Menschen Macher Märkte - Schwäbische Post
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ERFOLGS GESCHICHTEN<br />
Der beste Ritter kauft beim besten Schmied<br />
Geschäftsführer Martin Hägele<br />
ist vorsichtig: „Namen darf ich<br />
Ihnen nicht nennen.“ Nur so viel<br />
vielleicht: „Vier Teams, die sich<br />
in der Formel 1 auf dem Siegertreppchen<br />
abwechseln, sind unsere<br />
Kunden.“<br />
„Wir entwickeln und produzieren<br />
motorperiphere Komponenten<br />
für die führenden Automobilhersteller.“<br />
Hägele übersetzt<br />
für den Laien; „Das ist alles, was<br />
für den Bereich um den Motor<br />
eine Rolle spielt.“ Etwa ultraleichte<br />
Abgasanlagen, Kühlsysteme,<br />
Luftfilter, Ölversorger<br />
oder Ansaugsysteme.<br />
Die Firma MHG Fahrzeugtechnik<br />
ist ein echter „Hidden Champion“<br />
also jemand, der eine<br />
wichtige Rolle spielt, ohne dass<br />
dies in der Öffentlichkeit groß<br />
bekannt ist. MHG-High-Tech aus<br />
Heubach steckt in Formel-<br />
1-Rennwagen, in Autos, die um<br />
die Deutsche-Tourenwagen-<br />
Meisterschaft (DTM) kämpfen,<br />
in italienischen Nobelflitzern.<br />
Auch viele Entwicklungsabteilungen<br />
deutscher Premiumhersteller<br />
arbeiten mit den Spezialisten<br />
im Heubacher Gewerbegebiet<br />
Bachwiesen zusammen.<br />
Die Hälfte der Aufträge bezieht<br />
MHG aus dem Motorsport, die<br />
andere Hälfte ist Innovationsarbeit<br />
für die Premiumhersteller.<br />
Das Verhältnis zu den Top-Marken<br />
sei eines auf Augenhöhe,<br />
sei partnerschaftlich. Aus gutem<br />
Grund, wie Hägele erklärt: „Wir<br />
leisten Pionierarbeit.“ Arbeit,<br />
die die Automobilfirmen so<br />
Die Firma MHG Fahrzeugtechnik in Heubach fertigt Teile<br />
für die Formel 1 und für Flugzeuge wie den Airbus A 380<br />
nicht zu leisten in der Lage seien.<br />
Diese „kaufen unsere Kapazität<br />
auf Zeit“, entsprechend<br />
eng werde zusammengearbeitet.<br />
Denn die MHG Fahrzeugtechnik<br />
sei „weltweiter Marktführer“<br />
eines schmalen Segmentes.<br />
Erfolgreich sei die Firma nicht<br />
über den Preis ihrer Produkte.<br />
Sondern über die Innovationskraft<br />
der Mitarbeiter. Man müsse<br />
sich das vorstellen wie im Mittelalter.<br />
„Die besten Ritter sind<br />
immer zum besten Schmied gegangen“,<br />
erklärt Hägele, wie<br />
sich die Firma auf dem Weltmarkt<br />
behaupte. Und der beste<br />
Ritter habe nicht zuerst gefragt,<br />
was das beste Schwert kostet,<br />
sondern wann es fertig ist.<br />
An Aufträgen mangele es nicht.<br />
Hägele, der sich die Geschäftsführung<br />
mit seiner Frau Elke<br />
teilt, hat ein anderes Problem:<br />
„Wir haben oft Kapazitätsengpässe<br />
aufgrund fehlenden Personals“,<br />
sagt Elke Hägele. Auf<br />
dem Markt gebe es kaum Leute,<br />
die in der Lage sind, den Anforderungen<br />
der Heubacher High-<br />
Tech-Schmiede gerecht zu werden.<br />
Deswegen sei die Firma darauf<br />
angewiesen, diese selber<br />
auszubilden. „Wir müssen häufig<br />
mehr als zwei Jahre in einen<br />
Mitarbeiter investieren, bis dieser<br />
produktiv ist“, erklärt Martin<br />
Hägele. Dann aber seien diese<br />
„richtige Spitzenleute“.<br />
Die benötige die Firma auch,<br />
weil oft ein großer Druck herrsche.<br />
Etwa, wenn ein Fahrzeug<br />
beim Rennen am nächsten<br />
Sonntag nicht ausfallen darf.<br />
Und ein MHG-Mann habe „die<br />
letzte, die entscheidende<br />
Schweißnaht“ zu machen. Immens<br />
sei dieser Druck auf den<br />
Einzelnen. „Motivation ist auf<br />
dieser Ebene ein wichtiger<br />
Aspekt“, erklärt Hägele. Der<br />
weiß, dass ein Job bei „ihm“<br />
anspruchsvoll ist. Der aber auch<br />
eine Arbeit verspricht, „die<br />
Spaß macht“.<br />
„Wenn wir dann eingeladen<br />
sind zu einem Saisonfinale in<br />
Oberitalien“ dann sei dies etwas,<br />
„wo man mental etwas zurückbekommt<br />
für seine Arbeit“.<br />
Damit werbe er bei seinen<br />
mittlerweile 128 Mitarbeitern<br />
– die übrigens zu 95 Prozent<br />
aus der näheren Umgebung<br />
stammen.<br />
Ob er eine Krise im Motorsport<br />
wegen eventuell sinkender Zuschauerzahlen<br />
befürchtet? Motorsport,<br />
insbesondere etwa in<br />
der Formel 1 und in der DTM sei<br />
eine Art „Technologiewettbewerb“,<br />
dem sich die Firmen<br />
stellten. Entwicklungen aus der<br />
Formel 1 kämen wenige Jahre<br />
später der breiten Masse zu<br />
Gute. So werde momentan daran<br />
gearbeitet, dass Formel-<br />
1-Autos eine Energierückgewinnung,<br />
eine Art Hybridantrieb<br />
haben müssen.<br />
Aktiv ist MHG über die Tochterfirma<br />
Proseria auch im Kleinserienbereich.<br />
Diese Firma liefert<br />
Mini-Serien für „Technologieträger“<br />
wie den Bugatti Veyron<br />
Edel, würzig,<br />
frisch gezapft.<br />
von Volkswagen mit 1001 PS.<br />
Schwachsinn, so ein Auto zu<br />
bauen? Hägele sieht das anders.<br />
„Dort werden Dinge entwickelt<br />
und erprobt, die irgendwann<br />
später einmal im<br />
VW Golf sind.“<br />
Interessant ist ein weiterer Be-<br />
MENSCHEN MACHER MÄRKTE I 24. November 2007<br />
Elke und Martin Hägele teilen sich die Geschäftsführung der MHG Fahrzeugtechnik. Im Bild stehen sie im<br />
Firmenfoyer vor einem BMW-M5-Aggregat und einem älteren Motor aus der Formel 1. (Foto: Tom)<br />
reich dem sich Hägele widmet:<br />
„Wir haben mir einem französischen<br />
Partner eine Allianz zur<br />
Belieferung eines französischen<br />
Triebwerksherstellers aufgebaut.“<br />
Dabei geht es um Triebwerke<br />
für Airbus – auch den<br />
A380 – , für Boeing und für Fok-<br />
23<br />
ker. Die ersten langfristigen<br />
Lieferverträge seien „im Moment<br />
in der Fixierung“. Dazu<br />
werde Anfang nächstes Jahr<br />
eine MHG Aerospaceparts<br />
GmbH in Gründung gehen. Prototypen-Teile<br />
seien bereits freigegeben.<br />
Jürgen Steck