Menschen Macher Märkte - Schwäbische Post
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ERFOLGS GESCHICHTEN<br />
Die rechte und die linke Hand<br />
Ihre Stimme kratzt, doch Ingeborg<br />
Brenner wäre vermutlich nicht sie<br />
selbst, wenn sie den Interviewtermin<br />
wegen ihrer Erkältung nicht eingehalten<br />
hätte. Schließlich ist auch dessen<br />
Verlauf irgendwie eine Frage der<br />
Organisation. Die ist nicht nur eine<br />
von Ingeborg Brenners Leidenschaften,<br />
sondern auch ihre Profession. Bei<br />
der Südwestmetall-Bezirksgruppe<br />
Ostwürttemberg ist die Aalenerin für<br />
den Bereich Organisation und Verwaltung<br />
zuständig.<br />
„Die habe ich alle miterlebt.“ Ingeborg<br />
Brenner hält in der linken Hand<br />
die Bügel ihrer Lesebrille - „mein Markenzeichen“-,<br />
während sie sich umdreht<br />
und mit der anderen Hand auf<br />
die Fotogalerie hinter sich weist. Imposant-seriös<br />
sehen die fünf Herren in<br />
Schwarz-Weiß aus, alle waren Vorsitzende<br />
der Bezirksgruppe Ostwürttemberg<br />
des Verbandes der Metallund<br />
Elektroindustrie Baden-Württemberg<br />
e.V. Seit rund 40 Jahren arbeitet<br />
Ingeborg Brenner für den Verband<br />
und in all den Jahren nahm sie<br />
stets ihr Herz mit ins Büro: „Ich möchte<br />
sagen, ich habe das hier mit aufgebaut“,<br />
sagt sie.<br />
Und als sie erzählt, wie sie am Wachsen<br />
der Bezirksgruppe mitgewirkt<br />
hat, klingt das eher bescheiden. Doch<br />
übertriebene Zurückhaltung gehört<br />
eigentlich nicht zu Ingeborg Brenners<br />
hervorstechenden Eigenschaften.<br />
Eher schon ein gesundes Selbstbewusstsein.<br />
Das zeigt schon die Geschichte,<br />
wie sie ihre Stelle beim Arbeitgeberverband<br />
bekam: „Es wurde<br />
eine etwa 40-jährige Dame als erste<br />
Kraft gesucht“, erinnert sich die gelernte<br />
Industriekauffrau an die Stellenanzeige.<br />
Doch das hielt die damals<br />
20-Jährige nicht davon ab, sich zu bewerben.<br />
„Es war vielleicht auch meine<br />
jugendliche Unbekümmertheit, aber<br />
ein Stückweit ist das sicher auch meine<br />
Mentalität“, gibt Ingeborg Brenner<br />
unumwunden zu. „Ich war einfach<br />
von mir überzeugt und das ist ja<br />
kein Schaden“, sagt sie, uns zeigt dabei<br />
ein breites Lächeln.<br />
Doch es war wohl nicht nur das selbstbewusste<br />
Auftreten, welches Ingeborg<br />
Brenner den Job verschaffte.<br />
Ihre Ausbildung war fundiert. Nach<br />
einer Lehre bei Pelo-Pilz hatte sie bereits<br />
zwei Jahre bei der Baustahlgewebe<br />
GmbH als Sekretärin des Betriebsleiters<br />
gearbeitet. Dann setzte<br />
der damalige Chef des Verbandes der<br />
Metallindustriellen, Dr. Günter Hildebrandt,<br />
auf sie. Ein wunderbarer<br />
Mentor sei der gewesen, meint Ingeborg<br />
Brenner. Er habe ihr die Möglichkeit<br />
gegeben, sich nach ihrem Potenzial<br />
zu entwickeln.<br />
Anderen die Möglichkeit geben, die<br />
eigenen Fähigkeiten umzusetzen, das<br />
ist für Ingeborg Brenner eine Schlüsselqualifikation,<br />
die ein Chef haben<br />
sollte und die auch jeder ihrer Vorgesetzten<br />
mitgebracht habe. „Es nutzt<br />
ja nichts, wenn der Chef eine gute<br />
Kraft hat, diese aber ihre Stärken<br />
nicht entfalten kann“, stellt sie sachlich<br />
fest. Sie selbst hatte die Gelegenheit<br />
dazu, bildete sich im betriebswirtschaftlichen<br />
und arbeitsrechtlichen<br />
