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Menschen Macher Märkte - Schwäbische Post

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ERFOLGS GESCHICHTEN<br />

Angekommen auf der Ostalb<br />

Frank Motte stammt aus Stuttgart. Er<br />

ist seit anderthalb Jahren in Aalen<br />

und hat die anspruchsvolle Aufgabe,<br />

mit der SHW CT das „Herzstück“ der<br />

Hüttenwerke zu einem eigenständigen<br />

Unternehmen umzubauen. Mit<br />

den Aalenern ist er inzwischen warm<br />

geworden, aber es hat eine ganze<br />

Weile gedauert.<br />

Frank Motte ist ein Schaffer, wie die<br />

Schwaben sagen würden. Zielstrebigkeit<br />

und Ehrgeiz bewies der in Stuttgart<br />

Aufgewachsene schon nach dem<br />

BWL-Studium in Hohenheim, Freiburg<br />

und St. Gallen. Er bewarb sich<br />

bei der drittgrößten amerikanischen<br />

Bank Manufacturer's Hanover Trust<br />

und hat in New York einen internen<br />

Finanzabschluss erworben.<br />

Gewohnt hat er mitten in Manhattan,<br />

Zeit die Stadt anzuschauen hatte er<br />

nicht. „Wir mussten jeden Montag<br />

eine Klausur schreiben“, erinnert sich<br />

Motte, „wenn man weniger als 75<br />

Prozent richtig hatte, musste man abreisen.“<br />

Da sei er an die Grenzen seiner<br />

Leistungsfähigkeit gegangen, in<br />

einer fremden Sprache ein ihm fachfremdes<br />

Gebiet zu lernen. Seine<br />

Freundin habe ihn in den acht Monaten<br />

zwei Wochen besucht, mehr sei<br />

nicht drin gewesen. Aber Motte hat<br />

sich durchgebissen, als einziger Deutscher<br />

wurde er der Zweitbeste im<br />

Jahrgang.<br />

Es war der Beginn einer vielfältigen<br />

Karriere. „Ich wollte immer Generalist<br />

bleiben“, sagt der 44-Jährige, „ein<br />

Banker muss auch verkaufen können.“<br />

Zwei Jahre war er in München,<br />

hat die damals neuen derivaten Finanzinstrumente<br />

angepriesen. Für<br />

sein damaliges Unternehmen musste<br />

er dann den Standort Stuttgart schließen.<br />

„Das lief so fair ab, dass der Niederlassungs-Direktor<br />

mir anschließend<br />

einen Job angeboten hat“, erzählt<br />

Motte stolz.<br />

Es folgten mehrere Stationen. Zuerst<br />

Leonberg, wo er die Blättchen & Partner<br />

AG über ein „Management–Buy-<br />

Out“ mit gekauft und nach oben geführt<br />

hat. Nach einem eher unerfreulichen<br />

Ausflug in die New Economy<br />

im Ruhrgebiet hat Frank Motte seine<br />

eigene Firma gegründet, „Motte Consult“.<br />

Im Jahr 2003 übernahm er<br />

schließlich das Stuttgarter Büro des Finanzinvestors<br />

„capiton“, die heute<br />

ein wichtiger Anteilseigner der SHW<br />

CT ist. Theo Waigel kam zur Büroeröffnung.<br />

Seit 2005 ist Frank Motte nun auf der<br />

Ostalb. „Ein Teil meiner Familie<br />

kommt aus Aalen“, erzählt er lachend,<br />

einem seiner Vorfahren habe<br />

die Schokoladenfabrik Gaupp gehört.<br />

Sonst hatte er keine Beziehungen zur<br />

Region. „Der Weg führt mich von<br />

New York über München nach Stuttgart<br />

und jetzt nach Aalen“, sagt Motte.<br />

Um in einem halbwegs urbanen<br />

Umfeld zu wohnen, ist er mitten in<br />

die Fußgängerzone gezogen.<br />

Doch es fiel schwer, Kontakt mit den<br />

Einheimischen zu bekommen. „Ich<br />

habe auch ein Zeitproblem“, räumt er<br />

angesichts von Arbeitszeiten von 7.30<br />

bis 20 Uhr und mehr ein. Aber es sei<br />

auch schwierig, in die gewachsenen<br />

Netzwerke einzudringen.<br />

Den Durchbruch brachte ein Besuch<br />

von OB Martin Gerlach und des damaligen<br />

Citymanagers Reinhard Skusa.<br />

„Ich habe ihnen gesagt: Ich fühle<br />

mich einsam hier“, berichtet Motte,<br />

„am nächsten Tag hat Reinhard Skusa<br />

angerufen und vorgeschlagen: Wir<br />

gehen zusammen weg, ich stelle Ih-<br />

Frank Motte mit der Kunstguss-Figur<br />

„Der Gießer“, ein Symbol der SHW CT.<br />

Frank Motte musste als Manager von SHW CT erst<br />

warm werden mit der ostälbischen Mentalität<br />

nen Leute vor.“ Mit dem Sportler Uli<br />

Rost lernte er zudem die Wälder um<br />

Aalen fürs Nordic Walking schätzen.<br />

Auch den Charakter der Ostälbler<br />

schätzt er inzwischen: „Im Rheinland<br />

ist man sofort mit jedem per du, aber<br />

es bleibt oberflächlich. Hier ist man<br />

tiefgründiger.“ Habe man das Vertrauen<br />

erst mal gewonnen, bleibe<br />

dieses sehr zuverlässig.<br />

Als Geschäftsführer muss Frank Motte<br />

das Herzstück des Traditionskonzern<br />

SHW für den internationalen Wettbewerb<br />

fithalten. „Wir müssen Qualität<br />

bieten, um mit unseren hohen Löhnen<br />

und Energiekosten mithalten zu<br />

können“, sagt er. Die SHW CT zu einem<br />

eigenständigen Unternehmen,<br />

mit eigenen Strukturen zu machen,<br />

das ist sein Job.<br />

Und den macht er zusammen mit Ulrich<br />

Severing erfolgreich. Der Umsatz<br />

der gesamten CT-Gruppe stieg von 50<br />

auf 140 Millionen, Gießereien in Heidenheim<br />

und Kiel wurden zugekauft.<br />

Zudem wurde kräftig investiert, etwa<br />

in eine neue Modell-Lagerhalle und<br />

eine neue Gießerei.<br />

Frank Motte setzt auf den Standort<br />

Ostalb. Um das zu unterstreichen, hat<br />

er auch Anteile an SHW CT gekauft.<br />

„Ich glaube an das Unternehmen“,<br />

sagt er. Und inzwischen weiß er nicht<br />

nur die schöne Landschaft, sondern<br />

auch die Ostälbler an sich sehr zu<br />

schätzen. Rafael Binkowski<br />

MENSCHEN MACHER MÄRKTE I 24. November 2007<br />

Frank Motte muss als Geschäftsführer von SHW Casting Technologies die SHW-Tradition<br />

erhalten und trotzdem das Unternehmen reformieren. (Fotos: Oliver Giers)<br />

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