälle sei eine Stärkung<br />
der Rückenmuskulatur<br />
nötig. Ziel dabei, sagt Hempel,<br />
ist eine bessere Versorgung der<br />
Patienten.<br />
Heute schon richtet der AOK-<br />
Chef den Blick auf das Jahr<br />
2009, wenn der Gesundheitsfonds<br />
eingeführt wird. „Dann<br />
wird nicht mehr der Preis, sondern<br />
das Produkt die große Rolle<br />
spielen“, sagt Hempel. Deshalb<br />
arbeite die AOK an einem<br />
Produktportfolio mit hoher<br />
Qualität. Dabei spiele der Service<br />
eine große Rolle.<br />
Hier spannt Hempel wieder den<br />
Bogen zur Reorganisation und<br />
dem Abend mit den 430 Mitarbeitern:<br />
Verwaltungsaufgaben<br />
bündeln und so Kapazitäten<br />
für den Service schaffen. Deshalb<br />
hält die AOK an 13 Kundencentern<br />
und sechs kleineren<br />
Beratungsstellen in Ostwürttemberg<br />
fest.<br />
Ein weiterer Ansatzpunkt für<br />
den 47-Jährigen, der aus Ravensburg<br />
nach Gmünd gekommen<br />
ist, sind die Gespräche mit<br />
großen Unternehmen: Deren<br />
Ziel ist, gemeinsam mit den Arbeitgebern<br />
Strategien zur Vorbeugung<br />
von Krankheiten und<br />
zum Genesungsprozess zu entwickeln.<br />
Dabei wird zunächst einmal das<br />
„Krankheitsbild des Unternehmens“<br />
ermittelt. Denn mit einem<br />
Marktanteil von 40 Prozent,<br />
etwa 150 000 Versicherten<br />
in Ostwürttemberg, kann<br />
die AOK hierbei oftmals auf<br />
hauseigene Daten zurückgreifen.<br />
Damit werden Schwachpunkte<br />
gesucht und analysiert.<br />
Im Gesundheitssystem sei es<br />
wichtig, mehr übereinander zu<br />
Glaubt man zunächst den vielen<br />
Prognosen zu Anfang des<br />
Jahres, so war die Stimmung<br />
durchweg positiv bis auf wenige<br />
Branchen.<br />
Gegen Ende des Jahres 2007<br />
jedoch sehe ich die Gesamtkonjunktur<br />
mit etwas anderen<br />
Augen.<br />
Zunächst ist sicherlich die Exportquote<br />
so hoch wie kaum<br />
zuvor. Die Binnennachfrage<br />
jedoch stagniert und politische<br />
„Hemmschuhe“ wie z.B.<br />
die Streichung der<br />
Eigenheimzulage<br />
haben dazu geführt,<br />
das ganze Branchen<br />
einen Auftragseinbruch<br />
erlitten haben.<br />
Besonders jedoch<br />
macht mir die<br />
wachsende Knappheit<br />
und Verteuerung<br />
unserer Ressourcen<br />
Angst. Dies<br />
sind Faktoren, welche sich einerseits<br />
sehr kurzfristig und<br />
ohne jegliche Vorankündigung<br />
ändern und andererseits<br />
immer dann die allgemeine<br />
Konjunkturentwicklung hemmen,<br />
wenn diese zu laufen<br />
scheint. Betrachtet man hier<br />
insbesondere die Energie und<br />
Rohölpreise, so sind dies für<br />
uns als Spedition Kostenerhöhungen,<br />
welche wir Anfang<br />
des Jahres so nicht erkennen<br />
und somit auch nicht kurzfristig<br />
an unsere Kunden weiterreichen<br />
konnten.<br />
wissen, sagt Hempel, der den<br />
„etwas barockeren“ Oberschwaben<br />
die Fähigkeit zuspricht,<br />
Dinge nicht so ernst zu<br />
nehmen. „Und trotzdem geht<br />
es gut“, sagt er. So hat er die<br />
Ostälbler noch nicht erlebt.<br />
Was er auf der Ostalb jedoch<br />
schon genießt, ist der „bemerkenswerte<br />
Amateur-Fußball“,<br />
insbesondere der VfR Aalen, im<br />
Gegensatz zum „Diaspora-Fußball<br />
in Oberschwaben“.<br />
Michael Länge<br />
Wie ist die Lage, wie wird sich die Konjunktur entwickeln? Wir<br />
haben Chefs und Entscheider der Wirtschaft in Ostwürttemberg<br />
gefragt. Hier die Antwort von<br />
Dr. Stefan Brucker<br />
Spedition Brucker<br />
Langfristig erwarte ich gerade<br />
durch die Knappheit der Ressourcen<br />
sowie durch zahlreiche<br />
neue bürokratische Regelungen<br />
und politische Entscheidungen,<br />
besonders in<br />
Bezug auf die Gesetzesharmonisierung<br />
innerhalb der<br />
EU, kaum eine Belebung des<br />
Binnenmarktes. Im Export<br />
werden wir die nächsten Jahre<br />
noch überdurchschnittliche<br />
Zuwachsraten verzeichnen<br />
können. Auch die sonst allgemein<br />
übliche<br />
Konjunkturbelebung<br />
im Herbst<br />
ist dieses Jahr<br />
erstmals nicht<br />
spürbar. Noch<br />
nie haben sich<br />
uns in dieser Zeit<br />
so viele Unternehmerangeboten<br />
und nach Arbeit<br />
gefragt.<br />
Auch unsere Kunden geben<br />
uns in großen Teilen diese<br />
Meinung wieder und manch<br />
einer fängt im November<br />
schon an den Urlaub der Mitarbeiter<br />
abzubauen.<br />
Als Optimist jedoch sehe ich<br />
dennoch genügend Chancen<br />
und Möglichkeiten um weiterhin<br />
in Deutschland Arbeitsplätze<br />
zu schaffen und weiterhin<br />
erfolgreich auch gegenüber<br />
dem europäischen<br />
Wettbewerb agieren zu können.“