Bereich weiter.<br />
Jetzt ist sie, wie sie lachend sagt, „die<br />
rechte und die linke Hand des Chefs“,<br />
der heute Jörn P. Makko heißt. Organisation,<br />
Verwaltung, Finanzen und<br />
die Büroleitung gehören zu ihren<br />
Kernaufgaben.<br />
Wie sie das praktisch umsetzt, zeigt<br />
sich schon beim Gespräch: Jede Menge<br />
Informationsmaterial über Südwestmetall<br />
hat sie mitgebracht, ein<br />
paar kurze Gesprächsnotizen sind<br />
chronologisch bereits handschriftlich<br />
notiert, jede Frage wird konzentriert<br />
und präzise beantwortet. „Ich arbeite<br />
meinem Chef entscheidungsreif zu“,<br />
erklärt Ingeborg Brenner ihre Arbeitsweise.<br />
Auch die tägliche Lektüre<br />
überregionaler Zeitungen hat sie sich<br />
zur Aufgabe gemacht, um über die<br />
aktuelle Lage stets informiert zu sein.<br />
Daneben ist sie Ausbilderin für kaufmännische<br />
Berufe und Mitglied im<br />
Prüfungsausschuss der IHK. Als sei das<br />
nicht genug Arbeit, hat sie sich selbst<br />
noch eine neue Aufgabe gestellt. Als<br />
bei Südwestmetall der Umbau in der<br />
Gartenstraße fertig war, entsprachen<br />
die weißen Wände der Räume nicht<br />
ihrem ästhetischen Empfinden. Als<br />
Kunstliebhaberin, die mit ihren<br />
Freundinnen auf der Suche nach interessanten<br />
Ausstellungen schon viele<br />
Städte bereist hat, organisiert sie seitdem<br />
regelmäßig Kunstausstellungen.<br />
Ingeborg Brenner ist bei der Südwestmetall die Frau<br />
für Organisation und Verwaltung<br />
Mit zügigem Schritt führt sie Besucher<br />
durch die Räume, zeigt die<br />
Kunstwerke der momentanen Ausstellung<br />
des Heidenheimer Bildhauers<br />
Franklin Pühn, die sich hervorragend<br />
in die sachliche und doch warme Atmosphäre<br />
des Gesamten einfügen.<br />
Zeit für ihre eigene Entwicklung und<br />
ihr Berufsleben hat sich Ingeborg<br />
Brenner immer genommen, auch als<br />
Mutter von zwei Kindern. „Ich habe<br />
nie aufgehört zu arbeiten und meine<br />
mittlerweile erwachsenen Töchter sagen<br />
heute, dass das auch zu ihrer<br />
Selbstständigkeit beigetragen hat“,<br />
sagt sie, und das klingt zufrieden. Geholfen,<br />
ihre Aufgabe als berufstätige<br />
Mutter zu bewältigen, hat ihr auch<br />
ihr Mann, der selbstständig tätig war,<br />
und eine Haushaltshilfe. Heute sind<br />
die Töchter aus dem Haus und Inge-<br />
borg Brenner spannt aus, wenn es die<br />
Zeit zulässt. Tennis, Skifahren, Bergwandern<br />
und neuerdings auch Klavierspielen<br />
gehören zu ihren liebsten<br />
Beschäftigungen. Als Jugendliche hat<br />
sie das Instrument gelernt, später<br />
dann gab sie das Spielen auf. Doch<br />
der Wunsch in ihr, wieder zu musizieren,<br />
blieb. An Weihnachten vor zwei<br />
Jahren stand dann plötzlich ein Klavier<br />
vor der Tür: „Letztes Jahr konnte<br />
ich nur ein paar Weihnachtslieder<br />
vortragen, aber dieses Jahr wird es<br />
schon besser“, meint sie zuversichtlich.<br />
Bleibt bei einem so ausgefüllten<br />
Leben noch Platz für Träume, beruflich<br />
oder privat. Ingeborg Brenner<br />
überlegt, wenn auch nur ganz kurz:<br />
„Ich schau, was kommt. Es muss sich<br />
etwas bewegen, lautet meine Devise.“<br />
Dagmar Oltersdorf<br />
MENSCHEN MACHER MÄRKTE I 24. November 2007<br />
Ingeborg Brenner Foto: Eva Gaida<br />
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